61. Kerstin Weuthen
Shownotes
Wie entsteht Konzentration im Musikunterricht – und was stört sie? Welche Rolle spielen Rituale, Umgebung oder digitale Medien, wenn es darum geht, Aufmerksamkeit gezielt zu fördern? In dieser Folge dreht sich alles um Konzentration und Aufmerksamkeit im Unterrichtsalltag. Kristin Thielemann und Kerstin Weuthen sprechen über wissenschaftlich fundierte Hintergründe und praktische Wege, wie Konzentration im Musikunterricht gestärkt werden kann – bei SchülerInnen ebenso wie bei Lehrkräften.
Kerstin Weuthen: Aufmerksamkeitsoptionen aushandeln. Eine videobasierte Studie mit Lehrenden und Lernenden im instrumentalen und vokalen Einzelunterricht, Waxmann 2025
Rezension zum Buch von Kerstin Weuthen: https://uebenundmusizieren.de/artikel/aufmerksamkeitsoptionen-aushandeln/
Kerstin Weuthen: Digital unterstütztes Üben. Vom digitalen Hausaufgabenheft zum Übe-Mentoring-System, https://uebenundmusizieren.de/artikel/digital-unterstuetztes-ueben/
Kristin Thielemann: Voll entspannt. Ruhe und Konzentration für Ihren Musikunterricht, https://www.schott-music.com/de/voll-entspannt-no583302.html
Handy aus, Gehirn an. Paderborner Studie zur Auswirkung von Smartphones auf die Aufmerksamkeit, https://www.uni-paderborn.de/nachricht/123972
Studie zum Lernen von Papier vs. digital: https://journals.sagepub.com/doi/10.3102/0034654321998074
Website des Verbands deutscher Musikschulen: www.musikschulen.de
Website von Kristin Thielemann: www.vollmotiviert.com
üben & musizieren auf Instagram: @ueben.musizieren
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Transkript anzeigen
00:00:00: Denn Aufmerksamkeit ist sowieso wie Lernen, sich auch im Blackbox-Prozess und ich kann dir nur Angebote machen, dass du aufmerksam auf was wirst und deine Aufmerksamkeit steuern kannst
00:00:09: eh nur du!
00:00:25: Heute zu einem ganz zentralen Thema der Unterrichtspraxis, nämlich Konzentration und Aufmerksamkeit.
00:00:34: Eine der führenden Expertinnen auf diesem Gebiet ist Prof. Dr.
00:00:34: Kerstin Weuthen von der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf.
00:00:38: Sie bringt in dieses Gespräch nicht nur spannende Erkenntnisse aus ihrer Forschung mit, sondern liefert auch gleich tolle Übertragungsmöglichkeiten auf die Unterrichtspraxis.
00:00:46: Ihr erfahrt, was es mit dem Aufmerksamkeitskuchen auf sich hat, wie wir mit der digitalen Welt so umgehen können, dass sie nicht ablenkt und auch, warum es sinnvoll ist, "Bushaltestellen der Aufmerksamkeit" in unseren Unterricht einzubauen.
00:01:00: Viel Spaß beim Anhören, Kommentieren und teilen dieser Folge.
00:01:03: Und hier kommt sie, Kerstin Weuthen.
00:01:05: Hallo Kerstin.
00:01:06: Hallo, Kerstin.
00:01:08: Ja, super, dass du noch mal dabei bist.
00:01:10: Ich hab letzte Woche festgestellt, wir haben jetzt schon zwei Podcast-Folgen und ich muss gestehen, ich kann gar nicht genug davon kriegen mit dir zu podcasten.
00:01:17: Ja, ich freu mich auch sehr.
00:01:18: Und heute noch zu meinem Lieblingsthema.
00:01:20: Konzentration und Aufmerksamkeit.
00:01:23: Ja, das ist ja was, was wir uns für unsere Schülerinnen und Schüler echt sehr wünschen, aber oft haben wir doch als Lehrkräfte das Gefühl, nur begrenzt Einflussdorf zu haben.
00:01:31: Du hast jetzt deine Dissertation zu diesem Thema geschrieben.
00:01:34: Und beim Lesen musste ich hin und wieder an dieses Bild denken, als hätten die Schülerinnen und Schüler so eine unsichtbare Taschenlampe auf der Stirn, deren ein Lichtkegel manchmal ganz woanders hinleuchtet, als, ja, wir uns das wünschen würden.
00:01:46: Und genau diesen Fokus der Schüler:innen-Taschenlampe zu steuern, das finde ich doch manchmal recht tricky.
00:01:52: Ja, das ist auch direkt eine Analogie, die die Psychologie auch macht.
00:01:55: Da gibt es das Spotlight-Modell von Posner, also diese Idee, dass wir unseren Fokus auch etwas ausrichten und das dann fixieren mit so einer starken Konzentration.
00:02:09: Und das tatsächlich mitzubekommen, ist gar nicht leicht als Lehrerin.
00:02:15: Ich habe aber auch festgestellt, dass eigentlich beide, sowohl die Lehrer als auch die Schüler, irgendwie, auch wenn die manche in ihrer eigenen Welt sind, doch meistens versuchen, den anderen auch auf das aufmerksam zu machen, worauf sie selbst aufmerksam sind, um eben wieder in Resonanz zu kommen und gemeinsam miteinander sich auf das Gleiche zu beziehen.
00:02:37: Ah, spannend.
00:02:38: Ich hab das, darf man das sagen?
00:02:41: Ich habe eine Tchibo... so eine Joggingstirmlampe.
00:02:44: Und die habe ich immer in meinem Unterrichtszimmer liegen, nicht weil ich der jogge, sondern weil ich die manchmal den Schülerinnen und Schülern so aufziehe und dann sage, zeig mir mal mit deinem Blick, wo jetzt deine Gedanken sind.
00:02:54: Und das hilft mir manchmal.
00:02:55: Und ich habe schon, das habe ich glaube ich auch in der vorletzten Folge erzählt, so Schüler, die relativ unruhig sind, auch im Stehen, wir spielen Trompete häufiger im Stehen.
00:03:05: Und wo du dann anhand dieses Fokus der Taschenlampe dann auch siehst, Wie schnell die sich bewegen und wo sie das auch selber wahrnehmen.
00:03:13: Und ich hatte neulich so einen ganz unruhigen von eine farbige Wand gestellt –
00:03:17: ich habe so dunkelblaue Wände bei mir im Unterrichtszimmer – wo er dann auch selber wahrnehmen konnte.
00:03:23: Hey, wie wackelig bin ich eigentlich?!
00:03:25: Wie unsicher ist mein Stand!
00:03:26: Wo ist mein Blick eigentlich überall?
00:03:28: Und wie könnte man es vielleicht auch besser machen?
00:03:31: Ja, das ist wirklich wirklich oft so.
00:03:34: Also in den Interviews hatte ich zum Beispiel einen dreizehnjährigen Cello-Schüler,
00:03:38: der in der ganzen Anfangsphase, die ersten zwölf Minuten seiner Unterrichtsstunde eigentlich nur konzentriert war auf den unbequemen Stuhl, den er da hat.
00:03:49: Also seine Lehrerin hatte für die Aufnahme anscheinend einen Cello-Stuhl aufgebaut, den er sonst nicht benutzt und er dachte aber, er soll den unbedingt verwenden.
00:03:59: Und dann war er ganz viel damit beschäftigt, dieser Stuhl passt mir nicht und ich bin für mich rutschig und nicht sicher.
00:04:05: Und dann irgendwann hat die Lehrerin das bemerkt, dass er immer da rumgerutscht ist und sich unwohl fühlte und dann haben sie den Stuhl getauscht.
00:04:12: Aber also gerade dieses in den Fokus der Schülerinnen auch mal mit der eigenen Aufmerksamkeit gehen und versuchen, ich nenne das Aufmerksamkeitsoptionen, also dieser Bezugspunkt des Fokus, deren Aufmerksamkeitsoptionen mal einzuschätzen und überhaupt zu beobachten und aufzugreifen.
00:04:35: Das ist schon was, was ich für Lehrkräfte eine sehr wichtige Aufgabe finde, damit wir da auch anknüpfen können und dann eben in so einer Spirale zwischen aufmerksam machen und aufmerksam werden, nicht nur unsere eigenen Fokuspunkte durchsetzen, sondern eben auch das, was die Schüler brauchen, damit sie gut lernen können, ja, auch verstehen können.
00:04:59: Ich finde das manchmal so, also... Ich finde, es darf auch schon ein bisschen unbequem sein zum Lernen.
00:05:05: Man darf sich nicht so superkuschelig wohlfühlen beim Überraum vielleicht jetzt auch.
00:05:11: Aber wenn es zu unbequem ist oder wenn es auf der Bühne zu unbequem ist, dann raubt das die Konzentration.
00:05:16: Und ich sehe das oft so bei "Jugend musiziert" oder wenn ich irgendwo in der Jury sitze, dann kommen die Schülerinnen und Schüler rein, stellen sich auf die Bühne und das Erste, was ich sage: "Ich sage gleich deine Stücke an, aber denk dran, du darfst dir den Notenstände hinstellen, wie du es willst!" Weil ich habe es so oft erlebt,
00:05:31: dass Schülerinnen und Schüler dann da auf der Bühne stehen und eigentlich nur damit beschäftigt sind, dass sie sich nicht wirklich wohlfühlen in ihrem Stand und dadurch so damit beschäftigt sind, dass letztlich ganz viel Fehler passieren oder Dinge, die sie nicht so beabsichtigt hatten bei ihrem Spiel und sie sich gar nicht freispielen konnten.
00:05:47: Ja, du sagst, was Richtiges und Wichtiges, es darf natürlich auch nicht... Also es muss Reibung geben, damit Lernen entstehen kann, dass... Es ist in meiner Studie auch rausgekommen, dass so Übemotivation und so was auch dann entsteht, wenn die Schülerinnen und Schüler auch mal Aufmerksamkeitskonflikte haben.
00:06:07: Das heißt, sie verfolgen vielleicht eine eigene Aufmerksamkeitsoption.
00:06:11: Die eine Geigerin zum Beispiel, weil mal sehr auf saubere Töne, bedacht.
00:06:14: Ihre Lehrerin wollte jetzt aber, dass sie ihre Bogenhaltung ändert.
00:06:18: Da hatte sie ein Dilemma, das Mädchen, weil sie immer wieder sagt: Aber ich kann auf meinen rechten Arm nicht achten, weil sonst die Töne wieder schief werden!
00:06:25: Und aber genau da merkte man, das wollte sie dann auch wirklich zu Hause auch noch mal machen und sich damit beschäftigen.
00:06:32: Und da an diesem Punkt waren die beiden eben gerade dran, auch sowas Habitualisiertes aufzubrechen.
00:06:38: Und da konnte man ziemlich gut in diesem Moment erkennen, dass dafür sie was ganz Wichtiges und Lernen entsteht.
00:06:45: Ah, das ist natürlich toll.
00:06:46: Ich hab für meine Schülerinnen und Schüler so kleine Übekärtchen entworfen, wo dann eigentlich auch so Dinge drauf abgedruckt sind, wo sie dann in dem Moment den Fokus drauf lenken können.
00:06:55: Das funktioniert auch ganz gut und das wäre ja auch, ich meine, ich hab keine Bogenhand, aber eine Griffhand und ganz auf Artikulation, auf Zunge, auf Anstoß und sowas
00:07:05: kannst du achten, auf deine Atmung und auf deinen Stand.
00:07:08: Weil das, das finde ich, ist immer noch das Erste, was ich mache, wenn die Schülerinnen und Schüler kommen, dass ich schaue, dass sie wirklich in ihre Mitte finden, also in ihr eigenes Zentrum, also Konzentration heißt es ja auch. Also dass sie nicht irgendwie, also ich weiß nicht, ob das mein Eindruck ist, ob du das wissenschaftlich bestätigen kannst, aber wenn sie irgendwie in irgendeiner Form krumm dastehen, dann sind sie oft auch nicht so konzentrationsfähig.
00:07:33: Also eine Sache, die wir wissen, die habe ich jetzt nicht aus meiner Studie, sondern einfach so aus Literatur, die ich gelesen habe, ist, dass der Gleichgewichtssinn ganz stark mit dem Hören verknüpft ist, also dieses vestibuläre System.
00:07:47: Und wenn das in Disbalance ist, dann ist zumindest das Hören und das auditive Wahrnehmen schwieriger, als wenn man, wenn es ausbalanciert ist.
00:07:58: Das heißt, da wäre schon mal ein kleiner, ein kleines wissenschaftliches Indiz für diese Beobachtung.
00:08:04: Sehr gut.
00:08:05: Und auch für Trompeterinnen und Trompeter ist ja eine gute Fähigkeit, wenn sie gut hören.
00:08:09: Auf jeden Fall!
00:08:10: Ich würde sagen für alle Musiker!
00:08:14: Das ist auch eine Sache, die tatsächlich, ich meine, ich habe in meiner Studie waren elf bis fünfzehnjährige Schülerinnen und Schüler.
00:08:21: Das kann also auch noch mal was Dezidiertes an diesem Alter liegen, aber was du gerade sagst, so Körperwarnigung, mein Zentrum erleben und auch das mit dem Hören, das waren Dinge, die ich erwartet hätte, dass die fallen als etwas, worauf man sich im Instrumentalunterricht konzentriert.
00:08:40: Mit dem Hören, da kommen wir vielleicht gleich immer drauf, war das auch ein Sonderfall, aber vor allen Dingen das mit der Körperwarnigung ist fast gar nicht benannt worden.
00:08:48: Und dann habe ich mich gefragt
00:08:50: woran das liegt und dachte vielleicht entweder, dass es so selbstverständlich ist, dass sie das jetzt nicht als benennenswert erlebt haben oder aber vielleicht auch mit dem Alter zusammenhängen könnte, dass man so ein Teenageralter vielleicht da eh gerade nicht so viel Aufmerksamkeit drauf richten möchte oder vielleicht auch, dass man einfach keine Lust hat, das im Interview mit einer fremden Person dann zu benennen.
00:09:13: Das kann natürlich auch sein.
00:09:14: Aber auf jeden Fall würde ich denken, dass wir ganz gut daran tun, die Aufmerksamkeit immer wieder auch mal auf den Körper zu lenken, beziehungsweise diese Wahrnehmungsprozesse mal als Fokuspunkte anzubieten, damit die nochmal eine Chance haben, auch fokussiert zu werden.
00:09:33: Ich meine, da haben wir im Unterricht mit Blasinstrumenten natürlich die Nase vorn, weil da können wir nicht nur Körperübungen, sondern auch Atemübungen machen.
00:09:39: Und ich finde, das geht ja dann schon so in Richtung Meditation, auch wo man wirklich,
00:09:45: also
00:09:46: nein, anders.
00:09:48: Wenn ich selber mich unkonzentriert fühle, dann versuche ich so ein bisschen zu meditieren oder auch mit Atemübungen mich wieder zu sammeln.
00:09:55: Und das hilft mir.
00:09:56: Und ich hab festgestellt, dass das auch im Unterricht den Kindern und Jugendlichen wahnsinnig hilft.
00:10:00: Und ja, bei vielen hab ich das, also gerade wenn die in den Unterrichtsraum kommen und ich merke, die sind überall mit ihren Gedanken und draußen tobt vielleicht noch Mutter oder Vater mit noch einem Geschwisterkind rum und irgendwie, ja ich muss dann auch noch pünktlich aufhören, weil, weiß ich nicht: "Wir müssen noch zum Kindergeburtstag, einkaufen, Tante Hildes Kuchen... alles Mögliche.
00:10:19: Dann muss ich die wie erst mal sammeln und das gelingt mir oft am besten, indem ich mit so Ritualen arbeite, also sie haben so Einspielen in einem Ruhepulstempo, aber auch so Körperübungen, die ich teilweise auch am Klavier mit einfachen Klängen begleite.
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00:11:02: Über zweihundertsiebzig Musikschulen setzen auf iMikel.
00:11:04: Wir freuen uns auf dich und wünschen weiterhin viel Spaß im Podcast.
00:11:13: Ja, spannend.
00:11:13: Das hat die Sängerin in meiner... Die hat es auch viel benannt, dass gerade dieses sich auf Atemführungen konzentrieren und so, dass das für sie viel ein viel geöffneterer Fokus war, als wenn sie sich zu sehr auf technische Aspekte wie die Mundhaltung oder sowas sehr, dass immer die "Mundhaltungsmentalität" genannt zu sehr versteift.
00:11:34: Und da haben wir dieses Phänomen, dass nämlich der Aufmerksamkeitsfokus beides sein kann.
00:11:41: Und beides brauchen wir auch fürs Musizieren.
00:11:43: Der kann sehr selektiv fixierend sein und wirklich eine Kleinigkeit in den Blick nehmen wie diese Mundhaltung.
00:11:52: Und der kann auch sehr integrativ fluktuierend, holistisch sein, also sehr geweihtet, wo wir viele Dinge gleich, also es ist so ein bisschen wie der Unterschied zwischen Konzentration, also wirklich so sehr eher angestrengter Konzentration und Achtsamkeit.
00:12:10: Und gerade Körper und Atem scheint den Fokus zumindest bei diesem Mädchen zu öffnen und sie beschreibt das super schön, dass sie dann aus ihrem Kopf raus und wieder in den Raum rein kommt.
00:12:22: Die hat sowieso richtig schönen Stellen, auch eine ganz tolle Passage zum Flowerleben.
00:12:30: Ich verlink dein Buch auf jeden Fall mal.
00:12:32: Ich muss ja gestehen, ich habe es nicht von A bis Z durchgelesen, denn die Sommerferien warten auf mich und dein Buch.
00:12:38: Aber ich habe schon wirklich durchgeblättert und dachte, es ist auch toll, wie die jungen Leute formulieren teilweise bei dem, was sie sagen.
00:12:45: Aber auch wie du schreibst, also... Respekt, ganz, ganz tolle Arbeit!
00:12:49: Kerstin, finden alle, die es interessiert...
00:12:51: Nein, es interessiert sowieso alle.
00:12:52: Dankeschön,
00:12:53: danke schön.
00:12:54: finden
00:12:54: das in den Shownotes.
00:12:55: Aber ich glaube, so eine Dissertation ist auch nicht dafür geschrieben, dass man sie von A bis Z durchliest, sondern man kann da auch, so wie ein die eigene Aufmerksamkeit lenkt, auf die Stellen schauen, die einen besonders anspringen von so ein methodischer Teil, zum Beispiel der ist vielleicht auch eher für die Prüfer:innen und für folgende Studierende, die sowas auch mal machen wollen
00:13:15: gedacht, aber genau, also der Ergebnisteil, das finde ich schon auch, dass die, also auch die Lehrer, die ich interviewt habe, aber vor allen Dingen auch die Schüler wirklich, ja, da hatte ich auch sehr, sehr, sehr viel Spaß mit diesen Interviews, weil es einfach so anschaulich, aber auch so, ja, so emotional und so viel subjektive Relevanz daraus spricht, was da besprochen wird.
00:13:41: Ganz toll.
00:13:43: Ich würde gerne mal ein Stichwort weitergehen, nämlich zur digitalen Welt.
00:13:52: Wenn man jetzt mit Kolleginnen und Kollegen in den Musikschulen spricht, dann hört man manchmal, nicht immer, aber man hört manchmal, dass die Konzentrationsspanne bei jüngeren Schüler:innen abgenommen hat.
00:14:02: Und das Handy und die digitale Welt, die werden hier manchmal als Schuldiger gleich mit oder als Schuldige gleich mit dazu geliefert.
00:14:10: Was weiß denn die Wissenschaft darüber?
00:14:11: Lässt sich dieser Eindruck denn empirisch belegen?
00:14:15: Es gibt nicht in der Musikpädagogik, aber in der Sozialwissenschaft eine ganz junge Studie, jetzt weiß ich leider nicht, welche, aber vielleicht so richtig noch raus, dann können wir sie auch verlinken in den Shownotes, dass tatsächlich das Handy, wenn es nur im gleichen Raum liegt, schon für Ablenkung sorgt.
00:14:37: Das ist jetzt gerade veröffentlicht worden.
00:14:39: Das heißt, alleine dieses Bewusstsein auf diese "Da könnte jetzt eine neue Nachricht gekommen sein", ist schon eine Aufmerksamkeitsmagnet, also zieht Aufmerksamkeit weg von der Tätigkeit.
00:14:56: Gleichzeitig, da weiß ich allerdings nicht, ob wir das schon Erkenntnisse zu haben, aber ja, was ja immer wieder gesagt wird, ist so diese TikTok-Mentalität und diese Reels, die immer kürzer gefasst sein müssen und so.
00:15:08: Und da, glaube ich, sind beide, also kann man beide Dinge denken oder sagen oder annehmen auf der einen Seite merke
00:15:17: also ich zum Beispiel bei mir selber auch schon manchmal, wenn ich ein Buch lese, dass ich gerne swipen will um schnell etwas Neues zu haben.
00:15:26: Also da kann ich so an mir selber irgendwie nachvollziehen.
00:15:29: Oh, ich merke vor allem, dass ich manchmal so auf Papier so versuche zu zoomen.
00:15:34: Das
00:15:35: ist auch gut, ne?
00:15:37: Und vielleicht ist das zum Beispiel auch ein Grund, warum ich tatsächlich immer noch viel lieber analoge Bücher lese,
00:15:43: weil es letztendlich, wenn man es dann schafft, sich zu vertiefen, ein bisschen gegen diese Zwipelogik geht.
00:15:49: Absolut.
00:15:50: Und da gibt es ja, glaube ich, auch Studien aus Schweden dazu oder aus England.
00:15:54: Was habe ich denn da kürzlich gelesen?
00:15:55: Also das werde ich auf jeden Fall verlinken, weil ich habe das nämlich auch für eine Studentin kürzlich rausgesucht, dass Lesenlernen auf Papier gedruckten Büchern besser funktioniert als bei adaptiven Lernsystemen –
00:16:10: so Computer-Systeme, die sich deinem im Lernfortschritt anpassen.
00:16:15: Ich glaube, ich habe das gelesen in einem Artikel der Zeit, wo es darum geht, dass Studierende weniger lesen und dass Menschen sich Sorgen um diese Kulturtechnik des Lesens machen.
00:16:27: Aber das ist irgendwie so ein englischsprachiges Print-Magazin.
00:16:30: Weiß nicht mehr.
00:16:31: Aber ich werde das finden.
00:16:32: Das liegt oben bei mir
00:16:33: im Arbeitszimmer.
00:16:35: Die andere Seite der Medaille ist das zumindest, so wie es bei meiner Studie sich erwiesen hat, diese Vorstellung von der lange andauernden Konzentration oder Aufmerksamkeit sowieso nicht ganz haltbar ist, also dass es sowieso eigentlich Aufmerksamkeit ein Zustand ist, der ständig auf- und ausgelöst wird, also relativ in wie so kurzen Zyklen, man quasi sich immer wieder neu vertieft in das, wo man gerade ist oder damit der Aufmerksamkeit da hängen bleibt.
00:17:13: Das merkt man zum Beispiel daran, dass wir Reflexe haben, wie wenn ich ganz tief versunken bin in mein Üben oder in ein Buch und dann kommt ein lauter Knall oder ein Hupen auf der Straße oder so, dann zack ist die Aufmerksamkeit sofort weggesprungen und dann kann ich aber schnell wieder dahin zurückgehen.
00:17:31: Das heißt letztendlich, sind wir immer auf irgendetwas aufmerksam und nur das wechselt, kann sehr schnell wechseln.
00:17:40: Und deswegen diese kürzere Aufmerksamkeitsspanne, das kann sein, dass Kinder schneller wieder neue Anreize brauchen, damit ihre Aufmerksamkeit bestehen bleibt.
00:17:50: Aber letztendlich ist eine kontinuierliche Aufmerksamkeit sowieso ein Anspruch, von dem wir uns ein bisschen entlasten können.
00:17:58: Und ich versuch jetzt auch schon immer die Erklärspanne ein bisschen kompakter zu halten.
00:18:05: Das heißt, ich meine, wo die Reels und die Filmchen jetzt alle immer kürzer werden, auch mal in Reel-Form zu zu erklären.
00:18:12: Also, sich mal für eine Lerninhalt wirklich ein Wecker stellen und zu Hause versuchen, innerhalb von fünfundzwanzig Sekunden irgendwas Relevantes zu erklären.
00:18:22: Und das einfach aber auch hinzukriegen, weil man merkt eigentlich, wie viele Worte brauche ich, um irgendwas zu sagen, was ich sagen will.
00:18:28: Und das sind manchmal entsetzlich viele.
00:18:30: Und das dann aber auch zu trainieren, das nehme ich wirklich als meine Unterrichtsvorbereitung manchmal.
00:18:34: Manchmal funktioniert sogar so ein ganz kurzer Aufmerksamkeitsappell besser als eine lange Erklärung, also dass man, wenn man vielleicht in der Woche davor schon was, oder man arbeitet zum Beispiel wie diese Geigenlehrerin immer an der rechten Hand oder der Schulter und dann macht man nicht nochmal eine lange Erklärung, sondern man erinnert kurz vor dem Stück einfach "Schulter locker!" oder so was und dann reicht das manchmal schon als Anker aus, oder.
00:19:00: Gestern habe ich eine Lehrprobe gesehen von einem Studenten von uns, der es geschafft hat, in den ersten vierzehn Minuten seiner dreißigminütigen Stunde gar nicht zu reden.
00:19:08: Oh,
00:19:08: toll.
00:19:09: Der hat im Raum mit einem körperlichen Warm-up angefangen.
00:19:12: Dann sind die ans Klavier gewechselt, haben die ganze Zeit ein zweistimmiges Stück gespielt.
00:19:18: Nein, erst mal eine Impro-Übung gemacht, ein zweistimmiges Stück gespielt und erst nach der Hälfte der Stunde fiel überhaupt erst mal ein Wort.
00:19:25: Das war jetzt eine erwachsenee Schülerin, aber das hatte irgendwie so ein Sog und auch was
00:19:29: was Magisches!
00:19:31: Das ist ja total spannend, wenn man das kann!
00:19:35: Bei Trompete ist es oft, die ist ja manchmal ein bisschen schwer zu halten und ich habe da mit so einem akustischen Signal, also mit einem Fingerschnips, habe ich eine bestimmte Art von Körperhaltung verbunden.
00:19:44: Das heißt, wir sagen: Immer, wenn jemand von uns schnippst, nimmt er jeweils andere oder am besten beide diese bestimmte Körperhaltung ein.
00:19:52: Das heißt, das macht es auch total einfach, wenn das Kind dann irgendwann mal auf der Bühne steht.
00:19:56: Ich hatte gerade so eine Kleine, die hat bei einem Wettbewerb mitgemacht.
00:19:59: Und sie stand da so ein bisschen verschüchtert vor dem Publikum und ich bin reingekommen in den Raum, wollte mich noch hinsetzen und hab nur einmal ganz kurz zu ihr geguckt, hab nur ganz kurz geschnipst.
00:20:08: Und sie stand sofort wieder gerade
00:20:10: und du hast gemerkt, so, jetzt hat sie wieder dieses Feeling, was sie auch im Unterrichtsraum hat.
00:20:14: Weil da kann ich ja auch nicht noch groß erklären, aber ich kann ja mit so einer winzigen Gese, die auch im Unterricht oft fällt, kann ich ihr helfen.
00:20:20: Ja, das sind so Erinnerungsaufmerksamkeitsanker.
00:20:23: Und was du jetzt auch gerade sagst, was wichtig ist,
00:20:26: auch fürs Lernen, auch für die Aufmerksamkeit, dass du sagst, beide machen das dann.
00:20:31: Weil wir ja auch wissen, über die Faszination oder die Möglichkeit, auch über Spiegelneuron zu lernen.
00:20:39: Ja, aber dann ist halt Spiegelneuronen...
00:20:42: ich find das immer so witzig.
00:20:47: Wo habe ich denn neulich im Unterricht hospitiert? Und dann habe ich... die Lehrperson, war eigentlich die ganze Zeit abgelenkt:
00:20:51: Hier war sie mit ihren Notizen beschäftigt, dann hat sie dem Schüler noch dies und das aufgeschrieben und dann war wieder... und dann klopfte noch die Mutter an die Tür und dann kam sie wieder rein.
00:21:00: "Und jetzt konzentriere dich doch mal!"
00:21:04: Und ich dachte: Wer ist hier eigentlich unkonzentriert?
00:21:07: Manchmal ist es viel einfacher, statt das den Schülerinnen und Schülern zu sagen, sich das eigentlich selbst vorzunehmen.
00:21:12: Und dann hast du das automatisch auch in deinem Gegenüber.
00:21:14: Ich glaube auch, dass den Schülerinnen und Schülern explizit zu sagen, bringt nur in ganz wenigen Fällen was.
00:21:23: Allerdings, aber du möchtest nicht hören, wie oft ich dieses: "Kristin, jetzt konzentriert dich doch endlich mal!" in meiner Kindheit gehört hab.
00:21:30: Und ich hatte aber in der gleichen Zeit im Matheunterricht schon im Geiste ganz, ganz viele Kinderbücher geschrieben
00:21:36: ja, und mir Geschichten ausgedacht.
00:21:38: Ich hab im Englischunterricht unter der Bank ein Buch gelesen und dann hat der Lehrer mich dran genommen,
00:21:43: ich soll jetzt sagen was und dann konnte ich aber wiederholen, weil ich irgendwie das in meiner verbalen Erinnerung hatte und dann hat er mir es erlaubt. Woran man sich alles erinnert!
00:21:52: Ja, das ist ja auch eine Sache, wenn man aufmerksam sein soll auf etwas, was gerade echt nicht für einen ansteht als wichtig oder so.
00:22:01: Das ist ja wirklich dann super, super schwierig.
00:22:04: Das heißt, vor der Konzentration steht auf jeden Fall mal die Motivation, eine Sache zu tun.
00:22:14: Ja, ich glaube, das ist tatsächlich einfach ein, also das ist so ein Henne-Ei-Problem, weil tatsächlich um konzentriert zu sein oder aufmerksam brauchen wir auch wiederum die Motivation, also oder die
00:22:24: vielleicht nicht die Motivation, sondern die Neugier auf etwas oder das Interesse an etwas, also das, dasjenige, auf das wir unsere Aufmerksamkeit lenken. Das Fachwort heißt, das muss Affordanz für uns haben, also irgendeiner Form attraktiv für uns sein. Entweder weil es besonders neu ist oder fremd oder schwer oder cool oder für mich persönlich einfach total wichtig ist.
00:22:47: Der Cello-Junge, hatte zum Beispiel sein persönliches Ziel, weil er aber leider seiner Lehrerin nicht gesagt hatte, dass dieses Stück aus "Fluch der Karibik" war sehr spielte.
00:22:55: Genauso klingen soll wie auf YouTube. Two Cellos?
00:22:57: Und das war sein erklärtes Ziel.
00:23:01: Und dafür war er bereit, so ziemlich alles zu machen.
00:23:03: Aber die Bogenstriche, die seine Lehrerin eintrug, da meinte er, ja, aber die machen nicht, dass das anders klingt oder die helfen mir gar nicht, dass das klingt wie bei YouTube.
00:23:11: Und deswegen hat die ein bisschen aneinander vorbei
00:23:14: agiert dann in diesen Momenten.
00:23:17: Oh, wie schade, dass er das nicht sagen konnte.
00:23:19: Ich frage immer, ob es irgendwelche Vorbilder gibt.
00:23:22: Ja, ich weiß nicht, vielleicht hatten die das in irgendeiner Stunde davor, aber er hat immer erzählt, ja...
00:23:27: Und sie hat eigentlich immer erzählt, sie wollte tatsächlich so einen vorbildlichen Unterricht.
00:23:33: Sie hat immer gesagt, so, das wäre der Lehrbuchfingersatz und so.
00:23:36: Also sie war da sehr bemüht, darum möglichst korrekt zu unterrichten.
00:23:40: Und ja, und die beiden
00:23:42: hatten dann interessante Aushandlungsprozesse.
00:23:46: Hast du schön formuliert!
00:23:51: Ja, da merkt man auch manchmal, wie unsere Unterrichtslogik manchmal auch leicht skurril sein kann.
00:23:56: Also sie bat ihn, eine relativ langen Sequenz Striche abzuschreiben von den Strichen, die sie in den Noten eingetragen hatte.
00:24:06: Und er sagte dann im Interview: "Ja,
00:24:08: das habe ich da jetzt gemacht, weil sie das wollte, aber wir wissen beide, dass ich das sowieso so nicht spielen werde.
00:24:13: Also ich würde das zu Hause sowieso wieder anders spielen und dann werde ich nächste Woche sagen, ach, Entschuldigung, habe ich ganz vergessen.
00:24:19: Und jetzt haben wir das eingetragen und letztendlich mache ich das nicht!"
00:24:23: Und dann habe ich die Lehrerin, die kam im Interview danach dran und die habe ich kurz darauf angesprochen, da meint sie, ja, eigentlich hat er wirklich recht.
00:24:30: Ich habe das mal gesagt, weil das die richtigen und wichtigen Striche sind, aber eigentlich ist mir völlig klar, dass er die nicht spielen wird.
00:24:37: Und wenn man ihm jetzt gesagt hätte, so aus Blechbläserinnen-Sicht:
00:24:42: "Schau dir mal das Video an und dann schreibt mal genau die Striche ab, die dort gespielt werden.
00:24:47: Tragt die mal in deine Noten ein und dann überprüft mal, ob die wirklich so toll sind oder ob es mit anderen Stricharten vielleicht sogar nach einem kleinen Tacken besser klingen könnte!"
00:24:55: Das
00:24:56: wäre auf jeden Fall eine Aufgabe gewesen, die er, glaube ich, mit viel mehr Interesse gemacht hätte.
00:25:01: oder man hätte eben, man kann immer alles im Unterricht, das soll jetzt gar nicht, man kann alles immer auch anders machen und keine Ahnung, es gibt immer viele Möglichkeiten, aber eine Idee wäre auch vielleicht, ihm doch einmal zu verdeutlichen, dass es eben doch den Klang verändert und nicht gleich klingt, ob ich Abstrich oder Aufstrich spiele.
00:25:20: Also, dass eben diese Bedeutung, warum mache ich das da eigentlich so ein bisschen mitgeliefert bekommt.
00:25:25: Ja, super Idee.
00:25:26: Abgesehen davon, dass Schüler natürlich auch mal was machen können, was wichtig und richtig ist, weil sie einfach das brauchen, um später bestimmte Erfahrungen machen zu können.
00:25:37: Schließt eigentlich eine Frage an die ich hier bekommen habe von Markus, der ist Gitarrenlehrer, und er schreibt: "Ich unterrichte Filetineager, die oft mit dem Handy in der Hand zum Unterricht kommen.
00:25:48: Wie kann ich bei denen denn die Konzentration fördern, ohne ständig das Handy zu verbieten, ohne ständig das Handy zu verbieten?"
00:25:55: Eigentlich ist es ja genau das, ich meine, natürlich könntest du das Handy ausschalten und in die Tasche legen.
00:26:01: Du könntest es aber auch für so kleine Aufgaben wirklich auch in den Unterricht klug mit einbeziehen und dann sagen: "Genau, und jetzt haben wir das gesehen, was wir damit machen wollten, nämlich, weil Handy ist ja nicht nur irgendwie TikTok swipen, sondern kann ja auch eine Bedeutung haben für deinen Instrumentalspiel!"
00:26:19: Und das dann klug zu nutzen und dann aber am Anschluss wieder wegzulegen und sich dann wieder der analogen Welt zuzuwenden.
00:26:24: Das finde ich oft ganz schön, wenn man das so, wenn man das, ja, wenn das gelingt.
00:26:29: Also ich habe gerade selber geübt, weil ich Nelson-Messe gespielt habe und das schwere Stellen, schnelle Stellen.
00:26:36: Und dann habe ich total Spaß gehabt mit dieser App Soundcorset zu üben und mir selber so einen Groove zu machen im Hintergrund um meine Geläufigkeit da zu üben.
00:26:44: Und dann habe ich im
00:26:45: Raum in der Hochschule, die große Soundanlage eingeschaltet und habe dann Playback mit dem Orchester gespielt und so.
00:26:51: Also da gibt es ja mittlerweile wirklich tolle Möglichkeiten.
00:26:54: Und das kann man natürlich auch im Unterricht sehr gut nutzen.
00:26:56: Ich glaube, es ist eine Beobachtungssache und eine kommt total individuell auf den Schüler oder die Schülerin an, ob das genau das Ding ist, was dann wieder Aufmerksamkeit auch fängt und eben neugierig macht oder ob es doch super ablenkend ist.
00:27:13: Und ich glaube,
00:27:14: in beiden Fällen sollte man mal variieren und das mal einbeziehen und mal nicht und dann eventuell aber auch ein Agreement schließen mit dem Schüler der Schülerinnen, dass wir als Experiment jetzt mal für vier Wochen probieren, wie das ohne Handy ist.
00:27:31: Ich habe ja mal diese VdM-Arbeitsgruppe zum digitalen Hausaufgabenheft geleitet.
00:27:38: Da kommt auch dieser eine Artikel mit dem, welche "Ente bist du heute?".
00:27:44: Ente 6!
00:27:47: Da haben wir uns schon mal darüber ausgetauscht.
00:27:49: Ja,
00:27:50: uvergessen.
00:27:52: Und in diesem Zusammenhang hat eine Studentin von mir Interviews mit Jugendlichen geführt dazu, was sie sich wünschen würden, was so ein digitales Hausaufgabenheft können würde, müsste, sollte.
00:28:05: Und die waren sehr ambivalenter Meinung.
00:28:07: Also einige hatten da wirklich ganz dezidierte Vorstellungen, was ihnen da wirklich helfen würde.
00:28:11: Und andere haben auch wirklich gesagt: Es ist eigentlich fast ein Fluch, ich würde es echt lieber los sein beim beim Üben und dann wirklich auch mal gar nichts damit zu tun haben und das irgendwie weglegen und weg
00:28:25: tun.
00:28:26: Ja, es ist spannend.
00:28:26: Ich habe jetzt gerade auf dem Musikschulkongress habe ich diese App Peasy, so ein bisschen ausprobiert, dort am Stand und ich wollte jetzt auch für üben & musizieren eine App Rezension schreiben.
00:28:37: Und dafür kriegst du dann ja auch immer so ein Bonuscode, dass du dieses runterladen kannst, ausprobieren kannst und ich hätte auch ein Bonuscode für einen Schüler gehabt,
00:28:44: aber weißt du, was mir total schwer gefallen ist? Einen Schüler auszusuchen, für den das gut gewesen wäre.
00:28:51: Und ich habe jetzt einen, hätte ich gehabt, der ist noch ein bisschen jünger und der ist auch so digital unterwegs, aber ich habe gedacht, nee, es läuft gerade so gut mit der analogen Sache, wie wir die Hausaufgaben notieren, dass ich das eigentlich gerade nicht aufs Spiel setzen will.
00:29:05: Jetzt muss ich nochmal gut überlegen, damit ich dann auch die Peasy App gut getestet habe, bis ich die Rezension verfasse.
00:29:12: Aber ich habe noch ein paar Wochen Zeit.
00:29:15: Zum Glück.
00:29:16: Ja, es ist ja tatsächlich auch, also natürlich kann man auch einfach vereinbaren, wir probieren das jetzt mal für vier Wochen und dann, aber es ist ja schon auch so, dass man das, was man einmal etabliert hat im Unterricht, dann auch meistens dann damit erst mal eine gewisse Zeit was machen muss, weil die Schilder und Schieler sonst auch irritiert sind, wenn es zu schnell wieder verschwindet.
00:29:37: Genau, und man muss es ja auch selbst, erst mal.
00:29:39: man muss ja auch das Handling gut kennenlernen, um dann nicht zu viel Zeit zu verbrauchen im Unterricht und dann da wieder zu viel Aufmerksamkeit drauf legen zu müssen.
00:29:48: Aber also Handy verbieten, weiß ich nicht, aber Aushandlungsprozess, wie du das gesagt hast, das fand ich jetzt wirklich ganz schön.
00:29:56: Ja, ich glaube, man kann einfach tatsächlich auch mal die Vereinbarung treffen und sagen, wir schauen mal, was dann passiert, einfach auch in unserer Interaktion und in dem, also je nachdem wir alt sind, das kann man kein jüngeren Kind sagen.
00:30:11: Kommen wir doch mal zum Umfeld.
00:30:16: Jetzt hatte ich überlegt, nenne ich das Umfeld so oder vielleicht irgendwie konzentrationsfreundliche Atmosphäre im Unterrichtsraum.
00:30:24: Bin noch nicht ganz sicher.
00:30:31: Wie würdest du denn eine konzentrationsfreundliche Atmosphäre im Unterrichtsraum herstellen, so in Bezug auf Unterrichtsstruktur, auf kleine Pausen zwischendrin, auf Übergänge, auf Rituale?
00:30:44: Also eine Sache ist, glaube ich, erstmal der Raum.
00:30:48: Dass der Raum hauptsächlich ermöglicht, dass die Musik im Fokus steht.
00:30:54: Also das tatsächlich entgegen dem, wie mein Musikschulraum früher ausgesehen hat, jetzt nicht wahnsinnig viele bunte Bilder und Erklärplakate und so weiter
00:31:03: da hängen denn das ist alles "Cognitive Load", so nennt das eine Theorie, und so ein bisschen sekundärer Load, also Ablenkungspotenzial.
00:31:14: Also das jetzt ein ganz kager Raum muss auch nicht sein, der kann schon freundlich eingerichtet sein, auch mit verschiedenen Dingen, die man brauchen kann, Spiegel, Klavier und so weiter, aber möglichst nicht zu viele Dinge, die die Aufmerksamkeit weglenken vom Musik machen.
00:31:32: Und dann... hängt es bei der Struktur sehr davon ab.
00:31:38: Ja, was ist auch eine gute Arbeitsweise für mich?
00:31:41: Was ist eine gute Arbeitsweise für uns?
00:31:44: Es ist natürlich schon sehr gut, gerade bei jungen Kindern die Phasen nicht zu lang werden zu lassen und auch bei den Phasenwechseln, die man hat auch zwischen unterschiedlichen Aktionsformen mal zu wechseln, also dass ich was Spielerisches habe und dann aber was Herausforderndes.
00:32:06: Zoltán Kodály, der hat das mal gesagt, der meinte: "Jede Unterrichtsstunde mit einem Kind sollte vier Elemente beinhalten: Etwas für die Ohren, also was fürs Hören, auch fürs innere Hören, was für die Hände, also was Motorisches, dann etwas für den Kopf, was Kognitives und etwas fürs Herz, was emotional ist.
00:32:25: Und wenn man so eine Mischung macht, dass man immer wieder Aufmerksamkeit noch mal wecken kann, dann ist das, glaube ich, ganz gut.
00:32:36: Und das ist vielleicht auch so generell, auch wenn man längere Phasen hat oder so, ganz gut, wenn man ermöglicht, vor allen Dingen auch im Gruppenunterricht, dass man mit Einplan, dass es immer wieder Momente gibt, wo jemand, der vielleicht kurzzeitig mal ausgestiegen ist und eine ganz andere Aufmerksamkeitsoption verfolgt hat, wieder einsteigen kann, also so kleine wie "Mini-Bushaltestellen", wo man wieder mit in den Prozess genommen wird, damit niemand sich so komplett ausklingt, wie wir beide in unserem Mathe- und Englischunterricht!
00:33:06: Tolles Zitat, wirklich!
00:33:07: Das werde ich mir mal auf eine kleine Postkarte schreiben und irgendwo in meinen Raum hängen.
00:33:11: Aber dann hängt da wieder so viel Zeug rum.
00:33:13: Ja, aber wenn da immer so ein Zitat der Woche hängt, zum Beispiel ist das ja schön.
00:33:17: Ja, aber wollen Sie das alle lesen!
00:33:19: Au...! An meiner Unterrichtszimmertür hängt "Aus einem traurigen Arsch kommen nie ein fröhlicher Furz!"
00:33:24: Und du glaubst nicht! Es hängt ganz oben in der Ecke.
00:33:27: Meine Tür ist so ein Kork-Pinnwand.
00:33:30: Und die Schüler stehen immer mit dem Rücken zu dieser Pinnwand, damit sie eben nicht abgelenkt sind.
00:33:34: Aber du glaubst gar nicht, wenn Eltern kommen, wie viele Kinder dann sagen, also wirklich auch Jüngere, so weiss nicht, Achtjährige, die sonst immer sagen, ich lese kein Buch, kann ja gar nicht richtig lesen!
00:33:43: "Guck mal, Mama, was da oben hängt!"
00:33:48: Das hat dann eine bestimmte Attraktivität.
00:33:52: Oder eine Affordanz.
00:33:56: Ja, ich werde
00:33:57: es mal austauschen gegen den Kodály.
00:33:59: Was viel Simpleres, aber was zum Beispiel die Klavierlehrerin sagt und was ich von mir selber auch kenne, ist eine Uhr
00:34:06: im Unterrichtsraum, die irgendwo prominent hängt und die immer wieder den Blick der Schüler fängt und man als Lehrerin denkt, warum gucken die jetzt auf die Uhr?
00:34:13: Das ist doch gar nicht langweilig, was ich gerade mache! Und jetzt hatte ich eine meiner erste Bratschenschülerinnen, die ich hatte... Die hat immer auf die Uhr geschaut und dann dachte ich immer: Oh je!
00:34:22: Und jetzt, dann hat sie mir immer gesagt: Nein, ich will nur gucken, wie viel kostbare Unterrichtszeit ich noch übrig habe!
00:34:29: Ich mache
00:34:29: das ganz oft so damit die Kinder diese Zeit mal bewusst wird.
00:34:32: Ich habe mir so viele Sanduhren bestellt, meine Zeitlang.
00:34:35: Und da steht dann auch drauf, wie viele Minuten die dann ablaufen.
00:34:37: Manche haben drei Minuten, manche fünf, manche zehn.
00:34:40: Und was ich auch habe, sind so... Sanduern, aber da laufen so verschiedenfarbige Wasserblasen, steigen da so auf.
00:34:48: Also kannst du umdrehen und dann blubbern so innerhalb von einer Minute oder von fünf Minuten die Wasserblasen hoch.
00:34:54: Und das ist doch ganz witzig, wenn es Dinge gibt, wo ich möchte, dass sie nicht so sehr an den Noten kleben, sondern sich mal ein bisschen lösen, dass ich sage, okay, wir stellen jetzt mal diese, das ist ja keine Sanduhr, aber diese Zeituhr, wir stellen die jetzt da mal hin.
00:35:08: Und achte mal auf die Blasen und jetzt mach mal deine Übung, also dass man somit Ablenkungen arbeitet, um durch diese Ablenkung zu schaffen, dass sie sich trotzdem auf ihr Instrument konzentrieren oder zumindest so gut spielen, dass es keine Rolle spielt.
00:35:23: Weil du hast es ja auch oft, wenn sie auf der Bühne stehen, dann sind sie so ein bisschen abgelenkt und dann schmeißt sie... eine kleine Ablenkung kann sie total rauswerfen.
00:35:30: Und deswegen probiere ich oft mal so gerade vor Konzerten mit dieser Ablenkungsmethodik zu arbeiten.
00:35:37: Aber diese Sanduhren, das werde ich mir merken und auch mal probieren, das ist natürlich auch deswegen schön, weil es eine ästhetische Qualität dabei hat und die Aufmerksamkeit irgendwie auf etwas richtet, was eben keine direkte Ablenkung ist, sondern schon auch so was Fließendes hat und diese Qualität des Musizierens letztendlich ganz gut fördert.
00:36:01: Was in psychologischer Literatur auch steht,
00:36:04: ist,
00:36:05: dass wenn wir die Aufmerksamkeit steigern auf etwas, also aufmerksammer sind, als wir es davor waren, dann gilt das für das ganze System und nicht nur für das, worauf der Fokus gerade ausgerichtet ist, also nicht nur das, worauf der Scheinwerfer scheint, wie hier zum Beispiel vielleicht die Bläschen, die aufsteigen, sondern trotzdem bin ich als Musikerin dann auch aufmerksammer auf mein gesamtes Spiel.
00:36:29: Das würde hier diese Theorie von Mantel mit der rotierenden Aufmerksamkeit auch noch mal als eine gute Möglichkeit unterstreiten.
00:36:39: Was auch an dieser Bläschen-Uhr so spannend ist, wenn du die weiter wegstellst.
00:36:44: Ich hatte sie am Anfang oft auf dem Notenständer liegen und dann habe ich... saß ich irgendwie am Klavier und diese Uhr stadt neben mir und ich habe gesagt: "Dreh dich doch mal zu mir, spiel doch mal und schau mal nur auf diese aufsteigenden Bläschen, während du spielst!"
00:36:56: Und dann habe ich aber festgestellt, der Klang trägt plötzlich ganz anders,
00:37:00: wenn Sie an einen anderen Ort schauen. Und habe das Experiment gemacht, hab gesagt: Also ich fand das jetzt wirklich beeindruckend, wie viel Klangvoller das war, was du gespielt hast.
00:37:09: Ich stelle sie mal noch weiter weg.
00:37:11: Schau mal zu der Sanduhr und spiel mal noch mal.
00:37:13: Und sei mal mit deiner Luft, mit deiner Energie, die du ins Instrument gibst, sei mal da hinten bei diesen aufsteigenden Bläschen.
00:37:20: Und das ist ja wirklich, das war faszinierend, was da passiert ist!
00:37:24: Also es ist wirklich spannend, was so eine Ausrichtung des Fokus machen kann.
00:37:28: Es gibt ja auch, also für Musiker gilt das nur bedingt, glaube ich, aber es gibt im Sport diese Studien zum externalen Aufmerksamkeitsfokus, dass zum Beispiel die Treffsicherheit höher wird von einem Basketballspieler, wenn er sich nicht darauf konzentriert, wie werfe ich den Ball, sondern wenn er sich imaginativ auf den Korb guckt und sich schon vorstellt, wie der Ball den Korb treffen wird.
00:37:50: Das ist sehr spannend.
00:37:51: Das könntest du auch beforschen für Musik, liebe Kerstin.
00:37:53: Das haben
00:37:54: schon Menschen für Musik beforscht.
00:37:57: Ja, da gibt es ein paar Studien zu.
00:38:01: Aber zum Beispiel wie mein Kollege Wolfgang Rüdiger sagt, zu Recht letztendlich ist aber dieses Körperbewusstsein für uns aber auch wichtig.
00:38:07: Und das heißt, diese Wirkung, also uns auf den Klang zu oder bei dir, was du erzählt hast, über die Klangfülle, die Entfernung und so zu konzentrieren, ist wichtig für uns.
00:38:16: Und gleichzeitig aber trotzdem auch reinzuspüren, was macht meine Hand in diesem Moment.
00:38:20: Das heißt, dass wir uns vielleicht eher so ein Aufmerksamkeitspendel vorstellen können, was zwischen Körper und Wirkung und Klang hin- und herpendelt.
00:38:35: Jetzt gibt es noch eine Publikumsfrage, die da eigentlich noch ganz gut anschließen würde, weil wir ja gerade noch so gedanklich im Unterrichtsraum sind.
00:38:42: Und zwar fragt Linda,
00:38:44: die studiert in Österreich Musik, schöne Grüße nach Österreich an dieser Stelle,
00:38:48: und sie hat bereits ein kleines Pensum an einer Musikschule
00:38:51: und sie hat mich gefragt im Chat, ob es auch bestimmtes Notenmaterial gibt oder bestimmtes Notenmaterial dabei helfen kann, die Konzentration zu fördern oder eben auch nicht oder auch ablenken zu wirken.
00:39:04: Sehr spannende Frage.
00:39:06: Zunächst mal scheint Notentext so ein Aufmerksamkeitsmagnet zu sein.
00:39:12: Also das kann eben einerseits positiv sein, dass die Noten viel Aufmerksamkeit bekommen von den Schülerinnen und Schülern.
00:39:20: Also da kann ich auch mitspielen, dass ich eben den Notentext mal besonders in den Fokus nehme und gleichzeitig bindet dieser Notentext aber auch sehr viel Aufmerksamkeit vor allen Dingen dann,
00:39:31: wenn er irgendwie schwer zu lesen ist, also entweder besonders klein oder mal ein unbekannter Schlüssel vorkommt,
00:39:37: oder der Querflötenschüler, der sagt zum Beispiel, wenn ganz viele Vorzeichen vorkommen, dann muss ich erst die Note lesen und dann den Griff und dann kann ich gar nicht mehr mir den Klang vorstellen.
00:39:48: Also Notentext,
00:39:51: kompliziert, scheint auch das Hören so ein bisschen in den Hintergrund rutschen zu lassen.
00:39:56: Das hat auch die Britta erzählt, die hat das mit einem ganz tollen Metapher erzählt.
00:40:00: Die meinte, hier in diesem Moment hatte ich jetzt... Also wenn meine Aufmerksamkeit ein Kuchen ist, dann hatte ich den halben Kuchen fürs Hören auf meine Kammermusikpartnerin und den halben Kuchen fürs Notenlesen.
00:40:13: Und als Der Notentext plötzlich so schwer wurde, weil der Tenorschlüssel kam und den kannte ich nicht so gut,
00:40:19: dann brauchte ich ja viel mehr Kuchen für das Notenlesen und hatte viel, viel weniger Kuchen für das Hören übrig.
00:40:26: Und wenn man ehrlich ist, Kuchen kann man sowieso nie genug haben.
00:40:29: Das sagte sie dann später im Interview, wenn es besonders schwierig und fordernd wird, dann kann sie bei ihrem Gehirn eine Kuchen-Erweiterung bestellen.
00:40:38: Das ist das süß, ein tolles Bild!
00:40:41: Also von daher Notentext
00:40:43: gut dosiert einsetzen.
00:40:45: Und wenn man möchte, dass andere Dinge, die auch Komplexität tragen, wie schwere Bewegungen, was technisch Neues oder so, dann vielleicht lieber entweder mit einem Notentext arbeiten, der schon sehr gut beherrscht wird oder tatsächlich ohne Noten an etwas einer kleinen Phase, die man auswendig spielen kann.
00:41:03: Ja, so spannend.
00:41:10: Mal angenommen,
00:41:12: ich unterrichte so einen ganzen Nachmittag.
00:41:14: Und ich spüre irgendwann bei mir, da lässt die eigene Konzentration nach.
00:41:18: Ich bekomme jetzt Aufmerksamkeitsprobleme, Konzentrationsprobleme,
00:41:21: ich bin ein bisschen müde.
00:41:23: Was würdest du tun, mal abgesehen vom Kaffee trinken, um damit gut umzugehen?
00:41:28: Also erstens ist, glaube ich, schon anfangs schon mal wichtig, sich tatsächlich zwischendurch auch mal eine Pause einzuplanen, weil zu viel am Stück ist dann doch ermüdend.
00:41:40: Dann gibt es letztendlich natürlich verschiedene Möglichkeiten auch wieder hier.
00:41:44: Man muss das ein bisschen ausprobieren für sich selber.
00:41:46: Gäbe die Möglichkeit entweder etwas zu machen, was einen besonders fordert.
00:41:51: Also man denkt ja oft, jetzt bin ich schon so ein bisschen müde, jetzt muss es eher was Entspanntes sein.
00:41:55: Aber oft ist genau dann in diesem Moment gut, wenn man irgendwas macht, wo man wirklich jetzt nochmal sich neu eindenken muss oder irgendwas mit diesem Schüler macht, was ganz anders ist, als man das sonst immer macht.
00:42:07: Also seine Routine ein bisschen durchbricht, damit man...
00:42:09: Kuchenbacken!
00:42:13: Wieder Aufmerksamkeit, das Aufmerksamkeitslevel da ein bisschen, das Konzentrationslevel, ein bisschen erhöht.
00:42:19: Die andere Sache, die mir jetzt so aus dem, was ich gelesen habe, konkret einfällt, klingt vielleicht auch ein bisschen paradox, aber wäre, sich zu entspannen und das zuzulassen, dass ich in einem nicht so selektiv-fixierenden Fokus jetzt mal unterwegs bin, sondern ein bisschen mehr im holistisch-integrativen und die Chancen davon
00:42:38: zu nutzen, also mal eine Stunde zu machen, in der wir gar nicht angestrengt konzentriert an irgendwas feilen oder arbeiten, sondern wirklich einfach zusammen musizieren und durch so ein gemeinsames Bewegen und Mitbewegen in so einen Flow kommen, wo sich auch ganz viel vermittelt.
00:42:55: Es darf natürlich jetzt auch nicht immer nur in diese Richtung gehen, aber das kann durchaus einen ja als Lehrerin oder Lehrer dann auch durch so ein Unterrichtsnachmittag dann nochmal helfen, wenn man auch selber für sich selber versteht, es ist gar nicht immer was Anstrengendes, sondern es kann eben auch mal was ganz Losgelöstes sein
00:43:15: und jetzt endlich brauchen wir das beim Modizieren ja auch.
00:43:18: Was mir immer hilft ist, wenn ich so in konzentrationsschwachen Momenten, wenn ich die Bewegung suche und wenn ich dann vielleicht sage: Du ich
00:43:26: muss mal ganz kurz ins Musikschulsekretariat oder ich muss mal irgendwie keine Ahnung oder ist es eine Stunde zu Ende und ich habe vielleicht wirklich zwanzig Minuten Pause,
00:43:33: diese zwanzig Minuten dann aber nicht zu füllen indem ich mein Handy an mache und sehe wie viel hundert Pop-up-Nachrichten da jetzt schon wieder eingegangen sind sondern wirklich mal zu laufen: Vom Dachboden in den Keller und wieder zurück oder einmal außen um die Musikschule rum aber wirklich so diese Bewegung zu suchen oder auch in die Monotonie zu gehen, in irgendwie vielleicht einen kühlen, dunklen Kellerraum und so wirklich mal, dass man wieder völlig zu sich kommt.
00:43:57: Aber was,
00:43:58: was ganz anderes zu machen, als das, was ich vorher getan habe.
00:44:01: Ja, das ist sowieso auf jeden Fall immer ein Rezept, dass man da nochmal...
00:44:05: Kuchen backen
00:44:05: machen kann.
00:44:08: Apropos Kuchen backen...
00:44:11: Warte mal, da war doch irgendwas!
00:44:14: Ernährung spielt doch auch bei der Konzentrationsfähigkeit eine ganz wichtige Rolle, oder nicht?
00:44:20: Ziemlich sicher, aber da habe ich jetzt wenig drüber.
00:44:24: Also ich weiß für mich selber, dass ich zum Beispiel immer gut darauf aufpassen musste,
00:44:29: dass ich überhaupt dran denke zu trinken, wenn ich in so einem Konzentrationsflow im Unterricht war.
00:44:34: Und dann habe ich mir tatsächlich irgendwann das Ritual angewöhnt, immer, wenn ein Schüler wechselt, ein Glas zu trinken, weil ich sonst gemerkt habe, dass ich abends immer dann so anderthalb Liter auf einmal getrunken habe.
00:44:47: Genau, also sowas ist natürlich wichtig beim Musikmachen
00:44:49: sowieso. Ist ja letztendlich wie beim Sport auch, dass man schauen sollte, dass man gut mit vom Blutzucker her eingestellt ist und so weiter.
00:45:01: Ich bin ja manchmal samstags mit meinem Junior auf dem Fußballplatz und, ja gut, ich stelle mich dann immer sozusagen den anderen und das ist ja – hallo Klischees – es sind meistens Mütter
00:45:13: und die unterhalten sich doch relativ häufig über Nahrungsergänzungsmittel für ihre Kinder, muss ich feststellen.
00:45:18: Und ich muss gestehen, ich sehe zwar unglaublich gerne Fußballspiele meiner Kids, aber ich fühle mich da immer so komplett als Außenseiterin zumal...
00:45:26: Ich habe
00:45:26: auch echt nicht so wahnsinnig viel Ahnung von diesen Nahrungsergänzungsmittel und mir liegt das ja ein bisschen fern.
00:45:32: Ich sage dann meistens gar nichts dazu, aber es fallen dann so ziemlich oft die Stichworte so B-12 und Schwarzkümmelöl, Sanostol, Vitaminsaft, keine Ahnung was.
00:45:43: Und ich stehe auch, wenn meine Kinder Chorkonzerte haben, stehe ich aber auch bei den Chor-Eltern.
00:45:49: Das sind auch meistens Mütter.
00:45:51: Aber die unterhalten sich komischerweise nie über irgendwelche Nahrungsergänzungsmittel für ihre Kinder.
00:45:56: Ich
00:45:56: habe gerade gedacht, dass es irgendwas, was uns in der Musik tatsächlich noch sehr fern liegt. Wäre die Frage, ob das auch dauerhaft helfen würde oder so.
00:46:09: Also was dann eher unter Studierenden natürlich dann schon mal irgendwie besprochen wird, ist, ob man bei Lampenfieber irgendwas nehmen kann oder sollte, wobei ich auch da eher denke, da wäre auch das Aufbauen von Auftrittskompetenz und irgendwelche mentalen Strategien sinnvoller, als irgendwie was über die Ernährung zu steuern.
00:46:29: Aber ja, also da gibt es natürlich Dinge, die auch versprechen, dass sie konzentrationsfördernd sind.
00:46:37: Im Schreiben der Diss habe ich ein einziges Mal so eine Koffeintablette genommen und dann war ich aber auch zwei Tage ziemlich unter Strom.
00:46:46: Ich habe tatsächlich auch ganz gut geschrieben, aber es hat sich irgendwie komisch angefühlt.
00:46:50: Ich nehme ja Koffein
00:46:51: immer in flüssiger Form.
00:46:52: Ja,
00:46:54: ich normalerweise auch, aber ich dachte, ich probiere es mal, aber es war nicht so besonders empfehlend.
00:47:02: Und auch
00:47:02: nicht nötig, glaube ich.
00:47:05: Ich hatte noch nicht mal einen Fall in meiner Grundschulkooperation. Da bin ich im Klassenunterricht und es gibt weiß ich nicht... Singen, Bodypercussion, Musik hören, bewegen, Instrumente ausprobieren, all sowas halt.
00:47:16: Und ich hatte einen Schüler, der die ganze Zeit aus dem Fenster geschaut hat und dann noch so richtig schön auffällig in meine Richtung gegähnt hat.
00:47:23: Da war ich mir echt unsicher, ob das jetzt Konzentrationsprobleme sind oder einfach vielleicht auch Desinteresse am Fach.
00:47:29: Und ich habe dann spontan so eine kleine Rhythmus-Rallye gestellt im Raum.
00:47:34: Und ich habe ihn dann als Ersten durch den Parcours laufen lassen, weil ich wollte auch, dass er als Erster fertig wird.
00:47:38: Und dann habe ich ihn ein bisschen zur Seite genommen und habe dann – große Überraschung – festgestellt:
00:47:45: Der Junge kommt wahnsinnig gerne, aber der hatte am Morgen weder Frühstück, noch hatte der ein Pausenbrot mit für zwischendurch und es war wohlgemerkt zu dieser Zeit schon halb zwölf.
00:47:54: Und der... also während wir gesprochen haben, hat seinen Magen geknurrt und ich weiß, das steht mir jetzt eigentlich nicht zu, aber ich hab ihm meine Banane geschenkt und hab ihm erstmal ein Glas Wasser geholt.
00:48:03: Ja, und jetzt raten wir mal, was in der Stunde danach passiert ist.
00:48:06: Da stand er als Allererster von meiner Unterrichtszimmertür und hat mich so mit ganz großen Augen angeschaut.
00:48:11: Und ich sag so: Na, Loris, wie geht's heute?
00:48:14: Und ich hör schon wieder Magen knurren.
00:48:17: Und was sagt der Junge?
00:48:18: Krieg ich heute wieder eine Banane?
00:48:20: Und wo ich gedacht habt: Also für manche... also auf manche Kinder muss man aber irgendwie ganz besonders aufpassen und vielleicht erfordern
00:48:30: manche Kinder auch ganz besondere Maßnahmen, gleichwohl
00:48:32: mir bewusst ist, dass ich Kinder nicht mit Bananen füttern sollte im Unterricht.
00:48:36: Das ist natürlich auch noch was ganz anderes als Nahrungsergänzungsmittel, weil da geht es ja um Grundbedürfnisse.
00:48:41: Und wenn so Hunger oder muss auf Toilette oder irgendwie viel zu heiß oder so, das ist natürlich dann keine gute Voraussetzung für ein freies und konzentriertes Musiklernen.
00:48:53: Mit den Nahrungsergänzungsmitteln nochmal ein Gedanke, das geht ja letztendlich auch immer irgendwie so um Selbstoptimierung und sich besser zu konzentrieren und fokussiert hat zu sein.
00:49:04: Und wie oft üben wir auch und denken, nee, das war heute unproduktiv und so.
00:49:09: Und da setzt meine Studie tatsächlich ein bisschen den Gegenakzent nochmal.
00:49:16: Wil ich letztendlich herausgefunden habe, dass auch die Schülerinnen und Schüler, die gar nicht das fokussiert haben, was die Lehrerinnen und Lehrer wollten in dem Moment, sondern ganz andere eigene Programme verfolgt haben, trotzdem was gelernt haben in diesem Unterricht.
00:49:31: Vielleicht nicht das, was die Lehrer wollten, aber trotzdem was, was für sie wichtig war.
00:49:36: und also vielleicht ein bisschen davon abzusehen, dass wir immer die bestkonzentriertesten Schüler vor uns haben müssen und dass unser Unterricht nur dann gut ist, wenn alle uns mit maximaler Konzentration folgen.
00:49:49: Das ist oft vielleicht auch ein Anspruch, der gar nicht unbedingt sein muss, denn Aufmerksamkeit ist sowieso wie lernen sich auch im Blackbox-Prozess und ich kann dir nur Angebote machen, dass du aufmerksam auf was wirst und deine Aufmerksamkeit steuern kannst
00:50:04: eh nur du.
00:50:04: Das heißt, möglichst viele attraktive Angebote schaffen und dann das Beste
00:50:10: hoffen kann es vielleicht auf die beste Strategie.
00:50:19: Ich habe neulich ein altes Notizheft gefunden aus dem Studium von mir.
00:50:23: Und da habe ich tatsächlich eine Weile lang mal so auf Probespiele hingeübt, die ich ja dann durchaus erfolgreich gemacht habe.
00:50:29: So ich meine, man muss ja auch erstmal so viele in Reihe gewinnen.
00:50:32: Aber ich habe dann reingeschaut Unterstand.
00:50:34: Ich habe teilweise wirklich aufgeschrieben, habe ich Sport gemacht, habe ich mich gut ernährt.
00:50:38: Wenn ja, womit? Habe ich gut geschlafen?
00:50:40: Wie gut konnte ich mich konzentrieren?
00:50:42: Und auch wie viel wie viel Zeit habe ich fürs üben aufgewandt?
00:50:45: Und das das war doch echt interessant dass ich ja konnte mich gar nicht mehr dran erinnern dass ich das so aufgedröselt habe.
00:50:50: aber ich habe dann angefangen mit kleineren SchülerInnen dann auch zu notieren: Wie war denn heute dein Üben?
00:50:58: Schreib mal auf.
00:51:00: Was hast du dir vorgenommen?
00:51:01: Hat das gut geklappt?
00:51:02: Hast du dich gut konzentrieren können?
00:51:04: Oder bist du abgelenkt worden, wenn ja, wodurch?
00:51:07: Also, dass man nicht das irgendwie vielleicht jede Woche macht, aber dass man vielleicht mal so ein Bewusstsein dafür auch schafft, dass es sowas wie Konzentration auch beim häuslichen Üben gibt.
00:51:16: Das ist natürlich auch deswegen wichtig für uns, weil wir ja ins häusliche Üben ansonsten wenig Einblick bekommen.
00:51:22: Und da ist jetzt zum Beispiel auch so was, was wir mit Eltern relativ früh am Anfang bespricht vor allen Dingen von jüngeren Kindern, wie ist so ein Übeplatz auch gestaltet?
00:51:30: Also steht das Kind mitten im Wohnzimmer und alle laufend rum herum und machen andere Dinge währenddessen? Oder gibt es eben tatsächlich einen extra Platz, wo man auch so ein bisschen geschützt ist?
00:51:42: Für manche ist es vielleicht auch genau super, mittendrin zu sein und für andere, die brauchen aber viel mehr Ruhe und die Möglichkeit, sich auch mal zurückzuziehen.
00:51:51: Dann was ich mit meiner Geigenklasse
00:51:53: gemerkt habe ist, dass zum Beispiel so ein Klavier was irgendwo steht,
00:51:57: das zieht ja direkt die Aufmerksamkeit, wenn man das Klavier einfach sieht und dann geht man dahin!
00:52:01: Hallo
00:52:01: Klavierkonzert!
00:52:03: Klappt den Deckel auf, spielt ein paar Töne, klappt den wieder zu und mit so einer Geige oder ich könnte mir vorstellen auch in der Trompete passiert das nicht so oft so direkt, weil da muss man ja... Also erstmal ist der Geigenkasten meistens irgendwo verstaut oder so und dann müsste man ja erstmal die Geige jetzt umständlich auspacken, die Stütze dran bauen, den Bogen spannen und so.
00:52:22: Das ist schon so ein bisschen abschreckend, um nur einfach mal eben so die in die Hand zu nehmen für ein paar Töne und es gibt aber so Wandaufhänger oder so.
00:52:34: Ähm, so auch so Dinger, die man so aufstellen kann.
00:52:37: Und dann muss man sie nicht die ganze Woche im Koffer lassen, sondern man kann sie dann im Zimmer so positionieren, dass der Blick des Kindes oder des Jugendlichen tatsächlich öfter mal darauf fällt
00:52:46: und so diese Idee und der Impuls,
00:52:48: ich könnte jetzt mal mit diesem Musikinstrument Musik machen, überhaupt erst mal entsteht.
00:52:53: Ich muss ja mal gestehen:
00:52:54: Ich weiß, meine Eltern hören den Podcast zwar manchmal, aber wahrscheinlich hört meine Mama nicht bis zum Ende durch.
00:53:00: Ich hab ja früher ganz oft Trompete geübt, um meine Eltern zu ärgern.
00:53:03: Und deswegen hab ich irgendwie so was wie Ligeti und so Zeug geübt und dann wirklich richtig da reingeknallt, um sie auch zu wecken.
00:53:10: Und da hab ich meine Trompete dann auch nie eingepackt, sondern sie lag immer auf meinem Schreibtisch und meinem Kinderzimmer.
00:53:14: Und wenn dann mein Vater von der Arbeit kam, dann hab ich, komm und gib ihm und schön laut.
00:53:19: Ja, ich durfte auch dann irgendwann ab sechzehn eher mehr in der Musikschule üben als
00:53:24: zu Hause.
00:53:25: Vor allen Dingen, als es dann um Bogenübungen ganz lange auf einem Ton ging.
00:53:29: Und mein Vater kam zurück vom Einkaufen.
00:53:31: Jetzt hab ich dich schon seit dem Treppenhaus gehört und du spielst die ganze Zeit im einen Ton.
00:53:35: Man kann noch nicht so lange einen Ton spielen!
00:53:38: Aber für mich war das Geschenk daran eigentlich, dass meine Eltern dann gesagt haben: Es geht so nicht.
00:53:42: Also, wenn Papa nach Hause kommt, du kannst jetzt nicht mehr üben!
00:53:44: Ich hab da meine Trompete geschnappt und bin in den Wald gegangen.
00:53:48: Und
00:53:48: klar, Norddeutschland, nähe von Hamburg, auf dem Dorf.
00:53:52: Wald in der Nähe, da gibt es so Jägerunterstände, auch Verlassene und da war eigentlich nie jemand drauf. Ich bin dann hochgekraxelt und ich kann mich an viele Übersessions erinnern, wo es im Wald geregnet hat und ich auf diesem Jägerhochsitz stand mit meiner Trompete und alleine diese Monotonie, dieses Regentröpfchenprasseln aufs Dach.
00:54:16: Ich weiß das auch heute noch, wenn ich mich nicht so wahnsinnig gut konzentrieren kann, dann denke ich so an dieses Gefühl, wie es damals war.
00:54:22: Und das ist ein unglaublich schöner Moment, weil da habe ich wirklich die besten Dinge gelernt.
00:54:27: Das klingt ja auch wirklich nach einem Kraftort.
00:54:29: Und auch so, was diese Erzählungen hat und was, glaube ich, für Motivation und für Aufmerksamkeit wichtig ist, ist dieses Selbstbestimmte.
00:54:35: Also es hat ja niemand gesagt: Geh in den Wald und gehen auf diesen Stand und spiel da Trompete, sondern du hast das für dich gefunden und gemacht.
00:54:43: Und das ist, glaube ich, auch echt nochmal etwas, was so ein bisschen meine Studierenden oft enttäuscht, weil die wünschen sich nämlich das Erfolgsrezept natürlich.
00:54:51: Wie kann ich das bei jemand anderem initiieren?
00:54:55: Aber letztendlich ist es ein selbstgesteuerter Prozess.
00:54:59: Also ein Erfolgsrezept hätten wir für Kuchen zu bieten.
00:55:06: Aber der ist ja auch durchaus wichtig für unsere Konzentration.
00:55:11: Wie wir jetzt ja schon abgeklappert haben ja an vielen Stellen. So ein Stückchen Kuchen in der Pause vom Blockseminar, kann doch die Motivation für die zweite Hälte steigern.
00:55:21: Ich habe noch eine Publikumsfrage und zwar kommt die von Simon.
00:55:26: Simon ist ein Schüler und der hat eine Frage an dich.
00:55:29: Und zwar, er hat gegen Ende seiner Unterrichtsstunde, hat er oft mit mehr oder weniger schweren Konzentrationsproblemen zu kämpfen.
00:55:35: Und das, obwohl er, wie er sagt, immer sehr fleißig übt.
00:55:38: Und das glaube ich ihm auch, weil ich ihn sehr gut kenne.
00:55:40: Und er will auch unbedingt dazulernen.
00:55:42: Aber er ist wahnsinnig frustriert.
00:55:45: Und er fragt jetzt, wie kann ich meine Konzentrationsfähigkeit stärken?
00:55:49: Ja, sehr gute Frage.
00:55:51: Da wäre vielleicht erst mal die Frage, wie lang die Stunde ist, ob das eventuell vielleicht einen kleinen Ticken zu lang ist, ob man da überlegen könnte, man macht die Einheiten kürzer und dafür vielleicht lieber ein bisschen öfter, dass das im Simon mehr entgegen kommt.
00:56:07: Und wenn er das üben und trainieren möchte, dann wäre... Also wenn wir so diesen Anspruch haben, ich will konzentriert sein, ich will konzentriert sein, ich muss mich doch jetzt konzentrieren, gerade dann geht es ja oft nicht, also dieses Erzwingen
00:56:21: ist oft gar nicht möglich.
00:56:23: Aber vielleicht wäre dann ein Trick, dass am Ende der Stunde man mit dem Lehrer der Lehren bespricht, dass genau dann entweder, müsste man ausprobieren, so eine Lieblingsmusik gespielt wird, wo man nicht mehr so viel angestrengte Konzentration braucht, sondern sich eben mehr in so ein Flowgefühl fallen lassen kann.
00:56:41: Oder genau im Gegenteil, da nochmal was besonders Neues kommt, eine vom Blattspielübung oder etwas, wo man nochmal frische Konzentrationen, diese Kuchenerweiterung quasi bekommt.
00:56:54: Kuchenerweiterung!
00:56:56: Ja, ich hatte ihm sonst auch noch empfohlen mal so Methodenwechsel oder auch Inhaltswechsel und aber auch mal zu checken, ob so gerade so seine B-Vitamine, ich kam gerade vom Fußballplatz, also ob seine B-Vitamine und Eisen und Magnesium, ob das alles so ist, wie es sein soll, weil wenn er das jetzt plötzlich hat und früher eigentlich nie hatte, dann würde mich das hellhörig machen.
00:57:18: Okay, das ist noch eine wichtige Info.
00:57:21: Was man auch, aber das müsste dann der Simon auch mit sich selbst ein bisschen herumexperimentieren, aber das kann ja auch interessant sein:
00:57:29: Wenn man sehr, sehr stark diese inneren Monologe hat in der Stunde, weil man vielleicht gerade besonders viel übt, also ich erinnere mich als Kind bei mir, die Stunden, wo ich besonders viel geübt hatte,
00:57:39: das waren nicht die guten Stunden, weil da habe ich mich selber so unter Druck gesetzt, das jetzt abliefern zu wollen, dass ich letztendlich dazu viel verkrampft bin.
00:57:47: Und was man sagen kann, ist, wenn Musikerinnen im Kopf so dissoziative Gedanken haben, weil sie dem Lehrer imponieren wollen oder denken, oh, der ist sonst gleich wieder sauer, weil ich nicht gut geübt habe.
00:58:03: Oder, oh, ich habe doch so gut geübt, jetzt will ich das aber auch können!
00:58:06: Und man, warum klappt das jetzt wieder nicht?
00:58:08: Also wenn man in diesen Schleifen des inneren Kritikers festfängt, dann kann das auch sehr ermüdend sein und kann dann mit dem Aufmerksamkeit, also so als Aufmerksamkeitskonflikt bis in so ein ja, so ein nicht mehr Handlungsfähigkeit, Blackout, Fixierung führen.
00:58:25: Also da aufpassen, dass man zwischendurch die Gedanken eher in die Richtung der Assoziativen, also der musikbezogen Gedanken richtet, also eher anstatt sich selbst in der Stunde zu bewerten, in dem Moment lieber die Musik im Kopf mitsinkt oder nochmal auf besonders schöne Töne hört und also wirklich wieder zur Musik zurückgeht.
00:58:47: Wow, tolle Antwort.
00:58:48: Ich denke, damit wird Simon sicher was anfangen können.
00:58:57: Noch mal zurück zu deiner Diss.
00:58:58: Was hat dich denn bei deiner Forschungsarbeit ganz besonders überrascht?
00:59:03: Also womit ich nicht so richtig gerechnet hatte und auch die Lehrer meiner Studie nicht, ist ein Phänomen, was die Schüler alle beschreiben.
00:59:13: Und zwar sind die Lehrer und auch ich eigentlich davon ausgegangen, dass das Hören so eine Aufmerksamkeitsspur ist, die eigentlich ganze Zeit mitläuf beim Musik machen und worauf man sich immer wieder bezieht.
00:59:27: Das haben letztendlich alle so oder so ähnlich, nicht genau in diesen Worten, aber so ähnlich gesagt in Interviews, und dass man das Hören immer integriert lässt in die Aufmerksamkeit.
00:59:36: Und alle Schüler haben gesagt, dass das gar nicht der Fall ist. Also nicht darauf angesprochen, sondern haben von sich selber aus erzählt, dass das Hören oft in den Hintergrund rutscht, gerade wenn irgendwas besonders schwer ist, dass sie sich schon auf das Hören immer wieder nochmal besonders extra konzentrieren müssen.
00:59:52: Und sonst, also natürlich hört man immer, das kann man ja gar nicht ausblenden, aber sonst ist eben das Hören nicht so integriert in ihre Aufmerksamkeit.
01:00:02: Und dann dachte ich, das scheint also ein Ding von Professionalisierung zu sein, was wir irgendwann im Laufe des Musiklernens alle mehr oder weniger erwerben.
01:00:12: Und also ganz spannend, dass man immer wieder mal Momente schafft im Unterricht, wo wirklich die Aufmerksamkeit der Schüler auf dem Hören sein kann, weil nichts anderes das überlagert.
01:00:23: Also entweder in dem die Lehrer mal spielen, die Schüler nur hören oder indem die Schüler extra eine gezielte Wahrnehmungsübung für sich selbst beim Spielen, dass sie sich wirklich selber zuhören, bekommen.
01:00:36: Das fand ich noch mal einen ganz wichtigen Aspekt, der mich auch nach vielen Jahren unterrichten, doch noch ein bisschen überrascht
01:00:42: hat.
01:00:42: Oh ja, das überrascht mich jetzt auch.
01:00:44: Aber wo ich so darüber nachdenke: Ich nehme relativ häufig so kleine Videos von meinen SchülerInnen auf und habe das eine Weile so gemacht, dass ich dann hinterher gesagt habe, ok, ich schneide es mal, wir schneiden es zusammen oder so, guck jetzt mal zu.
01:00:58: Und dann war es immer so: Oh, wie stehe ich denn, wie guck ich, oh guck mal, ich atme gar nicht und meine Schultern und so.
01:01:05: Und dann habe ich aber gedacht, ich möchte das jetzt mal ausblenden, dieses Optische und habe das erst mal nur als Audiodatei abspielen lassen.
01:01:12: Und dann war aber plötzlich dieses: Ich glaube bei dem Ton bin ich zu tief, oder?
01:01:17: Oh, hier könnte ich noch den Trigger benutzen.
01:01:18: Der müsste ein bisschen tiefer, der müsste ein bisschen höher, der müsste keine Ahnung.
01:01:22: Der kratzt ein bisschen, oh, dieser Übergang ist nicht schön.
01:01:24: Wenn du so dieses Optische wegnimmst, dann kommen sie eigentlich aufs Hören.
01:01:28: Und das ist eigentlich auch die Beobachtung, die ich so in Wettbewerben mache.
01:01:31: Da stehen ja teilweise Kinder auf der Bühne.
01:01:33: – ich habe jetzt den Bundeswettbewerb juriert in Österreich –
01:01:35: die haben
01:01:36: brillant gespielt. Aber das... was eigentlich für uns zu hören total plakativ ist, wo du denkst: Mensch, Kind, du bist ein halben Meter zu tief.
01:01:46: Es wird wahnsinnig anstrengend, wenn du dein Programm so abrocken willst.
01:01:50: Du spielst noch den gleichen Ton wie das Klavier
01:01:53: und du hörst es ganz sicher, aber in dem Moment nicht.
01:01:57: Ich denke, dafür dann auch so ein Bewusstsein zu schaffen, das wäre echt noch hilfreich.
01:02:02: Ich hatte auch als Jugendliche bei mir selber, dass ich dachte, ich spiele sauber,
01:02:09: weil mein inneres Hören letztendlich lauter war, weil ich viel mehr auf das innere Hören konzentriert war und mich nicht auf das äußere, also diesen Abgleich nicht gemacht habe.
01:02:17: Und dann haben mir genau auch solche Aufnahmen geholfen, dass ich dachte: Moment mal, ich kann mir jetzt nicht ganz stimmen.
01:02:25: Und die Alina, dreizehnjährige Gitarrenschülerin, die ich interviewt habe, Die beschreibt auch so, dass sie sagt, sie hört Musik anders, ob sie eine Innenstehende oder eine Außenstehende ist.
01:02:37: Innenstehend heißt, sie spielt selber.
01:02:39: Außenstehend heißt, sie hört nur.
01:02:42: Und dann sagt sie: Wenn ich die Musik als Außenstehende höre, dann höre ich, ob die Musik sich schön anhört.
01:02:48: Aber wenn ich Musik als Innenstehende beim Spielen höre, dann höre ich ja hauptsächlich, ob dass sie richtig ist.
01:02:54: Also das heißt, sie ist in so einem Modus des sehr kontrollierenden Höhrens da.
01:02:59: Hat eine ganz andere Qualität dann, als wenn sie einfach ohne dieses Controlling, das sie fürs Spielen braucht, dann Musik hören kann.
01:03:10: Das war sie,
01:03:11: die Folge zu Konzentration und Aufmerksamkeit.
01:03:15: Die Podcast-Redaktion hat natürlich wieder viel Spannendes für euch in den Shownotes verlinkt, unter anderem Kerstin Weuthens Publikation "Aufmerksamkeitsoptionen aushandeln" und auch mein neues Buch "Voll entspannt – Ruhe und Konzentration für ihren Musikunterricht".
01:03:29: Und wenn es ein Feedback, Anregungen oder Fragen gibt, erreicht ihr uns wie immer unter podcast@schott-music.com oder über den Instagram-Kanal von üben und musizieren.
01:03:39: Alles Liebe für euch! Eure Kristin Thielemann.
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