52. Beat Fehlmann und Christian Lorenz

Shownotes

In dieser Folge geht es um Kooperationen von Musikschulen und professionellen Orchestern. Beat Fehlmann (Intendant der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz) und Christian Lorenz (Intendant der Stuttgarter Philharmoniker) geben Einblicke in ihre Kooperationen mit den Musikschulen vor Ort. Wie können solche Partnerschaften und gemeinsamen Projekte gelingen? Mit Kristin Thielemann sprechen sie über Side-by-Side-Konzerte, bei denen SchülerInnen Seite an Seite mit Profis musizieren, und über die wichtige Rolle von Musikschulen, die nicht nur zukünftige Musikerinnen und Musiker ausbilden, sondern in denen auch das Stammpublikum für Konzerte von morgen heranwächst.

App Soundhunters: www.staatsphilharmonie.de/de/soundhunters

Music Swap Lab: https://musicswaplab.com

Projekt „Philharmazie“ der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz: www.staatsphilharmonie.de/de/Philharmazie

Plattform „Junge Klassik“ der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz: www.junge-klassik.de

Website der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz: www.staatsphilharmonie.de

Website der Stuttgarter Philharmoniker: www.stuttgarter-philharmoniker.de

Website des Verbands deutscher Musikschulen: www.musikschulen.de

Website von Kristin Thielemann: www.vollmotiviert.com

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Transkript anzeigen

00:00:00: Dieses Bewusstsein, dass das ein breites Berufsfeld ist und dass sich Exzellenz nicht nur auf das

00:00:06: Instrumentalspiel beschränkt, sondern das ist, glaube ich, wirklich ein Veränderungsprozess,

00:00:10: der im vollen Gange oder schon sehr weit fortgeschritten ist.

00:00:15: Hallo und herzlich willkommen zur ersten Folge 2025 von "Voll motiviert" – eurem Musikpädagogik-Podcast.

00:00:37: Ich hoffe, ihr seid gut ins neue Jahr gestartet. Danke noch für die Feedbacks zur Folge 51 mit

00:00:43: Professor Dr. med. Paul Plener, mit dem es im Gespräch um die psychischen Belastungen von Kindern

00:00:48: und Jugendlichen ging und wie wir im Musikschulunterricht diesen Herausforderungen begegnen können. Ein

00:00:55: weites Feld, zu dem natürlich längst noch nicht alles gesagt ist und was wir hier bei "Voll motiviert"

00:01:00: ganz sicher wieder aufgreifen werden. Heute geht es um ein Thema, das mir ebenfalls besonders am

00:01:07: Herzen liegt, nämlich die Verbindung, Vernetzung und Zusammenarbeit von professionellen Orchestern

00:01:12: und Musikschulen. In dieser Folge spreche ich mit Beat Fehlmann, Intendant der deutschen

00:01:18: Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, und Christian Lorenz, Intendant der Stuttgarter Philharmoniker.

00:01:24: In dieser Podcastfolge diskutieren wir, wie diese Zusammenarbeit von Musikschulen und

00:01:30: professionellen Klangkörpern aussehen kann. Wir werfen einen Blick auf spannende Projekte,

00:01:34: wie Side by Side-Konzerte, und sprechen über die Bedeutung von Musikschulen als Orte,

00:01:40: wo zukünftiges Stammpublikum für Konzerte heranwächst, aber auch die kommende Generation

00:01:45: Musikerinnen und Musiker die so wichtigen Grundsteine ihrer Ausbildung legen. Diese Folge ist

00:01:51: also ein Muss für alle Menschen aus Musikschulen und Profiorchestern, die die Zukunft der Musik

00:01:57: mitgestalten wollen. Ich danke euch herzlich, wenn ihr unseren Podcast unterstützt, indem ihr

00:02:02: "Voll motiviert" mit vollem Sternenhimmel bewertet und die Folgen mit eurem Netzwerk teilt. Viel

00:02:09: Spaß beim Anhören und hier kommen meine Gäste. Hallo, Beat Fehlmann. Hallo, Kristin. Und

00:02:15: Hallo, Christian Lorenz. Hallo, Kristin. Mögt ihr euch ganz kurz unserem Publikum vorstellen?

00:02:21: Beat, würdest du anfangen? Ja, fange ich gerne an. Hallo, mein Name ist Beat Fehlmann und ich arbeite

00:02:27: hier als Intendant für die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Wir sind verortet in Ludwigshafen,

00:02:34: eine Stadt am Rhein. Und Christian? Ja, wir sind an einem Zufluss des Rheins gelegen, der nämlich

00:02:40: genau da bei Mannheim-Ludwigshafen in den Rhein mündet. Am Neckar, ich bin der Intendant der

00:02:45: Stuttgarter Philharmoniker und zwar seit diesem Jahr. Von Hause aus bin ich studierter und auch

00:02:52: praktizierter Dirigent und Kulturmanager und freue mich, ein so wunderbares Orchester hier

00:02:57: in Stuttgart betreuen zu dürfen. Und mein Name ist Kristin Thielemann, ich bin Musikerin, Autorin

00:03:04: und seit über 50 Folgen für euch Podcasterin hier bei "Voll motiviert". Und ich sitze auch an

00:03:10: einem Rhein-Zufluss. Nein, eigentlich ist es ein Rhein-Durchfluss. Bei mir ist es der Bodensee.

00:03:16: Aber das mit dem Rhein, also wenn wir uns jetzt schon so abschweifen, dann kann ich noch darauf

00:03:20: hinweisen, dass der Rhein ja keineswegs in die Nordsee mündet. Wisst ihr das, was mit dem Rhein

00:03:26: passiert? Den gibt es gar nicht mehr, der heißt gar nicht mehr Rhein. Der Fluss ändert da in Holland

00:03:31: seinen Namen und heißt Waal. Naja und da habe ich natürlich noch einen drauf zu legen. Ich bin

00:03:36: nämlich aufgewachsen im Aargau und zwar da wo Aare, Reus und Limmat zusammen fließen und dann später

00:03:44: direkt in den Rhein und normalerweise ist es ja so in der Hydrologie, dass der Wasserträger, der mehr

00:03:50: Wasser beisteuert, dann den Namen durchsetzt und das wäre ganz klar die Aare und nicht der Rhein.

00:03:56: Aber jetzt stellt euch mal vor, das Orchester in Koblenz zum Beispiel, Rheinische Philharmonie,

00:04:03: Ahrische Philharmonie, trotz unterschliedlicher Schreibweise, schwieriges Thema. Oh ja

00:04:10: ganz dünnes Eis. Okay, aber dann jetzt mal zum Thema, denn heute soll es um gemeinsame Projekte

00:04:18: von Musikschulen und professionellen Klangkörpern aus der Sicht der Profiorchester gehen. Wie wichtig

00:04:24: ist euch als Intendanten denn der Kontakt zu Musikschulen und warum ist euch dieser Kontakt wichtig?

00:04:29: Also wir in Stuttgart haben gerade das wunderbare Musikfest für Kinder und Jugendliche hinter

00:04:35: uns. Das ist eine Gemeinschaftsveranstaltung, die von den Stuttgarter Philharmonikern, der Musikhochschule,

00:04:40: vor allem aber von der Musikschule organisiert wird und wendet sich, wie der Name schon sagt,

00:04:46: an junge Menschen, die sich mit Musik beschäftigen und beinhaltet verschiedenste Formate der Zusammenarbeit.

00:04:53: Also beispielsweise Side by Side Konzerte des Musikschulorchesters mit Musikern, mit Profis aus

00:04:59: von der Stuttgarter Philharmonikern. Es beinhaltet auch ein Symposium an der Musikhochschule,

00:05:04: wo man sich dann zu verschiedenen Fragen in diesem Fall war es Digitalisierung in der

00:05:08: klassischen Musik austauschen kann und das Gute an diesem, und es gibt natürlich großes Abschlusskonzert

00:05:14: oder großes Eröffnungskonzert. Und das Gute an dieser Zusammenarbeit ist doch, dass da Synergien

00:05:19: geweckt werden zwischen den einzelnen Institutionen, dass die Musikschüler eine Perspektive bekommen

00:05:26: in Richtung Profiorchester, in Richtung Musikhochschule und dass aber auch gleichzeitig unsere Musik

00:05:32: Musikerinnen und Musiker der Philharmoniker und auch die Professoren so eine Bodenhaftung behalten

00:05:37: im Umgang mit den Musikschülern. Und ja, also ich halte es für eine ganz wunderbare Sache,

00:05:43: weil eben Sichtbarkeit sozusagen über die verschiedensten Grenzen der Publikumsbereiche

00:05:48: hinaus gewährleistet ist und es macht riesig Spaß, also das Eröffnungskonzert im Hegelsaal,

00:05:53: das war eine riesige Veranstaltung und da hat dann eben ein Orchester gesessen aus Musikschülern,

00:05:59: deren Lehrern und philharmonischen Profis, das war natürlich toll. Das ist natürlich richtig

00:06:05: toll, ich habe es auch auf den Social Media von der Stuttgarter Musikschule und von euch auch gesehen.

00:06:09: Ja, gratuliere herzlich. Beat, wie sieht es denn bei euch aus? Ja, also wir haben nicht so ein

00:06:15: so ein Riesending am Start, sondern versuchen mehr mit kleineren Formaten, dafür kontinuierlich

00:06:22: zu arbeiten und ich kann eigentlich all die Formate, die jetzt so genannt wurden,

00:06:28: die gibt es dann verteilt über die ganze Strecke auch immer mal, also das gemeinsam auf der Bühne

00:06:33: stehen, halt ich für eine ganz wichtige Erfahrung, weil das unglaublich verbindet und diese persönliche

00:06:40: Ebene stärkt, die mir so wichtig ist und ich glaube auch darüber hinaus, dass es ja drum geht,

00:06:46: auch eine Perspektive auch zu zeigen, wo es auch mal beruflich hingehen könnte zum Beispiel oder

00:06:52: also quasi welchen Eingang man nutzt, der zum Publikum oder der auf die Bühne,

00:06:59: das halte ich für wichtig. Ich finde es aber auch ganz wichtig diesen Moment der Ausbildung zu begleiten

00:07:06: und ich nenne das gerne so Motivationsspritzen auch gemeinsam zu machen, so Dinge, Ereignisse

00:07:14: oder Möglichkeiten zu kreieren für die Musikschüler*innen, um ihnen ja das Üben halt oder die Motivation

00:07:22: einfach auch hoch zu halten und zu sagen: "Komm es lohnt sich, mach weiter, bleib dran, es ist eine

00:07:28: tolle Sache" und da gibt es teilweise auch ganz einfache Formate, dass wir bei normalen Konzerten so die

00:07:35: Möglichkeit haben, mit einer Klavierklasse dann noch so eine Backstage-Geschichte zu machen und

00:07:40: sich dann mal mit irgendjemandem zu treffen, der durchaus zu Idolen gehört vielleicht und so,

00:07:47: das sind ja ganz einfache Momente und ganz einfache Formate, die aber in unserer Erfahrung auch ganz

00:07:53: viel auslösen. Klein aber fein, ja das ist wirklich toll mit diesen Motivationsspritzen,

00:07:58: habe auch gerade die Erfahrung gemacht, muss ich euch erzählen. Ich habe hier im Unterricht

00:08:02: einen 16-jährigen ehemaligen Trompeten-Schüler, der ist nun auf Euphonium umgestiegen und er hat

00:08:08: kürzlich bei der Bodensee Philharmonie in einem Konzert das Haydn-C-Dur-Cello-Konzert gehört

00:08:13: und dann kam er in den Unterricht und war wirklich so völlig geflasht von dieser Musik,

00:08:18: wow so schön, kann ich das nicht vielleicht auch auf meinem Euphonium spielen? Ja und dann haben

00:08:23: wir uns mal die Noten runtergeladen bei IMSLP und festgestellt, hm das müssen wir erst mal

00:08:29: arrangieren, es gibt es noch gar nicht dort für Euphonium und er ist jetzt wirklich Feuer und

00:08:34: Flamme, er beschäftigt sich mit Notenschreibprogrammen und damit, wie er eben dieses Cello-Konzert am

00:08:40: besten für sein Euphonium arrangieren könnte und er hat auch schon den ganzen süddeutschen Raum

00:08:45: abgegoogelt, wo er das Werk dann demnächst mal wieder live hören könnte. Aber Menschen, die

00:08:51: Cello spielen, denen stehen jetzt vermutlich die Haare zu Berge beim Gedanken daran,

00:08:54: dass ihr wunderschönes Konzert auf dem Euphonium erklingen könnte, oh oh. Ja ich denke wir sind

00:09:03: ja Gott sei Dank, leben wir ja in einer Zeit, in der diese, ehm, hier sagen wir mal diese Strenge,

00:09:09: was wie klingen darf und welches Originalinstrument und welcher Triller irgendwie von oben kommt

00:09:15: und welcher angeschleift von unten kommt und in der diese Strenge doch deutlich zurückgefahren

00:09:19: ist und das finde ich ganz gut. Also wenn man immer so eine Bildungshürde aufbaut vor jedem

00:09:24: Klassikmusikgenuss, dann tut man der Musik und auch dem Genuss nichts Gutes. Gleich hören wir uns wieder,

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00:10:02: und wünschen weiterhin viel Spaß im Podcast. Ich denke auch immer, wenn wir so viele Erklärkonzerte

00:10:10: machen, ob wir uns damit wirklich einen Gefallen tun, weil eigentlich sagen wir damit ja aus,

00:10:15: klassische Musik ist erklärungsbedürftig. Genau. Das Schlimmste ist, wenn da so genannte Musikpädagogen

00:10:23: stehen und sagen hört mal, das ist ganz cool. Das ist schon irgendwie der falsche Weg. Ihr seht

00:10:29: das ja jetzt gerade nicht, aber Beat lacht sich ein. Sag euch, was denkst du? Ja, also wobei ich schon

00:10:36: auch glaube, dass mit mehr Wissen der Genuss auch steigen kann? Ja, gebe ich dir recht. Und mit mehr

00:10:42: Hörerfahrung natürlich auch. Und ich glaube, es ist eine Kunst, die ist sehr ranführend. Trotzdem,

00:10:51: ich halte schon auch viel davon. Und mein Kernsatz ist immer die Frage, was hat denn das eigentlich

00:10:57: mit mir zu tun? Und wenn man das von der Seite angeht und aus dieser Perspektive beleuchtet,

00:11:04: dann geht es auch nicht um die Modulation in Takt 37, sondern dann geht es darum, welche

00:11:10: Wirkung entfaltet das oder was ist das Besondere an dieser Stelle? Warum passiert das gerade mit mir

00:11:15: an bei dieser Klangfarbe und das zu teilen und das anfangen zu diskutieren und über Wahrnehmung

00:11:22: und Empfindung zu reflektieren ist, glaube ich, tatsächlich auch etwas, wo man sehr viel lernen

00:11:29: kann und was auch gut tut, sich darüber auszutauschen und zu merken: Die meisten haben ja das größte

00:11:37: Vorurteil gegenüber klassischer Musik kommt ja, glaube ich, auch aus dem Dunstkreis, wo wir es

00:11:42: gerade davon haben, dass man nämlich sagt, na ja, ich verstehe das nicht. Und ich dann immer sage,

00:11:46: du, also wo ich beschäftige mich jetzt auch schon ein paar Jahrzehnte mit Musik, aber das mit dem

00:11:51: Verstehen, das macht mir schon auch immer noch Mühe. Das ist gar nicht so einfach. Und also wo

00:12:00: man so das eben aufbaut, du musst wissen, damit du überhaupt adäquat hören kannst und ich

00:12:06: glaube, es geht aber vielmehr darum, sich über Wahrnehmung auszutauschen und der eigenen

00:12:11: Wahrnehmung auch zu vertrauen, weil in meiner Erfahrung ist, dass die, dass eigentlich alle

00:12:16: hören und alle haben Empfindung, man kann sich dem ja gar nicht entziehen und manchmal tut es gut,

00:12:21: dass sie versuchen zu verbalisieren oder sich darüber auszutauschen, weil man dann noch

00:12:25: mehr hört oder noch mehr erfährt über sich selber und über die Musik. Und letztlich geht es ja auch

00:12:30: immer um einen Selbsterkenntnisprozess. Ja, Wahrnehmung und den Selbsterkenntnisprozess

00:12:36: beim Musikhören, das finde ich ja ganz spannend, was du da sagst. Ich hatte kürzlich ein Podcast-Gespräch

00:12:41: mit Professor Dr. med. Paul Plener, es ist Folge 51 geworden. Paul Plener ist Kinder- und

00:12:46: Jugendpsychiater an der Medizinischen Uni in Wien und da ging es im Gespräch auch darum, welche

00:12:51: Wirkung hat denn Musik auf uns ganz persönlich und was kann Musik auch mit unserer Stimmung machen?

00:12:56: Und das geht ja dann so ein bisschen in die Richtung dessen, was ihr damals während der Corona-Zeit

00:13:02: mit eurer, wie ist das noch, Haus-Apotheke oder so gemacht habt? Philharmazie. Ja, klasse, echt super.

00:13:13: Gibt es die denn noch? Ja, die gibt es immer noch, genau. Das kann man sich also immer noch

00:13:17: downloaden, ins Apothekenschränkchen und dann, wenn man die entsprechenden Nöte hat, auch Play drücken

00:13:24: und dir da es hilft. Ich werde das mal in den Shownotes verlinken. Philharmazie. Aber wie sieht

00:13:32: das dann eigentlich mit der Nachhaltigkeit aus? Sind solche Großprojekte denn wirklich so

00:13:37: nachhaltig, wie wir uns das immer versprechen? Christian, wie sieht das aus bei euch in Stuttgart?

00:13:42: Habt ihr denn wirklich Zulauf von Schülerinnen und Schülern, die dann auch nach solchen Projekten

00:13:47: als Publikum in eure Konzerte kommen? Also natürlich sind solche Großprojekte oder solche

00:13:52: Leuchttürme in der Saison oder im Jahreslauf einerseits positiv, andererseits auch kritisch zu

00:14:01: sehen. Also wenn man das nicht auch im normalen Alltag weiterführen würde, diese Kontakte,

00:14:08: dann wäre das sicherlich wie so ein Strohfeuer, das dann erlischt und von dem nichts bleibt. Aber

00:14:13: ich denke, dass die Kombination aus solchen Großveranstaltungen und der kontinuierlichen

00:14:20: Arbeit gut ist. Wir sind hier in Stuttgart erfreulich oder wir haben hier ein erfreulich

00:14:26: gemischtes Publikum. Wir machen natürlich einen ganz großen Schwerpunkt mit Kinder- und Jugendkonzerten.

00:14:30: Das ist aber nicht jetzt speziell mit der Musikschule, sondern da werden vor allem die

00:14:34: allgemeinbildenden Schulen und die Kindergärten angesprochen. Natürlich Familien auch, also

00:14:39: das ist ein großer Schwerpunkt. Aber viele Musikschüler kommen auch bei uns in die Proben,

00:14:46: also da haben wir auch so eine Partnerschaft. Und wir haben auch ein neues Format, sozusagen,

00:14:53: in dem wir gesagt haben, wir mieten den Konzertsaal, unsere Liederhalle, an einem Konzerttag und am

00:15:01: Nachmittag ist der Konzertsaal aber leer. Vormittags haben wir Generalprobe, abends haben wir

00:15:05: Konzert. Und jetzt passiert es im nächsten Jahr zum ersten Mal, also in dieser Saison noch,

00:15:10: aber zum ersten Mal, dass am Nachmittag die Musikschüler dort in unserem Saal, den wir

00:15:15: für teures Geld sozusagen gemietet haben, ein Nachmittagskonzert mit ihr für ihre Eltern,

00:15:20: für ihr Publikum haben können. Und wir laden sie dann am Abend ein, gemeinsam mit ihrem Publikum

00:15:25: auch unser Konzert zu besuchen, also dass wir die beiden Gruppen sozusagen zusammenbringen. Also der

00:15:32: Kontakt, glaube ich, ist wichtig auch im Alltag, aber ich halte schon viel von solchen Festivals,

00:15:38: Veranstaltungen, weil sie doch eine Sichtbarkeit schaffen, auch dann mal in der Presse gewürdigt

00:15:43: werden. Das finde ich schon gut. Ansonsten muss ich sagen, diese klugen Gedanken, was macht eigentlich,

00:15:51: warum hören wir eigentlich Musik, was macht das mit uns? Die sind natürlich ganz, ganz wichtig,

00:15:56: die beziehen sich aber nicht nur auf Musikschüler, sondern die beziehen sich eigentlich auf das

00:16:01: Publikum allgemein. Also wenn wir selber uns mal versuchen, Rechenschaft abzulegen,

00:16:05: warum wir eigentlich ins Konzert gehen, dass ist gar nicht so leicht zu beantworten. Oder was,

00:16:10: welchen Stellenwert hat klassische Musik eigentlich für unsere Gesellschaft, ist gar nicht so leicht

00:16:16: zu beantworten. Und auch die inhaltliche Füllung eines solchen klugen Satzes, wie in Beat eben gesagt

00:16:24: hat, dass es uns als Persönlichkeiten gestaltet, das kann man schon so aussprechen, aber das mit

00:16:31: Inhalt zu füllen und so sagen, wie gestaltet es mich eigentlich? Oder was finde ich in meiner

00:16:37: persönlichen Wahrnehmung, in meiner persönlichen Entwicklung eigentlich an diesen Konzerten,

00:16:43: an dieser Musik, das ist gar nicht so leicht. Und da ist jeder am Ende ja auch auf sich selbst

00:16:47: wieder zurückgeworfen. Worin, nach meinem Dafürhalten, schon ein Teil dieser Entwicklung besteht,

00:16:52: dass man mit sich selbst ein Erlebnis, ein ästhetisches Erlebnis ausmacht, zum Beispiel ein

00:16:57: musikalisches. Und also das denke ich ist etwas, was man gar nicht früh genug thematisieren kann

00:17:04: und wofür man sich die Offenheit und die Berührbarkeit erhalten sollte, weit über das jugendliche Alter

00:17:09: hinaus. Dieses Gespräch könnte man mit jedem Publikum führen, in jeder Altersklasse, auch mit

00:17:14: Leuten, die schon seit 20 Jahren ein Abo haben, könnte man dann fragen, warum geht ihr da eigentlich

00:17:18: hin? Das wird dann ganz spannend, das Gespräch. Ja, absolut. Und das wäre ja auch mal ein spannendes

00:17:23: Format, so eine Konzertnachbereitung mit Erwachsenen oder auch mit Seniorinnen und Seniorinnen zu machen.

00:17:30: Warum gehst du eigentlich ins Konzert? Ja, aber nun haben wir an unseren Musikschulen ja in allererster

00:17:35: Linie nunmal Kinder und Jugendliche und da ist es für mich selbst immer wieder echt eine Herausforderung,

00:17:41: sie neben dem instrumentalen Unterricht auch noch dafür zu begeistern, in Konzerte zu gehen. Das

00:17:47: kann ich sicher je nach Anzahl Kids in meiner Klasse zum Teil noch selbst leisten, aber ich finde es

00:17:53: da immer echt hilfreich, wenn manche Formate, Konzertbesuche, Ausflüge von der Musikschule

00:17:59: selbst organisiert werden und ich das aus meinem Unterricht auslagern kann, einfach sagen kann,

00:18:04: hey schau mal, unsere Musikschule, die geht hier ins Konzert, hier ist der Flyer, das wird

00:18:09: super, melde dich an, geh mit. Aber Seniorinnen und Senioren, das wäre auch mal

00:18:14: cooles Thema für ein Podcast-Gespräch, ich wette, die Redaktion schreibt das in diesem Moment auf

00:18:20: unsere To-do-Liste. Ja, die Seniorinnen und Senioren, die haben ja oft richtig viel Zeit, die sie

00:18:25: für ihr Instrument nutzen können, für Konzertbesuche und zum Üben, ja ganz im Gegensatz oft zu

00:18:31: Kindern und Jugendlichen und das wird ja bei den Kids auch immer heftiger, denn mit Nachmittagsschule

00:18:38: und Hausaufgaben, Nachmittagsbetreuung, da ist ja kaum ein junger Mensch vor 16, 17 Uhr fertig

00:18:44: mit seinem Pensum und ich muss gestehen, ich verstehe es auch, wenn man sich dann nicht sofort

00:18:50: ans Klavier, die Trompete oder ans Cello oder was auch immer setzen mag. Das ist ja dann doch eine

00:18:56: der ganz großen Herausforderungen für uns an den Musikschulen, dass wir natürlich einerseits

00:19:00: Kinder und Jugendliche da haben, die unheimlich Lust haben aufs Musizieren, aber dann noch so

00:19:05: viele andere Dinge verpflichtend machen müssen oder auch wollen, hallo Digitale Welt, dass sie spüren,

00:19:11: ich will für mich, dass Musizieren jetzt nicht mehr als Hochleistung machen, sondern rein zur

00:19:16: persönlichen Entspannung und da so eine gute Balance zu finden, junge Menschen dann auch mal anzuspornen,

00:19:22: doch mal beim Musizieren zu versuchen, an die eigenen Grenzen zu gehen, über sich selbst hinaus zu

00:19:28: wachsen und sich wirklich vertieft mit der Musik zu beschäftigen, auch mal Konzerte zu besuchen,

00:19:33: tolle Künstlerinnen und Künstler zu erleben und das Musizieren eben nicht immer nur als Momente

00:19:38: der Entspannung zu nehmen, das finde ich, das ist eine echte Kunst. Also ich finde dieses Thema üben,

00:19:44: was du eben angesprochen hast, das ist schon so eine Sache. Also wir haben ja bei den klassischen

00:19:50: Musikinstrumenten, nehmen wir mal die Geige, die Situation, dass das erstmal eine relativ lange

00:19:55: Zeit unbefriedigend ist für alle Seiten und die Befriedigung dann mal eine ordentliche Melodie

00:20:03: zu spielen oder vielleicht in einem Ensemble mitspielen zu können, die kommt relativ spät und

00:20:07: da muss man also eine gewisse Durchhaltevermögen, eine gewisse Resilienz haben, das Aushalten,

00:20:12: das müssen die Eltern auch, aber oftmals ist es so, dass ohne einen gewissen Nachdruck der Eltern

00:20:18: das Üben nicht stattfindet. Ich glaube aber auch, dass da wiederum solche Perspektiven, wie wir es

00:20:25: vorhin genannt haben, helfen, wenn man mal im Konzert war. Also da muss man sich irgendwie natürlich

00:20:29: auch manchmal die Möglichkeit geben, das Instrument immer wieder in Vollendung sozusagen zu hören

00:20:35: und die Eltern, die dahinterher sind, die brauchen auch die Unterstützung und die haben bestimmt

00:20:44: tun gut daran gelegentlich ins Konzert zu gehen oder diese Formate, diese Verbindungsformate zu

00:20:51: nutzen, glaube ich. Ich glaube es ist hilfreich tatsächlich, das zu nutzen. Hast vollkommen recht

00:20:56: und es ist ja auch schön, wenn die Eltern so ein bisschen in das Hobby ihrer Kinder eingebunden sind,

00:21:00: abseits von Taximama und Taxipapa zu den Unterrichtsstunden und der Erinnerung daran zu üben. Also

00:21:07: Eltern auf die Idee zu bringen, mit ihren Kindern in Familienkonzerte zu gehen, gute Sache,

00:21:12: entlastet mich auch im Unterricht das zu organisieren und am schönsten finde ich sowieso Konzerte,

00:21:17: wo sich Eltern und Kinder gleichermaßen willkommen fühlen. Aber nochmal zurück zur Verbindung

00:21:26: zur Musikschule. Beat, wie sehen das denn die Orchestermusikerinnen und Musiker bei euch in

00:21:32: der Staatsphilharmonie in Ludwigshafen. Leben die nur für die Abokonzerte und die Kammermusik

00:21:37: oder mögen die auch Projekte im Education Bereich? Ich glaube das hat sich wirklich komplett geöffnet

00:21:44: und geweitet. Ich glaube es ist fast allen, wenn nicht wirklich allen klar, dass man ohne den Bereich,

00:21:55: ich nenne das jetzt mal der kulturellen Bildung und das meint ganz groß, also jetzt auch Generationen

00:22:03: übergreifend oder anders gesagt, dass es ohne die Brückenbildung, ohne Zugänge immer wieder zu

00:22:11: bauen, dass es ohne das einfach nicht mehr geht und auch keine Zukunft hat. Deshalb glaube ich ist

00:22:18: das Bewusstsein auch für die Verantwortung dafür schon sehr, sehr präsent und ich glaube wir verstehen

00:22:26: immer besser, dass dieser Beruf ein facettenreicher ist und eine Facette ist das Abokonzert,

00:22:34: Brahms und Beethoven oder was auch immer auf höchstem Niveau, aber darüber hinaus gibt es auch noch mal ganz

00:22:41: andere Aspekte, die man mit dem Instrument oder mit Musik auch gestalten kann und auch gestalten

00:22:48: muss für die Gesellschaft. Ich glaube dieses Bewusstsein, dass das ein breites Berufsfeld ist und

00:22:53: dass sich Exzellenz nicht nur auf das Instrumentalspiel beschränkt, das ist glaube ich wirklich ein

00:22:59: Veränderungsprozess, der im vollen Gange oder schon sehr weit fortgeschrietten ist. Ja, ist mal ein Eindruck,

00:23:06: dass es da so eine wie so eine große Bubble gibt, der großen Sinfoniekonzerte, der Opernpremieren,

00:23:11: aber dass diese Bereiche, die außen herum sind mit Kammermusik, mit Education

00:23:18: Projekten, mit Patenschaften, die werden immer größer und auch wichtiger. Ich glaube es gehört

00:23:24: aber auch zu unseren Aufgaben, die dieses breite Spektrum bewusst zu haben. Ich erinnere mich,

00:23:29: als das aufkam, das ist schon einige Jahrzehnte her, mit diesen Schwerpunkten Education bei den

00:23:36: Orchestern, das hat ja dann auch Eingang gefunden in das Berufsbild, Eingang gefunden in die tarifvertraglichen

00:23:43: Möglichkeiten und so weiter, aber als das anfing, war bei manchen Orchestermusikern die Sorge, dass

00:23:50: sozusagen dieses Zentrale, nämlich das klassische Sinfoniekonzert irgendwie verwässert wird. Und

00:23:56: das halte ich für eine ganz wichtige Aufgabe von uns Intendanten. Diesen Schwerpunkt, also das

00:24:02: Zentrum unseres Tuns, das ist das klassische Sinfoniekonzert. Aber die Ränder sind eigentlich

00:24:07: immer, oder die wabern immer weiter aus, also es gibt immer mehr Andockmöglichkeiten, immer

00:24:12: mehr verschiedene Formate und wir brauchen, wir müssen dieses Zentrum stark und stabil halten und

00:24:18: dann gewinnen wir als Standbein und dann haben wir alle mehr Spaß am Spielbein an diesen Rändern

00:24:25: damit umzugehen und das hat sich, da ist glaube ich mittlerweile ein guter Ausgleich entstanden.

00:24:32: Ja, so diese Veränderung des Berufsbilds, die finde ich auch sehr sichtbar und die

00:24:37: dazugehörigen Skills sind ja in der Ausbildung im Studium ja jetzt auch viel stärker ein Thema,

00:24:43: das ist auch wirklich gut so. Bevor ich meine feste Orchesterstelle gekündigt habe,

00:24:49: war ich natürlich noch viel näher dran am ja in Anführungszeichen Kantinenfunk und da gibt es

00:24:55: ja dieses herausragende Projekt wie zum Beispiel von den Hofer Symphonikern mit ihrer orchestereigenen

00:25:00: Musikschule, wo man dann im Orchester eingestellt wird und dann auch wirklich unterrichten muss oder

00:25:06: ja darf wäre es ja für mich dann eher und da haben doch viele meiner ehemaligen Kolleginnen und

00:25:12: Kollegen aus dem Orchester gesagt ja ich will überhaupt nicht unterrichten und genau deshalb

00:25:17: bin ich ja ins Orchester gegangen und dann bestand da auch immer so eine unterschwellige

00:25:23: Angst bei vielen zum Beispiel durch Education und Kooperationsprojekte plötzlich noch viel

00:25:29: stärker unterrichten zu müssen und ja ich glaube auch hier die Angst zu nehmen und zu sagen hey,

00:25:35: wir in den Orchestern, wir sind nicht die Konkurrenzmusikschule oder wir sind die Ersatzmusikschule

00:25:40: oder irgendwas, sondern wir sind Partner einer Musikschule und wir entwickeln gemeinsam etwas,

00:25:46: wir arbeiten Hand in Hand zusammen und jeder von uns hat seine Stärken und die sehen wir auch

00:25:51: bei gemeinsamen Projekten und genau diese individuellen Stärken von jedem, die wollen wir auch

00:25:56: einbringen bei unseren gemeinsamen Projekten. Also Stichwort Hof ist ja spannend finde ich,

00:26:01: weil die schon seit vielen Jahrzehnten ja diese zusammen, also die Institutionen,

00:26:06: Orchester und Musikschule zusammengelegt oder zusammen gedacht haben. Ähnliches gibt es in

00:26:11: Konstanz aktuell und es gibt es an anderen Stellen auch. Ich finde das schon auch spannend,

00:26:16: weil natürlich da Synergien sind in dem Bereich Verwaltung und auch vielleicht der öffentlichen

00:26:22: Sichtbarkeit, aber natürlich, das hast du ganz richtig angesprochen, gibt es eben hervorragende

00:26:28: Musiker, die vielleicht jetzt nicht so begeisterte oder so begnadete Pädagogen sind, und umgekehrt

00:26:33: gibt es das auch. Das wäre gut, wenn eine solche Institution für beide noch zugänglich ist,

00:26:39: aber das ist glaube ich auch in diesen Modellen der Fall. Ja und in Sachen Konstanz sitzen hier

00:26:46: ja die beiden Spezialisten mit euch beiden als ehemaligen Intendanten der Südwestdeutschen

00:26:51: Philharmonie. Beat, wie siehst du das mit orchestereigenen Musikschulen oder auch mit

00:26:56: Orchestermusikern, die bedingt durch Kooperationsprojekte unterrichten müssen? Ja ich glaube auch,

00:27:03: dass das also nicht nur wichtig ist, aber ich glaube auch dann, dass das natürlich auch

00:27:07: Schwerpunkte sind, die nicht unbedingt immer in einer Person vereint werden können, idealerweise.

00:27:14: Also ich glaube nicht jeder begnadete Musiker, jede begnadete Musikerin ist auch ein guter

00:27:20: Pädagoge für gewisse Altersschichten oder am Instrument, aber meine Erfahrung ist die,

00:27:27: dass man in so einem großen Kollektiv eben auch eine ganze Bandbreite hat und wenn es gelingt,

00:27:34: ganz gut herauszufinden, wo die einzelnen Stärken liegen, glaube ich kann es eben auch

00:27:41: gelingen, dass das doch auch alle auf ihre Art und Weise zu wichtigen Multiplikatorinnen oder

00:27:47: wichtigen Kommunikatorinnen werden für Musik und für das Ensemble und so Beziehungsarbeit

00:27:54: in Gesellschaft leisten können auf ganz ganz unterschiedliche Art und Weise und ich glaube,

00:27:58: das Unterrichten ist eine Sache, aber es gibt darüber hier

00:28:02: hinaus auch noch ganz andere Möglichkeiten, wie man mit Gesellschaft in Kontakt treten kann.

00:28:08: Das Starke unserer Institution ist ja, dass wir so viele Menschen haben und dass die alle Beziehungsarbeit

00:28:16: leisten können und so alle zu aktiven Botschafter*innen werden können für Musik und letztlich auch für

00:28:23: ein Orchester und das kann halt auf sehr, sehr unterschiedliche Art und Weise passieren und ich

00:28:28: glaube da auch da brauchen wir wieder die Vielfältigkeit. Und da wäre es dann natürlich auch cool, wenn man sich

00:28:35: nicht nur auf Leitungsebene beider Institutionen, sondern auch untereinander, also Musikschullehrkräfte

00:28:40: auf der einen Seite und die Menschen aus den Profiorchestern auf der anderen, ganz aktiv

00:28:45: untereinander vernetzt und dann vielleicht sagt ja, wir haben jetzt zum Beispiel an unserer Musikschule,

00:28:49: weiß ich, drei, vier, fünf Lehrkräfte für Geige und die setzen wir jetzt mal an einen Tisch mit der Stimmgruppe

00:28:55: 1. oder 2. Geige aus dem Sinfonieorchester. Und gemeinsam schauen wir dann mal, was könnten wir

00:29:01: zusammen Gutes auf die Beine stellen, jeder mit seinen Talenten und mit seinen Fähigkeiten, damit

00:29:06: die Schülerinnen und Schüler noch besser gefördert werden können, damit sie die große weite Welt der

00:29:11: Sinfonieorchester wirklich auch hautnah miterleben können und ja, damit auch ihre Motivation zum

00:29:17: in diesem Fall dann halt Geige spielen, noch mehr gestärkt werden kann. Ja und man kann auch neue

00:29:23: Möglichkeiten beispielsweise durch das Thema Digitalisierung da einbeziehen. Dazu will ich

00:29:29: ein Beispiel machen. Ich habe vorhin gesagt, dass die ersten Jahre des Geigespiels beschwerlich sind

00:29:37: für alle Seiten. Was interessant ist, dass bei durch die Möglichkeiten, die uns heute im Internet

00:29:45: zur Verfügung stehen oder die allen Menschen und auch den jungen Leuten zur Verfügung stehen,

00:29:50: im Bereich Musikdesign, Computermusik, viele Fähigkeiten der Tonerzeugung ja gar nicht mehr

00:29:59: brauchen. Das heißt, es wird sozusagen dieser mühselige Punkt oder dieser mühselige erste

00:30:07: Schritt des Instrumentalunterrichts, der wird übersprungen und es geht sofort in die Kreativität.

00:30:12: Das ist natürlich oftmals auch vielleicht blöd oder peinlich, weil man, weil einem Grundlagen

00:30:17: fehlen, aber es ermöglicht doch jungen Menschen sehr schnell sozusagen Kompositionen zu erstellen

00:30:24: mit irgendwelchen elektronischen Tools und das ist total spannend in meinen Augen, weil viele junge

00:30:29: Leute ja Musik auch wahrnehmen oder überhaupt ihre Umwelt wahrnehmen über diese mediale Vermittlung.

00:30:34: Und wenn es uns nun gelingt, nicht nur die unterschiedlichen Perspektiven von Musikschullehrern

00:30:40: und Instrumental-Solisten im Orchester oder so zu verknüpfen, sondern dann auch noch die Möglichkeiten,

00:30:47: die es heutzutage gibt im Bereich, ich bleibe mal bei diesem Begriff Musikdesign anzuwenden,

00:30:53: dann wird es richtig spannend. Also ich mir schwebt zum Beispiel einen Konzert vor, in dem wir nicht sagen,

00:30:58: bitte schalten Sie Ihr Handy aus, sondern in dem wir sagen, bitte schalten Sie Ihr Handy ein,

00:31:02: nehmen Sie was auf von uns oder nehmt was auf von uns, bearbeitet es und reicht eure Kompositionen oder

00:31:10: eure Videos oder was ihr dazu macht, reicht die ein. Wir machen einen Wettbewerb darüber. Das

00:31:18: arbeiten wir beispielsweise gerade mit der Musikschule, eine solche Kooperation. Also dass das

00:31:25: Orchestermusik als Rohmaterial gesehen wird, mit dem dann wiederum junge Leute kreativ umgehen,

00:31:31: mit den Möglichkeiten, die sie in ihren Handys ständig bei sich tragen.

00:31:36: Oha, das klingt ja spannend, was ihr da vorhabt, Christian. Und das schreit ja geradezu danach,

00:31:41: mal als Digitalprojekt im Podcast vorgestellt zu werden. Ich habe Beat vorhin gerade schon im

00:31:46: Vorgespräch erzählt, als du noch nicht da warst. Ich war gestern in Bremen bei der Deutschen

00:31:51: Kammerphilharmonie. Die haben da so ein Projekt mit dem Music Swap Lab, wird glaube ich ganz kräftig

00:31:58: von DM gesponsert, unterstützt wie auch immer. Ich tue mit meinem Zahnpasta-Kauf bei DM echt noch

00:32:04: Gutes für die Kultur. Wer hätte das gedacht? Ja und die Deutsche Kammerphilharmonie spielt dann

00:32:09: so kürzere Werke ein, Video und Audio glaube ich auch und dann werden Musikpädagoginnen dazu

00:32:15: geholt und nehmen Tutorials auf, wie man als Schülerinnen und Schüler die speziell für diesen

00:32:20: Zweck geschriebenen Easy- und Advanced-Stimmen üben könnte. Ja und dann kommt die ganze Sache

00:32:27: ins Internet und jeder der möchte, also weiß Musikschülerinnen und Schüler oder auch erwachsene

00:32:33: Amateur-Musiker, die dürfen dann von sich selbst ein Video machen, wo sie diese Stimmen dann

00:32:38: einspielen. Das Video wird dann ans Music Swap Lab gesendet und die setzen das dann zu einem ganz

00:32:44: großen Kunstwerk zusammen, wo dann wirklich auch die Profis gemeinsam mit den Schülerinnen und

00:32:49: Schülern zu sehen sind. Und cool finde ich ja auch noch an diesem Projekt, dass es echt schön

00:32:54: niederschwellig ist und dass auch Menschen, die kein Instrument spielen, mitmachen können. Da gibt es

00:33:00: dann auch so Stimmen für Body-Percussion, die man mittels Video Tutorial erarbeiten kann oder auch

00:33:07: Kitchen-Drums, also das Küchenschlagzeug, das sollte ja auch bei jedem funktionieren. Ja so weit ich

00:33:14: weiß, haben die auch schon mehr als zehn Runden Musik Swap Lab gemacht. Ich habe da auf der

00:33:19: Fahrt nach Bremen einige Videos angesehen, die auf YouTube zu finden waren und ich muss echt

00:33:24: sagen, das sind wirklich sehr, sehr coole kleine Kunstwerke und da werde ich dann jetzt auch garantiert

00:33:30: mal mit meinen Schülerinnen und Schülern mitmachen. Ja wir haben auch so ein ähnliches Projekt am Start,

00:33:36: das läuft unter dem Begriff Sound Hunter und das ist eine ortsbasierte App, also es heißt man,

00:33:44: es geht darum, nicht nur Musik, sondern grundsätzliches Bewusstsein für wie klingt meine

00:33:51: Umwelt zu fördern und man kann also dann eben ortsbasiert Klänge oder Musik, Musikfetzen

00:33:58: aufnehmen und die hinterlegen, also es entsteht eine große Bibliothek und die kann man auch weiter

00:34:05: bearbeiten. Also man kann sich auch, man kann auch auf andere Geräusche oder andere Musik referieren

00:34:11: und seine eigene Musik quasi weiterbilden, inspiriert von irgendwas oder man kann was dagegen setzen,

00:34:19: so ist es eine große Klangdatenbank, die sich irgendwann über den ganzen Logos erstreckt.

00:34:29: Wie heißt das? Sound Hunter? Sound Hunter heißt die App genau. Sound Hunter, okay und diese App

00:34:39: finde ich ganz normal im App Store, im Google Play Store. Ja, müsste man glaube ich finden, ja.

00:34:44: Super, dann werde ich das auf jeden Fall in den Shownotes verlinken, sobald ich es gefunden habe.

00:34:49: Und apropos nicht gefunden, habe ich neulich gesucht und nicht gefunden, eure schöne Seite

00:34:58: junge-klassik.de, gibt es die eigentlich noch? Ja, die kann man sehr gut finden, die wird auch

00:35:03: täglich über 5.000 mal gefunden. Oh Frau Thielemann, da kommt es raus. Ja, das ist tatsächlich eine

00:35:09: Seite, die sehr viel Traffic hat und wir haben ja auch so quasi unsere Digital Strategie so in

00:35:18: zwei Bereiche dividiert. Das eine ist die Vermittlungsebene und das andere ist so dieses eher

00:35:24: Experimentelle, also was drum geht, sich zu überlegen, was ist ein digitales Musikerlebnis jenseits

00:35:30: vom möglichst hochauflösend abgebildeten Live-Erlebnis, was könnte das alles sein und

00:35:39: eben einer dieser Schwerpunkte ist aber die Vermittlungsarbeit. Da ist die junge-klassik

00:35:44: ein wichtiges Angebot, das vor allem auch im schulischen Kontext stark genutzt wird, weil es

00:35:51: nicht so viele gut kuratierte Beispiele gibt für musikalisches Wissen, sag ich jetzt mal.

00:36:03: Junge-klassik.de, das ist echt super und ich habe das auch schon so manches mal weiter empfohlen,

00:36:09: auch in meinem üben & musizieren spezial "Digital jetzt!" ist das drin als Tipp unter anderem. Also

00:36:15: allein diese virtuelle Tour durchs Orchester und den Konzerten sind, das ist einfach echt genial,

00:36:19: was ihr da geschaffen habt und dann gibt es ein super aufbereitetes Themenlexikon, wo ich schon

00:36:25: manchen Schülerinnen und Schülern den Tipp gegeben habe, sich dort die Infos für ihre

00:36:30: Referate zu holen und da gibt es Spiele, so Instrumenten-Puzzles, ein Spiel zum selbst

00:36:36: dirigieren, Klänge, Raten, Rätsel und auch in Sachen Musiktheorie ist die Seite ganz toll

00:36:42: ausgebaut und wenn ich mal zu dem bestimmten Thema rund ums Orchester spielenden digitalen Inhalt suche,

00:36:48: den ich meinen Schülerinnen und Schülern als kleines Extra mit nach Hause geben könnte,

00:36:52: dann werde ich auf junge-klassik.de garantiert was Passendes finden.

00:36:55: Aber jetzt mal zu den Erwartungen von euch aus den Profiorchestern an die Musikschulen und unsere

00:37:06: Lehrkräfte. Wie sieht es denn bei euch aus? Findet ihr es wichtig, dass wir Musikschullehrkräfte von

00:37:11: selbst auf euch zukommen? Wünscht ihr euch, dass wir euch das Publikum von morgen liefern? Wünscht

00:37:17: ihr euch zukünftige Musikerinnen und Musiker für eure Orchester oder am besten alles zusammen in

00:37:23: dieser Reihung? Nichts Geringeres als das, würde ich sagen! Ja, jetzt lacht ihr: Treffer, ich wusste es doch.

00:37:28: Naja, das ist wieder das breite Spektrum. Sowohl was die Orchestermusiker erwarten,

00:37:34: das sind ja große Gruppen, 80, 90 Musiker, da gibt es natürlich alle möglichen Haltungen und

00:37:42: umgekehrt von der Musikschule genauso. Ich denke, dass die Musikschule ja auch dieses breite

00:37:47: Spektrum wiederum abbildet. Einerseits werden da die Profis von morgen sozusagen kriegen da ihre

00:37:53: erste musikalische Grund- und Ausbildung, aber auch eben auch das Publikum von morgen und ich glaube,

00:38:01: beides ist gleich wichtig. Die Profis von morgen sind an vielen Musikschulen vielleicht gar nicht

00:38:10: mehr zu finden, weil die oftmals, weil die Entscheidung darüber schon in frühen Jahren, ob man das

00:38:19: beruflich macht, in frühen Jahren getroffen wird und dann sind das Jungstudenten vielleicht an

00:38:23: Hochschulen, aber an vielen Musikschulen gibt es die eben doch noch die richtig guten Leute,

00:38:30: die dann bei "Jugend musiziert" Preise abräumen und in diese Richtung gehen. Aber ganz genauso wichtig

00:38:36: halte ich doch die musikalische Breitenwirkung einer Musikschule, dass die Menschen nicht

00:38:42: alle beruflich Musik machen, die da durchgehen, sondern dass die in Amateurorchestern spielen,

00:38:48: dass die Publikum sind, dass sie ihren Kindern klassische Musik wieder weiterreichen. Also das

00:38:52: sind doch ganz wichtige gesellschaftliche Aspekte, die in den verschiedensten Gruppierungen dann wichtig

00:38:59: werden. Absolut, aber dann darf ich mal ganz provokant so ein Gedankenspiel machen. Wäre es dann nicht

00:39:06: eigentlich clever, wenn man jetzt beispielsweise ein städtisches Orchester hat, wenn man dann eine

00:39:11: Webseite hätte für alle diese kulturellen Angebote, sei es jetzt professionelles Sinfonieorchester

00:39:17: und Musikschule und was sonst noch alles dazugehört an kulturellen Angeboten, damit es

00:39:24: wirklich auch einen Ort gibt, wo man alles sehen kann? Ja, das habe ich ja vorhin gemeint mit den

00:39:29: Synergien, wenn man die Institutionen, Musikschule und Orchester zusammen denkt oder zusammenlegt. Das

00:39:35: hat dann Vorteile. Da kann man sagen, man findet alles auf einer Seite. Andererseits ist die Frage,

00:39:40: muss man das eigentlich? Muss das alles, also was bringt es für ein Mehrwert, wenn das zusammen

00:39:45: ist? Also ich würde jetzt sagen, Stuttgart und Digitalisierung, das geht auch nicht so eng zusammen,

00:39:50: deswegen kann ich da jetzt keine Best Practice Beispiele sagen. Wir sind da relativ weit hinterher,

00:39:55: was das angeht. Da gibt es sicherlich wunderbare Möglichkeiten durch die Chancen des Internets,

00:40:04: aber wir sind dann noch relativ schlecht aufgestellt, würde ich sagen. Macht aber nichts, man kann das so

00:40:11: und so sehen, man kann das und sollte das nutzen. Ob es immer in einer Plattform sein muss, weiß ich,

00:40:18: würde ich gar nicht wirklich beantworten wollen, denn mit jedem Browser findet man ja alles. Also es

00:40:23: muss ja gar nicht mehr so gebündelt sein. Du hast ja alles, was du immer suchst, sofort gefunden.

00:40:29: Wichtig ist nur, dass man voneinander weiß und dass man vielleicht die Kräfte, die dahinter stehen,

00:40:35: auch bündelt. Dass man sich nicht verkämpft anstellen, wo der andere auch schon gekämpft hat. Das muss

00:40:39: ja dann nicht sein, sondern man kann Kräfte bündeln. Weißt du, wie ich darauf gekommen bin? Weil ich dachte,

00:40:45: wenn du mehr mit einer Stimme sprichst und mehr so wahrgenommen wirst, dann nehmen sich die Menschen,

00:40:50: die in diesem Kultur- und Musiksektor arbeiten in einer Stadt, auch viel mehr als Einheit war und

00:40:56: kommen auch viel schneller aufeinander zu. Ja, aber sie sind dann auch mehr noch wiederum eine Bubble

00:41:01: für sich vielleicht. Gutes Argument. Das ist auch in Ordnung, dass die Musikschule ein anderes Publikum

00:41:08: und auch eine andere Welt irgendwie darstellt als die Philharmoniker. Wie gesagt, es hat Vorteile,

00:41:16: das zusammenzudenken, aber es ist auch ganz schön, wenn das irgendwie getrennt ist. Man könnte ja

00:41:20: sich auch das räumlich vorstellen. Es gibt ein großes Haus der Musik mit einem Konzertsaal,

00:41:24: mit einem Orchester, wo Proben sind tagsüber und wo eine Musikschule ist. Das finde ich eine

00:41:27: ganz reizvolle Vorstellung, aber es ist ja auch schön, wenn es irgendwie in den verschiedenen

00:41:32: Stadtteilen verschiedenste Institutionen gibt. Also ich würde mich schwer entscheiden können für das

00:41:38: eine oder andere Modell. Beat, wie sieht es bei dir aus? Mir fällt das auch nicht leicht. Vor allem

00:41:45: auch der Gedanke. Es gibt ja auch noch andere Kunstformen außer Musik, die genauso wertvoll

00:41:51: sind für unsere Gesellschaft und wo die Grenze ziehen, wo nicht? Was vernetzen, was nicht? Aber

00:41:58: nichtsdestotrotz glaube ich, dass Kooperation die Form der Zukunft ist und auch die wir alle

00:42:04: angewiesen sind. Und es gar nicht so einfach ist für Institutionen überhaupt kooperationsfähig

00:42:10: zu sein. Also diese Anschlussfähigkeit in verschiedene Richtungen ist ja teilweise auch

00:42:15: eine Herausforderung. Das bedingt nicht nur eine Haltung, sondern auch eine Struktur hinten dran,

00:42:21: die das überhaupt möglich macht. Und ich glaube, dass wir vor allem daran arbeiten müssen,

00:42:26: also innerbetrieblich uns so zu öffnen und das als Haltung eben auch zu praktizieren,

00:42:33: dass Kooperationen überhaupt stattfinden können. Und ja, natürlich ist eine gemeinsame Plattform so

00:42:42: ein äußeres Zeichen dafür. Aber ich glaube letztlich muss es innen passieren. Ich bin wieder auf der

00:42:47: Beziehungsebene. Beziehungen passieren zwischen Menschen und ich glaube diese Pflege ist enorm

00:42:53: wichtig. Beziehungen passieren zwischen Menschen, so schön gesagt, einfach auf den Punkt. Aber von

00:42:59: wem geht denn dann dieser Wille zur Kooperation aus? Kommen da die Musikschulen auf die Profiorchester

00:43:04: zu oder umgekehrt? Im Idealfall trifft man sich in der Mitte. Nein, ich glaube, wenn... ich glaube,

00:43:11: dieses Bedürfnis oder diese Haltung kann nicht nur auf einer Seite sein, sondern das muss von

00:43:19: beiden Seiten kommen. Man kann das nicht an eine Stelle oder in eine Richtung delegieren. Das darf

00:43:26: keinen Einwegstraße sein, sondern das muss ein ständiges Hin und Her, ein ständiges

00:43:32: Miteinander sein. Also ich bin da echt ein Freund von gegenseitigem Austausch. Also ich glaube,

00:43:40: die Haltung: Ihr müsst halt kommen und dann tun wir dann schon! Dann funktioniert es schon mal

00:43:48: nicht. Es braucht ein gegenseitiges Interesse und das meine ich mit in der Mitte treffen und

00:43:55: man hat der ein Anliegen oder hat die eine Idee und mal die andere Perspektive und ich versuche hier zum

00:44:04: Beispiel zu garantieren, dass man halt sich wirklich regelmäßig in Austauschplattformen trifft,

00:44:10: wo man sich gezwungenermaßen quasi per Kalender, also selber auferlegt, zusammensetzt und gemeinsam

00:44:19: über Dinge, die man gemacht hat reflektiert, aber auch nochmal über Bedürfnisse und Lücken

00:44:25: vor allem. Und das... so ein kontinuierlicher Dialog, finde ich zum Beispiel etwas sehr,

00:44:31: sehr Hilfreiches und dann relativiert sich diese Frage auch, wer ist jetzt Push, wer ist Pull und

00:44:39: sondern es ist ein Miteinander. Das glaube ich, das wäre das Wichtige, das braucht aber tatsächlich

00:44:47: eine Offenheit und ein ehrliches Interesse auf beiden Seiten und das hat auch wieder mit Menschen zu

00:44:54: tun. Aber das Interesse der Profiorchester sollte doch da sein, denn das Publikum von morgen,

00:44:59: das strömt ja in großen Zahlen wöchentlich in unseren Musikschulen, müsste also nur abgeholt

00:45:05: werden. Ja, das stimmt, also das Interesse ist ganz bestimmt da. Wir müssen in der Kulturbranche,

00:45:12: sage ich mal allgemein, aufpassen, dass wir beständig mehr machen, denn diese Dinge erfordern

00:45:22: ja Ressourcen, Zeitressourcen, gedankliche Ressourcen, personelle Ressourcen. Jetzt haben wir nur den Aspekt

00:45:28: Zusammenarbeit mit den Musikschulen, aber wir haben ja noch viele andere Teilpublika oder

00:45:33: Teilgruppen der Gesellschaft, auf die wir zugehen. Früher, also in einer goldenen, früheren Zeit,

00:45:40: wenn man sich das mal so vorstellen will, da hat man einfach Konzerte veranstaltet, draußen

00:45:44: ein Plakat hingehängt und dann war das voll. Und das ist natürlich das Einfachste von der Welt,

00:45:49: ein Symphoniekonzert zu gestalten mit einer Ouvertüre im Solokonzert und einer großen

00:45:54: Symphonie, das ist eine Sache von zwei Minuten und das ist ein tolles Konzert. Schon ein gemischtes

00:46:02: Programm ist viel schwieriger, das Programm erstmal zu erstellen und dann noch mit Zielgruppen

00:46:06: gemeinsam etwas zu arbeiten. Also mit anderen Worten, die Aufgaben, denen wir uns gerne stellen,

00:46:11: die sind unglaublich gewachsen und die machen auch ganz viel Spaß und die zeigen sozusagen die neue

00:46:18: Berührbarkeit von solchen Institutionen wie Orchester, aber das geht in Museen, Kunstgalerien und so

00:46:23: weiter genauso, aber sie erfordern auch erhebliche Ressourcen. Oftmals sind diese Ressourcen,

00:46:28: werden die nicht zur Verfügung gestellt, sondern wir kämpfen manchmal um unsere

00:46:34: Institutionen und bürden uns selber Aufgaben auf, für die wir, also für die wir uns extrem

00:46:41: strecken müssen, sie zu leisten. Und das ist auch ein Punkt, den ich hier gerne mal ansprechen möchte:

00:46:46: Das geht den Musikschulen natürlich genauso! Es ist gar kein Problem einen Musiklehrer einzustellen,

00:46:50: der dann unterrichtet und das ist wunderbar, nach 45 Minuten freut sich der Schüler, dass er was

00:46:56: gelernt hat und dass die Stunde aus ist und der Lehrer ebenso. Aber was dann eben alles zusätzlich

00:47:03: kommt, was wir heutzutage brauchen, um auf uns aufmerksam zu machen, um unsere Zuschüsse zu

00:47:08: rechtfertigen, um in der Gesellschaft unsere Relevanz immer erneut unter Beweis zu stellen,

00:47:14: das sind erhebliche Herausforderungen und ich würde mir wünschen, dass darüber auch

00:47:21: gelegentlich gesprochen wird bzw. dass sich das dann auch wiederum in den personellen und

00:47:25: finanziellen Ausstattungen der Institutionen abbildet. Absolut, ich meine, man muss ja mal ganz ehrlich

00:47:30: sagen, wir Musikschulen profitieren natürlich wahnsinnig davon, ich weiß nicht, ob das jetzt

00:47:34: alle gerne hören, aber dass es vielerorts einfach kaum Schulmusikunterricht gibt. Klar,

00:47:42: möchtest du als Eltern für deinen Kind Musikunterricht, also meldest du es dann an der

00:47:46: Musikschule an. Das habe ich ja nicht anders gemacht mit meinen Kindern, aber ja, dass wir

00:47:52: diese Kinder und Jugendlichen dann auch ins Konzert kriegen, das ist manchmal für uns Musiklehrerinnen

00:47:57: und -lehrer ganz schön schwierig. Weil, das bedeutet dann auch für uns, das ist das, was du

00:48:02: erzählt hast Christian, das ist für uns echt ein Riesenakt! Was ich mit meinen Schülerinnen

00:48:07: und Schülern gerne mache ist, ich gehe mit denen in Filmmusikkonzerte, aber das ist immer,

00:48:13: ich muss das organisieren, ich muss die Kinder da hinkriegen, ich muss mit den Eltern sprechen

00:48:19: und ich muss ja auch Tickets kriegen, diese Tickets muss ja auch irgendjemand bezahlen

00:48:23: und das ist dann was, was in meiner Freizeit stattfindet. Genau. Und da wäre natürlich schön,

00:48:30: wenn es dafür auch irgendwie einen finanziellen Ausgleich gebe, was direkt auch im Berufsauftrag

00:48:37: so formuliert wäre, weil das sich das nicht mit 30 oder 45 Minuten Einzelunterricht abbilden

00:48:43: lässt mit der Zusammenhangstätigkeit, das dürfte ja auch klar sein.

00:48:47: Ja, genau.

00:48:48: Ja und gleichzeitig ist da auch nochmal, aber auch die Ergänzung zu sehen an der Stelle

00:48:52: zwischen, also wenn man jetzt das mal so dual denkt zwischen Orchester und einer Musikschule

00:48:57: und die Orchester haben natürlich nochmal dezidiert mehr die Möglichkeit auch direkt in Schulen,

00:49:02: in Schulklassen auch kulturelle Bildung anzubieten und dadurch auch nochmal über den Weg nochmal

00:49:10: eine größere Breite auch zu erreichen. Auch die Musikschule ist ja letztlich dann immer

00:49:16: oder diejenigen, die dort angemeldet sind, das ist ein Ausschnitt der Gesellschaft und

00:49:22: die dieses Ergänzende über den regulären Schulbetrieb da solche Angebote auch hereinzubringen,

00:49:28: da diese Möglichkeiten zu schaffen ist, glaube ich, auch eine wichtige Ergänzung.

00:49:32: Und da sieht man eben wieder, dass wenn es darum geht, Kunst und Kultur oder Musik innerhalb

00:49:38: von Gesellschaft überhaupt zu ermöglichen, dass es ganz unterschiedliche Aspekte braucht

00:49:42: und dass man sich innerhalb einer Kommune auch durchaus es sich eben auch lohnt, sich

00:49:47: strategisch aufzustellen und vielleicht auch gemeinsam strategisch aufzustellen, wie machen

00:49:52: wir das, dass wir möglichst durchlässig werden, dass wir möglichst viele erreichen und das zeigt

00:49:58: sich da, glaube ich, an dem Beispiel auch nochmal ganz ganz dezidiert. Weil dann geht es nämlich

00:50:02: über die Trompetenklasse hinaus oder über die Fagottklasse hinaus. Was ja... Das ist sehr wichtig,

00:50:10: dass die auch ein Klassenerlebnis dieser Art haben können, aber die Möglichkeit sich auch

00:50:16: nochmal zu überlegen, wie kommen wir noch an eine größere Bandbreite an Menschen, junge

00:50:22: Menschen als konkretes Beispiel heran und wie hören die da auch wieder Instrumente und

00:50:28: kommen vielleicht auch auf die Idee, sich dann mal anzumelden an der Musikschule.

00:50:31: Ja, denn ich glaube jetzt auch gerade in Zeiten von fehlendem Schulmusikunterricht sind wir

00:50:39: ja als Musikschulen und als professionelle Klangkörper eigentlich gefragt, weil bei uns

00:50:44: sitzen die Musikerinnen und Musiker, aber die sitzen halt ja nicht mehr als Lehrer in der Schule,

00:50:49: sondern sie sitzen bei uns und das dann aber wieder auch den den Schulen anzubieten und zu

00:50:54: sagen: Hey, ihr habt auch einen Auftrag, kulturelle musikalische Bildung zu leisten und hier sind wir

00:50:59: als externe Partnerinnen und Partner. Ja, aber das wird in meiner Erfahrung schon sehr dankbar

00:51:04: aufgenommen und es ist ja auch diese Entwicklung hier zur Ganztagsschule, ist ja auch nochmal so

00:51:09: ein Thema, wo man sich überlegen kann: was sind denn eigentlich die Angebote, die wir als

00:51:15: Institution mit unterschiedlichen Möglichkeiten dabei steuern können? Weil die Schulen teilweise

00:51:21: auch das Problem haben, dass sie genau die selben Ressourcenschwierigkeiten haben und genauso

00:51:28: herausgefordert sind mit unterschiedlichen Anforderungen, wie wir das sind, aber wir

00:51:35: vielleicht auch nochmal gemeinsam überlegen, wie können wir denn Angebote realisieren,

00:51:39: die da wirklich auch reinpassen und die da auch eine Ergänzung bilden. Also in meiner Erfahrung

00:51:47: ist schon, dass das auch dann im schulischen Kontext sehr, sehr gerne aufgenommen wird,

00:51:52: dankbar angenommen wird und eine gute Ergänzung einfach auch darstellen kann und ein Bedürfnis

00:51:59: abdeckt, ein großes sogar. Ja klar, weil wenn ich mir vorstelle, ich müsste fachfremd Musik

00:52:05: unterrichten an einer Grundschule oder einer weiterführenden Schule, schwitz. Ja, das ist ja auch immer,

00:52:11: also das ist ja auch so ein interessantes Stichwort. Ich höre dann sehr oft von der Politik, naja, also

00:52:18: das Prinzip an Grundschulen ist grundsätzlich, dass alle irgendwie fachfremd unterrichten,

00:52:23: das sind ja keine Mathematiker angestellt für den Mathematikunterricht, sondern die arbeiten immer

00:52:29: in der Breite. Der große Unterschied ist aber, dass viele der Lehrkräfte selber gar nie Musikunterricht

00:52:35: hatten. Und diese Angst zum Beispiel vor dem Singen oder diese überhaupt diese Angst

00:52:40: anfangen zu können und zu wissen, wie man sich einer solchen Materie nähert, die ist riesig und

00:52:46: die führt auch dazu, dass Musikunterricht regelmäßig ausfällt. Deshalb ist es da,

00:52:51: glaube ich, sind wir als Institutionen da enorm gefordert, stützende Maßnahmen zu

00:52:56: zu ergreifen oder Angebote zu lancieren, die diese Lehrkräfte einerseits bestärken,

00:53:04: es trotzdem zu machen und ihnen die Möglichkeit geben, auf Ressourcen zurückzugreifen. Das ist,

00:53:08: glaube ich, ein extrem wichtiges Feld, auch wenn es nochmal natürlich ein Bereich auftut,

00:53:13: der auch wieder bespielt werden muss. Das sind wir wieder bei Christian, so hey, wann sollen wir und

00:53:17: wie sollen wir das überhaupt leisten? Aber wenn wir es nicht machen, dann ist es, glaube ich, einfach weg.

00:53:23: Das ist das! Und ich weiß nicht, ob wir uns jetzt noch eine Generation leisten können,

00:53:28: die einfach wenig oder gar keinen Schulmusikunterricht hatte. Möchte nicht wissen,

00:53:34: wie dann unsere Orchester dann aussehen in 20 oder in 30 Jahren und auch wie das Publikum oder

00:53:40: ich meine, ob es da überhaupt dann noch Publikum gibt? Na ja, das wird man aber erst auch, wie gesagt,

00:53:47: in 10 oder 20 Jahren wissen, was dann sein wird. Ich bin aber überzeugt, dass es eine weitere

00:53:52: Aufsplittung der Interessen der Gesellschaft geben wird. Also die gibt es ja jetzt schon und das

00:53:59: wird sich manifestieren und vermutlich wird es weniger Orchester geben. Da, glaube ich, sind wir

00:54:06: in einem unglaublich dynamischen Prozess und das anzuerkennen ist, glaube ich, auch schon mal der

00:54:12: erste Schritt, um damit auch in einer gewissen Entspanntheit umzugehen. Das wird es immer geben,

00:54:18: die klassische Musik, die werden wir ja nicht verlieren, aber die wird es vielleicht nicht mehr

00:54:23: in der Menge geben, wie wir es noch kennen. Das hat ja auch in unserer Lebensspanne schon

00:54:28: abgenommen an, sagen wir mal, an Orchesterinstitutionen. Aber die Sichtbarkeit der klassischen Musik

00:54:35: hat ja bestimmt nicht abgenommen, sondern die hat vielleicht sogar auch zugenommen. Also es gab

00:54:38: eine Konzentration, auch durchs Internet können natürlich... kannst du Orchestererlebnisse haben,

00:54:43: die du früher gar nicht haben konntest, weil du nur live in deinen kleinen Ort hingehen konntest.

00:54:48: Also da gibt es bestimmt eine ganz große Veränderung und darauf müssen wir gefasst sein und müssen

00:54:56: agil sein und offen und natürlich müssen wir versuchen, mit dem, was wir können, das Beste

00:55:02: abzuliefern, was wir können. Das war mein Gespräch mit Beat Fehlmann, Intendant der

00:55:07: Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und Christian Lorenz, Intendant der Stuttgarter

00:55:13: Philharmoniker. Vielen Dank euch beiden, dass ihr euch die Zeit genommen habt. Was mich beeindruckt

00:55:18: hat an diesem Gespräch war, dass es überhaupt keine Frage gab, ob es eine Zusammenarbeit von

00:55:23: Profiorchestern und Musikschulen geben muss, sondern eher, wie diese ausgestaltet sein soll und

00:55:29: wer welche Aufgaben übernehmen könnte. Kooperationsfähigkeit ist eine Haltung,

00:55:34: die für die Welt der Musik viel viel Gutes vollbringen kann. Das nehme ich mir als einen

00:55:39: wichtigen Punkt aus diesem Gespräch mit ins neue Jahr. Euch allen, die ihr unseren Podcast seit über

00:55:44: vier Jahren hört, wünsche ich einen guten Start ins Jahr 2025. Alles Liebe für euch, eure Kristin Thielemann.

00:55:51: [Musik]

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00:56:01: [Musik]

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