Voll motiviert – Der Musikpädagogik-Podcast

Transkript

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00:00:00: Selbst bei einer massiven Anhebung der Honorare wird es schwierig bis sehr schwierig möglich sein,

00:00:05: noch Lehrkräfte zu finden, die sagen: Ich arbeite dann doch lieber auf Honorarbasis.

00:00:11: Denn es sind einfach zu wenig Musikschullehrkräfte da und wenn man dann sagt, ja, ich habe die

00:00:20: Auswahl zwischen als Honorarkraft irgendwo tätig zu sein und mich anstellen zu lassen mit

00:00:25: sozialer Absicherung, dann stellen wir doch fest, dass die Anstellungsverhältnisse favorisiert werden.

00:00:31: "Voll motiviert" – der Musikpädagogik-Podcast von Schott Music, dem Verband deutscher Musikschulen

00:00:43: und Kristin Thielemann. Heute stellt sich der neue Bundesgeschäftsführer des VdM Holger

00:00:50: Denckmann vor. Er nimmt uns mit hinter die Kulissen, gibt einen Einblick in seine Vita und wir sprechen

00:00:56: unter anderem über das Thema Herrenberg-Urteil und die Folgen für die Musikschulen.

00:01:01: Hallo Holger. Hallo Kristin. Ist mir echt eine Ehre, dich hier zu haben. Herzlich willkommen.

00:01:07: Ja, danke. Ich freue mich auch, dass ich bei dir zu Gast sein darf. Ja, wer hätte das gedacht

00:01:11: vor, wann war es, 23, 24 Jahren, dass wir uns nochmal über den Weg laufen in diesem Leben?

00:01:17: Ja, ganz früher 2000er, ich glaube 2001 oder 2002 in Lübeck im Saal der Lübecker Musikschule oben.

00:01:25: Jugendblasorchester hat eine neue Leiterin, die heißt irgendwie Kristin oder so.

00:01:30: Das war mein allererster Musikschuljob mit Honorarvertrag übrigens.

00:01:35: Ja, wahrscheinlich noch D-Mark. Das weiß ich gar nicht. Oder gerade Euro,

00:01:38: ich weiß es nicht, muss gerade Euro gewesen sein wahrscheinlich.

00:01:41: Ich muss gestehen, ich war heute morgen soweit, dass ich dachte, jetzt gehst du mal die

00:01:44: Schülerliste suchen und guckst, ob da der Holger noch drauf steht, denn du hast damals netterweise

00:01:49: Schlagzeug gespielt in dem Orchester, gleich wo du schon im Abi warst.

00:01:52: Ja, das stimmt ja. Ich kam aus dem Auslandsjahr wieder und dann habe ich in dem Blasorchester

00:01:57: noch ein bisschen Drumset gespielt. Das stimmt ja.

00:02:00: Ja, und du warst damals schon so, dass man dachte, mega guter Schlagzeuger,

00:02:06: Orchester-Schlagzeuger, aber der ist irgendwie zu mehr berufen.

00:02:09: Ja, ob das jetzt mehr ist, wenn man ein Bundesgeschäftsführer des VdM wird oder ob man irgendwo

00:02:16: in einem tollen Weltorchester Pauke spielt, das hat alles seine Berechtigung und ich bin

00:02:21: regelmäßig neidisch, gerade wenn ich die großen Orchester höre und denke, ja, das hätte ich schaffen

00:02:27: können, aber wenn ich ehrlich bin, hätte ich es nicht schaffen können.

00:02:29: Ich meine, wir haben damals auch darüber gesprochen.

00:02:32: Ja, also ich habe natürlich überlegt, was kann ich machen und du bist ja unwesentlich

00:02:39: älter als ich und warst sehr nah dran an mir und ich glaube sogar noch im Studium in Lübeck,

00:02:45: ich weiß es nicht, oder du hast ein Praktikum gespielt im Orchester, ich bin mir nicht ganz

00:02:49: sicher.

00:02:50: Nee, ich hatte einen Jahresvertrag gehabt, in der Nordwestdeutschen Philharmonie und

00:02:53: hatte dann, ja, wusste nicht genau, wo es hingeht und hatte ein Jahr in Lübeck, wo ich nur studiert

00:02:59: habe und danach bin ich halt an die Deutsche Oper Berlin gegangen und in diesem einen

00:03:02: Jahr war das, dass ich da das Jugendblasorchester dirigiert habe.

00:03:07: Ja, war super, also vor allem, was ja den größten Impact hatte, war die Abschaffung der Uniform,

00:03:14: kam gut an.

00:03:15: Okay, und dafür war ich verantwortlich?

00:03:19: Ja. Oh!

00:03:20: Das war deine Reform als allererstes.

00:03:23: Die einzige, ich weiß es nicht mehr.

00:03:26: In jedem Fall, die gleich sichtbar war, ja.

00:03:29: Das war nicht die einzige, aber die war sichtbar.

00:03:32: Woran du dich alles erinnerst...

00:03:35: Aber Schwamm drüber.

00:03:36: Ich muss wohl mal ablenken vom Thema allererste Musikschulstelle.

00:03:39: Jetzt erstmal herzlichen Glückwunsch zu deiner neuen Stelle.

00:03:43: Jetzt bist du Bundesgeschäftsführer des VdM und ich bin ganz begeistert über deinen

00:03:48: Werdegang.

00:03:49: Wir haben uns ja auch gerade im Vorgespräch schon ein bisschen drüber unterhalten, aber

00:03:52: was du mir gar nicht erzählt hast, ist, was dich an dieser Position des Bundesgeschäftsführers

00:03:56: so gereizt hat.

00:03:57: Ja, also wenn man so in der Retrospektive sich anguckt, dann denkt man ja, das ist

00:04:07: ja alles so logisch, wie sich das so gefügt hat, aber so hat sich es auf dem Weg gar

00:04:11: nicht angefühlt.

00:04:12: Ich bin relativ jung Musikschulleiter geworden in Oldenburg an der Musikschule und dann

00:04:20: eben Regionalsprecher geworden in der Region Weser-Ems.

00:04:24: Und aus der Region Weser-Ems bin ich dann halt Teil des erweiterten Landesvorstandes geworden

00:04:31: und als dieser habe ich dann mitgearbeitet ein paar Jahre und als da dann Personalwechsel

00:04:36: anstanden, also unsere Vorsitzende ist in Ruhestand gegangen, da habe ich mich dann

00:04:41: aufstellen lassen, um Landesvorsitzender zu werden, also die nächste Stufe sozusagen

00:04:46: zu erklimmen.

00:04:47: Das war dann eine sehr enge Abstimmung, aber ich bin gewählt worden in Niedersachsen und

00:04:52: habe das auch zwei Jahre sehr gerne gemacht.

00:04:55: Und ich habe immer so ein bisschen auf den Bundes-VdM geguckt und gesagt, ah Mensch,

00:05:00: da müsste doch das ein oder andere mal anders laufen.

00:05:02: Ich habe auch so ein paar Leute um mich geschart, also quasi so eine Revolutionsgruppe, also

00:05:09: ohne, ohne dass wir uns wirklich so genannt haben.

00:05:11: Es waren halt ein paar Leute, so ein Think Tank würde man jetzt heutzutage sagen.

00:05:15: Hm, ich muss gestehen, ich entdecke Parallelen zu dem, was damals im Jugendorchester gelaufen

00:05:21: ist, was haben wir beiden dann nicht auch, der in Anführungszeichen "Revolutionsgruppe"

00:05:25: angehört?

00:05:26: Ja, ich möchte halt immer irgendwie gerne mit gestalten und ja, aus dieser Gruppe heraus,

00:05:33: da war die Angela Bauer auch drin und eben ich auch und ja, so ein bisschen auf der Landkarte

00:05:39: erschien, würde ich mal sagen und dann eben ins Kandidatenfeld für den Bundesvorstand

00:05:44: aufgerückt, so.

00:05:45: Und dann sind wir 2023 in Kassel in Bundesvorstand gewählt worden und als eine der größten

00:05:51: Aufgaben wurde rausgegeben, ja, wir müssen unbedingt irgendwie versuchen, eine Nachfolge

00:05:56: für den Matthias Pannes zu finden.

00:05:58: Das wird schwer genug, aber wir müssen es irgendwie versuchen.

00:06:01: Und dann gab es eine Ausschreibung und ich war guter Dinge, dass die Kommission, zu der

00:06:06: ich nicht gehörte, jemanden findet.

00:06:08: Da gab es auch durchaus Leute, von denen ich hörte, na, die würden es wohl machen

00:06:13: oder ihren Hut in den Ring werfen und ich habe mich gar nicht beworben.

00:06:16: Und dann gab es aber kein erfolgreiches Ergebnis, wie es ja bei Bewerbungsverfahren häufiger

00:06:23: mal ist.

00:06:24: Und dann wurde die Agentur Kultur-Experten eingestellt oder eingesetzt, um sozusagen

00:06:33: zu headhunten und ja, dann fing es schon irgendwie an, bei mir zu kribbeln, ob das nicht doch

00:06:38: was wäre und so weiter.

00:06:40: Und die Agentur hat sich sehr viel Mühe gegeben, auch in Gesprächen mit mir und dann konnten

00:06:46: sie mich überzeugen, dass ich mich bewerbe und ja, dann habe ich mich vorgestellt.

00:06:51: Die Fallhöhe war natürlich groß, weil, ja, die Leute aus dem Vorstand, die ich ja zum Teil

00:06:57: wirklich gut persönlich kannte, die konnten sich für oder gegen mich entscheiden und hätten

00:07:00: sie sich gegen mich entschieden, hätte ich weiter mit denen im Vorstand gesessen.

00:07:04: Gut, sie haben sich für mich entschieden und dann war es klar, ich mache das.

00:07:11: Und was für mich jetzt super war, ich wusste das schon Anfang des Jahres und konnte mich

00:07:18: jetzt sozusagen einrollen zu meiner tatsächlichen Übernahme zum 1.

00:07:23: Oktober.

00:07:24: Ah, das ist natürlich gut.

00:07:26: Und das sind natürlich auch große Fußstapfen, in die du da trittst von Matthias Pannes,

00:07:30: der ja nun echt unfassbar viel geleistet hat.

00:07:33: Aber wenn das einer ausfüllen kann, dann du Holger.

00:07:36: Das ist sehr lieb, dass du das sagst.

00:07:39: Ja, also ich bin auch immer wieder ehrfürchtig vor seiner Leistung und auch demütig.

00:07:45: Ich sag aber auch immer wieder und ich glaube, das ist auch das einzige, was einem da im

00:07:50: Vergleich hilft:

00:07:51: Ich bin eben nicht Matthias Pannes.

00:07:53: Ich bin jemand anders.

00:07:55: Ich habe meine Stärken.

00:07:56: Ich habe auch meine Schwächen.

00:07:58: Und Matthias Pannes konnte vieles, aber der konnte vielleicht auch nicht alles so wie ich

00:08:04: oder hat nicht alles so angepackt wie ich.

00:08:06: Oder ist eben auch so lange dabei gewesen, dass ich jetzt auch noch ein bisschen den Blick

00:08:11: von außen mir ein bisschen erhalten habe.

00:08:14: Also ja, es sind große Fußstapfen.

00:08:17: Ich bin demütig vor allem halt auch vor diesem Einsatz, den der Mann für den Verband gebracht

00:08:23: hat.

00:08:24: Also wirklich 24/7, da kommt man fast gar nicht mit aus.

00:08:27: Also eher so 25/8.

00:08:29: Also Wahnsinn.

00:08:31: Und Erreichbarkeit, Ansprechbarkeit und was er auch einfach so geprägt hat.

00:08:37: Aber ja, jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt und die bin ich recht selbstbewusst

00:08:44: gelaufen, die ersten Schritte.

00:08:45: Aber es gibt ja jetzt gerade auch einige dicke Bretter zu bohren für dich als Bundesgeschäftsführer.

00:08:50: Zum Beispiel in Sachen Herrenberg-Urteil und dann, ja, dazu kommen wir in dieser Folge

00:08:55: ja noch sehr ausführlich.

00:08:56: Aber mich würde erst mal interessieren, was neben all diesen ja wichtigen und großen

00:09:01: Aufgaben deine wirklichen Herzensthemen sind, die du gerne ins Licht der Öffentlichkeit

00:09:06: rücken würdest.

00:09:07: Ja, Herzensthemen.

00:09:08: Oh je.

00:09:09: Also bei Herzen, da denkt man natürlich gerne ein bisschen ans privatere Umfeld.

00:09:16: Und also ich kann mal so viel verraten:

00:09:18: Ich bin ja verheiratet und das eben mit einer Frau, die aus einem anderen Kulturkreis nach

00:09:25: Deutschland und ins deutsche Musikschulwesen gekommen ist.

00:09:28: Und da liegt es vielleicht auch ein bisschen auf der Hand, dass mich das sehr interessiert.

00:09:33: Wie kriegen wir denn Menschen aus anderen Kulturkreisen oder eben anderen Musikschulsystemen

00:09:40: bei uns in Deutschland rein?

00:09:42: Denn viele erleben da so einen leichten Kulturschock.

00:09:44: Das ging meiner Frau nicht anders.

00:09:46: Also sie kommt aus Polen.

00:09:48: Und wenn man so im polnischen Konservatoriumssystem groß geworden ist und dann als Lehrkraft

00:09:56: an der deutschen Musikschule arbeitet, dann ist es doch ein bisschen unterschiedlich,

00:10:00: was die Eltern so von einem wollen, was die Gesellschaft von einem will und was die Kinder

00:10:05: von einem wollen.

00:10:06: Ja.

00:10:07: Wo liegt denn da der Unterschied?

00:10:08: Ja, also jetzt speziell auf Polen bezogen,

00:10:12: aber das ist bei vielen Ländern, gerade auch aus Europa so,

00:10:15: da gibt es halt doch einen höheren Leistungsanspruch.

00:10:18: Man muss schon um die Musik aufs, ich sage jetzt mal so, salopp übersetzt, aufs Musikgymnasium

00:10:24: zu kommen oder auch auf die musikalische Grundschule Eignungsprüfungen absolvieren.

00:10:29: Man muss Zwischenprüfungen absolvieren.

00:10:32: Es gibt ständig Wettbewerbe.

00:10:33: Man hat seinen Musikunterricht ganz normal in der Stundentafel, also Mathe, Deutsch,

00:10:40: oder Deutsch gibt es in Polen auch als Unterrichtsfach.

00:10:43: Und dann hat man eben dann sein Hauptfach oder Musikgeschichte oder Chor.

00:10:47: Also vieles, was man in Deutschland eigentlich erst so in der Musikhochschule kennenlernt,

00:10:53: das ist in Polen einfach schon in der Regelschule integriert.

00:10:56: Und wer bezahlt das Ganze dann?

00:10:58: Ja, das ist auch der Unterschied.

00:11:00: Das bezahlen die Steuerzahler in Polen.

00:11:04: Das heißt Musikschule ist kostenfrei, also so wie die allgemeine schulische Bildung bei

00:11:11: uns.

00:11:12: Aber dass der polnische Steuerzahler, die polnische Steuerzahlerin vielleicht nicht

00:11:16: so viel Geld hat für jedes Kind in Polen jetzt Instrumental- oder Gesangsunterricht zu zahlen,

00:11:22: dürfte ja auch klar sein, weil daran wird es ja in Deutschland auch scheitern oder würde

00:11:27: es scheitern, wenn wir es kostenfrei machen wollten.

00:11:30: So wie zum Beispiel in Luxemburg ist das ja auch kostenfrei der Unterricht.

00:11:34: Ja, also auch Luxemburg hat ja dieses französische Konservatoriumssystem eben auch mit Solfège

00:11:41: und so weiter.

00:11:42: Und wer kein Solfège macht, kann sein Hauptfach gar nicht im Unterricht behandeln

00:11:47: und so weiter und so fort.

00:11:48: Luxemburg wäre auch noch mal eine eigene Folge wert.

00:11:50: Da möchte ich mich gar nicht zu sehr aufs Glatteis begeben.

00:11:55: Ah, super Idee.

00:11:56: Kommt gleich in den Themenspeicher.

00:11:58: Ja, also in Polen, um nochmal auf deine Frage zurückzukommen, ist es natürlich so, dass

00:12:04: durch die Eignungsprüfung und durch den Leistungsanspruch nicht so viele Kinder auf

00:12:10: diese Laufbahn gehen wie jetzt vielleicht in Deutschland in der Musikschule, wo es doch

00:12:16: mehr Hobby ist oder mehr Freizeitgestaltung und sich dann verändert im Laufe der Zeit,

00:12:23: also im normalen Weg.

00:12:25: Es gibt immer Ausnahmen, wo es auch gleich auf Leistung geht.

00:12:28: Also das wissen wir alle.

00:12:30: Aber in Polen gibt es natürlich dann neben diesen Standardweg der Musikgymnasien, gibt

00:12:40: es dann eben natürlich auch private, meistens sind es dann private Musikschulen, die eben dann auch

00:12:47: als Freizeit fungieren.

00:12:49: So, das gibt es auch.

00:12:52: Es ist aber gesellschaftlich nicht so sichtbar.

00:12:54: Also wenn man sagt, mein Kind geht zur Musikschule, dann meint man in der Regel das Musikgymnasium

00:13:01: oder eben diesen Konservatoriumsweg.

00:13:04: Ja, ist ja spannend.

00:13:05: Also dein Herzensthema, deine Frau und ausländische Kolleg*innen in das deutsche Musikschulsystem

00:13:11: integrieren.

00:13:12: Ja, ich würde das auch ein bisschen aus der Biografie rauslösen.

00:13:15: Also das ist natürlich jetzt nicht nur deswegen, aber es ist einfach so und das wird wahrscheinlich

00:13:19: vielen Leuten so gehen, die Musikpädagogik, Instrumentalpädagogik studiert haben oder

00:13:25: eben auch künstlerische Ausbildung, dass einem auch im Studium sehr, sehr viele Menschen

00:13:31: aus anderen Teilen der Welt begegnen.

00:13:35: Und das finde ich enorm spannend, diese kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten.

00:13:42: Absolut richtig.

00:13:43: Wir brauchen ja auch diese Menschen aus anderen Kulturen, aus dem Ausland, die hier arbeiten

00:13:49: auch in den Musikschulsystemen, sonst könnten wir unsere Musikschulen ja zu machen.

00:13:54: Muss man ja einfach mal ehrlicherweise auch sagen.

00:13:55: Ja, das würde ich auch ganz ehrlich genau so auch sehen.

00:13:59: Und wir bekommen auch mal viel Post von euch.

00:14:02: Ihr Lieben, Hörerinnen und Hörer von "Voll motiviert".

00:14:04: Und daher weiß ich, dass es echt viele Menschen mit Wurzeln im Ausland im deutschen Musikschulsystem

00:14:09: gibt, die hier zuhören.

00:14:10: Vielen Dank erst mal hierfür!

00:14:12: Und wenn ihr, liebe Kolleginnen und Kollegen mit Wurzeln im Ausland, uns erzählen möchtet,

00:14:17: was ihr am deutschen Musikschulsystem schätzt, was ihr gut findet,

00:14:21: aber auch wenn ihr Kritik habt, dann dürft ihr uns das sehr gerne schreiben.

00:14:25: Ich finde das nämlich wirklich spannend, hier mal so ein kleines Stimmungsbild zu bekommen

00:14:29: und in einer der nächsten Folgen im nächsten Jahr, 2025, aus euren Mails vorzulesen,

00:14:34: damit wir einfach mal merken, wie unser Musikschulsystem auf euch wirkt und was ihr für Ideen

00:14:40: habt, wie wir es noch weiter verbessern können.

00:14:42: Also schreibt uns an podcast@schott-music.com oder geht auch an presse@musikschulen.de.

00:14:49: Ja, vielen Dank für den Hinweis.

00:14:52: Und da wollte ich einfach gleich noch mal anschließen, denn das ist ja doch ein Kritikpunkt, den

00:14:58: ich mir auch sehr zu Herzen nehme, immer wenn es um solche Themen geht.

00:15:01: Wir sitzen jetzt beide hier als zwei weiße Mitteleuropäer*innen und sprechen über die

00:15:09: Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen und natürlich wäre das sehr, sehr wichtig

00:15:14: und auch mein Anliegen, dass die auch selbst zu Wort kommen und zu hören sind.

00:15:19: Das möchte ich an dieser Stelle nur gleich einmal vorausschicken, dass uns das sehr bewusst

00:15:22: ist.

00:15:23: Absolut, ich habe es noch gedacht bei der Folge über Inklusion.

00:15:26: Wir reden über Menschen, die Inklusion brauchen, die inkludiert werden sollen, aber wir reden

00:15:32: nicht mit ihnen in der Folge.

00:15:34: Und ich hatte in der Vorbereitung einen kurzen Moment damit geliebäugelt, ein oder zwei

00:15:41: Kinder oder Jugendliche einzuladen und mit ihnen kurz darüber zu sprechen, aber ja,

00:15:46: den Gedanken dann wieder verworfen.

00:15:48: Aber bis die 100 Folgen voll sind, ist ja noch ein bisschen.

00:15:52: Ja, genau.

00:15:53: Es ist ja auf jeden Fall ein schöner Auftrag für die Zukunft.

00:15:56: Ich finde das immer sehr, sehr wichtig, dass man diejenigen, die auch betroffen sind von

00:15:59: einem Thema, unbedingt auch zu Wort kommen lässt und nicht nur auch, sondern vorrangig.

00:16:05: Gute Einstellung.

00:16:06: Darf ich mal einen harten Schwenk machen, Holger?

00:16:09: Gerne.

00:16:10: Es geht jetzt in deinem Berufsleben doch um so dicke Bretter wie Umsatzsteuerbefreiung

00:16:15: für den Musikunterricht, die ja glücklicherweise, das wissen wir ja jetzt, bestehen bleiben

00:16:19: wird, dann hast du das Ganztagsförderungsgesetz direkt vor der Nase und die Auswirkungen

00:16:25: des Herrenberg-Urteils im Nacken.

00:16:27: Wie verkraftet man denn so einen rasanten Einstieg in den Beruf?

00:16:31: Ja, also ich habe ja von dem Einrollen gesprochen und ich habe natürlich einen Bundesvorstand,

00:16:40: zu dem ich ja vorher auch noch selber gehörte, der sehr rege ist, sehr wach ist, in alle

00:16:47: Richtungen aktiv ist und dazu eben auch eine Bundesgeschäftsstelle, die mich unterstützt

00:16:54: und vor allem und das ist das Wichtigste, eine Mitgliedschaft, die auch selbst durch

00:17:00: ihr Wirken an den Musikschulen uns stark werden lässt.

00:17:05: Also ich muss es nicht alleine alles regeln, ich sitze hier nicht alleine und muss die

00:17:10: Probleme von Musikschul-Deutschland lösen, aber ich muss die Lösungsansätze irgendwo

00:17:14: bündeln, meine Gedanken dazugeben, meine drei Cent, wie man immer so schön sagt und das

00:17:20: ist irgendwo die Aufgabe.

00:17:21: Wenn jetzt die Musikschulen in Deutschland alle sehr träge wären und niemand hat Ideen

00:17:27: und alle sagen ja das soll doch endlich mal der Verband lösen, dann hätte ich ein Problem,

00:17:31: aber das ist glücklicherweise nicht so.

00:17:33: Ja, das ist auch mein Eindruck.

00:17:35: Ja, dass im Musikschulsystem unglaublich viele kreative und tolle Köpfe arbeiten und super

00:17:41: Menschen, ich bin dankbar, dass ich dazugehören darf.

00:17:45: Toller Berufsstand.

00:17:46: Ja, aber ich hatte das schon angeteasert, Herrenberg-Urteil, das ist gerade in aller

00:17:50: Munde.

00:17:51: Seit Jahrzehnten wird ja eigentlich über das Thema Honorar-Lehrkräfte und Scheinselbstständigkeit

00:17:55: an Musikschulen debattiert und auch gestritten und jetzt dürfte da mal ein Schlusspunkt gesetzt

00:18:00: sein, denn das Bundessozialgericht hat festgestellt, dass Musikschullehrkräfte, die auf Honorarbasis

00:18:07: arbeiten und in organisatorische und administrative Abläufe der Schule auch eingebunden sind,

00:18:13: als scheinselbstständig gelten.

00:18:14: Habe ich das so, soweit richtig wiedergegeben Holger?

00:18:17: Ja, also ich glaube auch, das Thema ist so durchgekaut, dass wir jetzt im Podcast nicht

00:18:23: noch einmal das "sezieren" und dann an irgendeiner Stelle ein Komma vergessen und dann gibt's

00:18:30: wieder Probleme, sag ich mal.

00:18:32: Das hast du aber, wie ich finde, sehr schön wiedergegeben.

00:18:36: Also das Sozialgericht hat halt eben festgestellt, ja, die Einbindung in den Betriebsablauf ist

00:18:42: eben auch entscheidend und eben auch nicht nur das, was in den Verträgen steht, sondern

00:18:48: die gelebte Praxis.

00:18:49: Das sind eigentlich so die gravierenden Unterschiede und die Auswirkungen für die Musikschulen

00:18:54: hat das dann vor allem dadurch bekommen, dass die Sozialversicherungsverbände, allen

00:18:59: voran die deutsche Rentenversicherung, eben ihre Kriterien zur Feststellung der, also

00:19:05: Scheinselbstständigkeit, sehr geschärft hat.

00:19:08: Das sind eigentlich die Sachen, die jetzt diesen ganzen Ärger oder diesen ganzen Trubel verursachen,

00:19:14: den wir gerade in Musikschul-Deutschland haben.

00:19:17: Ich mach das mal so, ich verlinke für alle Interessierten, was zum Thema Herrenberg-Urteil

00:19:21: in den Shownotes, wo man sich dann auch wirklich in die Einzelheiten vorwagen kann.

00:19:25: Aber darf ich fragen, was hat denn dieses Urteil jetzt für Folgen für die Musikschulen?

00:19:31: Ja, also natürlich hat es erstmal die Folge, dass viele Kommunen, weil die Kommunen, das

00:19:40: sind diejenigen, die unsere Musikschulen zum größten Teil tragen, sei es nun direkt

00:19:46: oder als Mitgliederträgerverein oder als Zuschussgeber für gemeinnützige,

00:19:53: für eine gemeinnützige Gesellschaften oder auch sogar Stiftung, Lübecker Musikschule

00:19:58: wurde ja von einer Stiftung getragen, wenn du dich erinnerst.

00:20:01: Natürlich, die Gemeinnützige.

00:20:03: Richtig, genau.

00:20:04: Aber ich habe heute auf der Webseite geguckt, das Jugendblasorchester konnte ich dann nirgends

00:20:08: entdecken, schade.

00:20:09: Ja, gut, schade, hat bestimmt seine Gründe, die kann ich dir aber nicht nennen, da müsste

00:20:16: ich in Schleswig-Holstein nochmal nachfragen.

00:20:18: Nein, aber gut, jetzt habe ich dich aus der Bahn geschmissen.

00:20:27: Ich muss ja auch was zu schneiden haben.

00:20:29: Ach was, ist live, das lassen wir so.

00:20:32: Ich wollte nur sagen, dass es dazu geführt hat, also dass viele, viele Kommunen jetzt

00:20:38: ihre Musikschulen dahingehend unterstützt haben, dass die in die Lage versetzt worden

00:20:42: sind, ihr Personal komplett anzustellen.

00:20:45: Also da gibt es natürlich viele prominente Beispiele.

00:20:48: Leipzig, also große Musikschulen, Leipzig, Bielefeld, also was auch eine sehr große Schule

00:20:54: ist, dann zuletzt die Westfälische Schule für Musik in Münster, die auch alle Honorarkräfte

00:21:02: angestellt hat.

00:21:03: Also der Schulleiter dort ist ein Studienkollege von mir und der hat keine Sommerferien gemacht,

00:21:10: sondern ich glaube fast 80 Verträge aufgesetzt.

00:21:14: Ouch, ja, keine Sommerferien machen, aber dafür Verträge.

00:21:17: Genau das Gleiche habe ich gerade von der Schule aus Rheinland-Pfalz gehört.

00:21:20: Ja, aber das ist natürlich das, was vielerorts passiert ist, was wir natürlich sehr begrüßen

00:21:27: als VdM, denn seit unserem Stuttgarter Appell sollte klar sein, dass wir die Position vertreten,

00:21:34: dass eine Musikschule in unserem Sinne mit Ensemblearbeit, mit Vernetzung in die Stadt,

00:21:40: mit dem Inklusionsangebot, mit Bandarbeit, mit Kultur-macht-Stark-Projekten, also eine

00:21:47: Musikschule so wie wir uns das als Verband deutscher Musikschulen vorstellen und auch

00:21:52: definieren, dass so eine Arbeit wirklich fast nur und ausschließlich mit fest angestellten

00:22:01: Lehrkräften möglich ist.

00:22:03: Also für alle, die das gerade nicht mehr so präsent haben, Stuttgarter Appell, gibt's

00:22:07: hier den Shownotes für euch und Holger, ich hab dich unterbrochen, tut mir leid, du

00:22:12: warst gerade wieder so schöne Fahrt und ich komm hier mit so was Profanem wie den

00:22:17: Shownotes um die Ecke.

00:22:18: Also weiter geht's.

00:22:19: Ja, ich wollte einfach sagen, weil uns als Verband ja auch gerne mal vorgeworfen wird,

00:22:26: wir würden Honorar, also den Einsatz von Honorarkräften an Musikschulen verbieten.

00:22:32: Diese Macht hätten wir gerne.

00:22:35: Jede Musikschule, jede Kommune ist für sich selber souverän.

00:22:38: Ich sag immer, wir sind so ein bisschen die Vereinten Nationen der Musikschulen.

00:22:43: Also wir können was sagen, wir können Resolution erarbeiten, wir können Position formulieren,

00:22:49: aber wenn die Kommune vor Ort sagt, wir machen das nicht, ja dann endet dann auch unser Arm

00:22:54: sehr schnell.

00:22:55: Also das ist in jeder Kommune natürlich selbst überlassen oder jedem Träger von Musikschulen.

00:23:02: Aber was passiert mit den Schulen, bei denen eben kein Geld da ist?

00:23:06: Was kann passieren, wenn ich als Schulleitung erstmal bei Honorarverträgen bleiben muss?

00:23:10: Ja, da ist eben die Frage inwieweit das geht und da gab es natürlich verschiedene Spitzen

00:23:20: der Aufregung.

00:23:22: Also es ist seit Mai 2023 klar, dass ab Juli 2023 die neuen verschärften Kriterien Anwendung

00:23:34: finden durch die deutsche Rentenversicherung; wirklich durch das Bewusstsein von Musikschul

00:23:39: -Deutschland hat sich das alles langsamer gefressen und der Höhepunkt der Aufregung war dann,

00:23:46: als es darum ging, hat das vielleicht sogar strafrechtliche Konsequenzen, weil man das

00:23:52: vorsätzlich gemacht hat, gibt es Rückzahlungsforderungen etc., da gibt es einfach derzeit eine Rechtsunsicherheit.

00:24:00: Das ist so.

00:24:01: Viele Kommunen haben eben aufgrund dieser Rechtsunsicherheit gesagt, wir schaffen Rechtssicherheit

00:24:06: und das begrüßen wir als Verband auch sehr.

00:24:09: Diejenigen, die sagen, wir haben die finanziellen Mittel nicht, da muss man einfach abwarten,

00:24:15: das können wir auch als Verband wenig bis gar nicht beeinflussen.

00:24:20: Ob es Übergangszeiten gibt, es gab ja jetzt auch sozusagen einen Prüfungsstopp durch die

00:24:27: deutsche Rentenversicherung bis zum 15.10.

00:24:30: Die Prüfungen sind jetzt wieder aufgenommen, allerdings sind da die Fälle, die durch das

00:24:36: Herrenberg-Urteil beeinflusst sein könnten, eher so ein bisschen zurückgestellt.

00:24:40: Also das ist alles noch so ein bisschen in der Schwebe.

00:24:43: Ich bin mir aber sehr sicher auch durch die Gespräche, die auch unser Verband geführt

00:24:49: hat, auch mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und mit der Rentenversicherung,

00:24:54: dass ein Zurück zu dem Einsatz von Honorarkräften, so wie du es am eigenen Leib erlebt hast,

00:25:01: das es das so nicht mehr geben wird.

00:25:04: Ich muss auch rückblickend sagen, die Arbeit dort war nicht eben lukrativ und da mir ja

00:25:10: auch bis zu diesem Zeitpunkt niemand gesagt hatte, dass ich ja auch Mitglied in der Künstlersozialkasse

00:25:15: hätte werden können, habe ich das natürlich auch verpasst in diesem Jahr in die Rentenkasse

00:25:19: einzuzahlen.

00:25:20: Ja und zusätzlich habe ich aber auch immer wieder gespürt, dass es da so eine Art, ja

00:25:25: es war ein Zweiklassensystem, das klingt auch böse, ne?

00:25:27: Aber das es schon ein Unterschied gab zwischen den angestellten Lehrerinnen und Lehrern

00:25:32: und dann auf der anderen Seite mit denen, die in Anführungszeichen nur Honorarkräfte

00:25:36: waren.

00:25:37: Sorry, liebe Lübecker Musikschule, das ist heute ganz sicher anders bei euch.

00:25:41: Ja, da gebt ihr vor 23 Jahren einer Berufsanfängerin eine Chance und dann sowas.

00:25:46: Aber trotzdem, für mich war das bei euch ein wirklich gutes und auch ein wichtiges Jahr.

00:25:52: Ja und das ist natürlich auch nur mein ganz subjektives Empfinden.

00:25:55: Vielleicht haben das andere aus dem Team ganz anders wahrgenommen. Aber es gibt ja jetzt

00:25:59: auch Kolleginnen und Kollegen Holger, die Honorarverträge für sich selbst und ihre Lebenssituation

00:26:05: passend finden und durchaus auch Angst vor einer Festanstellung haben.

00:26:09: Was würdest du denn diesen Menschen raten?

00:26:13: Ist die Angst berechtigt?

00:26:14: Also, der Begriff "Festanstellung" ist ja schon sowas, was hauptsächlich in der Musikschule

00:26:20: benutzt wird, denn eigentlich ist es ja doppelt gemoppelt.

00:26:23: Also es gibt ein Anstellungsverhältnis und das ist immer fest.

00:26:26: Natürlich.

00:26:27: Es sei, dass es jetzt befristet, aber dann ist das Anstellungsverhältnis eben ein befristetes

00:26:31: Anstellungsverhältnis.

00:26:32: Aber ich benutze diesen Begriff auch manchmal, um Sachen zu verdeutlichen, aber es ist einfach

00:26:36: ein witziger Begriff.

00:26:38: Und der korrekte Terminus ist dann?

00:26:40: Ja, Anstellungsverhältnis einfach.

00:26:43: Okay, ja.

00:26:44: Aber nicht ablenken bitte.

00:26:46: Wie ist das jetzt mit den Vorbehalten gegen so ein Anstellungsverhältnis?

00:26:49: Also da muss ich sagen, es gibt tatsächlich Vorbehalte gegenüber einem Anstellungsverhältnis

00:26:56: und da habe ich auch mal so einen Podcast gehört aus Berlin, glaube ich, von einem Jazz-Bassisten

00:27:04: oder der war zu Gast.

00:27:05: Ich bin gar nicht mehr so sicher, ich kann es leider jetzt nicht querverlinken.

00:27:08: Aber da ging es eben darum, die Musikerinnen und Musiker sind so auf diese Honorar-Verhältnisse

00:27:17: getrimmt, dass sie sich die Anstellung gar nicht vorstellen können oder dass da so

00:27:22: Vorurteile kursieren wie "Wenn ich angestellt bin, dann kann ich nicht mehr muggen" oder

00:27:28: "Wenn ich angestellt bin, dann kann ich keine Privatschüler mehr unterrichten" oder "Wenn

00:27:32: ich angestellt bin und ich möchte zwei Wochen auf Tour gehen, dann ist das nicht möglich."

00:27:36: Und solche Ängste bestehen und da kann ich nur sagen, also jede Musikschulleitung hat

00:27:45: ein Interesse daran, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf zwei Ebenen zu wertschätzen.

00:27:53: Und zwar für die pädagogische Leistung und aber auch in der künstlerischen Identität.

00:28:00: Das ist enorm wichtig.

00:28:03: Also wenn man als Musikschulleitung Erfolg haben will, ist es meine These.

00:28:06: Ich bin auch nicht allwissend um Himmels Willen.

00:28:09: Aber es ist wirklich meine These, dass diese Wertschätzung auf diesen beiden Ebenen

00:28:14: auf diesen beiden Ebenen erfolgen muss.

00:28:16: Und wenn ich habe das mehrfach gehabt, ich war zehn Jahre Musikschulleiter

00:28:23: und ich hatte ein Kollegium, das ausschließlich angestellt war.

00:28:27: Und ich habe eine Kollegin gehabt, die kam auf mich zu und meinte so, Mensch,

00:28:32: ich habe ein Wahnsinnsangebot, ich kann in Spanien alte Musikoper spielen.

00:28:39: Und der Dirigent hat gesagt, ich möchte sie als Blockflötensolistin haben

00:28:45: und sonst niemanden.

00:28:47: Und ich habe es mit meinen Kindern und der Familie geklärt

00:28:50: und ich müsste zweimal den Unterricht verlegen

00:28:52: und einmal würde es sogar ganz ausfallen, aber ich habe so viele Überstunden.

00:28:56: Und selbstverständlich macht man das möglich.

00:28:58: Und selbstverständlich flankiert man das mit Elternbriefen und sagt,

00:29:02: Mensch, und das ist unsere Lehrerin und die wird da in Spanien gebraucht

00:29:07: und so weiter. Also das ist einfach toll.

00:29:10: Das hilft auch der Musikschule als Image

00:29:12: und das hilft auch den Lehrkräften in der Wertschätzung der Schülerinnen und Schüler.

00:29:17: Also da kann ich einfach nur zu sagen, wir haben als Leitung

00:29:22: in unseren Verbandsmusikschulen ureigenes Interesse daran,

00:29:25: die künstlerische Identität unserer Mitarbeitenden und Mitarbeiter zu stärken,

00:29:30: wenn nicht gerade sogar noch mit zu promoten,

00:29:33: um mal hier mal so ein fancy Begriff reinzuschmeißen.

00:29:36: Ja.

00:29:37: Das war ja auch genau das, was Raphael Amend in der Folge 48 auch erzählt hat

00:29:44: von seiner Bergischen Musikschule in Wuppertal,

00:29:46: dass er diese künstlerische Freiheit eben auch stärkt

00:29:49: und wo immer möglich auch ermöglichen möchte.

00:29:53: Ja, spricht dafür, dass ich nicht alleine mit dieser Ansicht dastehe.

00:29:56: Ganz sicher nicht, da bist du, glaube ich, sogar im Gegenteil

00:29:59: in ganz, ganz guter Gesellschaft.

00:30:01: Musikschule ist der Arbeitsplatz der Zukunft,

00:30:04: weil wenn du nämlich dir eine Musikschule aussuchst,

00:30:07: wo du eben diese künstlerischen Freiheiten auch leben darfst,

00:30:10: dann find ich den Job einfach super genial.

00:30:14: So was toll ist, wie die Weitergabe der Musik an die nächste Generation

00:30:18: und sich aber auch noch künstlerisch austoben zu dürfen,

00:30:21: künstlerisch und pädagogisch, das ist doch genial.

00:30:24: Und eine Sache fiel mir gerade noch ein,

00:30:27: mit wem habe ich noch heute Morgen telefoniert,

00:30:29: auch ein Musikschulleiter rief an,

00:30:31: der war früher auch im Orchester und hat gesagt,

00:30:33: er findet die Musikschule den weitaus besseren Arbeitsplatz.

00:30:36: Natürlich möchte er auch seine Zeit im Orchester nicht missen,

00:30:38: wie ich auch nicht, aber jetzt an der Musikschule gelandet zu sein,

00:30:41: da fühlt er sich komplett wohl.

00:30:43: Ja, das finde ich total schön.

00:30:45: Also auch aus meiner eigenen Zeit, also ein Sönke Schreiber,

00:30:52: der bei Elbtonal-Percussion ganz hervorragend klassisches Schlagzeug spielt,

00:30:56: auf einem Niveau, der mir nicht nie gelang,

00:30:59: der ist angestellt an der Jugendmusikschule in Hamburg.

00:31:04: So, und das ist ein wirklich hocherfolgreiches Ensemble,

00:31:08: das auf Tour ist.

00:31:10: Ja, und das lässt sich vereinbaren,

00:31:12: das ist möglich und das wird unterstützt

00:31:15: und da sollte man wirklich keine Angst vor der Anstellung in diesem Fall haben

00:31:21: und nicht glauben, dass plötzlich die Freiheit aufhört

00:31:24: oder dass man zwangsweise zu irgendwelchen Tätigkeiten

00:31:28: herangezogen wird und so.

00:31:30: Natürlich ist das Teil der Weisung,

00:31:32: dass man gesagt bekommen kann, so das und das wird jetzt mal gemacht,

00:31:37: aber wir wissen alle Chefs, die oder Chefinnen,

00:31:41: die versuchen mit Autorität sich gegenüber ihren Mitarbeitenden durchzusetzen,

00:31:46: die haben einen sehr schweren Stand

00:31:48: und dieser Führungsstil ist auch einfach nicht mehr zeitgemäß

00:31:51: und wird an den wenigsten Stellen gelebt

00:31:53: und wenn dann mit abnehmendem Erfolg.

00:31:56: Ja, gehe ich total mit.

00:31:58: Folge zum Thema Musikschulleitung steht ja noch aus.

00:32:02: Aber noch mal eine andere Frage in Sachen KSK, Künstlersozialkasse, Holger.

00:32:08: Kann man denn eigentlich mit einer Festanstellung

00:32:10: an der Musikschule noch in der Künstlersozialkasse bleiben?

00:32:12: Ja, das kommt ganz drauf an, mit welchem Anteil man was macht.

00:32:17: Also, wenn man entsprechend Einkünfte hat im freiberuflichen Bereich,

00:32:23: dann kann man auch in der KSK bleiben.

00:32:26: Also, man muss natürlich, KSK ist ein spezieller Fall,

00:32:29: da möchte ich mich jetzt auch wirklich nicht aufs Glatteis begeben,

00:32:32: nur kann ich das so sagen, die KSK hat ja auch zwei Elemente,

00:32:37: also die Rentenversicherung, sage ich jetzt mal so, salopp,

00:32:42: und eben die Krankenversicherung.

00:32:45: Und man kann über seine Freiberuflichkeit,

00:32:48: auch wenn man angestellt ist,

00:32:50: weiterhin in die Rentenversicherung einzahlen.

00:32:53: Auch wenn man vielleicht nicht mehr krankenversichert ist,

00:32:55: ist es bei der KSK.

00:32:57: Weil das dürfte ja ganz interessant sein,

00:32:59: denn vor der Rente haben ja doch viele Kolleginnen und Kollegen Bauchschmerzen,

00:33:04: wenn ich das so richtig deute, was man so in vielen Internetforen ja auch zum Thema KSK liest

00:33:10: oder zum Thema Honorarverträge, Festanstellung, nein,

00:33:14: Warte, Anstellungsverhältnis.

00:33:16: Ja.

00:33:17: Ich muss dann nochmal drüber.

00:33:19: Das ist kein Problem.

00:33:21: Also ich wollte es einfach nur einmal sagen.

00:33:23: Doch, doch ist schon gut so.

00:33:25: Aber wenn ich jetzt was zur KSK und Anstellungsverhältnissen wissen möchte,

00:33:31: wo kann ich mich darüber informieren, Holger?

00:33:33: Ja, also ich kann da immer nur wieder auf das wirklich hervorragende

00:33:37: und noch nicht von mir erstellte, deswegen darf ich das gerne hier an der Stelle so loben,

00:33:42: FAQ-Papier unsres Verbandes hinweisen, das sich diesem Thema in aller Ausführlichkeit angenommen hat,

00:33:49: das findet man über musikschulen.de.

00:33:52: Und es ist auch tatsächlich, was mich auch sehr stolz macht auf unseren Verband,

00:33:57: in vielen Beiträgen zu dem Thema Herrenberg-Urteil und seine Folgen auch als Quelle verlinkt.

00:34:03: Das ist ja ein echter Ritterschlag.

00:34:06: Gibt es denn eigentlich noch Personen oder Situationen in der Musikschule,

00:34:11: für die man Honorarverträge nutzen kann oder soll?

00:34:15: Ja, soll, da würde ich das nie mir anmaßen zu sagen, da soll man das machen.

00:34:21: Es gibt selbstverständlich Anwendungsbereiche, wo wir auch als VdM mitgehen.

00:34:26: Also wir haben ja auch eine Arbeitsgruppe gebildet im Auftrag des Bundesministerium für Arbeit und Soziales

00:34:33: Arbeitsgruppe Musikschulen, da war dann der DTKV beteiligt, also Deutscher Tonkünstlerverband,

00:34:40: der Bund der Freien Musikschulen war dabei, verdi war dabei, die Kommunalen Spitzenverbände waren dabei

00:34:47: in Form des Beigeordneten für Kultur des Deutschen Landkreistages

00:34:52: und wir als VdM waren eben auch dabei.

00:34:55: Und wir haben gemeinsam überlegt, was kann man denn mit derzeit geltenden Kriterien für Möglichkeiten finden,

00:35:05: dass man auch Selbstständige einsetzt, also Honorarkräfte einsetzt.

00:35:10: Und da haben wir eben identifiziert, ja, also wenn man unter einer gewissen Bagatellgrenze liegt,

00:35:16: dann kann man über ein Honorarverhältnis nachdenken, also sprich, wenn jemand jetzt

00:35:24: 10% und weniger an einer Musikschule unterrichtet. Also so der typische Fall:

00:35:30: Orchestermusikerin, Orchestermusiker mit vielleicht auch einem sehr exotischen Fach, je nachdem im ländlichen Bereich,

00:35:39: Oboe, gibt es wahrscheinlich nicht allzu viele Schülerinnen und Schüler.

00:35:42: Gibt es auch, gibt es immer Ausnahmen, es gibt immer engagierte Lehrkräfte oder welche, die EMP und Oboe haben.

00:35:49: Wir hatten in Oldenburg eine hervorragende Oboen-Klasse.

00:35:51: Also ich möchte niemanden hier irgendwie, aber ich sage mal so, landläufig, das Klischee bedienen wir jetzt einfach hier mal ganz selbstbewusst.

00:35:59: Geht um eine Oboen-Lehrkraft auf dem Lande, die jetzt vielleicht an einer ländlichen kleinen Musikschule 2-3 Stunden Oboe unterrichtet.

00:36:07: Und sonst eben ihre volle Stelle und ihre soziale Absicherung im Berufsorchester hat.

00:36:15: So, da könnte man über Einsatz als Honorarkraft nachdenken.

00:36:20: Oder wenn es um Kurzzeitvertretung geht, also wenn auch eine Anstellung braucht ja einen gewissen Vorlauf, gerade in der Kommune, da muss der Personalrat beteiligt werden, da muss die Ausschreibung raus sein und so weiter und so fort.

00:36:33: Und wenn man da dann, um die Zeit bis zur Einstellung zu überbrücken, auf einen Honorarvertrag zurückgreift, solche Möglichkeiten gibt es.

00:36:44: Oder im Projektbereich genauso.

00:36:47: Also wenn man dich jetzt zum Beispiel einlädt und sagt, okay, wir machen jetzt mal Projektwochenende, Digitalisierung im Blechblasunterricht.

00:36:59: Ich mache jetzt mal ein Blödsinnsthema, aber es ist so blödsinnig...

00:37:03: So blödsinnig ist das gar nicht.

00:37:05: Genau, das machen wir jetzt mal und dafür holen wir uns die Kristin Thielemann.

00:37:10: So, dann muss man dich in dem Fall auch nicht einstellen.

00:37:14: Da bin ich mir sehr sicher, dass das so ist.

00:37:18: Ich mir auch.

00:37:19: So, weiter im Text.

00:37:21: Und jetzt hattest du ja vorhin schon ganz tolle Beispiele genannt von Musikschulen, denen das schon gelungen ist, auf Festanstellungen umzustellen.

00:37:28: Aber nicht überall ist das so kurzfristig und auch so einfach möglich.

00:37:32: Leider, leider. Und es gibt auch Städte und Regionen, die können sich das schlicht nicht leisten oder die wollen sich das schlicht nicht leisten.

00:37:38: Aber welche Argumente kann man denn als Musikschulleitung der öffentlichen Hand gegenüber pro Festanstellung liefern?

00:37:47: Ja, das Hauptargument ist der Fachkräftemangel.

00:37:51: Da sind wir fast so ein bisschen wieder bei dem Thema, wo wir vorhin auch schon waren.

00:37:56: Wenn Musikschulen im Umkreis anstellen und entsprechend auch bezahlen und Sozialleistungen übernehmen, nach Tarif bezahlen.

00:38:07: Und wenn die Honorare auf dem Niveau bleiben, auf dem sie jetzt sind, dann selbst bei einer massiven Anhebung der Honorare wird es schwierig,

00:38:17: bis sehr schwierig möglich sein, noch Lehrkräfte zu finden, die sagen, ich arbeite dann doch lieber auf Honorarbasis.

00:38:25: Denn es sind einfach zu wenig Musikschullehrkräfte da.

00:38:30: Und wenn man dann sagt, ja, ich habe die Auswahl zwischen als Honorarkraft irgendwo tätig zu sein und mich anstellen zu lassen mit sozialer Absicherung,

00:38:41: dann stellen wir doch fest, dass die Anstellungsverhältnisse favorisiert werden.

00:38:45: Wir müssen uns ja auch bewusst sein, selbst wenn wir eine Stelle ausschreiben, kein Honorarvertrag,

00:38:52: sondern Anstellungsverhältnisse kommen ja trotzdem teilweise sehr, sehr wenig Bewerbungen.

00:38:57: Also das gibt Fälle, da werden die Stellen ganz offiziell ausgeschrieben und du hast dann irgendwie zwei Bewerbungen.

00:39:03: Und eine davon hat ja überhaupt nur einen Abschluss an irgendeiner Hochschule.

00:39:07: Ja, das ist so. Also die Zahl der Bewerbungen hat auf jeden Fall nachgelassen, die ist runtergegangen.

00:39:13: Und man muss ja auch sagen, die Hochschulen, die in unserem Fall ja entscheidende Ausbildungsinstitutionen sind, dort ist der Output jetzt auch nicht gestiegen in den letzten Jahren.

00:39:28: Und das heißt, wir haben weniger Menschen im System und die Boomer-Generation geht in Rente, in den Ruhestand.

00:39:37: Wir brauchen also auf jeden Fall perspektivisch Fachkräfte, Lehrkräfte an unseren Musikschulen.

00:39:46: Wo wir ja wieder bei deinem Herzensthema sind.

00:39:49: Ja, das ist halt auch wichtig und denen wird man was anbieten müssen.

00:39:56: Denen wollen wir ja auch was anbieten. Also ich empfinde das mal als totale Bereicherung, wenn Menschen in einem anderen Musikschulsystem groß geworden sind,

00:40:04: und mich dann mit denen auszutauschen, was war gut, wo gäbe es noch Potenzial, wie empfinden Sie das hier?

00:40:10: Es gab ja auch gerade so eine schöne Ausgabe von üben & musizieren mit dem Schwerpunkt Asien. Echt sehr, sehr spannend.

00:40:16: Ja, also klar, das gibt ganz, ganz viele Möglichkeiten.

00:40:20: Aber einfach, das gilt ja für alle, also für die Bewerberinnen und Bewerber aus dem Ausland oder Interessierte,

00:40:27: aber auch die, die hier sozialisiert sind oder die sich hier in der Musikschule in der Studienvorbereitung in Ausbildung befinden

00:40:34: oder einfach wirklich ambitionierte Musikschulschülerinnen und -schüler sind, wo es darum geht, hey, ich finde diesen Beruf super

00:40:43: und ich sehe in diesem Beruf auch eine Perspektive.

00:40:46: Und die Perspektive einer Anstellung und des aktiven Mitgestaltens innerhalb einer Musikschule,

00:40:53: wo man eben voll eingebunden ist, auch in einem Kollegium, das ist attraktiv.

00:40:58: Und es ist für mein Empfinden attraktiver als vielleicht als Honorarkraft zu arbeiten,

00:41:06: so wie du das gerade beschrieben hast, in einem Zwei-Klassen-Kollegium mit angestellten Lehrkräften und Honorarkräften,

00:41:14: die quasi die gleiche Arbeit machen, nur unterschiedlich abgesichert und unterschiedlich bezahlt.

00:41:19: Das gibt es aber auch an unseren Musikschulen, auch mit dem Zutun von Herrenberg, immer, immer weniger und fast gar nicht mehr.

00:41:27: Ja, ganz plausibel und logische Entwicklung und ja, überdies auch gut erklärt von dir.

00:41:33: Aber ich glaube, ich hatte dich vorhin abgesäbelt beim Stichwort Ausnahmen.

00:41:38: Gibt es da noch mehr, was wir wissen sollten?

00:41:40: Ja, also wir haben uns dann als Gruppe auch noch darauf geeinigt bzw. als Möglichkeit identifiziert,

00:41:47: dass man auch Studierende und Rentnerinnen und Rentner mit Honorarverträgen ausstatten könnte,

00:41:57: also als Honorarkräfte einsetzen könnte.

00:42:00: Denn es geht nicht um Rentnerinnen und Rentner, die quasi in den Ruhestand gehen aus einer Anstellung heraus,

00:42:08: da kann man ja auch den Vertrag verlängern, so.

00:42:11: Das ist ja möglich über die Regel-Altersgrenze hinaus, sondern eben welche, die aus der Rente komplett kommen.

00:42:19: Also sprich, man braucht eine Schwangerschaftsvertretung in der Elementaren Musikpädagogik, ein typischer Fall.

00:42:27: Und man hat die Lehrerin, die es vorher gemacht hat, verrentet vor Kurzem und sie hat gesagt,

00:42:35: ich möchte auch wirklich in Ruhestand gehen, aber wenn Not am Mann oder an der Frau ist,

00:42:39: dann könnt ihr euch bei mir melden und dann helfe ich euch nochmal,

00:42:42: so, dass man da dann eben Honorarvertrag oder aufsetzen kann oder sie als Honorarkraft einsetzen kann.

00:42:48: Ich hätte ja keinen Job gekriegt an einer Lübecker Musikschule, wenn die nicht Studierende eingesetzt hätten.

00:42:54: Ja, und bei Studierenden gibt es ja auch so ein natürliches Ablaufdatum, nämlich mit dem Zeitpunkt,

00:42:59: wo sie einen Abschluss haben, werden sie natürlich angestellt, weil dann die Berufsqualifizierung da ist.

00:43:06: Ablaufdatum, super.

00:43:08: Das ist ein Kompromiss, ja. Also bei Studierenden kann man sicherlich auch diskutieren,

00:43:14: ob man die nicht auch vielleicht anstellen kann. Ja, das ist auf jeden Fall eine Ausnahme, die denkbar ist.

00:43:20: Eben auch, weil die Studierenden ja durch ihren Studierendenstatus auch sozial abgesichert sind.

00:43:26: Das ist auch so ein bisschen der Hintergedanke, der da mitschwingt.

00:43:29: Aber trotzdem finde ich es immer schön, wenn man Studierenden auch die Möglichkeit gibt,

00:43:33: wirklich auch so fest in die Musikschule eingebunden zu sein, dass man auch eben mitgestalten kann,

00:43:40: mitwirken kann und sich auch genauso wertgeschätzt fühlt, wie alle anderen Angestellten dann eben auch.

00:43:46: Ja, da sind wir so ein bisschen auch in dem Bereich, wie bilden wir denn unsere Leute, sag ich mal, so aus,

00:43:52: die dann nachher in den Musikschulen landen sollen.

00:43:54: Und das, was du beschreibst, geht ja schon so ein bisschen in die Richtung duales Studium.

00:43:59: Also, dass man überlegen kann an Hochschulstandorten, dass man sagt,

00:44:04: ja, Mensch, wir haben jetzt in Hamburg Lehrkräfte an der Jugendmusikschule im Einsatz,

00:44:12: die den Aufgaben einer Musikschullehrkraft entsprechend angestellt sind.

00:44:18: Das ist ja auch im TVöD abbildbar. Das wäre dann eben diese Entgeltgruppe 9a.

00:44:24: Also, dass man eben genau diese Einbindung dann da auch herstellt.

00:44:30: Allerdings ist ja so ein bisschen die Forderung und da müssen wir halt sehen, was die Rentenversicherung daraus macht,

00:44:35: dass man sagt, okay, wir, die Studierenden, die binden wir ein.

00:44:39: Wir können sie aber doch mit dem Honorar bezahlen, so.

00:44:45: Das heißt, die Eingliederung ist dann nicht ausgeschlossen, aber das sind eben Ausnahmen,

00:44:50: die müssen andere Leute entscheiden.

00:44:54: Mit den derzeitigen Kriterien und dem derzeitigen Vorgehen der Rentenversicherung wäre das so nicht möglich.

00:45:00: Also, das ist eine Forderung, eine Idee, ein Vorschlag, den wir gemacht haben,

00:45:06: der aber von der anderen Seite überhaupt erst mal angenommen werden muss.

00:45:09: Aber das wäre eben für uns denkbar.

00:45:12: Jetzt sind wir ja gerade schon beim Stichwort Hochschulen vorbeigekommen.

00:45:15: Wie ist das mit den Hochschulen? Siehst du die Hochschulen eigentlich in der Pflicht über in Anführungszeichen

00:45:20: außermusikalische Dinge wie Tarifverträge, Zusammenhangstätigkeiten, Ferienüberhang,

00:45:26: Weisungsgebundenheit, Steuererklärung, was gibt es noch, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherung

00:45:32: und all solche Dinge zu informieren.

00:45:34: Oder wird das in der Praxis erst an den Musikschulen zum Thema für Menschen im Berufseinstieg?

00:45:39: Ich habe vorhin über die Souveränität gesprochen, jeder einzelnen Kommunen und jeder einzelnen Musikschule.

00:45:44: Und unsere Rolle der Vereinten Nationen der Musikschulen, dass wir versuchen, Ideen vorzugeben,

00:45:51: gemeinsame Positionen zu finden und zu debattieren.

00:45:54: Bei den Hochschulen ist es ganz genauso. Die sind natürlich auch souverän.

00:45:59: Und noch souveräner, weil natürlich auch die Lehre frei ist.

00:46:03: Ja, sehr gut. Ganz wichtiges Stichwort.

00:46:05: Das heißt, ich möchte mir wirklich nicht anmaßen, jetzt zu sagen, die Hochschulen müssen das so und so machen.

00:46:13: Ich kann mir aber was wünschen von den Hochschulen. Und das mache ich gerne.

00:46:18: So, jetzt wird es aber spannend, liebe Hochschulen.

00:46:21: Und ich sage also, die Berufskunde in den Musikhochschulen, die sollte doch vielerorts anders werden und praxisbezogener werden.

00:46:33: Einfach, dass man uns vielleicht auch reinlässt oder unsere Materialien, sich dafür öffnet.

00:46:42: Da ist auch auf jeden Fall eine Bereitschaft da. Das ist ganz klar signalisiert, dass wir eben aufklären können, hey, was wollen wir von euch an den Musikschulen?

00:46:50: Was braucht ihr da? Was heißt das überhaupt?

00:46:53: Ich habe sieben Jahre Musik studiert, ein künstlerisches Diplom in Detmold und ein instrumentalpädagogisches Jazz-Musik-Diplom in Bremen.

00:47:07: Und an beiden Hochschulen ist es schon länger, als ich studiert habe.

00:47:10: Aber trotzdem wusste ich erst ganz am Ende, was überhaupt der TVöD ist, was eine Anstellung ist und so weiter.

00:47:18: Das wusste ich nicht. Es ist mir nicht gesagt worden.

00:47:22: Und ich würde jetzt mal sagen, ich bin recht aufgeweckt und offen durch die Hochschule gegangen und habe mich auch nach links und rechts interessiert und war vor allem auch der Sprache mächtig.

00:47:35: Und trotzdem ist mir das nicht begegnet.

00:47:39: Und wenn ich mir vorstelle, ich komme jetzt auch noch aus dem anderen Kulturkreis, dann wäre es mir erst recht nicht begegnet.

00:47:44: Ja, genau das ist der Punkt.

00:47:45: Da gibt es großen Nachholbedarf meiner Meinung nach. Man kommt immer mehr weg auch an den Universitäten und Hochschulen jetzt generell, dass man ganz speziell für einen Beruf ausbildet.

00:47:58: Das sehen auch die Musikhochschulen so, was ich auch verstehen kann. Nur das Portfolio kann meiner Meinung nach mehr geöffnet werden.

00:48:06: Es gibt an vielen Hochschulen die Career Center, die haben aber häufig auch noch so diese Ausrichtung: Wir zeigen unseren Studierenden, wie sie als Podiumskünstler*innen mit Agenturen und so weiter umgehen und haben weniger diesen Musikschulweg im Kopf.

00:48:24: Der ist aber für viele dann doch Realität.

00:48:27: Und es ist ja eine tolle Realität.

00:48:29: Absolut.

00:48:30: Wenn man die beiden Wege Podium und Lehre als seinen eigenen Berufsweg fusionieren möchte, ein Standbein und ein Spielbein, das ist meine Devise und ich fahre sehr, sehr gut damit.

00:48:40: Absolut. Ja, es ist eine sehr gute Devise und eine sehr typische Devise auch.

00:48:45: Und da würde ich eben sagen, also da können die Hochschulen, da strecke ich die Hand weit, weit aus und sage, liebe Musikhochschulen, nehmt uns mit rein, was auch schon viele Musikhochschulen tun, Klammer zu.

00:48:59: Und hört euch von uns an, was brauchen wir, was gibt es.

00:49:05: Wir übernehmen den Job gerne auch die Studierenden darüber zu informieren, welche Möglichkeiten sie bei uns haben.

00:49:12: Und was für Voraussetzungen dafür vielleicht auch mitbringen müssen, um einfach dieses Hörensagen abzubauen.

00:49:19: Denn die Studierenden sind häufig natürlich auch sehr, sehr, sehr, sehr, sehr, sehr beeinflusst von ihren Hauptfachdozierenden.

00:49:27: Das können wir, glaube ich, beide auch aus unserer Musikhochschulbiografie so sagen.

00:49:33: Ja, doch.

00:49:34: Obwohl im Hauptfach, das war echt so ein toller Lehrer, wirklich super.

00:49:38: Aber ich hatte auch ein paar Nebenfachdozierende, die waren echt ganz, ganz tolle Menschen, ganz wertschätzend.

00:49:44: Ja, ich hatte auch ganz tolle Professoren, also gar keine Frage, aber meinen...

00:49:48: Aber sind die denn jetzt noch aktiv?

00:49:50: Ne, leider keine, leider nicht mehr, weil der vor Kurzem verstorben ist.

00:49:55: Aber also mein Professor in Detmold, der kam aus den Niederlanden.

00:50:01: Und das ist kein Problem gewesen, ganz im Gegenteil.

00:50:05: Ich fand es immer super mit ihm, nur hatte er natürlich wirklich gar keine Verbindung zum deutschen Musikschulwesen.

00:50:12: Ja, die Verbindung macht es einfach. Es ist natürlich schade, wenn es die gar nicht gibt.

00:50:17: Und das war dann auch noch zu der Zeit, wo in den Niederlanden das große Musikschulsterben eingesetzt hat

00:50:22: und sich die öffentliche Hand total zurückgezogen hat aus den Musikschulen.

00:50:25: Und er hat immer nur gesagt, Musikschule ist das schlimmste, bloß nicht da landen und so.

00:50:30: Und Prekariat und so weiter und so fort.

00:50:32: Schade, echt schade.

00:50:33: Und ich glaube, da ist einfach wichtig, dass wir so ein bisschen das Fenster schaffen in die Berufswelt an der Musikschule hinein.

00:50:43: Und das eben auch Studierenden als Optionen aufzeigen und die nicht nur auf das Hörensagen und über drei Ecken Kommunikation angewiesen sind.

00:50:53: Das wäre mir sehr, sehr wichtig.

00:50:55: Und da wäre, glaube ich, ein guter Ansatzpunkt, wie wir dann auch mit den Hochschulen zusammenarbeiten können.

00:51:00: Was die Studierenden brauchen, ist, glaube ich, auch jemand, der für das Thema Musikschule brennt und auch so wirkt und vor denen steht.

00:51:09: Gerade auch wenn die Sprache hier vielleicht eine Barriere sein kann oder die ist einfach eine Barriere ganz häufig.

00:51:16: Das war ein großer Wunsch.

00:51:18: Und jetzt bin ich echt gespannt auf den zweiten Wunsch, wenn der erste schon so groß war.

00:51:23: Also mein zweiter Wunsch in Richtung Hochschulen wäre einfach auch, dass man diese Hierarchie zwischen den Studiengängen einfach mal hinter sich lässt.

00:51:34: Also die ist nicht allerorts Ausrufezeichen, aber vielerorts einfach noch Realität.

00:51:42: Und das berichten uns auch die Instrumentalpädagogik-Studierenden.

00:51:46: Das es eben heißt, die Instrumentalpädagogik-Studierenden haben nicht bei den gleichen Professor*innen Unterricht wie die Künstlerische-Ausbildung-Studierenden.

00:51:55: Die spielen in anderen Vorspielen vor.

00:51:58: Im Hochschulorchester wird die erste Geige durch KA bedient und in der zweiten darf, wenn, eine Instrumentalpädagogin, ein Instrumentalpädagoge mitspielen.

00:52:10: Solche Dinge sind einfach immer noch Realität und auch dieses: Wer das Instrument einigermaßen gut kann, im Sinne der Professorinnen, ist in der künstlerischen Ausbildung.

00:52:23: Das Beste ist natürlich das Konzertexamen. Darum geht es dann, das ist die künstlerische Exzellenz, die wirklich da ist.

00:52:30: Und Instrumentalpädagogik wird doch in meinem Verständnis und in meiner Beobachtung noch zu viel als die Möglichkeit für diejenigen gesehen, die es halt in der künstlerischen Ausbildung nicht oder noch nicht geschafft haben.

00:52:45: Im Sinne von: "Fangen wir mit Instrumentalpädagogik an und versuch dann nochmal, in die richtige künstlerische Ausbildung zu wechseln!"

00:52:53: Und dann kommt nach der Instrumentalpädagogik lange nichts und dann kommt Kirchenmusik und Schulmusik.

00:52:58: Oh, und ganz unten wahrscheinlich dann auch die EMP.

00:53:01: Das kommt ja dann ganz unten. Was natürlich absolut konträr dem ist, was wir als Musikschulen brauchen.

00:53:10: Elementare Musikpädagogik ist enorm wichtig für uns, nicht nur für uns. Es ist, wie ich finde, auch ein hochgradig spannendes Studium, was wir und da sind wir dann als Musikschulen auch gefordert.

00:53:24: Wir sind in vielen Bereichen gefordert und können es auch nicht die Verantwortung auf die Musikhochschulen abwälzen.

00:53:30: Wir sind auch als Musikschulen gefordert, den Beruf der elementaren Musikpädagogin oder des Pädagogen mehr zu fördern und sichtbarer zu machen und vor allem auch für unsere Schülerinnen und Schüler sichtbar zu machen.

00:53:46: Das ist ganz wichtig, denn viele haben diesen Beruf nicht im Sichtfeld, dass es den überhaupt gibt.

00:53:55: Auch einige, die Grundschullehramt studieren oder Pädagogik studieren oder irgendwo in der sozialen Arbeit sich sehen und diese Möglichkeit gar nicht kennen.

00:54:06: Das, muss ich sagen, hat auch natürlich mit dieser Hierarchie zu tun, aber nicht nur.

00:54:14: Es gibt dann auch wenig Studienplätze hier und da. Also das wäre einfach ein Wunsch, dass man dieses Ansehen der Elementaren Musikpädagogik oder elementaren Musikpraxis, wie es auch irgendwie immer wieder genannt wird, was ich sehr, sehr passend finde, dass man das einfach so ein bisschen hebt, sichtbar macht.

00:54:35: Ein positives Beispiel an der Hochschule: Ich habe in Bremen studiert, ich habe das erzählt und da genoss die Elementare Musikpädagogik einen sehr guten Ruf unter den Studierenden und auch die Lehrenden haben das so gesehen und das fand ich sehr, sehr positiv.

00:54:52: Das kannte ich aus meiner Ausbildungsstation vorher so nicht.

00:54:56: Weil ich mein, es kann ja in der Hochschule auch nur darum gehen, dass ihre Studierenden auch mal in Lohn und Brot stehen irgendwann und von ihrer Kunst leben können und von dem her finde ich, Musikschule ist einfach ein ganz toller Arbeitsplatz, wo du dein künstlerisches Spielbein und dein festes Standbein einfach toll vereinen kannst, wenn du dir einen Arbeitsplatz suchst, wo du eben auch gesehen wirst mit deiner künstlerischen Tätigkeit, wo man dich darin auch unterstützt.

00:55:20: Ja, also du wirst von mir nichts anderes hören, als dass es einer der schönsten Berufe auf der ganzen Welt ist und das ist auch so, vor allem durch auch diese direkte Sichtbarkeit der eigenen Arbeit und diese menschlichen Verbindungen, die entstehen, ohne natürlich irgendwelche Grenzen zu überschreiten, das ist völlig klar.

00:55:44: Aber das ist das, worum es geht. Also man hat einfach als Musikpädagoge, Musikpädagogin die Möglichkeit, im positivsten Sinne Feuer zu entfachen, für eine der schönsten Zeitgestaltungen, die wir auf der Welt so haben.

00:56:04: Das war mein Gespräch bei "Voll motiviert" mit Holger Denckmann, dem neuen Bundesgeschäftsführer des VdM.

00:56:10: Apropos VdM, ich habe jetzt hier noch einen Termin für euch, den ihr euch unbedingt reservieren solltet, denn vom 9. bis zum 11. Mai 2025 findet in Dresden der VdM-Musikschulkongress statt.

00:56:23: Sehen wir uns dort?

00:56:25:

00:56:27: [Ende]