00:00:00: Also, wenn man das Gefühl hat, jetzt müssten sie es doch eigentlich verstanden haben,
00:00:03: dann müssen wir, glaube ich, trotzdem immer wieder weitermachen und immer wieder erklären,
00:00:06: was Musikschulen leisten können.
00:00:09: Ich bin immer noch optimistisch, dass wir das schaffen, dafür zu sorgen, dass jetzt der Zeitpunkt ist,
00:00:14: mit völliger Selbstverständlichkeit gerade nicht an der kulturellen Bildung zu sparen,
00:00:18: denn jetzt brauchen wir sie mehr denn je.
00:00:30: Heute bei mir zu Gast der designierte Bundesgeschäftsführer des VdM Raphael Amend.
00:00:41: Wir sprechen über "Jugend musiziert", den Fachkräftemangel und auch über kompetentes Fehlermanagement.
00:00:46: Ihr erfahrt Persönliches von Raphael und wisst am Ende sogar, warum wir der Meinung sind,
00:00:51: dass Politikerinnen und Politiker dringend den Musikschulunterricht besuchen sollten.
00:00:56: Viel Spaß beim Anhören, Kommentieren und Teilen dieser Folge.
00:01:00: Raphael, hi, wo erwische ich dich denn jetzt gerade?
00:01:03: Hallo, Kristin, vielen Dank für die Einladung.
00:01:05: Ich bin gerade zu Hause, weil ich sonst befürchte, dass ich sonst gar keine Ruhe habe.
00:01:10: Ich hock einfach bei mir zu Hause, ich habe die Klingel auf leise gestellt.
00:01:13: Ich hoffe, dass der Nachbarn nicht klopft.
00:01:15: Der hat auch immer so viele Dinge, die er mit mir besprechen möchte, wenn ihr merkt,
00:01:18: dass ich da bin.
00:01:20: Nein, alles gut.
00:01:21: Die Klingel habe ich in der Tat auch ausgestellt.
00:01:23: Ja, das ist echt blöd, aber das sollte man dann tun.
00:01:26: Ja, auf jeden Fall besser so.
00:01:28: Raphael, es ist ein aufregendes Jahr für dich.
00:01:30: Darf ich fragen, wie geht es dir denn dabei?
00:01:33: Also, mir geht es gut, aber es ist ganz schön, was zu tun.
00:01:37: Also, es ist echt turbulent.
00:01:38: Jetzt gerade im Moment bin ich dabei, sozusagen die letzten Dinge vorzubereiten
00:01:44: für meine Nachfolge in der Bergischen Musikschule, in der Leitung.
00:01:48: Und natürlich schon auch die ersten Dinge vorzubereiten für den neuen Job
00:01:53: beim Verband deutscher Musikschulen, dann ab 1. September.
00:01:56: Aber natürlich gibt es auch Dinge, die jetzt schon für mich wichtig sind
00:01:59: und die ich ja auch jetzt schon mitnehmen möchte.
00:02:01: Ah, toll.
00:02:02: Und was sind das für Dinge?
00:02:04: Naja, zum Beispiel ist ja der Holger Denckmann, der jetzt schon zum Sommer zurück
00:02:09: in seine Heimat nach Oldenburg geht, jetzt gerade noch da.
00:02:13: Und insofern nutze ich die Gelegenheit, natürlich mit ihm auch viele Dinge zu besprechen.
00:02:18: Und der VdM ist ja ein bewegtes Konstrukt.
00:02:23: Und immer wieder passieren viele Dinge, die auch für die Zukunft relevant sind.
00:02:27: Also, ich versuche jetzt schon, mich in die Themen einzudenken
00:02:30: und die eine oder andere Sitzung schon mal mitzunehmen und zu schauen,
00:02:34: was mich da eigentlich ab September so erwartet.
00:02:36: Dann bist du ja jetzt sozusagen mitten im Onboarding-Prozess.
00:02:40: Genau, Offboarding und Onboarding gleichzeitig.
00:02:43: Oh, und hast du schon Umzugskartons bestellt oder bleibst du Wuppertal treu?
00:02:49: Ich wohne in einem Vorort von Wuppertal in Remscheid Lennep
00:02:52: und werde mal versuchen, ob das mit den Pendeln für mich geht.
00:02:57: Und dann gegebenenfalls mich dafür oder dagegen entscheiden, dabei zu bleiben.
00:03:02: Mal sehen.
00:03:03: Dann bleibt dir der Nachbar, der immer so viel mit dir besprechen will,
00:03:05: noch ein bisschen erhalten, oder?
00:03:07: Der bleibt mir erhalten, ja.
00:03:11: Ja, darf ich mal fragen, wie ist es, wenn man Bundesgeschäftsführer wird?
00:03:16: Ich meine, das ist ja eigentlich wahrscheinlich nicht dein Berufsziel gewesen,
00:03:20: als du ins Musikstudium gegangen bist oder doch?
00:03:22: Nee, keineswegs.
00:03:24: Also tatsächlich, darin habe ich wirklich nie gedacht,
00:03:27: habe ich ehrlicherweise auch bis vor zwei Jahren oder so,
00:03:32: auch gar nicht drüber nachgedacht, ob das noch eine Option sei,
00:03:36: so einen Posten mal zu machen.
00:03:38: Solche Jobs gibt es ja auch nicht so wahnsinnig viele in Deutschland.
00:03:42: Also im Musikschulwesen gibt es ja nur diesen einen Bundesgeschäftsführer.
00:03:47: Aber es gibt sicher ja noch im Gesamtmusikschulwesen noch andere Posten,
00:03:53: die man auch aus der Musikschulleitung vielleicht anstreben könnte.
00:03:57: Aber das war für mich nie ein Thema.
00:03:59: Was ein Thema war, war, dass ich irgendwann gemerkt habe,
00:04:01: ich würde gerne doch nochmal irgendwann was anderes machen.
00:04:04: Was anderes machen?
00:04:06: Naja, ich bin ja jetzt in der Bergischen Musikschule in Wuppertal
00:04:10: bin ich ja irgendwie groß geworden, das war auch meine Musikschule,
00:04:13: das ist meine Heimat.
00:04:15: Ja, genau, das hat mich so berührt in Folge 56 der Musikschulkongressfolge,
00:04:19: als du davon erzählt hattest.
00:04:21: Du warst ja, glaube ich, schon im Früherziehungsunterricht
00:04:24: an der Bergischen Musikschule, ist das richtig?
00:04:26: Ja, das stimmt. Ja, richtig.
00:04:28: Die Früherziehung war so mein erster Einstieg in die Musikschule
00:04:32: und dann war das so der klassische Weg mit Tag der offenen Tür
00:04:35: und die Geige dann entdeckt und so wie man sich das vorstellt.
00:04:39: Das war relativ klassisch.
00:04:42: Und dann bin ich da tatsächlich doch auch wirklich groß geworden
00:04:45: und das hat mir auch den Einstieg in den Job als Lehrkraft,
00:04:50: dann war ich Fachleiter für die Schulkooperation,
00:04:53: dann war ich Stellvertreter und dann bin ich irgendwann zur Leitung geworden.
00:04:56: Das hat mir so diesen Weg, also da hatte ich natürlich angefühlt für mich. So.
00:05:01: Und gleichzeitig war auch immer so ein bisschen das Gefühl,
00:05:04: ich würde gerne auch mal vielleicht auch aus meiner Heimat mal weg
00:05:08: oder auch nochmal was machen, was mich noch auf eine andere Art und Weise fordert.
00:05:15: Und jetzt ist gerade so ein Punkt gewesen, wo ich in der Musikschuleitung
00:05:19: viele Dinge mitgestalten durfte, auch viele Krisen.
00:05:24: Also ich glaube, alle Musikschuleitungen werden die Corona-Krise
00:05:29: und auch die Herrenberg-Krise nenne ich sie jetzt mal,
00:05:32: sofern sie davon betroffen waren, nicht vergessen.
00:05:35: Und ja, das Schöne war jetzt so ein bisschen auch für mich
00:05:39: als Schlusspunkt diesen Bundeswettbewerb ausrichten zu dürfen.
00:05:42: Das wissen wir ja schon... tatsächlich war der Einstieg in den Bundeswettbewerb
00:05:46: war für mich so mit das Erste, was ich als Leiter der Musikschule
00:05:50: auf den Weg gebracht hatte, diese Bewerbung dann unter Dach und Fach zu bringen.
00:05:55: Das war 2017/2018 und jetzt ist es so ein bisschen der Schlusspunkt
00:06:00: für mich in meiner Musikschulleiter-Karriere.
00:06:03: Ja, aber wer weiß, was das Leben noch alles bringt.
00:06:06: Und jetzt, wie war denn eigentlich ƒ und Wuppertal?
00:06:09: Ist das alles gut gelaufen, so wie euch das gewünscht hat?
00:06:12: Also das muss man wirklich sagen, ich bin immer noch ganz happy
00:06:15: mit dem, wie das gelaufen ist.
00:06:18: Ich habe sehr viel positives Feedback bekommen, da freue ich mich natürlich sehr drüber,
00:06:22: aber wir haben es schon vor langer Zeit überlegt, wollen wir diesen Bundeswettbewerb
00:06:27: irgendwie mitgestalten als Musikschule, als Stadt und haben da viele Dinge
00:06:32: in Bewegung gesetzt.
00:06:33: Also ein Bundeswettbewerb kann ja theoretisch auch in eine Stadt kommen,
00:06:37: dann suchen die sich ihre Säle und dann findet das irgendwie statt
00:06:41: und da gibt es sicher auch viele Menschen, die dann davon profitieren
00:06:45: und begeistert sind und die Teilnehmenden finden sicher auch schöne Säle vor
00:06:50: und ähnliches, aber irgendwie habe ich überlegt, wie können wir es denn schaffen,
00:06:53: dass es wirklich für die Stadt ein echtes Event wird
00:06:57: und eine echte Begeisterung erzeugt.
00:06:59: Und wir haben uns viele Dinge überlegt.
00:07:01: Das fing schon an, dass wir uns einfach sehr eingemischt haben beim Thema,
00:07:04: welche Säle wir überhaupt in der Stadt bespielen wollen.
00:07:08: Und das führt jetzt dazu, dass ich ganz viel positives Feedback bekommen habe
00:07:14: zu den Sälen in Wuppertal, wo auch viele Wuppertaler zum ersten Mal
00:07:19: in irgendwelchen Schulaulen waren, die ja auf den ersten Blick
00:07:23: oder in der ersten Vorstellung erstmal ja nicht so attraktiv erscheinen,
00:07:26: aber wo wir wirklich richtige Schätze entdeckt haben.
00:07:30: Die klingen manchmal ganz gut, diese Räume.
00:07:32: Ja, das war toll.
00:07:33: Traut man denen gar nicht zu.
00:07:35: Und was halt schön war, dass die Musikschule eben so ein Teil dieses Wettbewerbs war.
00:07:41: Das war auch so ein bisschen vielleicht auch aus der Not geboren.
00:07:44: Wir haben unsere Musikschulzentrale dichtgemacht für die Zeit.
00:07:47: Der Unterricht ist sozusagen ausgefallen, aber zugunsten
00:07:51: gemeinsamer Besuche von Lehrkräften und Schüler*innen,
00:07:54: die also diese Wertung besucht haben und sicher davon auch profitieren werden.
00:07:59: Und die Säle waren alle voll.
00:08:01: Also es war einfach wirklich, diese Stadt hat von Osten bis Westen geklungen.
00:08:06: Und es war wahnsinnig intensiv, lebendig, emotional.
00:08:11: Und es war toll zu erleben, was für eine Kraft Musik für so eine Stadt,
00:08:15: die es ja auch nicht immer leicht hat, entwickeln kann.
00:08:18: Das ist ja echt genial.
00:08:19: Und ich glaube, ihr habt ja auch so Bühnen in der Stadt selber gefunden,
00:08:22: also Outdoor die Teilnehmenden auftreten lassen.
00:08:25: Ich habe das immer über die Social-Media verfolgt von Jugend musiziert
00:08:28: und auch von deiner Bergischen Musikschule.
00:08:30: Das war wirklich ganz, ganz toll, was da gelaufen ist.
00:08:33: Ja, das Wetter hat allerdings nicht mitgespielt,
00:08:35: Wuppertal ist ja nicht gerade bekannt für sonniges Wetter
00:08:39: und hat sich auch zum Bundeswettbewerb da nicht verstellt.
00:08:43: Also alles, was draußen war, so ein kleines bisschen gelitten hat.
00:08:47: Aber insgesamt war es dann wirklich toll.
00:08:50: Okay, dann hat man also Wuppertal pur.
00:08:53: Genau.
00:08:54: Hast du als Kind oder Jugendlicher eigentlich auch selbst mitgemacht bei Jumu?
00:08:58: Ja, das habe ich.
00:09:00: Allerdings bin ich vielleicht das beste Beispiel dafür,
00:09:03: dass man keine steile Jugend-musiziert-Karriere braucht,
00:09:07: um später dann doch beruflich in Richtung Musik zu gehen.
00:09:12: Also das war bei mir wirklich der reine Spaß
00:09:17: und ich erinnere mich total gerne daran zurück,
00:09:20: vor allem an das Gemeinsame und an die gemeinsame Vorbereitung,
00:09:23: an die Freundschaften, die da entstanden sind.
00:09:25: Aber es war wirklich nicht so,
00:09:26: dass ich irgendwie im Bundeswettbewerb gelandet wäre.
00:09:29: Studiert habe ich dann trotzdem, ich war vielleicht auch auf der Geige,
00:09:32: so ein bisschen der Spätzünder.
00:09:34: Und trotzdem sind die Erinnerungen an Jugend musiziert,
00:09:38: vielleicht gar nicht an den Moment des Auftritts an sich,
00:09:41: sondern eigentlich eher an das, was davor war
00:09:43: und das, was da gewachsen ist.
00:09:45: Und an diesen langen Weg, den man da gemeinsam geht.
00:09:48: Also ich war immer Fan auch von den Ensemblewertungen.
00:09:52: Das ist das, woran ich mich wirklich sehr, sehr gerne erinnere.
00:09:55: Das war mir ziemlich ähnlich.
00:09:57: Ich erinnere mich noch an diese intensive Vorbereitungszeit
00:10:01: und an die Ensembleproben, an die anderen, die mitgespielt haben.
00:10:04: Aber an den Auftritt selber habe ich echt nur noch ganz vage Erinnerungen.
00:10:08: Und ja, das, was mir damals vermeintlich wichtig war,
00:10:11: nämlich der tolle Preis, vielleicht war es auch nur meinem Lehrer wichtig, ich weiß es nicht,
00:10:14: das hat heute für mich eigentlich gar keine Relevanz mehr,
00:10:18: sondern die ganze Sache war rückblickend vielleicht doch eher so ein Baustein,
00:10:22: der mich angespont hat, weiterzumachen
00:10:24: und der mich dazu gebracht hat, meine Leistung nach weiter auszubauen.
00:10:28: Und ich glaube, das hilft auch, wenn man jetzt immer mal wieder
00:10:31: auch in diesem Moment kommt, was man mit Teilnehmern zu tun hat,
00:10:34: die ja vielleicht auch wirklich enttäuscht sind.
00:10:37: Und das weiß man dann ja auch...
00:10:39: Das hilft dann in dem Moment vielleicht nicht, aber langfristig weiß man,
00:10:42: die werden das als großartiges Erlebnis in Erinnerung halten.
00:10:46: Weil es ist nicht nur der eine Moment
00:10:48: und es ist nicht die eine blöde Punktzahl der Jury, sondern es ist ja viel mehr.
00:10:52: Und hallo, es ist Bundeswettbewerb, ja?
00:10:56: Richtig. Also wer da dabei ist, das ist schon, es ist der Wahnsinn.
00:11:00: Wir hatten in der Musikschule auch das Überhaus sozusagen die Möglichkeit
00:11:03: für die Teilnehmern ein bisschen vorher nochmal das eine oder andere zu trainieren.
00:11:08: Und ich kenne meine Musikschule ja als wirklich Ort mit vielen,
00:11:12: vielen verschiedenen Musikschnipseln, die da auf den Fluren zusammenkommen.
00:11:17: Das hörte sich plötzlich doch ganz schön beeindruckend an.
00:11:21: Das klingt dann irgendwie so ein bisschen nach Hochschule.
00:11:23: Das habe ich auch gedacht.
00:11:24: Ich war ja in Wien beim Bundeswettbewerb von Prima la musica in Österreich
00:11:28: und da war es auch, ich bin da reingegangen in die MDW
00:11:31: und es klang wirklich wie in der Hochschule.
00:11:34: Und wir hatten Kategorie 1 und 2 zu bewerten.
00:11:37: Die letzten drei Tage haben wir Kategorie 3, 4 gemacht
00:11:41: und es war astronomisch, was das für Leistungen waren.
00:11:44: Ja, der Wahnsinn.
00:11:45: Und das ist beim Bundeswettbewerb Jungend musiziert glaube ich genau das,
00:11:48: dass man manchmal schon auch merkt, wie sich das entwickelt hat.
00:11:53: Also ich kenne den Wettbewerb jetzt auch schon eine Weile
00:11:55: und ich habe schon das Gefühl, dass gerade diese Höchstleistungen
00:11:59: vom Niveau her nochmal deutlich gestiegen sind.
00:12:02: Das Gefühl habe ich auch.
00:12:03: Und ich nehme auch wahr so in den Feedback-Gesprächen,
00:12:06: da kamen dann ja immer die Lehrkräfte mit den Schüler*innen.
00:12:09: Und da hast du dann gemerkt, das sind teilweise aber wirklich
00:12:13: kleine regionale Musikschulen, wo unglaublich tolle Instrumentalistinnen
00:12:18: und Instrumentalisten unterrichten.
00:12:20: Und wo ich gedacht habe, wow, Musikschule ist nicht mehr
00:12:24: wie vor 30 Jahren irgendwie Einzelunterricht,
00:12:27: sondern Musikschule ist ein Musikkosmos,
00:12:29: was da alles angeboten wird und was da los ist,
00:12:32: dass sich Kinder und Jugendliche so toll entwickeln können.
00:12:34: Das ist schon wirklich echt unglaublich.
00:12:36: Ja, das stimmt.
00:12:37: Das ist stimmt.
00:12:38: Und ich finde es schön auch zu erleben, dass man merkt,
00:12:40: okay, das können Musikschulen auch leisten.
00:12:42: Also Musikschulen sind eben so vielfältig.
00:12:45: Und ich glaube, das Bild von Musikschulen in den Köpfen
00:12:47: ist vielleicht auch immer noch ein anderes,
00:12:50: als das, wie es im Alltag wirklich ist.
00:12:52: Absolut.
00:12:53: Aber mal abgesehen von dieser tollen Spitzenförderung
00:12:57: haben wir ja echt auch eine Breitenförderung entwickelt,
00:13:00: die jetzt, ja, wir hoffen es immer, viele Kinder erreicht.
00:13:04: Aber bei euch in NRW habt ihr ja dieses JeKits.
00:13:08: Aber wie ist das anderenorts –
00:13:10: erreichen diese Schulkooperationen wirklich all die Kinder
00:13:13: und Jugendlichen, die es bräuchten?
00:13:15: Ja, wahrscheinlich nicht.
00:13:16: Aber diese Schulkooperationen sind natürlich der Hebel.
00:13:19: Ich glaube, dass wir vielerorts genau in diese Richtung
00:13:23: weiter denken müssen.
00:13:25: NRW ist jetzt natürlich mit JeKits ein Beispiel dafür,
00:13:28: wie es gehen kann.
00:13:30: Auch in NRW ist es ja nicht so, dass alle Grundschulen
00:13:32: davon profitieren, sondern derzeit ein Drittel
00:13:35: der Grundschulen in NRW.
00:13:37: Aber das ist als Modell und es wird ja auch nicht nur in NRW
00:13:41: praktiziert, sondern auch in anderen Orten, schon der Weg
00:13:44: zu sagen: Also erst mal möchten wir alle erreichen.
00:13:47: Also JeKits funktioniert auch nur deswegen,
00:13:50: weil in der ersten Klasse, wo es startet,
00:13:53: es erst mal keine Barriere gibt im Sinne von,
00:13:55: ich muss mich irgendwie anmelden oder ähnliches,
00:13:57: sondern es ist wirklich Teil des Schulvormittags.
00:14:00: Es funktioniert nicht, wenn man in die Schulen kommt
00:14:03: und sagt: So, und wer möchte? Oder: Wer meldet sich an?
00:14:07: Und dann schauen wir mal, wer da kommt
00:14:09: und dann machen wir mit den musikalische Bildung.
00:14:11: Das hat auch seinen Wert völlig klar.
00:14:13: Aber es ist eben nicht diese barrierefreie Situation,
00:14:16: wo ich erst mal ohne Filter alle erreiche.
00:14:20: Und ich glaube, das ist die Idee, wenn wir Wege finden
00:14:23: an viel mehr Stellen so etwas zu finanzieren,
00:14:26: dieses filterlose starten in den Grundschulen,
00:14:30: ist glaube ich das, was wir überall bräuchten,
00:14:34: um wirklich allen erst mal diese Tür
00:14:37: zur musikalischen Bildung zu öffnen.
00:14:39: Und was war jetzt deine Rolle in diesem ganzen JeKits-Prozess
00:14:44: in NRW?
00:14:46: Also erst mal war JeKits für mich der Start
00:14:50: in diesem etwas mehr Managementbereich,
00:14:53: was Musikschule angeht.
00:14:55: Also in der Bergischen Musikschule war ich gerade Fachleiter
00:14:58: für die Schulkooperation, als aus dem JeKi-Programm,
00:15:01: also damals noch im Ruhrgebiet JeKits wurde,
00:15:04: also mit diesen drei Schwerpunkten, Instrumente, Tanzen, Singen
00:15:07: und dieses Programm auf ganz NRW ausgerollt wurde.
00:15:10: Und dann natürlich die Entscheidung auch an Wuppertal war:
00:15:13: Wollen wir daran teilhaben?
00:15:16: Wir haben damals unser eigenes Programm gestrickt,
00:15:19: das haben wir auch JeKi genannt, das war auch JeKi,
00:15:21: aber wir haben es eben anderweitig finanziert.
00:15:23: Und deswegen habe ich diesen Prozess dann erstmal bei mir
00:15:26: in der Musikschule sehr stark begleitet, JeKits auch bei uns zu platzieren.
00:15:31: Damals vor allem im Bereich Instrumentenschwerpunkt,
00:15:34: mittlerweile auch im Singen und im Tanzen.
00:15:37: Und dann habe ich mich im Landesverband der Musikschulen
00:15:41: ja auch stark gemacht und das war dann wiederum der Landesverband,
00:15:45: der das Programm dann ja irgendwann übernommen hat
00:15:48: in der organisatorischen Leitung gemeinsam mit dem Ministerium
00:15:52: für Kultur und Wissenschaft und ich diese ganze Weiterentwicklung,
00:15:56: also wie sind eigentlich die Bildungsdimensionen von JeKits,
00:16:00: ist das mit der Teilhabegerechtigkeit eigentlich richtig so?
00:16:03: Wie ist die Preisstaffelung?
00:16:05: Soll es eigentlich Lehrpläne geben
00:16:08: oder wollen wir die Freiheit so erhalten, wie sie ist?
00:16:11: Welche Fortbildungen brauchen wir,
00:16:14: um zum Beispiel Instrumentalpädagog*innen noch stärker für die Arbeit
00:16:20: mit heterogenen Gruppen und so weiter fortzubilden?
00:16:22: Also das sind die Dinge, die im Landesverband der Musikschulen
00:16:25: in NRW dann passiert sind und wo auch die Geschäftsstelle
00:16:29: durch JeKits natürlich gewachsen ist
00:16:31: und dort ganz tolle Referent*innen sitzen,
00:16:33: die sich um die Weiterentwicklung dieses Programms kümmern.
00:16:36: Und das ja wohlgemerkt und das darf man glaube ich auch mal so sagen,
00:16:39: viele andere Bundesländer in Deutschland, aber auch,
00:16:42: ich hatte jetzt gerade ein Gespräch in Österreich,
00:16:44: die schauen wirklich auf dieses JeKits-Programm und denken,
00:16:47: hey, können wir das nicht auch?
00:16:49: Können wir das nicht in irgendeiner Form für uns adaptieren, übernehmen?
00:16:53: Wollen wir da nicht auch jungen Menschen in unserer Region ermöglichen,
00:16:57: dass sie so toll von musikalischer Bildung profitieren können?
00:17:00: Ja, und wenn es dafür Mittel gibt, dann kann ich das nur empfehlen,
00:17:03: weil wir erreichen Kinder, die wir sonst nicht erreichen würden
00:17:07: und die auch sonst den Zugang zu Musik und musikalischer Bildung
00:17:11: vermutlich so nicht haben würden.
00:17:15: Worauf wir vielleicht wirklich aufpassen müssen
00:17:17: und das ist auch vielleicht eine berechtigte Kritik an JeKits,
00:17:21: da haben wir noch einen Weg vor uns:
00:17:23: Wie schaffen wir es diesen Übergang zu schaffen?
00:17:25: Also wie können wir denn die Kinder, die in JeKits über die Schwelle gehen,
00:17:31: also für die wir die Tür eröffnen und die wir dann erreichen,
00:17:34: auch langfristig erreichen?
00:17:36: Und im besten Fall bleiben sie ja die ganze Grundschulzeit dabei
00:17:40: und dann endet die Grundschulzeit.
00:17:42: Und was ist denn dann?
00:17:44: Und hier gibt es noch nicht genug Ideen und Konzepte
00:17:47: und funktionierende Strukturen,
00:17:48: dass dann diese Bildungsbiografie,
00:17:51: was die Musikschularbeit angeht, nicht endet.
00:17:54: Ich glaube, der Weg ist immer dann ein richtiger,
00:17:58: wenn man das während der Grundschulzeit schon probiert.
00:18:02: Wenn wir es schaffen, während der Grundschulzeit
00:18:04: Kinder, die im JeKits-Programm teilnehmen
00:18:06: oder in anderen Kooperationen, in Schulen,
00:18:10: immer auch den Weg zur Musikschule
00:18:12: oder zu dem, was Musikschule auch noch leisten kann zu zeigen
00:18:15: und sie in Musikschularbeit stärker einzubinden.
00:18:18: Und das ist gar nicht so einfach,
00:18:20: weil das sind auch ganz schön viele.
00:18:23: Allerdings! Versus weniger Kolleg*innen,
00:18:27: die sie unterrichten können.
00:18:29: Womit wir eigentlich beim Thema Fachkräftemangel werden,
00:18:36: denn schon heute haben wir ja nicht genug Menschen
00:18:40: in unseren Musikschulen, die da unterrichten,
00:18:43: die wir eigentlich bräuchten.
00:18:45: Also schon allein im EMP-Bereich ist es ja mehr als knifflig im Augenblick
00:18:49: und auch andere Fächer, also ich meine,
00:18:52: wenn du irgendwelche Gitarren-Lehrkräfte suchst oder so,
00:18:55: ich glaube, da musst du echt eine gute Lupe haben
00:18:58: und wirklich auch ein tolles Angebot als Musikschule,
00:19:01: dass die zu dir kommen, auch da unterrichten.
00:19:04: Ich meine, wie siehst du denn da die Zukunft?
00:19:07: Wie muss sich da der VdM positionieren
00:19:09: oder was könnte es für Rezepte geben,
00:19:11: um da auch diesem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?
00:19:14: Die große Baustelle der nächsten Jahre
00:19:16: ist sie ja jetzt schon längst.
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00:19:27: mit integritem Chatboard und KI-Assistent.
00:19:30: Stell dir vor, du kannst mit iMikel sprechen
00:19:33: und sagst einfach nur: Zeige mir alle Schüler,
00:19:36: die älter als 30 sind und erstelle eine Statistik
00:19:39: und der KI-Assistent erledigt das für dich.
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00:19:44: auf ein völlig neues Level.
00:19:46: Über 270 Musikschulen setzen auf iMikel.
00:19:49: Wir freuen uns auf dich
00:19:50: und wünschen weiterhin viel Spaß im Podcast.
00:19:56: Eine Sache fällt ja jetzt weg,
00:19:59: nämlich die unsicheren, die prekären
00:20:02: Beschäftigungsverhältnisse.
00:20:04: Wenn wir davon ausgehen,
00:20:06: dass Honorabeschäftigungen in der Zukunft
00:20:08: keine maßgebliche Rolle mehr spielen werden,
00:20:11: dann ist zumindest das Feld
00:20:13: ein Aspekt, der jetzt vielleicht positiv wirken kann,
00:20:16: was auch die Entscheidung angeht,
00:20:18: ob jemand diesen Beruf für sich ergreifen will.
00:20:21: Da gebe ich dir vollkommen recht.
00:20:23: Und was natürlich aber auch bei der Berufswahl junger Menschen
00:20:26: noch mit rein spielen könnte:
00:20:28: Dass Musikschullehrkraft jetzt zu einem Beruf geworden ist,
00:20:31: der nicht unglaublich toll und vielfältig und kreativ
00:20:34: und Sinnstiften und was, was sich nicht noch alles ist,
00:20:37: sondern dass man damit nun auch endlich in der Lage ist,
00:20:40: eine Familie zu ernähren
00:20:42: und sich eine stabile Altervorsorge aufzubauen.
00:20:45: Das muss ja nicht nur bei unseren Schülerinnen und Schülern ankommen,
00:20:48: sondern auch ganz allgemein in der öffentlichen Wahrnehmung.
00:20:51: Ja, also ich bin manchmal so, dass ich denke,
00:20:55: vielleicht bin ich auch zu naiv,
00:20:57: aber es ist einer der schönsten Berufe der Welt.
00:21:00: Also das mit dem Vermitteln von Musik
00:21:03: und dieses Feuer zu entfachen in jungen,
00:21:06: aber auch bei älteren Menschen,
00:21:08: das ist eigentlich das, was so attraktiv ist,
00:21:12: dass ich doch denke,
00:21:14: wir müssen es doch schaffen,
00:21:16: auch Menschen, die noch überlegen, was sie tun, das zu zeigen.
00:21:20: So, und jetzt hilft natürlich dann so eine Situation,
00:21:23: das Rahmenbedingungen, was das Finanzieller angeht, besser werden.
00:21:26: Man muss jetzt sich aber ja auch nichts vormachen,
00:21:30: denn auch in der im Angestelltenverhältnis
00:21:33: ist ja die Bezahlung jetzt auch nicht rosig.
00:21:36: Also wer weiß, ob sich da vielleicht nochmal was tut,
00:21:38: auch da hat der VdM ja versucht, Impulse zu setzen,
00:21:41: das wird sich jetzt zeigen.
00:21:43: Aber es bleibt einfach ein wirklich toller Beruf,
00:21:47: der dann aber in der Realität ja oft Rahmenbedingungen hat,
00:21:52: die schwierig sind.
00:21:54: Also auch da haben wir ja schon mal drüber gesprochen,
00:21:57: wie ist denn das eigentlich,
00:22:00: wenn ich dann als zum Beispiel EMP-Lehrkraft
00:22:03: im JeKits-Bereich oder in anderen Kooperationen
00:22:07: oder in der Kita oder so in Räume komme,
00:22:10: wo ich erstmal damit konfrontiert werde,
00:22:13: überhaupt den Zugang zum Raum zu kriegen,
00:22:16: den Schlüssel zu bekommen,
00:22:18: dann erstmal eine halbe Stunde aufräumen muss
00:22:20: und so ich übertreibe jetzt.
00:22:22: Nein, ich glaube, du übertreibst nicht.
00:22:24: Ich habe gerade letzte Woche so einen Job abgesagt,
00:22:26: wo ich vorwärts in den Raum rein und rückwärts wieder raus bin
00:22:28: und dachte, ey, nee, aber das wirklich nicht!
00:22:31: Ich möchte immer noch gerne einen Morgen
00:22:33: in irgendeiner Grundschule in der Kooperation unterrichten,
00:22:36: aber wo ich gedacht habe: Nein, und das geht nicht!
00:22:39: Und das habe ich auch genauso gesagt:
00:22:41: Leute, schafft bessere Rahmenbedingungen
00:22:43: und dann versucht mal die nächste Lehrkraft dafür zu begeistern.
00:22:46: Aber ich mache das nicht.
00:22:48: Und ich hoffe, dass wir das als Musikschulen noch stärker schaffen,
00:22:50: dass wir mit unseren Kooperationspartnern
00:22:53: auf Augenhöhe so kommunizieren können,
00:22:56: dass wir auch da gehört werden
00:22:58: und das klar ist, was bedeutet Kooperation an dieser Stelle,
00:23:01: wo es um Rahmenbedingungen geht,
00:23:03: die einfach da sein müssen,
00:23:06: wo wir nicht darüber sprechen müssen,
00:23:08: ob vorher nicht dieser Raum vielleicht in einem ordentlichen Zustand ist
00:23:12: und dass man nicht dieses Gefühl hat,
00:23:15: als Musikschullehrkraft an einen Ort zu kommen,
00:23:18: wo man eigentlich nur geduldet ist
00:23:20: und wo es irgendwie ganz nett ist,
00:23:22: dass da jemand kommt, der mit den Kindern auch bestimmt was Nettes macht.
00:23:25: Aber wenn er dann wieder weg ist, ist es eigentlich auch gut,
00:23:27: weil man hat ein bisschen das Gefühl, als würde man stören.
00:23:31: Also, das ist eine Kooperation –
00:23:33: ehrlicherweise, glaube ich, die können wir uns fast sparen.
00:23:36: Die machen wir dann ja am Ende nur noch deswegen,
00:23:39: weil es am Ende immer noch wichtig ist,
00:23:41: die Kinder, Jugendlichen, Erwachsenen zu erreichen.
00:23:44: Aber die Rahmenbedingungen gehen so nicht.
00:23:46: Das muss sich verändern.
00:23:48: Und ich glaube, da können wir Musikschulen natürlich
00:23:50: eine entscheidende Rolle spielen,
00:23:52: im Zweifel auch Musikschulleitungen,
00:23:54: die in der Lage sind, dafür zu kämpfen,
00:23:57: dass diese Kooperationspartnerschaften
00:23:59: wirklich auf Augenhöhe funktionieren.
00:24:01: Gibt es denn da eigentlich irgendwelche Empfehlungen
00:24:04: oder Mindeststandards, die eingehalten werden müssen,
00:24:06: irgendein Papier seitens des VdM, wo drin steht,
00:24:08: "Hey, das wäre jetzt mal gut für eine gelingende Kooperation."
00:24:11: Gibt es sowas schon?
00:24:13: Oder ist das in Arbeit, weißt du das?
00:24:15: Also, Papiere gibt es auf jeden Fall.
00:24:17: Ich weiß es jetzt tatsächlich vom LVdM,
00:24:19: wo es auch Veröffentlichungen gab,
00:24:21: wie Kooperationen auf Augenhöhe gelingen kann.
00:24:24: Da scheitert es nicht an schriftlichen Dingen,
00:24:29: sondern es scheitert dann, glaube ich,
00:24:31: eher an der Bereitschaft, es auch wirklich umzusetzen.
00:24:35: Ja, klar.
00:24:37: Und dabei wäre es ja so wichtig,
00:24:39: in unserer mittlerweile ja auch superdiversen Gesellschaft
00:24:42: mit allen Krisen, die da gerade auf uns einprasseln,
00:24:45: dass alle Kinder die Erfahrung machen dürfen,
00:24:47: was die Musik für sie selbst, für die Gemeinschaftsbildung,
00:24:50: für überhaupt kulturelle Erfahrungen,
00:24:52: fürs Zusammenwachsen mit anderen,
00:24:54: mit denen man vielleicht auf den ersten Blick
00:24:56: gar nicht so viel gemeinsam hat, doch für ein Schatz ist.
00:24:59: Dieses aufeinander hören lernen,
00:25:02: sich mal auch nach führenden Stimme anzupassen,
00:25:04: dem Tempo, der Lautstärke der anderen,
00:25:07: aber auch selbst mal den Lead übernehmen zu können –
00:25:09: das ist nicht nur Musik, das ist das Leben!
00:25:11: Und das sind ganz wichtiges Skills fürs Leben.
00:25:14: Und in der Musik, da machst du eben schnell die Erfahrung,
00:25:17: hey, ich bin vielleicht nur ein kleines Rädchen im Getriebe,
00:25:20: aber ich bin trotzdem total wichtig für den Zusammenklang.
00:25:23: Und wenn ich hier fehle, dann fehlt dem Ganzen
00:25:25: was ganz Wesentliches.
00:25:27: Ja, und ich glaube, das ist ja genau das.
00:25:29: Die Begeisterung bei anderen Menschen zu wecken,
00:25:32: ist eine hoch erfüllende Aufgabe.
00:25:34: Und ich glaube, was der VdM machen kann,
00:25:37: sich natürlich auf der Bundesebene dafür einzusetzen,
00:25:40: dass dieser Beruf auch in der Gesellschaft und auch in der Politik
00:25:44: eine höhere Anerkennung erfährt.
00:25:46: Ich habe immer noch das Gefühl,
00:25:48: dass Musikschullehrkräfte blächelt werden hin und wieder.
00:25:52: Das merkt man ja auch in den Hochschulen,
00:25:54: haben wir ja auch schon mal drüber gesprochen,
00:25:56: wie die unterschiedlichen Studiengänge
00:25:58: in einer Wertigkeit gefühlt anders wahrgenommen werden
00:26:01: und auch anders kommuniziert werden.
00:26:04: Also der künstlerisch-pädagogische Studiengang
00:26:07: hat da einfach einen niedrigeren Stellenwert
00:26:10: und das muss sich zwingend ändern.
00:26:12: Was ja eigentlich ein Witz ist,
00:26:14: denn wer heute noch als Hauptfachlehrkraft
00:26:16: mit so einem Mindset unterwegs ist an der Hochschule
00:26:18: und das einzig wahre Berufsziel ist,
00:26:21: Solist oder Orchestermusiker, Orchestermusikerin,
00:26:24: die muss man ja einfach mal sagen,
00:26:26: sorry, aber da hast du echt die Ausfahrt verpasst
00:26:29: diese Ausfahrt heißt Realität!
00:26:31: Ganz genau.
00:26:32: Und da werden wir als VdM, das tut der VdM ja bereits schon lange,
00:26:36: aber das wird sicher eine Aufgabe weiterhin sein,
00:26:38: immer wieder dafür zu plädieren,
00:26:40: dass es eine realitätsnahe Ausbildung
00:26:44: an den Musikhochschulen gibt,
00:26:46: die ja die künstlerische Exzellenz in keinster Weise infrage stellt.
00:26:49: Absolut nicht, ganz im Gegenteil.
00:26:51: Ja, die doch darauf vorbereitet,
00:26:53: was denn am Ende die Berufsmöglichkeiten sind.
00:26:56: Und da stimmt die Relation einfach nicht.
00:26:59: Also wenn wir es schaffen,
00:27:01: Musikhochschulen viel stärker davon zu überzeugen,
00:27:03: dass das Pädagogische grundsätzlich in allen Studiengängen,
00:27:06: egal ob künstlerisch oder künstlerisch-pädagogisch,
00:27:09: erst mal eine Rolle spielt,
00:27:11: dann haben wir schon viel gewonnen,
00:27:13: denn als hat noch keinem Künstler,
00:27:15: keiner Künstlerin geschadet,
00:27:17: sich pädagogisch zu betätigen
00:27:19: oder sich zumindest damit zu beschäftigen.
00:27:21: Denn selbst wenn wir nur mit uns alleine sind,
00:27:23: sind wir auch unser eigener Pädagoge.
00:27:25: Also dieses Pädagogische daraus zu lassen,
00:27:27: halte ich wirklich für falsch.
00:27:29: Und da kann der VdM natürlich
00:27:31: Impulse setzen zu sagen,
00:27:33: dass das in den Hochschulen eine viel stärkere Rolle spielt.
00:27:36: Und dann ändert sich vielleicht auch die Anerkennung.
00:27:39: Und beim Thema Anerkennung fällt mir natürlich auch das ein,
00:27:42: was in der Gesellschaft vielleicht auch dadurch auch noch nicht stimmt,
00:27:47: dass es irgendwie ein Unterschied ist,
00:27:49: ob ich jemand auf der Bühne erlebe
00:27:51: oder ob ich jemandem in einer pädagogischen Tätigkeit erlebe.
00:27:56: Und auch da habe ich immer das Gefühl,
00:27:59: ich empfinde die gleiche Faszination.
00:28:02: Wenn ich eine Kollegin, eine Kollegin auf der Bühne sehe,
00:28:05: dann entsteht eine Gemeinschaft,
00:28:08: nämlich eine Gemeinschaft zwischen Künstler und den Zuhörenden.
00:28:11: Und es ist auch eine Form der Musikvermittlung.
00:28:15: Und es ist total beglückend zu erleben,
00:28:18: was Musik in dem Moment leisten kann.
00:28:21: Und ich habe wirklich das gleiche Gefühl,
00:28:24: wenn ich dann vielleicht sogar die gleiche Person
00:28:26: in einem ganz anderen Setting erlebe,
00:28:28: wie sie Kindern oder Jugendlichen, Erwachsenen Musik näher bringt
00:28:32: und wie sie Musik vermittelt.
00:28:33: Natürlich mit ganz anderem Setting und mit anderen Methoden.
00:28:37: Aber ich habe das gleiche Gefühl von Faszination und von Wertigkeit.
00:28:41: Und das brauchen wir für die Gesellschaft, glaube ich auch.
00:28:44: Aber ich glaube, an vielen Hochschulen sind ja zumindest
00:28:48: die Verantwortlichen für die künstlerisch-pädagogischen Studiengänge
00:28:51: schon enorm gut unterwegs und haben da schon wahnsinnig viel bewegt.
00:28:54: Denn unser großes Ziel ist es ja nicht nur,
00:28:57: unser kulturelles Erbe an die nächste Generation weiterzugeben,
00:29:00: sondern dieser jungen Generation auch zu zeigen,
00:29:03: mit der Musik für ein mächtiges Werkzeug in der Hand hat, um viele, viele Probleme
00:29:08: auf dieser Welt zu lösen.
00:29:09: Absolut, genau!
00:29:10: Ja, wir hatten es ja gerade von der Wertigkeit des Lehrberufs versus künstlerischer Leistung
00:29:21: auf der Bühne.
00:29:22: Ist ja im Grunde genauso, wenn ich ein Feedback in einem Wettbewerb gebe, wir hatten es ja
00:29:26: davon schon.
00:29:27: Dann gratuliere ich natürlich nicht nur dem Kind oder dem Jugendlichen, vielleicht noch
00:29:30: den Eltern, sondern mal ganz, ganz großer Dank, meinen Glückwunsch und auch der Respekt
00:29:34: der gilt Lehrkraft für diese Superleistung, denn die haben als Lehrkräfte eigentlich
00:29:38: auch zumindest mit im Geiste auf dieser Bühne gestanden und die haben einen riesen
00:29:42: Anteil an dem, was da läuft auf der Bühne.
00:29:45: Und dazu fällt mir noch ein, dass wenn wir gerade bei Wettbewerben schauen, aber das
00:29:49: betrifft nicht nur Wettbewerbe, sondern eigentlich diesen musikalischen Weg, wir haben die Lehrkräfte
00:29:53: und wir haben natürlich auch noch das Umfeld.
00:29:55: Also, wir haben ja oft, wenn wir bei Jugend musiziert schauen, haben wir einen Umfeld,
00:29:59: wo oft die Familien sehr stark mit dafür sorgen, dass das ein funktionierender Weg ist.
00:30:05: Also, ich habe jetzt etliche Male bei Jugend musiziert, den Menschen gedankt, die diese
00:30:10: Wege ermöglichen.
00:30:11: Das waren die Lehrkräfte, das waren aber auch natürlich die Familien. Und dann denke ich
00:30:16: aber auch, und was ist mit den Kindern und Jugendlichen, die dieses Umfeld vielleicht
00:30:21: nicht so haben?
00:30:22: Um jetzt wirklich auf seinem Instrument oder mit dem Gesang erfolgreich weiter zu kommen,
00:30:28: also für sich erfolgreich, nicht im Sinne von höher, schneller weiter, sondern dass
00:30:31: man irgendwie, dass das eine erfüllende Tätigkeit wird, bei der man auch lange dran bleibt,
00:30:36: dafür braucht es dieses Umfeld, wo Musik auch irgendwie normal ist.
00:30:40: Und da haben die Musikschulen, finde ich, die wichtige Aufgabe, dass auch dort, wo
00:30:45: dieses Umfeld vielleicht fehlt, da ein bisschen einzusprengen, also nicht nur durch einen
00:30:50: guten Unterricht, sondern auch das Musikschulen Orte sein können, wo man so eine Art von musikalischer
00:30:56: Heimat hat.
00:30:57: Und es wäre ja auch im Sinne der Nachhaltigkeit, also der ökologischen und vielleicht auch
00:31:02: finanziellen Nachhaltigkeit, wäre doch mal zu überlegen, ob wirklich jede Familie ein
00:31:06: eigenes Instrument wirklich daheim benötigt oder ob sich gewisse Musikinstrumente nicht
00:31:12: vielleicht auch gut in so einem, ja, weiß ich nicht, wie soll man es sagen, offenen Musizierkosmos
00:31:16: in der Musikschule beispielsweise auch teilen ließen.
00:31:19: Und bei vielen Musikschulen entwickelt es sich ja auch schon so hin zu offenen Überräumen
00:31:24: als Ergänzung zu traditionellen Unterrichtsformen und das finde ich sehr positiv.
00:31:31: Ganz genau.
00:31:32: Und trotzdem ganz simpel gesagt, eigentlich ist das auch der Wert des gemeinsamen Musizierens,
00:31:37: der an der Stelle wieder zum Tragen kommt.
00:31:38: Und das ist das, was die Musikschulen leisten, denn dieses einmal die Woche zum
00:31:44: Instrumentalunterricht zu kommen, das ist jetzt noch nicht das, was Musikschule ausmacht.
00:31:48: Natürlich ist das pädagogisch hochqualitativer Unterricht, aber dann ein zweites, drittes
00:31:54: Mal zu kommen und das gemeinsame Musizieren zu erleben, das ist glaube ich das, was auch
00:31:59: an der Stelle ganz wichtig ist.
00:32:01: Und ich meine, man muss ja auch mal ganz klar sagen, in Zeiten von Fachkräftemangel könnte
00:32:06: Einzelunterricht auch wirklicher Luxus werden.
00:32:08: Ja, das stimmt.
00:32:10: Also du meinst, dass man anfangen würde, irgendwann zu sagen, können wir uns Einzelunterricht
00:32:14: als öffentliche Musikschulen überhaupt noch leisten?
00:32:17: Ja, vielleicht würde ich nicht unbedingt so weit gehen, ich sehe schon die Wichtigkeit
00:32:22: und auch die Wertigkeit des Einzelunterrichts, aber wenn wir mit immer weniger Kolleginnen
00:32:27: und Kollegen immer mehr Menschen erreichen wollen, und ich meine, es hört ja eigentlich
00:32:32: nicht bei Kindern und Jugendlichen auf, wenn wir mal ehrlich sind, sondern warum sollten
00:32:36: wir Erwachsene ausklammern, warum sollten wir alte Menschen ausklammern?
00:32:40: Ich meine, wir sind die Schule für Kultur, für kulturellen Zusammenhalt, für unsere
00:32:47: Gesellschaft eigentlich.
00:32:48: Wir sind die Schule für Demokratie, für unseren Kitt.
00:32:51: Ich meine, warum sollte man da irgendwo einen Schnitt machen?
00:32:55: Und wenn wir das mal so sehen, dann haben wir eigentlich nicht nur einen kleinen Fachkräftemangel,
00:33:00: sondern wir haben einen exorbitanten Fachkräftemangel und dann muss es ja eigentlich dahin gehen,
00:33:05: dass nicht jeder von uns Schüler im Einzelunterricht unterrichtet, dürfen wir auch, aber dass das
00:33:12: ein ganz großer Teil unseres Alltags eben auch Gruppen sein werden, um mehr Menschen
00:33:17: zu erreichen.
00:33:18: Ich glaube, es ist ein entscheidender Moment auch für den VdM in Zukunft genau das deutlich
00:33:23: zu machen, denn was natürlich passieren kann, dass wir den Fachkräftemangel erst mal noch
00:33:30: nicht in den Griff bekommen und sich dann irgendwann die Frage stellt, also wie erhalten
00:33:35: wir denn jetzt aufrecht, dass Musikschulen diesen Wirkungsgrad entfalten können und
00:33:38: so wichtig für die Gesellschaft sind und die Vielfalt einer Kommune auch in ihrer
00:33:43: Musikschule abbilden, was Altersstruktur und vieles mehr angeht.
00:33:46: Und trotzdem müssen wir natürlich aufpassen, dass das, was Musikschulen ja so gut können,
00:33:53: also improvisieren oder am Ende zeigen, es klappt schon irgendwie.
00:33:57: Das können wir wirklich gut, finde ich.
00:34:00: Das haben wir auch lange trainiert.
00:34:03: Genau.
00:34:04: An der Stelle ist es ein bisschen gefährlich, denn ich finde es ist auch wichtig zu sagen,
00:34:08: dass man irgendwann sagt, das können wir jetzt nicht mehr machen, also wenn es wirklich
00:34:11: darum geht, zu entscheiden, wo gespart wird und so, dann werden wir bestimmte Qualitätsansprüche,
00:34:19: womöglich auch nicht aufrechterhalten.
00:34:21: Deswegen ist jetzt der Moment so wichtig, dass wir an diesen Punkt gar nicht kommen.
00:34:25: Und das darf man ja vielleicht an dieser Stelle auch mal so deutlich sagen: Wir brauchen dringend
00:34:29: Quereinstieg, aber mit Qualität.
00:34:32: Ja.
00:34:33: Aber definitiv.
00:34:34: Und das ist aber trotzdem auch ein schwieriges Feld, finde ich.
00:34:38: Denn im Moment haben wir ja eher die Gefahr, dass der Quereinstieg, gerade im Bereich EMP,
00:34:44: auch über Programme wie JeKits in die allgemeinbildende Schule passiert.
00:34:49: Wir haben das Thema gerade beim gemeinsamen Unterrichten im Tandem mit Grundschullehrkräften,
00:34:56: dass da zwei Personen den gleichen Job machen, jetzt mal übertrieben gesagt den gleichen
00:35:01: Job machen, aber komplett unterschiedlich bezahlt werden, selbst wenn wir Festangestellte
00:35:06: einsetzen.
00:35:07: Und dann unterschiedlich bezahlen, das ist natürlich wirklich ein Problem.
00:35:10: Genau.
00:35:11: Weil wenn ich merke, dass ich den gleichen Job mache wie jemand anders und dazu aber auch
00:35:17: vielleicht noch ein umfangreiches Musikstudium vorweisen kann, noch gar nicht davon gesprochen,
00:35:23: dass ich eigentlich auch meine halbe Kindheit im Übezimmer verbracht habe, dann möchte
00:35:27: ich aber zumindest mal gleichwertig bezahlt werden.
00:35:30: Das ist genau der Punkt.
00:35:32: Deswegen ist der Quereinstieg in die Musikschule auch zumindest im Moment noch relativ selten.
00:35:37: Und wenn er passiert und wir müssen uns natürlich Gedanken darüber machen, wer könnte das denn
00:35:42: sein, dann müssen wir diese Menschen natürlich gut begleiten. Denn es ist ja nicht umsonst so,
00:35:47: dass man für die Tätigkeit einer Musikschullehrkraft einen Musikhochschulstudium benötigt und
00:35:53: davon sollten wir auch nicht abweichen.
00:35:54: Das heißt, wenn wir Quereinsteiger*innen gewinnen wollen, dann brauchen wir natürlich Fortbildungsangebote,
00:36:01: dass wir auch wirklich dahinter stehen können.
00:36:02: Was wir erfolgreich machen, glaube ich, auch an vielen Stellen in Deutschland, dass Instrumentalpädagog*innen
00:36:09: oder Gesangspädagog*innen im Bereich EMP so weiter und fortgebildet werden, dass sie wirklich
00:36:15: als vollwertige EMP-Lehrkraft auch eingesetzt werden können.
00:36:18: Und das finde ich toll zu erleben, das habe ich bei mir in der Musikschule auch, dass
00:36:23: da so eine Art von späte Berufsbegeisterung nochmal aufkeimt, wo Menschen, die das im
00:36:31: Studium noch nicht für sich entdeckt hatten, dieses Feld wirklich für sich entdecken und
00:36:35: merken, ah, okay, was ist EMP denn wirklich!
00:36:38: Also, ich muss nicht nur auf Knien mit den Kindern irgendwie rumrutschen, sondern es
00:36:42: ist eine ganz andere, aber ebenso hochkünstlerisch-pädagogische Arbeit, die ich da tue.
00:36:48: Gebe ich da absolut recht, Raphael, denn ich finde es wahnsinnig wichtig, wenn man heute
00:36:52: aus einer Musikhochschule rausgeht mit dem Abschluss, dass da ein wie auch immer geartetes
00:36:58: Pädagogikstudium zumindest in Ansätzen mit dabei war, denn ohne das geht es einfach
00:37:04: nicht mehr heute.
00:37:05: Es muss doch so sein, dass eigentlich auch jeder von uns die Verantwortung spüren muss,
00:37:10: hey, wir müssen die Musik weitergeben an die nächste Generation, weil das nicht nur für
00:37:16: das rein Persönliche wahnsinnig wertvoll ist, sondern auch für unsere Gesellschaft, für
00:37:21: unsere Demokratie und auch für's, wir hatten's ja vorhin schon, Onboarding von Menschen
00:37:26: mit Einwanderungsgeschichte, auch die müssen ja irgendwie in unserer Kultur ankommen und
00:37:31: wie könnte man das besser als auf dem Feld Musik?
00:37:34: Absolut richtig.
00:37:35: Mir fällt dazu noch ein, wenn die Musikschulen an der Stelle wüssten, was in den Hochschulen
00:37:43: dann auch an pädagogischer Ausbildung passiert, dann ist vielleicht die Motivation auch nochmal
00:37:48: ein bisschen größer, auch auf diesen pädagogischen Beruf vorzubereiten. Denn da ist ja unser Job
00:37:54: auch nochmal zu gucken, wie bereiten wir eigentlich auf ein Musikstudium vor, welche
00:38:00: Berufsfelder zeigen wir in der Musikschule und warum schaffen wir es an so vielen Stellen
00:38:05: eigentlich nicht,
00:38:06: das was wir sowieso dort den ganzen Tag machen, in der Musikschule, als eine Option für
00:38:11: einen Beruf den jungen Menschen irgendwie schmackhaft zu machen. In der SVA ist es
00:38:18: ja doch noch vielerorts so, dass es darum geht, auf seinem Instrument oder im Gesang
00:38:23: sehr fit zu werden, dass man sich den Theoriebereich sich erarbeitet, ein Nebenfach, ein bisschen Kammermusik
00:38:30: und dann schafft man seine Aufnahmeprüfung. Aber die echte Berufsfeldinformation, da können
00:38:35: auch wir Musikschulen, glaube ich, noch ganz viel, ganz viel leisten.
00:38:39: Und SVA, ich bin komplett im Fanblock und wir werden auch eine Folge haben zum Stichwort
00:38:46: SVA, Studienvorbereitende Ausbildung, aber ich glaube, wir müssen noch mehr Kinder und
00:38:52: Jugendliche ansprechen und davon begeistern, dass... wie toll unser Beruf ist und dass es
00:38:59: auch für sie ein toller Beruf sein könnte.
00:39:01: Ich meine, man muss diesen Beruf ja nicht gleich 100% machen, man könnte ihn ja auch
00:39:06: als Nebenberuf machen oder als Teilzeitberuf oder wie auch immer und da erst mal reinschnuppern,
00:39:11: aber dass du mit dieser Ausbildung, die es in den Musikhochschulen gibt, dass du damit
00:39:15: echt viel anfangen kannst für dein Leben.
00:39:17: Und was ist das für ein toller Beruf, wenn ich am Ende weiß, ich kann sowohl Musik
00:39:22: vermitteln als auch Musik auf der Bühne machen, ich kann das miteinander kombinieren,
00:39:27: ich kann in Musikschulen arbeiten, wo ich sowohl als Pädagoge wie auch als Künstler
00:39:30: wahrgenommen werde und gefördert werde, das ist doch das, wo man sagt, so möchten
00:39:35: wir arbeiten.
00:39:36: Und eines Tages kannst du sogar Bundesgeschäftsführer des VdM werden.
00:39:39: Das muss ja nicht für jeden das Ziel sein, aber ich freue mich darauf, Dinge zu gestalten.
00:39:43: Bist du eigentlich in irgendeiner Form an dieser MiKADO-Studie beteiligt?
00:39:51: Also wir haben als Musikschule eine Gesprächsrunde gehabt, diese Studie ist ja an vielen Orten,
00:39:59: es ist ja so eine Sammelstudie sozusagen, wo es darum geht, wie der Fachkräftemangel
00:40:04: oder wo der Fachkräftemangel herkommt, es gab ja die MULEM-EX-Studie, da ging es ja um
00:40:08: die Schulmusiker und bei der MiKADO-Studie geht es dann um die Musikschullehrkräfte.
00:40:14: Und da werden jetzt die ersten Ergebnisse zusammen gesammelt und vielleicht ein wichtiger
00:40:21: Aspekt, was ich schon so aus den ersten, aus den ersten Teasern, die ich jetzt gab, herausgelesen
00:40:27: habe, dass wir auch da noch mal uns als Musikschulen fragen müssen, wie die Vorbereitung auf Eignungsprüfung
00:40:34: eigentlich aussieht.
00:40:35: Denn viele, die in die Eignungsprüfung an den Musikhochschulen gehen, sich eben doch
00:40:40: gar nicht an den Musikschulen tummeln, sondern das auf anderen Wege machen.
00:40:43: Also eigentlich genau das, was wir nicht wollen, weil wir ja genau als Musikschulen auch sogar
00:40:49: umsatzsteuerbefreit sind, weil wir eben berufsvorbereitend ausbilden und in der SVA ja eigentlich
00:40:54: genau das ganze Portfolio in Richtung Musikstudium bieten können und trotzdem viele Menschen
00:41:01: das gar nicht nutzen.
00:41:02: Also auch da müssen wir nochmal ran.
00:41:05: Ich bin schon ganz gespannt auf diese MiKADO-Studie.
00:41:08: Ich muss gestehen, ich habe schon einen klitzekleinen Teil lesen dürfen, aber nur "of the records"
00:41:14: habe ich das lesen dürfen, deswegen sind wir ganz neugierig, was dann drin steht.
00:41:21: Und letztlich auch, was das für für uns bedeutet und wie wir dann ja auch die Weichen stellen
00:41:26: können, also vor allem ich nicht, aber du.
00:41:28: Ja und so eine Studie, also ich gehe jetzt mal einfach davon aus, es wird keine riesigen
00:41:32: Überraschung geben, aber es ist natürlich total wichtig, dass es dann auch mal irgendwo
00:41:37: wirklich zahlenmäßig und qualitativ auch erfasst ist und man etwas hat, mit dem man arbeiten
00:41:44: kann.
00:41:45: Das ist für den VdM natürlich total entscheidend, wenn es darum geht in den verschiedenen Gremien
00:41:49: auf den verschiedenen Ebenen wirklich mit Substanz zu argumentieren, warum sich bestimmte
00:41:56: Dinge, Finanzierungen, Strukturen ändern müssen. Und für den VdM ist das glaube ich
00:42:01: total wertvoll, denn er hat ja ohnehin die Aufgabe, ja für über 900 Musikschulen zu
00:42:07: sprechen, was ja kein leichtes Unterfangen ist.
00:42:11: Das funktioniert natürlich nur in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden, die ja auch für
00:42:17: sich wiederum ganz unterschiedliche Problematiken aufweisen, was so los ist in den Musikschulen.
00:42:24: Aber ich glaube den Fachkräftemangel, auf den können wir uns als gemeinsames Problem
00:42:28: ja nun wirklich einigen. So und dann geht es ja immer darum zu bündeln, also diese ganze
00:42:33: Vielfalt an Themen der Musikschulen muss man dann ja doch irgendwie kanalisieren und
00:42:39: jetzt hilft natürlich so eine Studie, die uns beim Thema Fachkräftemangel mit Zahlen
00:42:43: füttert, immens.
00:42:45: Absolut, ganz gute Argumentationsbasis wird das liefern, aber das fällt natürlich vor
00:42:51: allem dann in der Politik auf fruchtbaren Boden, wenn den Politikerinnen und Politikern
00:42:55: auch so richtig bewusst wird, dass Musikschulen unglaublich positiv in ganze Regionen hinein
00:43:03: wirken und längst eigentlich zum unverzichtbaren Bestandteil für Bildung und Kultur für alle
00:43:08: Menschen geworden sind und nicht nur für Kinder und Jugendliche. Aber ich bin immer
00:43:12: nicht ganz sicher, ob die Politik das wirklich auch so wahrnimmt, welchen Schatz und welchen
00:43:17: Schlüssel sie eigentlich mit den Musikschulen in der Hand hat.
00:43:20: Da bin ich mir auch oft nicht so sicher und Aufgabe des VdMs ist es natürlich, das immer
00:43:26: wieder zu erklären und das geht aber nur, wenn auch in den Kommunen vor Ort Menschen
00:43:31: sind, die nicht müde werden, es immer wieder zu erklären, immer wieder die Bedeutung von
00:43:38: musikalischer Bildung, von kultureller Bildung in die Köpfe zu bekommen, auch durch praxissnahe
00:43:45: Erlebnisse, durch tolle Veranstaltungen in den Musikschulen, ohne das braucht der VdM
00:43:50: nichts zu tun.
00:43:51: Also wir brauchen das als Nährboden, um dann auf anderen Ebenen eben auch dahin zu argumentieren
00:43:58: und man darf nicht damit aufführen.
00:44:00: Also wenn man das Gefühl hat, jetzt müssten sie es doch eigentlich verstanden haben,
00:44:03: dann müssen wir glaube ich trotzdem immer wieder weitermachen und immer wieder erklären,
00:44:07: was Musikschulen leisten können.
00:44:09: Und ich glaube auch eine Verbindung herstellen von diesen Kulturbubbles, die es ja so gibt
00:44:16: in den Kommunen.
00:44:17: Also ich habe immer das Gefühl, wie so ein kleiner Mikrokosmos von Kulturmenschen, die
00:44:23: wahnsinnig kreativ sind und miteinander in Kontakt sind und tolle Arbeit machen, wo es
00:44:30: manchmal schwer ist, die Wirkung in die Gesellschaft wirklich zu erzielen.
00:44:34: Und da können Musikschulen, als die Orte, wo Musik vermittelt wird, den ganzen Tag, eine
00:44:38: wichtige Rolle spielen, also in der Gesellschaft die Bedeutung von Kultur auch nochmal deutlich
00:44:42: machen und Verbindungen zu schaffen, Brücken zu bauen zwischen diesen etwas ja in sich
00:44:48: geschlossenen Kultur-Mikrokosmen und der Stadtgesellschaft.
00:44:52: Dritte Orte, du hast das Stichwort wieder genannt, vielleicht sollten wir so ein Special-Abo
00:44:57: Abo für die Politik machen und vormittags hätten wir noch so ein paar Zeitfenster frei.
00:45:01: Aber Spaß beiseite, das klingt jetzt vielleicht alles so ein bisschen scherzhaft, aber wenn
00:45:08: du wirklich mal erlebt hast, was du bei Musizieren für dein ganzes Leben mitnimmst, an positiven
00:45:13: Dingen in Bezug aufs Lernen, auf Zuhören, auf Umsetzungskompetenz, Fehlermanagement,
00:45:19: gemeinsames Tun, Projektkompetenz und was Musikschulen auch für ein Schatz sind, für das Zusammenspiel
00:45:25: aller Menschen einer Region und ja somit auch für eine friedvolle und demokratische Gesellschaft,
00:45:31: dann wird eigentlich sehr schnell klar, was für ein wichtiger Player wir sind.
00:45:34: Das heißt, wir müssen die ganzen Politiker*innen in die Musikschulen bekommen und nah an die
00:45:40: Praxis.
00:45:41: Nein, aber das stimmt natürlich ganz genau.
00:45:43: Ich bin immer noch optimistisch, dass wir das schaffen, dafür zu sorgen, dass jetzt
00:45:48: der Zeitpunkt ist, mit völliger Selbstverständlichkeit gerade nicht an der kulturellen Bildung
00:45:53: zu sparen, denn jetzt brauchen wir sie mehr denn je.
00:45:56: Das nenne ich doch mal ein Statement, Ausrufezeichen.
00:46:02: Jetzt haben wir lange über die Wichtigkeit musikalischer Bildung gesprochen.
00:46:09: Darf ich jetzt noch ein paar persönliche Dinge fragen, Raphael?
00:46:12: Los geht's.
00:46:13: Los geht's.
00:46:14: Warum Geige?
00:46:16: Warum nicht Trompete?
00:46:18: Warum Geige?
00:46:20: Also es war der Moment, da war ich sechs Jahre alt oder fünf, wo ich die Geige ausprobiert
00:46:26: habe.
00:46:27: Ich glaube, bis heute finde ich an der Geige das Faszinierende, dass man einen Ton so
00:46:33: lange wie man möchte halten kann und gestalten kann.
00:46:37: Wenn man möchte, dass er nicht vorbei geht, dann geht er nicht vorbei.
00:46:42: Ich muss maximal den Bogen wechseln und kann dann noch ganz viele Dinge mit dem Ton zaubern.
00:46:47: Das fand ich immer schon faszinierend bei der Geige.
00:46:50: Was mich wirklich interessieren würde, wir haben ja alle einen Lehrer oder eine Lehrerin
00:46:55: in unserer Vergangenheit gehabt, der oder die uns ganz besonders geprägt hat.
00:47:00: Wer war denn das bei dir?
00:47:02: Das war mein Geigenprofessor, der an der Musikhochschule es geschafft hat, seine Klasse
00:47:09: wirklich als gemeinsames, als Gemeinschaft zu definieren.
00:47:14: Dort waren immer ungefähr die Hälfte im künstlerischen Studiengang und die andere
00:47:19: Hälfte im künstlerisch-pädagogischen Studiengang.
00:47:21: Es war ihm ganz wichtig, dass es diese Mischung gibt und fast brutal waren die wöchentlichen
00:47:29: Klassenabende, die eben dann so lange dauerten wie sie dauern.
00:47:32: Jeder musste vorspielen und jeder musste zu jedem was sagen.
00:47:36: Und dann sitzt man da als IP-Student im ersten Semester und muss jemandem, der gerade Konzertexam
00:47:43: vor der Nase hat, sagen, was man so noch verbessern möchte oder was für ein Feedback
00:47:48: man zu dem hat, was man da gehört hat.
00:47:51: Und das hat mich so geprägt und so motiviert, auch die Angst zu verlieren, Feedback zu geben
00:47:59: aus einer Perspektive, wo man im ersten Moment denkt, was soll ich denen denn noch sagen?
00:48:04: Spannend.
00:48:05: Und wenn man Geige spielt, dann muss man unglaublich viel üben und man muss fleißig sein.
00:48:10: Das muss man bei der Trompete nicht so, man muss auch fleißig sein, aber man muss nicht
00:48:13: so, so, so viele Stunden üben wie bei der Geige – Werbeblock für Trompete zu Ende –
00:48:19: aber macht das nicht irgendwas mit der Persönlichkeit, wenn man sich so lange an was dransetzen muss
00:48:26: und sich immer wieder aufraffen muss, damit man noch besser und noch besser wird?
00:48:30: Das macht definitiv was und das ist echt auch, finde ich, schwer das zu schaffen.
00:48:35: Und bei mir war es so, dass das bei mir auch wirklich spät erst ankam, dass das jetzt
00:48:42: dran ist.
00:48:43: Also die Entscheidung vielleicht ins Musikstudium zu gehen war bei mir erst kurz vom Abitur,
00:48:50: glaube ich.
00:48:51: Und ich habe dann auch noch Zeit gebraucht, um mich auf die Eignungsprüfung vorzubereiten.
00:48:55: Aber dann mit dem Ziel vor Augen, ich möchte das machen. Das versetzt einen dann doch in die
00:49:00: Lage, dass man plötzlich nicht mehr nur eine Stunde am Tag übt, sondern vier, fünf oder
00:49:06: vielleicht sogar sechs oder mehr Stunden am Tag übt, ohne dass man völlig verzweifelt.
00:49:13: Es ist dann schon irre, was man leisten kann, wenn man dieses Ziel vor Augen hat.
00:49:20: Und das finde ich so spannend auch bei jungen Menschen, dieses Befähigen, was wir als
00:49:26: Lehrkräfte auch immer wieder versuchen, diese Mischung aus, es muss Spaß machen, aber
00:49:32: du musst auch was dafür tun und das zu begleiten und auch gemeinsam durch das Tal der Tränen
00:49:37: zu gehen und dann wieder nach oben zu kommen und so diesen Weg zu gehen.
00:49:43: Dafür brauchen wir einfach auch ein Umfeld, das das unterstützt.
00:49:46: Ja, und dann aber auch zu spüren, die Belohnung kommt nicht von außen, so ein Lob von außen
00:49:52: und eine Anerkennung, eine Medaille oder irgendwas, sondern die Belohnung ist, dass
00:49:58: deine Musik dann schöner klingt.
00:50:00: Mal fernab von diesem Materiellen, was es ja auch noch gibt.
00:50:03: Und das finde ich ja gerade so das Geschenk an der Musik.
00:50:06: Dass man eigentlich eine Sprache findet, eine neue Sprache findet, mit der man Dinge
00:50:11: ausdrücken kann, die man vielleicht mit Worten gar nicht ausdrücken kann.
00:50:15: So schön gesagt.
00:50:17: Und das heißt, du bist jetzt jemand, der durchs Tal der Tränen gegangen ist und der sich echt
00:50:23: immer wieder selber motiviert hat, Dinge zu tun und dadurch entwickelst du natürlich
00:50:28: auch einen riesen Biss in deinem Leben.
00:50:31: Nimmst du das eigentlich auch... hast du das mitgenommen, deinen Job als Musikschulleitung?
00:50:35: Das, ja, das habe ich mitgenommen, ohne dass ich das jetzt so... dass mich das wahnsinnig
00:50:42: anstrengt.
00:50:43: Also das ist irgendwie so, das habe ich so, habe ich so drin, dieses, wenn klar ist, wo
00:50:49: es hingehen soll, dann können viele Dinge passieren, die einem da irgendwie Steine in
00:50:54: den Weg werfen.
00:50:55: Dann geht man mal links, dann geht man mal rechts, dann wird es kurvig und auch mal schwierig.
00:51:01: Und trotzdem ist irgendwie klar, wo man hin will.
00:51:04: Das ist wichtig, finde ich, auch für eine Leitungsposition, eine Idee zu haben...
00:51:08: Ganz banal beim Beispiel Herrenberg war irgendwie klar, okay, also wir haben jetzt eine Voraus...
00:51:14: wir haben jetzt Rahmenbedingungen, die heißen, es können demnächst nur noch alle als
00:51:20: TVöD-Lehrkräfte bei uns arbeiten.
00:51:22: So, das ist das Ziel.
00:51:23: Und wie kommen wir jetzt dahin?
00:51:25: Und das war auch steinig und schwierig und so, aber irgendwie war klar, egal was jetzt
00:51:31: passiert, das muss weitergehen.
00:51:32: Ich glaube, das ist was, was wir echt gelernt haben beim Musizieren.
00:51:36: Ich meine, das Stück kann noch so tricky und noch so kompliziert sein, wenn es auf deinem
00:51:40: Pult liegt –
00:51:41: die Symphonie geht beim ersten Satz los und endet beim vierten Satz und du fährst mit
00:51:45: und du machst das Beste draus.
00:51:47: Und das haben wir jetzt ja nun wirklich echt von Kindesbeinen an gelernt in der Musik.
00:51:52: Und ich denke auch manchmal diese Austrittskompetenz, die wir da mitnehmen, dann sitzt du in der
00:51:56: Schule und bist vielleicht in der Klasse mit 25, 30 Kindern. Wie oft bist du dran am
00:52:00: Tag, dass du irgendwas wirklich Relevantes für diese Klasse machst und bei Musik bist
00:52:05: du, du bist permanent gefordert, also wirklich eine Sache in hoher Qualität auf die Bühne
00:52:13: zu bringen.
00:52:14: Und zwar, ob die Bühne jetzt wirklich die Bühne bei Jugend musiziert ist oder die Bühne
00:52:17: im Unterrichtsraum oder im Überraum oder sonst wo, also... aber du bekommst eine unglaublich
00:52:24: tolle Umsetzungskompetenz.
00:52:26: Und da ist mir jetzt irgendwie ein anderes Fach, vielleicht noch Theater oder Sport,
00:52:33: andere Fächer kenne ich da eigentlich nicht, die das in dem Maße irgendwie auch zulassen
00:52:38: würden.
00:52:39: Auch wo dieser Moment so entscheidend ist, dass also diese zeitliche Komponente, wenn
00:52:44: ich dann auf der Bühne stehe und ein Stück musiziere, dann habe ich eben keine Zeit,
00:52:51: das später zu tun, sondern ist nur der Moment wichtig und auch ja das Thema, wie gehe ich
00:52:58: denn damit um?
00:52:59: Wenn ich dann merke, oh je, jetzt komme ich ins Straucheln oder jetzt habe ich irgendeinen
00:53:03: Ton versammelt, wie schaffe ich es denn trotzdem weiter zu machen, ohne mich da frustrieren
00:53:09: zu lassen und so.
00:53:10: Das ist echt auch eine Kunst und das ist etwas, was man auch mit in den Leben nehmen kann,
00:53:15: aus dem musizieren.
00:53:16: Ist dir das mal passiert, dass du auf der Bühne so richtig gestolpert bist bei irgendwas?
00:53:21: Aber klar, also ja, ich bin jemand, der dann auf der Bühne doch gut funktioniert, der
00:53:31: wahnsinnig aufgeregt ist knapp vorher und dann auf der Bühne es schafft, dann ruhig
00:53:37: zu werden.
00:53:38: Das habe ich selber als Musiker wirklich nur noch selten auf der Bühne, aber es ist ja
00:53:43: vielleicht auch vergleichbar mit Situationen, wo man in der Leitungsfunktion, in repräsentativen
00:53:49: Tätigkeiten eine Rede hält oder so, das ist eigentlich das gleiche Gefühl und ich finde
00:53:56: es schön, wenn auch Dinge passieren, also wenn man es schafft, dann wo man für sich selber
00:54:01: merkt, oh je, jetzt habe ich es total daneben gehauen und es dann irgendwie charmant wieder
00:54:06: auffangen kann, dann finde ich, hat es auch ja einen gewissen Unterhaltungswert womöglich
00:54:11: und ich finde es schön, dass wir dann auch zeigen können, dass wir jetzt alle auch keine
00:54:17: Roboter sind, sondern Menschen sind die mit Fehlern umgehen und Fehler gehören dazu.
00:54:22: Absolut, aber es gehört eben ein gutes Fehlermanagement dazu und das ist das, was ich oft so ein bisschen
00:54:28: vermisse in den Schulen. Du gibst eine Leistung ab und dann wird dir gezeigt, ja, da war gut,
00:54:35: da war schlecht und dafür gibt es eine Note und Punkt. Und wir sind aber in der Musik
00:54:39: immer gefordert diesen Fehler zu managen und mit diesen Situationen dann auch umzugehen
00:54:43: und wenn nie falsch spielt, sorry, aber der hat in seinem Leben einfach auch nichts riskiert.
00:54:48: Ja, genau, daran wächst man und um da nochmal die Brücke zu Jugend musiziert zu bauen:
00:54:55: Das ist ja die Gefahr, dass wir so einen Leistungsbegriff definieren, wo es nur darum geht, perfekt
00:55:00: zu sein, höher, schneller, weiter und das ist einfach schade. Ich finde Leistung kann
00:55:05: auch beinhalten, wie gehen wir mit Fehlern um und wie, also wie schaffen wir es denn,
00:55:10: einen Leistungsbegriff zu definieren, der nicht so kalt ist, sondern der irgendwie mit
00:55:16: Kreativität zu tun hat und der uns dann auch befähigt, ein bisschen weniger Angst davor
00:55:22: zu haben, sondern einfach den Mut zu haben, Dinge zu tun, die eben auf den ersten Blick
00:55:26: vielleicht erstmal ungewohnt sind, die einem vielleicht auch ein bisschen Angst machen
00:55:31: und dann zu sagen: Doch, ich gehe jetzt aber genau auch dahin, weil daran kann ich wachsen.
00:55:35: Ich meine, wo Menschen sind, passieren Fehler. Siehe, Politik, Weltpolitik. Jetzt gerade wieder
00:55:41: ganz aktuell, wir müssen auch mit der aktuellen Situation, also wir nehmen jetzt auf am 24.
00:55:47: Juni, 24.
00:55:48: Juni 25 – wir müssen auch damit umgehen, wir müssen auch da ein kompetentes Fehlermanagement
00:55:54: entwickeln, dass wir uns irgendwann alle wieder in die Augen sehen können, weil so wie es
00:55:58: im Augenblick ist, kann es ja nun wirklich mal gar nicht weitergehen.
00:56:01: Definitiv, und das ist einfach, also es ist irgendwie schrecklich mitzuerleben und dann
00:56:06: hilft natürlich der Blick in die Ensembles, in die Musikschulen, in die Orchester, in die
00:56:13: Gemeinschaft, die es gerade im Bereich der Musik so gibt.
00:56:17: Und das muss ich gestehen, finde ich ja nun wieder an Profiorchestern toll: Du hast ja
00:56:21: nur wirklich Menschen aus vielen unterschiedlichen Ländern dort in diesen Orchestern sitzen,
00:56:26: die aber trotzdem einen gemeinsamen Klang entwickeln und die trotzdem für ein gemeinsames
00:56:31: Stück, für eine gemeinsame Idee von Musik da, ja, kämpfen auf der Bühne.
00:56:35: Ich liebe das, also auch das zu erleben, das ist einfach großartig. Dann auch da wieder
00:56:41: der Moment von an die 100 Menschen, die auf der Bühne sitzen und dann vielleicht über
00:56:47: 1000, die im Zuschauerraum sitzen und dann entsteht dieser Klang und dann entsteht diese
00:56:52: Gemeinschaft und dieses gemeinsame Erlebnis – großartig.
00:56:55: Also, würde ich mal sagen, Musikerinnen und Musiker ab in die Politik und Politiker, ab
00:57:02: in die Musikschule.
00:57:03: Unbedingt.
00:57:04: Danke fürs Gespräch, lieber Raphael und euch ihr Lieben, vielen Dank fürs Zuhören, fürs
00:57:11: Teil und fürs Bewerten der Folgen.
00:57:13: Wenn ihr Raphael Amend auch so gern zugehört habt wie ich, dann gibt es für euch noch
00:57:17: die Folge 48 zum Thema Arbeitsplatz Musikschule und die 56 zum Musikschulkongress, wo er ebenfalls
00:57:24: zu Gast war und mit seiner ruhigen, überlegten und absolut sympathischen Art viele wichtige
00:57:29: Statements liefert.
00:57:31: Voll motiviert euer Musikpädagogik Podcast, sendet übrigens auch dieses Jahr die Sommerferien
00:57:36: hindurch und nachdem wir im letzten Jahr die Publikumsfolge zum Thema Hausaufgaben und
00:57:41: üben daheim hatten, werden dieses Mal in der Sommerfolge Studierende zu Gast sein, die
00:57:46: viele spannende Impulse zum Thema Inklusion im Gepäck haben.
00:57:50: Macht's gut und genießt die Sommerferien.