00:00:00: Gerade mit Politikern, die Budgets kürzen wollen,
00:00:02: müsste man die an einen Stuhl fesseln und das erleben lassen,
00:00:06: was wir erlebt haben bei der Eröffnung in Dresden.
00:00:09: Und dann möchte ich noch den oder die sehen,
00:00:12: die da auf das verzichten können.
00:00:14: Ich glaube, dass das Thema Einsparung von freiwilligen Leistungen,
00:00:19: die wir in Musikschulen ja nun mal sind,
00:00:20: ja durchaus immer wieder überall mal hoch poppen wird.
00:00:23: Und da gilt es natürlich wirklich, Argumente zu finden.
00:00:27: Die Welt besteht ja nicht nur aus Einsen und Nullern,
00:00:30: sondern die Welt besteht ja auch aus Empathie,
00:00:33: die Welt besteht aus Kreativität, Fantasie, aber auch Zuversicht.
00:00:38: Und ich glaube, dass musikalische Bildung,
00:00:41: die ästhetisch-kulturelle Bildung
00:00:44: unsere Gesellschaft ein Stückweit auch lebenswerter macht.
00:00:46: * Musik *
00:00:47: Heute mit einer Folge vom Musikschulkongress,
00:01:05: der vom 9. bis zum 11. Mai 2025 in Dresden stattfand.
00:01:10: Das hier ist sozusagen der Musikschulkongress
00:01:13: in ganz kompakt für alle die, die ihn verpasst haben,
00:01:16: oder für all diejenigen, die ihn nochmal Revue passieren lassen möchten.
00:01:19: Ich habe für euch heute zu Gast
00:01:21: den neuen Bundesgeschäftsführer des VdM Raphael Amend,
00:01:25: dann natürlich Friedrich-Koh Dolge,
00:01:27: der viel Spannendes zur Dresdner Erklärung zu sagen hat,
00:01:30: aber auch die Keynotespeakerin der Eröffnungsveranstaltung Barbara Josef.
00:01:34: Und zusätzlich gibt es einen Einblick in drei Arbeitsgruppen,
00:01:37: die auf dem Musikschulkongress gelaufen sind
00:01:39: und wo für diese ganz besondere Folge die Dozentinnen und Dozenten
00:01:43: die Inhalte beleuchten, die sie für Dresden vorbereitet hatten.
00:01:46: Als da wären künstliche Intelligenz, Kooperationen
00:01:51: und Jungs sind wild und Mädchen brav –
00:01:54: vorurteilsbewusste musikalische Bildung.
00:01:56: Wenn euch "Voll motiviert" gefällt, dann abonniert diesen Podcast doch,
00:02:00: aktiviert die Glocke und bewertet ihn mit einem vollen Sternenhimmel.
00:02:04: Das würde das Podcast-Team und mich unglaublich freuen.
00:02:07: Das wäre der schönste Lohn für mich.
00:02:09: So, und jetzt geht's los mit Raphael Amend.
00:02:13: Raphael, ganz herzlichen Glückwunsch.
00:02:15: Jetzt bist du Bundesgeschäftsführer des VdM und folgst auf Holger Denckmann,
00:02:19: der ja gerade erst von Matthias Pannes übernommen hatte.
00:02:23: Was sollten wir Musikschulmenschen, die dich bisher noch nicht kannten,
00:02:27: über dich wissen?
00:02:29: Ja, vielen Dank für die Glückwünsche.
00:02:32: Also ich bin irgendwie tatsächlich in meiner Heimatstadt geblieben.
00:02:35: Vielleicht ist das ganz interessant zu wissen.
00:02:37: Ich bin in Wuppertal geboren, ich bin dort aufgewachsen.
00:02:40: Ich habe in Köln und Wuppertal studiert und bin dann sehr schnell
00:02:44: an meiner Musikschule, wo ich schon Geigenunterricht hatte und Früherziehung,
00:02:49: dann irgendwann zur Lehrkraft geworden.
00:02:51: Und hatte immer mal so den geheimen Wunsch,
00:02:55: ach doch, ich will auch mal woanders hin und dann war es aber doch auch in Wuppertal
00:02:58: so schön, dass ich immer dort geblieben bin und bin dort seit 2017 Musikschulleiter.
00:03:04: Und habe mich dann als Musikschulleiter stark gemacht im Landesverband
00:03:08: der Musikschulen in Nordrhein-Westfalen.
00:03:10: Bin dort stellvertretender Vorsitzender und bin für den Landeswettbewerb
00:03:14: "Jugend musiziert" seit, ja seit bald zwei Jahren der Vorsitzende des Wettbewerbs.
00:03:21: Und das sind jetzt alles Dinge, die ich jetzt tatsächlich sehr gerne gemacht habe,
00:03:26: aber jetzt tatsächlich hinter mir lasse, um dann eben nach Bonn zu gehen,
00:03:30: zum VdM und dort als Bundesgeschäftsführer anzufangen.
00:03:34: Ja, ich freue mich sehr darauf und bin sehr gespannt.
00:03:36: Aber erst mal hast du ja noch den Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" direkt vor der Nase.
00:03:41: Ja, das ist jetzt ein bisschen das Highlight
00:03:45: im Juni, also vom 5. bis 11. Juni, findet der Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" in Wuppertal statt.
00:03:51: Das war eine Idee, die tatsächlich 2018 geboren ist schon. Damals bei der
00:03:55: Landeswettbewerb in Wuppertal.
00:03:57: Das war so mein erstes großes Event als Musikschulleiter.
00:04:00: Und damals standen wir dann zusammen und haben gedacht: Ah, Mensch, also
00:04:04: der Bundeswettbewerb in Wuppertal, das wäre doch mal eine große Nummer,
00:04:08: zumal wir mit der historischen Stadthalle und natürlich vielen anderen Sälen
00:04:11: auch wirklich tolle Rahmenbedingungen haben, aber eben diese Säle gar nicht so in der
00:04:16: Öffentlichkeit bekannt sind.
00:04:17: Also alle, die kommen wollen, sind herzlich eingeladen, da kann man sich wirklich
00:04:21: auf was Tolles freuen.
00:04:23: Wow, danke für die Einladung.
00:04:26: Wie fühlst du dich denn jetzt –
00:04:27: ist diese neue Arbeit eher ein Geschenk oder eine Herausforderung für dich – oder beides?
00:04:33: Ja, natürlich beides.
00:04:34: Also Herausforderung ist ja klar, also wenn man auf die Musikschulwelt in Deutschland
00:04:39: guckt, ich glaube da wissen alle schon, da ist schon ganz schnell was zu tun,
00:04:43: da sind ganz schöne Herausforderungen, die auf uns zukommen, aber ich freue mich
00:04:47: natürlich schon auch sehr darauf.
00:04:48: Ich habe die Arbeit im Landesverband der Musikschulen, wo ich eben als stellvertretender
00:04:53: Vorsitzender aktiv war, immer wahnsinnig gerne gemacht, weil man mit so vielen
00:04:58: unterschiedlichen Menschen zu tun hat und Musikschulen aus völlig unterschiedlichen
00:05:03: Richtungen mitkriegt und auch berät und überlegt, wie man die Zukunft für die
00:05:09: Musikschulen sichern kann und sich in der Politik für die Musikschulen stark macht.
00:05:13: Und so was jetzt auf Bundesebene zu tun, das finde ich schon wirklich sehr spannend,
00:05:17: da freue ich mich drauf.
00:05:17: Aber natürlich, wenn man sich vorstellt, ja, was wird jetzt so passieren?
00:05:23: Ich meine, der erste Herrenberg-Schock ist glaube ich überall verkraftet, aber wir
00:05:28: sind ja noch nicht am Ende und die finanzielle Lage der Kommunen ist ja
00:05:33: an vielen Orten wirklich hoch angespannt.
00:05:36: Also ich glaube, dass das Thema Einsparung von freiwilligen Leistungen, die wir
00:05:42: in Musikschulen ja nun mal sind, ja durchaus immer wieder überall mal hoch poppen wird
00:05:47: und da gilt es natürlich, Argumente zu finden, die dagegen sprechen.
00:05:51: Aber ich habe gerade schon mit Barbara Josef darüber gesprochen: Eigentlich sind
00:05:55: wir Musikschulen, sind ja die Spezialisten, Spezialistinnen und Spezialisten für Kultur.
00:06:02: Und wir sind diejenigen, die Spezialisten sind dafür mit Diversität umzugehen und
00:06:07: aus diesen vielen unterschiedlichen Playern einen Gesamtklang zu machen.
00:06:12: Und das finde ich ist eigentlich unsere riesengroße Ressource und das haben viele
00:06:16: aus der Politik noch gar nicht so auf dem Schirm, dass wir eigentlich nicht der
00:06:20: Kostenpunkt auf der Rechnung sind, sondern dass wir die Lösung sind für ihre Rechnung.
00:06:25: Absolut und ich, also da habe ich aus der eigenen Erfahrung auch immer wieder
00:06:29: naja doch das Problem, dass es unfassbar lange braucht, bis das dann doch auch in
00:06:34: den Köpfen ankommt. Also das ist vielleicht so das, was ich jetzt auch mit nach Bonn
00:06:39: nehme, dass man manchmal das Gefühl hat, okay das habe ich ja jetzt gesagt und
00:06:43: das müssten ja jetzt alle verstanden haben.
00:06:45: Das haben ja auch alle mitgekriegt, das war ja auch irgendwie ein tolles, keine
00:06:48: Ahnung, ein tolles Musikschulkonzert oder irgendeine Veranstaltung, wo viele
00:06:51: Politiker waren. Aber ich glaube dieser stete Tropfen ist an dieser Stelle
00:06:56: wirklich unfassbar wichtig. Also bis das in den Köpfen ist, dass Musikschulen
00:07:00: eben wie du sagst, Teil der Lösung sein können, dass das Orte sind der
00:07:05: Begegnung, wo Gesellschaft zusammenwächst, wo Demokratieförderung passiert –
00:07:08: ich glaube, das werden wir uns ganz groß immer wieder auf die Fahne schreiben
00:07:13: müssen.
00:07:13: Und das haben wir ja mit der Dresdener Erklärung jetzt und dazu nimmt jetzt
00:07:17: gleich noch Friedrich-Koh Dolge Stellung. Er hatte zwar einen extrem vollen
00:07:21: Terminplan, hat sich aber trotzdem netterweise die Zeit genommen und kurz
00:07:25: Rede und Antwort zur Dresdener Erklärung gestanden. Und den Rest dieses sehr
00:07:30: spannenden Gesprächs mit Raphael Amend, den hört ihr dann in einer der kommenden
00:07:34: Folgen. Denn der neue Bundesgeschäftsführer kriegt hier bei "Voll motiviert"
00:07:38: natürlich wieder eine eigene Folge. Und jetzt geht es zur Dresdener Erklärung:
00:07:43: Musikschulen als demokratische Bildungsorte. Friedrich-Koh Dolge, lieber Koh!
00:07:48: Dresdener Erklärung. Raphael und ich hatten es gerade schon davon. Und ich
00:07:53: wüsste sehr gern von dir: Dresdener Erklärung – was war der zentrale Impuls
00:07:57: für diese Erklärung und warum gerade jetzt?
00:07:59: Ja, liebe Kristin, was mich ja sehr gefreut hat, ist zunächst einmal, dass die
00:08:04: Dresdener Erklärung überwältigend und einstimmig in der Mitgliederversammlung
00:08:09: des Verbandes deutscher Musikschulen am 8. Mai ja verabschiedet worden ist. Und das
00:08:13: ist schon ein bedeutendes Zeichen. Und in der Dresdener Erklärung beschreiben wir
00:08:19: eigentlich das, vor allem das, wofür wir als öffentliche Musikschule im VdM
00:08:24: stehen und nicht das, was wir ablehnen. Das war uns ganz besonders wichtig, das
00:08:29: darzustellen. Und die Erklärung betont natürlich die zentrale Rolle
00:08:35: öffentlicher Musikschulen für eine nachhaltige kulturelle Bildung
00:08:39: und Demokratiebildung in Deutschland, das ist unsere Zielsetzung gewesen.
00:08:43: Was glaubst du wäre in zehn Jahren anders, wenn alle Punkte der Dresdener
00:08:48: Erklärung wirklich umgesetzt würden?
00:08:50: In zehn Jahren wäre, wenn alle Punkte umgesetzt werden würden, dann hätten
00:08:55: wir einen Pakt für die musikalische Bildung und zwar auf allen staatlichen Ebenen:
00:08:59: Bund, Länder und Kommunen mit uns Musikschulen. Und dann hätten wir vor
00:09:05: allem die ordnungspolitische und die finanzpolitische Voraussetzung tatsächlich
00:09:12: auch allen Kindern den Zugang zur musikalischen Bildung zu ermöglichen.
00:09:17: Und zwar wirklich zu einer qualitätsvollen musikalischen Bildung zu ermöglichen.
00:09:22: Gibt es denn eine Passage in der Dresdener Erklärung, die dir persönlich ganz
00:09:26: besonders am Herzen liegt?
00:09:28: Ja, der letzte Satz.
00:09:30: "Starke Musikschulen sind Bausteine für eine starke Demokratie. Wir leben Musikschule."
00:09:37: Das war ja auch das Motto unseres diesjährigen Kongresses in Dresden gewesen.
00:09:41: Das ist wirklich eine ganz schöne Klammer und das finde ich wirklich absolut
00:09:44: genial an der Dresdener Erklärung und an diesem Musikschulkongress in Dresden.
00:09:49: Und was würdest du Musikschülerinnen und -schülern sagen, warum diese Erklärung
00:09:52: auch für sie relevant ist?
00:09:54: Naja, sich mit der ästhetischen Bildung zu befassen, sich mit musikalisch-kultureller
00:10:00: Bildung zu befassen, bildet ja einfach einen Kontrapunkt zu ihrer
00:10:05: Bildung in den MINT-Fächern zum Beispiel. Und ich glaube, dass gerade die ästhetische
00:10:10: Bildung, die musikalisch-ästhetische Bildung in Verbindung mit der MINT-Bildung
00:10:16: enorm wichtig ist für unsere Zukunft.
00:10:19: Denn die Welt besteht ja nicht nur aus Einsen und Nullern, sondern die Welt
00:10:23: besteht ja auch aus Empathie, die Welt besteht aus Kreativität, Fantasie, aber
00:10:29: auch Zuversicht. Und ich glaube, dass musikalische Bildung, die ästhetisch-kulturelle
00:10:34: Bildung unsere Gesellschaft ein Stück weit auch lebenswerter macht.
00:10:39: Ein wirklich starkes Statement. Vielen, vielen Dank, lieber Koh.
00:10:43: Auf dem Musikschulkongress in Dresden gab es so unglaublich viele tolle Momente,
00:10:51: aber eine Veranstaltung wird allen, die dabei waren, sicher unvergessen bleiben
00:10:56: und zwar die Kongresseeröffnung. Und die hat der gastgebende Landesverband
00:11:00: musikalisch gestaltet. Ich sitze jetzt hier gerade mit Sven Rössel vom LVDM Sachsen
00:11:06: und ich kann nur sagen: Lieber Sven, meinen ganz, ganz herzlichen Glückwunsch an
00:11:11: dich und dein Team vom LVDM Sachsen. Ich glaube, wer bei dieser Auftaktveranstaltung
00:11:16: in Dresden mit dabei war, hat für sein ganzes Leben was mitgenommen.
00:11:20: Ihr hattet da verschiedene Ensembles auf der Haupt- und Seitentribüne aufgebaut
00:11:24: und im Saal gab es dann immer Tanzeinlagen und es waren keine einzelnen Musikstücke,
00:11:30: die da erklungen sind, sondern die Ensembles, die haben sich beim Spielen
00:11:33: immer abgelöst und ja, aber auch immer wieder gemeinsam gespielt. Und als Publikum,
00:11:39: da saß man mitten drin statt nur dabei und man wurde von dieser genialen
00:11:44: Energie einfach sofort mitgerissen. Es war, glaube ich, eine viersätzige
00:11:48: Komposition und die war von hervorragenden Reden durchbrochen und lief so als
00:11:54: Höhepunkt auf die Rede von der Barbara Josef zu. Nach dieser Rede hatten wirklich
00:12:00: viele im Saal, denen ich das absolut mich zugetraut hätte, Tränen in den Augen.
00:12:05: Mein Eindruck war, alle, die im Saal waren, die waren nach dieser Kongresseröffnung
00:12:10: einfach komplett euphorisiert und ja, dafür bist du mit deinem Team mitverantwortlich
00:12:17: und ich sage an dieser Stelle vielen, vielen herzlichen Dank.
00:12:21: Also toll, ich freue mich, diese emotionale Energie ist... die wirkt nach,
00:12:26: auch mit dem, was du gesagt hast, also vielen herzlichen Dank, die, ich gebe das,
00:12:30: das ist auch das, was der meist gesagte Satz jetzt nach den vielen Tagen war.
00:12:33: Ich gebe das sehr gerne weiter, weil das war wirklich eine Leistung verschiedener,
00:12:37: also vieler, vieler Hände und es waren auch Zitate drin. Es war nicht nur eine
00:12:43: reine Komposition, es waren auch Zitate drin, so ein bisschen auch auf die Region,
00:12:46: doch auf das gemeinsame Singen abheben. Also so ein Moment, der mich persönlich gepackt hat,
00:12:52: mir ging es ja ganz genauso wie dir, wie du das eben beschrieben hast –
00:12:55: der Moment war, wo dann tatsächlich der alte Heinrich Schütz da aufblitzte mit dem Knabenchor
00:12:59: "Nun verleih uns Frieden" dann so ganz puristisch und dann aber wirklich mit einem ganz...
00:13:04: wie so ein Superjet, der da quasi dann nochmal durchstartet, so nochmal Vollgas Richtung
00:13:11: Finale. Und das war wirklich super verwoben miteinander, also es wurde auch extra für den Tag
00:13:15: komponiert und dass das dann tatsächlich so funktioniert nach den vielen Probenabsprachen,
00:13:21: extra Meetings mit den vielen Beteiligten, das war total berührend. Also ich ehrlich gesagt,
00:13:28: das muss jetzt auch erst mal nochmal sacken, bei mir selbst auch, weil man kriegt ja das
00:13:32: gespiegelt und man wird angesprochen und ich muss jetzt auch erst mal so langsam,
00:13:37: ich bin Kontrabassist, es dauert immer ein bisschen länger, wie man das so sagt,
00:13:41: auf mein, also ich sag's doch so spaßhaft, aber es wirklich... Also ich selber bin auch sehr bewegt,
00:13:46: auch inhaltlich, was man nach den Tagen mitgenommen hat. Aber vielen Dank fürs Kompliment,
00:13:50: ich sage immer, ich gebe das weiter. Ich überlege auch, in welcher Form das jetzt am besten ist,
00:13:54: ob das jetzt eine E-Mail sein muss, eigentlich würde ich am liebsten alle umarmen und sagen, danke.
00:13:58: Machen wir doch einen Podcast draus. Genau, eigentlich das perfekte Medium.
00:14:03: Das Kongressmotto lautete ja, "Wir leben Musikschule". Wie hat denn dieses Leitmotiv
00:14:09: eure Planung beeinflusst jetzt mal ganz konkret auf die Gestaltung des Auftakts bezogen, Sven?
00:14:15: Naja, es gibt ja auch von Heinrich Schütz auch, um da ein bisschen abzuheben,
00:14:20: ich bin ja auch in einer Musikschule mit, die den als Namenspatron hat,
00:14:23: auch das Heinrich-Schütz-Konservatorium hat das als Namenspatron, das passt schon ganz gut,
00:14:27: weil da gibt es ja auch Stücke, die da heißen "Mitten wir im Leben sind" – so wie man halt die
00:14:33: Musikschularbeit gestaltet, ist ja voll lebendig und dieses Motto, ich glaube,
00:14:39: das passte sehr gut. Bei der Abschlussveranstaltung hat Koh Dolge gesagt: Ja, wir leben Musikschule
00:14:45: in Dresden oder sinngemäß so etwas in der Art und das ist einmal pointiert auf den Punkt gebracht.
00:14:51: Das war unsere Absicht, dass wir das im Grunde zeigen und zwar nicht so plakativ oder sogar
00:14:58: vielleicht mit einem erhobenen Zeigefinger oder so kopfig oder theoretisch, sondern in der Praxis,
00:15:04: das war immer das, was uns geleitet hat. Also überzeugen durch Leistung, durch dass man das auf die
00:15:12: Bühne bringt oder aufs Parkett bringt, was wir Tag für Tag tun. Und das aber mit so einer Art,
00:15:17: das klingt irgendwie doof jetzt, wenn ich das sage, mit so einem Solidargedanken,
00:15:21: ja, das ist so ein alter Begriff eigentlich, aber ich habe momentan jetzt gerade unter diesem
00:15:25: Sparkanon, den wir hier gerade fahren, überall, aller Orten, habe ich so ein bisschen das Gefühl,
00:15:31: dass unter den Kulturakteuren dieses Gemeinschaftsgefühl, dieses Wir-Gefühl so ein bisschen verloren
00:15:36: geht, weil jeder so ein bisschen seine Pfründe ins Trockene bringen will und da hatten wir, das hat
00:15:42: mir besonders gefallen durch dieses Miteinander, dass der ganze Bund aller Musikschulschaffenden
00:15:47: oder die Musikschulfamilie quasi in Dresden zusammenkommt, dass wir uns auch als Freistaat Sachsen,
00:15:52: als ein starkes Musikschulland, finde ich, gut präsentieren konnten und zwar nicht mit dem
00:15:56: Zeigefinger, ja, wir zeigen euch das jetzt, wir können das genauso gut wie vielleicht auch
00:16:00: bevölkerungsreichere Bundesländer, aber das ist eigentlich der Gedanke, wo ich sagte,
00:16:06: toll, das geht noch. Ja, weil manchmal sind ja so, kämpfen die Theater für sich, dann kämpfen die
00:16:10: Musikschulen für sich, dann kommt die freie Szene und alle ziehen an dem Tischtuch und das war
00:16:15: aber momentan gar nicht so zu spüren, sondern wir haben also mit den, also das, was wir tun,
00:16:19: konnten wir schön zeigen. Das begeistert mich und das treibt mich auch an, dass wir auf
00:16:24: einen guten Weg sind, trotz dem Sparszenario. Das fand ich auch so stark an Barbara Josefs
00:16:29: Eröffnungsvortrag, der ja quasi so als dritter Satz eurer Musikschulkongress-Sinfonie
00:16:33: daherkam. Sie hat ja einfach genial illustriert, wie du vom starken Ich zum noch viel stärkeren
00:16:40: oder wirkungsvolleren Wir kommen kannst. Und ich finde, das hat sich nicht nur in der Musik
00:16:45: der Auftaktveranstaltung wiedergespiegelt, sondern das zog sich wie so ein guter Gedanke
00:16:50: oder ja, weiß ich, wie so ein Leitmotiv durch den gesamten Kongress im Saal, aber auch in
00:16:56: der Stadt mit diesen vielen Veranstaltungen, die ihr da sonst noch organisiert habt.
00:17:00: Das stimmt, also ich weiß nicht wie es dir ging, aber es ist ja auch so ein... Der eine
00:17:05: oder andere hat bestimmt auch gedacht: Oh, jetzt fahre ich nach Dresden, wie ist das dann da?
00:17:08: Also in den Medien wird das ja manchmal seltsam dargestellt und sicherlich auch manche Sachen
00:17:13: zu Recht, aber auch das war... schwebte so ein bisschen mit, wir zeigen auch ein weltoffenes
00:17:18: Sachsen oder ein weltoffenes Dresden. Also nicht nur so ein, ja so ein Dünkel irgendwo,
00:17:24: sondern: Guck mal! Also darf ich mal ganz direkt fragen, das ist ja doch eher privat...
00:17:30: Also wenn man so: Krass, da ist ja nach den Wahlergebnissen... und was man da so hört...
00:17:35: und mit PEGIDA und die Sachsen sind so ein bisschen putzig... und sind die jetzt alle blau?
00:17:39: Oder... wie nimmt man das denn wahr, wenn man da so mit dem Zug reinfährt und dann so
00:17:44: aussteigt und die Klangmeile wahrnimmt?
00:17:47: Also wir haben uns schon mit, also Kati Kasper hat schon alle Register auch gezogen,
00:17:50: um das so schön zu präsentieren, ging das auf?
00:17:53: Ja, also ich habe einfach eine Stadt gesehen, in der Altes und Neues auf so ganz besondere
00:17:58: Weise miteinander verschmolzen ist, mit sichtbaren Narben zwar, aber auch mit dem Mut Neues
00:18:04: draus zu schaffen. Und gleichzeitig ein Ort, an dem auch Kultur in der Stadt wirklich gelebt
00:18:10: wird: Auf Bühnen, in den Straßen, aber auch mit gesellschaftlichem Engagement.
00:18:15: Ich habe zwei Demos gegen Rechts gesehen und eine davon auch direkt vorm Kongressgebäude.
00:18:20: Für mich war einfach dieses Spannungsfeld aus Geschichte, Gegenwart und Haltung sehr,
00:18:26: sehr sichtbar und ja, ich habe Dresden schon immer gemocht, aber jetzt habe ich es richtig
00:18:31: lieben gelernt.
00:18:32: Schön, super, das war ja das Ziel!
00:18:35: Ja, ich meine letztlich, wir sind ja dann doch irgendwo alle in unserer Welt und aber auch
00:18:42: vielleicht nochmal auf das Papier, was dann auch verabschiedet wurde, die Dresdener Erklärung
00:18:46: zurückzukommen:
00:18:47: Ich war jetzt nicht ganz unkritisch im Vorfeld zu dieser Erklärung, weil wir haben ja auch,
00:18:52: wie soll ich sagen, das ist ein bisschen belastet, Dresdener Erklärung ist historisch belastet
00:18:56: und auch, wenn man dann im Osten so oft das Wort Demokratie proklamiert in einem Schreiben,
00:19:03: wie es da passiert – das ist ja sicherlich nötig, aber da gibt es halt ja auch eine DNA,
00:19:07: eine Vorerfahrung, weil wenn du gerade schon auf die Narben ansprichst, die, wenn man das
00:19:13: dann so oft sagt, da fällt mir immer ein, wie ist das jetzt für Kollegen, die auch so ein
00:19:18: bisschen die Ostsozialisierung auch hatten, was Musikschule betrifft. Die kennen ja auch
00:19:21: noch ein bisschen dieses sogenannte russische System mit Selektionsbildung und man bildet
00:19:25: aus für, ich übertreibe für die sowjetisch besetzte Zone, den eigenen Nachwuchs.
00:19:30: Es gab ja ein ganz verrücktes System, was ineinander greift, aber eben auch politisch
00:19:34: hoch aufgeladen war und da stand auch drüber "Demokratische Republik" – und das war es ja
00:19:39: überhaupt nicht.
00:19:40: Und es ist so ein bisschen schwierig mit solchen Begriffen zu kommen, aber auch ein bewegender
00:19:44: Moment war, wo Robert Wagner das nochmal unter einem ganz anderen Kontext präsentiert hat,
00:19:50: das war in der Vollversammlung, in der Bundesversammlung und da habe ich, da dachte ich so:
00:19:55: Toll, das war jetzt auch so ein bewegender, touchy Moment, wo so ähnlich wie auch bei
00:20:01: dem, bei der Keynote, also bei dem Vortrag und das bleibt auch hängen und das hat mich
00:20:07: letztendlich überzeugt, nicht dieses 18 Mal Demokratie lesen zu müssen in dem Papier,
00:20:11: sondern: Welche Werte, worum geht es eigentlich? Und ich denke eben, das ist so eine Energie,
00:20:16: die müssen wir uns unbedingt jetzt mitnehmen für die kommenden Monate, auch Musikschularbeit – es wird ja
00:20:20: alles nicht leichter irgendwo, aber wenn wir das durchziehen könnten und auch vielleicht auch
00:20:25: im ländlichen Bereich, dann geben wir den Menschen so viel und den jungen, vor allem den jungen
00:20:28: Menschen, die es ja dann irgendwann auch wuppen müssen, den geben wir so viel mit an positiver
00:20:32: Energie.
00:20:33: Also das ist mehr wert als eine Rentenversicherung, so argumentiere ich immer.
00:20:37: Absolut! Gebe ich dir vollkommen recht!
00:20:40: Ich hätte an dieser Stelle mit allen Gästen noch sehr, sehr gerne lange weiter reden können,
00:20:46: aber ich musste mich kurz fassen, denn es gibt noch ein paar andere Highlights in dieser Folge
00:20:51: und eines davon kommt jetzt.
00:20:53: Ich freue mich riesig, dass sich Barbara Josef noch einmal Zeit genommen hat, um zu uns
00:20:58: Musikschulmenschen zu sprechen.
00:21:00: Hier kommt sie, die Keynotespeakerin der Eröffnungsveranstaltung:
00:21:04: Barbara Josef. Vielen auch bekannt aus der Podcastfolge Nummer 54.
00:21:08: Liebe Barbara, ganz, ganz, ganz herzlichen Gelückwunsch zu diesem toughen und gleichzeitig auch unglaublich
00:21:15: berührenden Vortrag in Dresden. Die Musik, der Tanz und ja, die Reden und dann deine Keynote
00:21:22: oben drauf – das hat einfach so wunderbar ineinandergegriffen, dass es uns alle komplett überwältigt hat.
00:21:29: Danke vielmals, das ging mir genauso.
00:21:32: Das war auch für mich ein sehr spezieller Moment.
00:21:35: Man hat richtig gemerkt, da entsteht etwas zusammen und mir hat es auch einmal mehr aufgezeigt,
00:21:40: wie wichtig solche Räume sind, dass man... Gewisse Dinge kann man alleine machen,
00:21:45: da kämpfen wir uns jeden Tag durch. Und dann gibt es einfach Dinge, die wir gemeinsam erleben
00:21:49: und uns wieder einmal bewusst werden, wie wichtig das ist, was wir tun und da auch mal kurz innehalten,
00:21:56: bevor wir uns dem Alltag stellen.
00:21:59: Und wenn du jetzt an diesen Musikschulkongress in Dresden denkst, welche Dinge waren da für dich
00:22:04: ganz besondere Momente und werden unvergesslich bleiben?
00:22:08: Für mich besonders stark war nur schon der Auftakt: Diese Musik zu erleben und zwei Orchester
00:22:15: auf der Bühne, zwei auf der Seite, diese Kinder – das war so berührend, mal einfach das wirken zu lassen.
00:22:22: Ich war so beeindruckt, wie die Orchester einander den Ton übergeben haben, also diese stille Kooperation.
00:22:30: Dann das zweite war das Wohlwollen, das man gespürt hat,
00:22:33: bei meinem Referat. Da hatte man den Eindruck, da dachte niemand: Hat die jetzt da Recht oder nicht auf der Bühne,
00:22:39: sondern es war ein Mitdenken und Mitziehen und das spürt man förmlich.
00:22:43: Und dann ist man auch besser, als wenn man versucht, alleine etwas zu tun.
00:22:49: Also ich habe mich enorm unterstützt gefühlt.
00:22:51: Und das dritte war dann der Austausch mit den Leuten. Also auch als ich dann durch die Stadt spaziert bin,
00:22:57: später sind immer wieder Leute auf mich zugekommen und diese Wahnsinnsherzlichkeit.
00:23:01: Und da spürt man, dass sie Profis sind, die gewohnt sind, anderen Menschen Mut zu machen.
00:23:06: Und ich glaube, mir gibt das jetzt Energie für die nächsten drei Jahre im Minimum.
00:23:11: Das war wirklich ganz speziell!
00:23:13: Ja, ich habe deinen Vortrag auch als ganz großes Geschenk erlebt!
00:23:17: Einmal mehr – genau wie unsere Podcastfolge und die Keynote, die ich im Februar von dir gehört hatte.
00:23:23: Und für jemanden, der aus einer völlig anderen Branche kommt,
00:23:28: was würdest du denn sagen, wo liegen denn die Stärken der Musikschulen bezogen jetzt vielleicht auch mal auf dein Spezialgebiet Future Work?
00:23:35: Ja, es ist halt wirklich der Mensch im Fokus.
00:23:37: Jeder Schüler oder vielleicht sind es auch Erwachsene, kommt mit anderen Voraussetzungen
00:23:42: und hat einen anderen Bezug zu Musik und braucht etwas anderes.
00:23:46: Und ich glaube, da sind die Musiklehrpersonen halt Profis
00:23:49: im Menschen maßgeschneidert zu begleiten
00:23:53: und diesen Raum zu schaffen, wo individuelles Lernen möglich ist, kleine und große Erfolge.
00:23:58: Und das ist schon einzigartig, diese persönliche Beziehung!
00:24:02: Und das sind halt auch die Dinge, wo man nicht ersetzbar ist, auch von Künstlicher Intelligenz, oder.
00:24:07: So ein Angebot zu schaffen –
00:24:10: das ist eine Vielfalt an Stärken, die man da rüberbringt
00:24:16: und auch Mehrwerte, die man schafft fürs Gegenüber.
00:24:19: Und das ist schon sehr eindrücklich, das so zu erleben.
00:24:21: Ich glaube, es ist ein Job, den man gar nicht so nebenbei machen kann.
00:24:24: Ich glaube, man kann den nur mit Herzblut machen
00:24:27: und das ist speziell zu erleben!
00:24:29: Mal angenommen, wir könnten jetzt die Zeit nochmal zurückdrehen
00:24:33: und ja, du würdest nochmal einen Moment jetzt gerade auf diesem Podium stehen.
00:24:39: Hinter dir sitzen die beiden Jugendorchester, vor dir das Publikum vom vergangenen Samstag.
00:24:44: Was würdest du jetzt sagen zu diesen Musikschulmenschen?
00:24:48: Was würdest du ihnen noch mit auf den Weg geben?
00:24:51: Ich war so überwältigt, ich bin immer noch da.
00:24:55: Ich glaube, das Einzige, was man sagen kann,
00:24:57: euch brauchts sowas von dringend heute mehr denn je.
00:25:01: Und ich würde mir wünschen, dass diese große Unterstützung, die ich gespürt habe,
00:25:05: sie selber für sich spüren jeden Tag und die sind stolz auf das Geleistete.
00:25:11: Ich würde mir wünschen, dass sie keine Energie verlieren mit Dingen,
00:25:16: die vielleicht noch nicht so rund laufen. Dinge, mit denen wir uns alle schwertun.
00:25:19: Und ihr großes Talent und ihre Energie auf das konzentrieren können, was sie bewegen können.
00:25:25: Und ich glaube, das ist eine Menge.
00:25:28: Ich würde mir wünschen, ihnen so ein Energieblocker schenken zu können,
00:25:31: wo die Dinge, die einem unnötig vielleicht auch mal demotivieren,
00:25:35: dass man die ein bisschen nach hinten stellen kann und das genießt, was man bewirkt.
00:25:40: Mich würde mich noch interessieren für dich.
00:25:42: Du bist ja genau drin in diesem Thema und besprichst dich mit vielen Kolleginnen und Kollegen.
00:25:48: Was ist das für dich?
00:25:50: Wo können wir die Brücke schlagen zwischen den Entwicklungen in der Arbeitswelt
00:25:54: und der aktuellen Situation?
00:25:56: Also wie würdest du das Thema weiterspielen gedanklich?
00:26:00: Ich glaube einfach, dass wir als Musikschulen unglaublich wichtig sind,
00:26:05: aber dass sich viele in der Politik dieser Ressource, die sie da haben, gar nicht bewusst sind.
00:26:11: Weil wir sind ja die Spezialisten für Kultur und für Vermittlung.
00:26:15: Und was wir ja ganz dringend brauchen in Deutschland, in der Schweiz, in Österreich, in ganz Europa,
00:26:21: ist einfach, dass wir eine neue Kultur bekommen, eine Kultur, wo sich alle Menschen drin wiederfinden.
00:26:29: Ganz gleich in welchem Land du auf die Welt gekommen bist, ganz gleich mit welchen Hintergründen,
00:26:35: arm oder reich oder sozial schwach oder stark, bildungsstark oder bildungsschwach
00:26:41: du jetzt in dieses Gesellschaftssystem eintrittst. Und es kann ja nur dahin gehen,
00:26:47: dass sich jeder dort gesehen und auch gewertschätzt fühlt, damit wir endlich mal wieder als Gesellschaft auch zusammenwachsen.
00:26:55: Das wäre mir ganz wichtig und ich glaube da ist die ganz... da liegt die ganz große Stärke der Musikschulen eben: Im Kleinen
00:27:03: zu zeigen, schon wie... also dieses Aufeinanderhören und dieses Aufeinanderreagieren, diese feinen Nuancen auch aufnehmen...
00:27:12: Das finde ich, das ist unsere ganz große Stärke, da sind wir die absoluten Spezialisten für die Vermittlung
00:27:17: und das ist... das sind Lerninhalte, die kannst du in keinem Buch lesen und die kannst du in keinem YouTube Video dir anhören und aufnehmen.
00:27:27: Das musst du erfahren haben und dazu musst du ein Musikinstrument spielen gelernt haben.
00:27:32: Ja, und vielleicht jetzt... es gibt es im Changemanagement diesen schönen Dreiklang: Erfahrung, Haltung, Verhalten.
00:27:39: Also, wie sollte ich versuchen, direkt auf das Verhalten einzuwirken, sondern zuerst eine Erfahrung schaffen.
00:27:44: Diese Erfahrung wird sich auf die Haltung auswirken und das dann auf das Verhalten.
00:27:48: Also, gerade mit Politikern, die Budgets kürzen wollen, müsste man die an ein Stuhl fesseln und das erleben lassen,
00:27:55: was wir erlebt haben bei der Eröffnung und in Dresden und dann möchte ich noch den oder die sehen, die da auf das verzichten kann.
00:28:03: Also, vielleicht müssen wir mehr diese Erlebnisse schaffen, auch für die nicht direkt Beteiligten, also die Kinder, Jugendlichen, Schülerinnen und Schüler oder Erwachsenen.
00:28:14: Vielleicht würde das helfen.
00:28:16: Bestimmt.
00:28:17: Wir hatten es gerade von den Pausen.
00:28:20: Ein Satz von dir, der das ganze Wochen in Dresden noch sehr, sehr häufig zitiert wurde, war "Die große Pause ist der CEO der kleinen Pause".
00:28:29: Erst haben wir alle gelacht im Saal, aber der hat doch irgendwie gut gesessen!
00:28:35: Der, ich weiß ja nicht, ob es ein Joke war. Aber ja, es hat uns wirklich nachdenklich gemacht.
00:28:42: Für wie wichtig hältst du denn dieses Innehalten, dieses Pause machen jetzt vielleicht auch im Arbeitsalltag.
00:28:48: Ich meine, als Musikerin, Musikpädagogin, Autorin, da denke ich im Arbeitsalltag manchmal: In den kleinen Pausen,
00:28:55: da organisiere ich jetzt noch ein paar kleine Projekte und in den großen Pausen organisiere ich noch ein paar große Projekte.
00:29:01: Ich liebe meine Arbeit und das Dumme ist einfach, wenn ich Pause habe, dann fallen mir sofort so viele spannende Dinge ein, die ich machen könnte, dass dieses süße Nichtstun einfach nur ganz schwer auszuhalten ist.
00:29:13: Es ist immer so mit Momenten gefüllt, die ich nicht missen möchte und wo die Kreativität dann erst so richtig durchkommt.
00:29:20: Und vielleicht sollte ich weniger Pause machen.
00:29:22: Das klingt doch perfekt, aber Pause ist ja nicht Nichtstun, sondern es ist regenerieren.
00:29:28: Und für jemanden, vielleicht der im Straßenbau arbeitet, kann Musik machen Pause sein.
00:29:33: Aber für jemanden, der Musikschulunterricht gibt, ist vielleicht Gärtnern oder Holzhacken Pause.
00:29:39: Also eine Pause ist eigentlich das Gegenteil von dem, was man vorher gemacht hat, um wieder ein bisschen zu Ruhe zu kommen.
00:29:46: Und ich glaube dein Beispiel gilt auch für mich, wenn man sehr gerne arbeitet, muss man diese Freude an der Arbeit auch schützen.
00:29:52: Hemingway hat ja mal so schön gesagt, es war auf Englisch, aber auf Deutsch übersetzt wird es heißen: Er schaut, dass der Brunnen seiner Kreativität oder die Quelle nie leer wird, dass er sie über Nacht wieder füllen kann.
00:30:03: Das heißt, ich muss eigentlich immer ein bisschen weniger arbeiten, als ich Lust habe, damit ich morgen genau so motiviert hingehe, also dass ich nicht ausbrennen kann.
00:30:11: Weil wir wissen ja, Menschen, die ihre Arbeit lieben, die sind besonders gefährdet, auch mal auszubrennen, weil sie diese natürlichen Grenzen nicht haben.
00:30:19: Und ja, es war schon ein Witz mit dem Organigramm, dass die große Pause der CEO ist von der kleinen.
00:30:27: Aber ich meine es wahnsinnig ernst, dass wir im Zeitalter der Optimierung, des Perfektionismus und des noch mehr machen Könnens
00:30:36: schauen müssen, dass wir die Dinge, die wir machen mit Leidenschaft machen und dass wir frisch bleiben.
00:30:43: Und deshalb ist mir das Innehalten schon sehr wichtig.
00:30:46: Ich glaube, Generationen vor uns hatten den Eindruck, wenn die Arbeit gemacht ist, also das Feld bestellt ist quasi als Bauer, dann gibt es eine Pause.
00:30:54: Und heute werden wir nie ganz fertig, auch im digitalen Raum: Es wartet immer noch eine E-Mail.
00:31:00: Und da müssen wir die Pause einbauen und sie genauso priorisieren wie das Gespräch mit der Chefin oder dem Chef,
00:31:07: statt dass wir warten, bis alles durch ist.
00:31:10: Und ich glaube, wenn wir uns selber so führen, dann kommen wir sehr lustvoll durch den Tag und erreichen auch mehr.
00:31:17: Und um das ging es mir, dass wir daran denken, uns das zu gönnen und uns die Freude aufrechtzuerhalten.
00:31:23: Absolut. Und wenn es jetzt noch einen Satz gäbe an die Musikschulwelt, was würdest du sagen?
00:31:31: Es liegt mir am Herzen, dass diese Bedeutung zu anerkennen, die... also die Räume, die Musik schaffen kann, die wichtig sind in einer turbulenten Gesellschaft
00:31:42: und dass wir unabhängig davon, wie die Welt aktuell läuft, wissen: Wir haben Räume, wo alles gut ist, wo wir miteinander etwas erleben können.
00:31:50: Und ich habe große Bewunderung vor Menschen, die diese Räume mitgestalten.
00:31:54: Und gleich geht es weiter mit spannenden Inhalten aus den Arbeitsgruppen.
00:31:59: Dieser Podcast wird gesponsert von der professionellen Musikschulverwaltungslösung iMikel,
00:32:05: die perfekte Software für deine Zukunft mit integriertem Chatbot und KI-Assistent.
00:32:10: Stell dir vor, du kannst mit iMikel sprechen und sagst einfach nur: Zeige mir alle Schüler, die älter als 30 sind und erstelle eine Statistik
00:32:19: und der KI-Assistent erledigt das für dich.
00:32:22: Mit iMikel hebst du deine Musikschule auf ein völlig neues Level. Über 270 Musikschulen setzen auf iMikel.
00:32:29: Wir freuen uns auf dich und wünschen weiterhin viel Spaß im Podcast.
00:32:33: Bevor wir zu den Inhalten der Arbeitsgruppe mit den Kooperationen kommen, starten wir erstmal durch mit dem Thema KI.
00:32:49: Ein Thema, was sich durch den ganzen Kongress zog, war KI.
00:32:53: Und an einem Namen kommt man da ganz sicher nicht vorbei und das ist Thomas Hanz.
00:32:58: Für diese Podcastfolge habe ich ihn und seine Kollegin Chiara Siewert zum Gespräch gebeten.
00:33:04: Und ich freue mich, dass Sie jetzt hier sind und die Highlights zum Besten geben.
00:33:08: Hallo Chiara, hallo Thomas. Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt. Bitte stellt euch doch gerade mal selber vor.
00:33:13: Sehr gerne. Ich bin Chiara Siewert. Ich bin Referentin für Digitalität am Servicezentrum in Berlin.
00:33:20: Ich beschäftige mich mit ganz unterschiedlichen Themen rund um Digitales.
00:33:25: Das ist sowohl Digitalität im Unterricht als auch alles, was an der Schnittstelle von Unterricht zu Verwaltung an digitalen Prozessen passiert.
00:33:34: Und der liebe Thomas.
00:33:36: Hallo. Thomas Hanz vom Landesverband der Musikschulen in Düsseldorf.
00:33:43: Dort bin ich im Rahmen der Musikschuloffensive Referent für Digitalisierung.
00:33:48: Bisher steht dahinter noch in der Musikpädagogik.
00:33:51: Das heißt, natürlich bin ich auch an Verwaltungsfragen interessiert, aber das habe ich nicht so ganz in meiner Jobbeschreibung.
00:33:57: Und habe in dem Rahmen die Digitalisierungsoffensive der Landesregierung umgesetzt und parallel das Netzwerk Musikschule Digital NRW aufgebaut.
00:34:07: Beeindruckend. Und in diesem Rahmen sind wir uns auch schon einige Male über den Weg gelaufen.
00:34:12: Und ich wollte dich schon immer mal hier haben.
00:34:14: Und jetzt habe ich gedacht, für diese Bundeskongressfolge bietet sich das wunderbar an.
00:34:18: Und du hast vorgeschlagen, Chiara mit dabei zu haben, denn ihr habt beide gemeinsam eine Arbeitsgruppe geleitet auf dem Musikschulkongress.
00:34:28: Was habt ihr zwei gemacht?
00:34:30: Ja, Chiara trinkt gerade – ich übernehm mal schnell.
00:34:33: Wir haben zum einen wirklich Hands-on versucht, das Thema KI in den Kongress zu tragen.
00:34:43: Und so schnell umsetzbare Technologien vorzustellen, so was wie Moises – schon länger bekannt.
00:34:52: Aber auch da haben wir doch noch viele Leute begeistern und informieren können.
00:34:57: Oder eben ganz neue Programmierungen wie Real Ear Trainer, der es ermöglicht, jegliche Art von Musik hochzuladen.
00:35:08: Und die Technologie sucht sich ein kleines Schnipsel aus
00:35:11: und als lernender Mensch bekommt man da Akkordvorschläge, die man dann anspielen kann.
00:35:17: Und mit der Musikvergleichung bin ich in Konsonanz, bin ich in Dissonanz und damit halt sein Hören entwickeln.
00:35:21: Das ist wirklich ganz spannend.
00:35:23: Ja, und Chiara, du magst bestimmt deinen Part jetzt auch noch ein bisschen genauer beleuchten.
00:35:27: Du hast dich mit Assistenzsystemen beschäftigt.
00:35:31: Da bin ich gespannt, Chiara. Beleuchte mal für uns bitte.
00:35:36: Ja, wir haben das so ein bisschen unter Assistenz geframed.
00:35:39: Inzwischen ist ja, sind Tools wie ChatGPT, Claude, Perplexity ja angekommen, oft auch im privaten Alltag.
00:35:47: Und wir wollten auch auch aufzeigen, dass auch diese Tools durchaus für die Unterrichtsgestaltung eine ganz wunderbare Möglichkeit bieten,
00:35:54: ganz viele verschiedene Varianten abzubilden.
00:35:57: Wir haben zusammen gezeigt, wie man zum Beispiel musikalischen Escape Room für ein Gruppensetting kreieren könnte.
00:36:03: Und wir sind ein bisschen darauf eingegangen, wie man überhaupt sich nähert diesen ganzen Tools.
00:36:08: Ja, es ist ein komplexes Thema.
00:36:12: Prompting. Wie fange ich denn überhaupt an?
00:36:14: Was schreibe ich denn da überhaupt rein?
00:36:16: Ich bin ja nicht bei Google, sondern befinde mich auf einmal in einem dialogischen Kontext.
00:36:20: Und wollten da einfach mal ganz konkrete Anwendungsbeispiele zeigen,
00:36:24: wie man sich vielleicht auch die Unterrichtsgestaltung ein bisschen variabler gestalten kann.
00:36:29: Ich höre gerade den Fanblock johlen.
00:36:33: Digitale Escape Rooms für Gruppensettings –
00:36:35: Chiara, füll mal bitte mit Inhalt.
00:36:38: Ja, wir sind da ein bisschen strategisch vorgegangen.
00:36:42: Wir haben anhand dessen auch mal gezeigt, wie baut sich dieser Prompt erstmal auf.
00:36:46: Ich habe ein Gruppensetting von Schüler*innen von 10 bis 12 Jahren.
00:36:51: Das sind vier Stück.
00:36:52: Und sie haben Vorkenntnisse in Musiktheorie auf Level XY.
00:36:56: Haben noch gewisse Rahmenbedingungen vorgegeben,
00:36:59: zum Beispiel, wir wollen gerne diese theoretischen Konzepte damit vermitteln.
00:37:03: Das soll den und den Umfang haben.
00:37:05: Und haben dann einfach mal geguckt, was kommt denn dabei so raus?
00:37:08: Und das war durchaus umfangreich, kann man sagen.
00:37:12: Und auch ziemlich komplex.
00:37:13: Und wir haben das ein bisschen reflektiert mit den Pädagog*innen im Plenum.
00:37:18: Und wir hatten auch Erkenntnisse, so was wie: Halten wir es denn für realistisch,
00:37:22: dass die Schüler*innen wirklich jeden Tag etwas anders machen?
00:37:25: Ja, jeden Tag ein anderes Konzept durchleben und ein kleines Abenteuer.
00:37:29: Oder ist das nicht doch etwas zu viel gewollt?
00:37:32: Und haben dann drüber gesprochen, wie man da noch Anpassungen vornehmen könnte.
00:37:35: Darf ich noch mal zwischenfragen:
00:37:37: Wie komme ich denn jetzt von den Fragen, die mir dort generiert werden zum Escape Room?
00:37:42: Da hat man dann natürlich noch ein bisschen persönlichen Gestaltungsspielraum.
00:37:46: Wir haben auch drüber gesprochen, wie kann ich mir dann auch den Aufwand so anpassen,
00:37:50: dass er am Ende auch realistisch ist.
00:37:52: Denn der, ich sag mal, Umfang, der dabei herauskommt,
00:37:57: ist durchaus manchmal so groß, dass er vielleicht in den normalen Unterrichtszeitraum
00:38:01: und die Zeit, die bleibt, um diesen zu gestalten, nicht unbedingt so reinpasst.
00:38:05: Das heißt, man muss das durchaus auch ein bisschen eindampfen.
00:38:08: Und auch das kann man dialogisch ganz gut hinbekommen
00:38:11: und kriegt dann im Endeffekt, wenn es gut läuft, eine für sich passende Lösung,
00:38:14: die man dann auch umsetzen kann.
00:38:16: Weil Escape-Room-Spiele mache ich nämlich auch jede Woche im Unterricht,
00:38:20: meinen Gruppen, weil die das lieben.
00:38:22: Und die sind... Musiktheorie, die sind ja so, so fit da durch diese Spiele.
00:38:28: Ja, aber wie das jetzt digital zu lösen wäre, dass ich das mit 'ner App,
00:38:32: ich weiß immer nicht, ob das so clever ist,
00:38:35: Kinder in dem Alter nochmal in die digitale Welt zu locken
00:38:40: und nicht vielleicht auch mal die Chance zu sehen, die so in diesem völlig digitalfreien Umfeld liegt
00:38:45: und ja, vielleicht nur zu organisieren und mir zu helfen mit KI.
00:38:51: Genau, das hat ChatGPT ja gemacht.
00:38:54: Also, der Escape Room selber ist tatsächlich analog.
00:38:58: Also, da geht es dann wirklich um, dass man Dinge ausdruckt oder malt
00:39:04: oder wirklich in die analoge Welt überträgt.
00:39:06: Es geht eigentlich nur um die Dinge, die bei Gamification entscheidend sind:
00:39:11: Also, welche Mechaniken sollen wirken, welche Funktionen möchte ich nutzen.
00:39:16: Und da ist es eben, also da finde ich eben die Technologie deshalb so spannend,
00:39:19: weil wir können ja im Prinzip ChatGPT dazu bringen, so zu agieren,
00:39:26: als wäre diese Technologie schon mal zum Beispiel bei Pfeffermind,
00:39:31: also die bekannteste Gamification Agentur Deutschlands, gewesen
00:39:37: und weiß, wie die das machen.
00:39:39: Also die bauen für große Firmen. Also wenn da bei BMW ein neuer Motor eingeführt wird,
00:39:43: dann machen die das über Spiele, bilden die ihre Mechaniker fort.
00:39:49: Also, die wissen, wie das geht. Und das, was ich total spannend finde bei diesem Gamification Thema,
00:39:54: ist, dass der Philipp Reinartz, der CEO von der Agentur immer sagte,
00:39:59: ja, Gamification ist Dinge von Mussingen nach Willich zu transportieren.
00:40:03: Also, ich muss etwas tun und durch Gamification will ich es dann sogar.
00:40:08: Und da hilft ChatGPT tatsächlich mit und es hat gar nichts damit zu tun,
00:40:12: dass es irgendwie im digitalen Raum bleiben soll,
00:40:14: sondern dieses Nachdenken und das Ausarbeiten dieser Mechaniken,
00:40:19: das erleichtert das.
00:40:20: Das können wir als Musikpädagogen in dieser Form vielleicht gar nicht so schnell
00:40:24: und einfach leisten und bekommen plötzlich da einen Assistenten,
00:40:26: der das für uns erstmal vordenkt und wir entscheiden, was wir dann davon nehmen.
00:40:30: Darf ich mal eine ganz provokante Frage stellen?
00:40:33: Was würdet ihr lieber vor Schülerinnen und Schülern im Unterricht sehen?
00:40:38: Eine mittelmäßige menschliche Lehrkraft oder eine sehr gute KI-Tutorin mit Einfühlungsalgorithmus?
00:40:46: Darf man auch eine Kombi beantworten?
00:40:49: Aber immer doch.
00:40:51: Ich glaube, es schließt sich nicht aus.
00:40:53: Ein erster Impuls wäre trotzdem erstmal die mittelmäßige Lehrkraft,
00:40:58: mit oder ohne Einfühlungsvermögen, ist die Frage.
00:41:01: Lässt sich auch trainieren, auch bei uns Lehrkräften.
00:41:04: Ja, deswegen, da ist ja das Potenzial dann durchaus noch da
00:41:08: und ich glaube, selbst die KI mit dem Einfühlungsvermögen,
00:41:12: da wissen wir nicht, mit was ist die trainiert?
00:41:15: Und was ist das, das Einfühlungsvermögen, was da im Endeffekt rauskommt? Und ich glaube,
00:41:19: das kriegen wir nicht ersetzt im Vergleich zum menschlichen Gefühl und zum menschlichen
00:41:25: Reaktionsfähigkeit auf so situative Umstände zu reagieren. Also ich würde mich für die
00:41:31: mittelmäßige Lehrkraft mit Entwicklungspotenzial aussprechen, die dann vielleicht noch nicht durch
00:41:36: KI Unterstützung holt. Und Thomas, wie siehst du das? Ich versuch mal salomonisch zu antworten.
00:41:42: Also zum einen haben wir diese KI ja noch gar nicht. Das ist ja noch am weiteren Horizont,
00:41:48: wenn überhaupt. Man weiß es ja nicht, was dann am Ende möglich ist. Ich denke, dass sich weiterentwickeln
00:41:57: von Musikpädagogik und von den Menschen, die das umsetzen, in einer digitalen
00:42:03: Welt und einer Welt, die immer digitaler wird, muss da Hand in Hand sich weiterentwickeln. Und ich
00:42:10: möchte im Unterricht nicht irgendeine Maschine unterbringen in dem Unterrichtsraum, wo dann
00:42:16: eine Schülerin oder Schüler zum Unterricht geht und dort unterwiesen wird. Das ist eine wirklich
00:42:24: dystopische Vorstellung. Also nochmal konkret auf deine Frage. Dann doch lieber ein mittelmäßiger
00:42:31: Mensch, der aber weiß, was Menschsein ist als eine Rechenmaschine. Wenn aber die Rechenmaschine
00:42:38: dabei hilft, dass die mittelmäßigen Unterstützungsfähigkeiten besser werden, weil es Hinweise
00:42:46: gibt oder weil der Unterricht die Unterrichtsvorbereitung vielleicht einfacher wird oder man auch
00:42:53: Hinweise bekommt, die man so schnell auf andere Art und Weise nicht bekommen würde. Auch nochmal
00:42:59: so ein Thema, was wir in einer anderen Veranstaltung hatten, wie machen wir, organisieren wir Weiterbildung,
00:43:03: ist für mich ein ganz wichtiger Punkt. Da würde ich dann sagen, fände ich die Mischung spannend.
00:43:09: Also mittelmäßig, okay, mit Neugier auf Entwicklung und besser werden, das würde ich mir am meisten
00:43:18: wünschen. Aber ich sehe immer viele KIs, wo ich denke, dass es für die Musikschulverwaltung
00:43:26: ein echtes Geschenk ist. Aber was sind denn eure liebsten KI-Tools, die ihr für die Unterrichtspraxis
00:43:33: empfehlen würdet? Ja, da leg ich los. Thomas, leg los. Also diese Apps, die Stereoaufnahmen in mehrere
00:43:44: Spuren zerlegen können, also quasi in die Urform, die es mal im Studio gab, zurückführen können,
00:43:50: die finde ich schon wirklich krass. Da kann man so viele Sachen mitmachen. Die haben mitlaufende
00:43:54: Metronome, die auch agogische Musik begleiten, also die ändern tatsächlich dann das Tempo kurzzeitig.
00:44:01: Ich kann damit sowohl klassische Liedliteratur zerlegen als auch eben Popmusik. Die Grenze ist
00:44:14: im Moment noch bei Instrumenten, die ähnliche Klangquellen haben, also ein Streichquartett –
00:44:20: sehr begrenzt. Ein ganzes Orchester kann man vergessen, das geht noch nicht. Aber da haben wir
00:44:26: ja auch jetzt in Dresden gehört, dass die Technologie in fünf bis zehn Jahren soweit ist, dass man
00:44:32: also auch verschiedene ähnliche Klangquellen voneinander unterscheiden kann. Da bewegen wir uns
00:44:36: darauf zu. Aber dieses Moises... also ich weiß noch früher, kam dann die Idee von einem Schüler:
00:44:42: Ich möchte gerne den und den Pop-Song spielen und das heißt für mich okay, mindestens drei
00:44:46: Stunden extra Vorbereitung bis ich das Midifile fertig habe oder irgend eins finde, das ist
00:44:50: noch mal schlecht, das muss ich noch bearbeiten. Also ein Rattenschwanz. Und jetzt kann ich in der
00:44:55: Stunde sagen: Okay, ich lad diesen Song mal eben runter. Also ich brauche wirklich eine mp3 oder
00:45:01: eine wav, irgendeine Audio-Datei streamen geht nicht, Gott sei Dank. Und dann habe ich nach zwei Minuten
00:45:09: eben diese zerlegte Aufnahme und kann dann die Stimme leise machen und habe dann wirklich die
00:45:16: Originalband, die dann eben meine Schülerschaft begleitet oder wenn der Schlagzeuger Groove-Probleme
00:45:22: hat, dann kann ich eben die Schlagzeugspur leise machen und das ist schon echt frappierend.
00:45:28: Darf ich noch ganz kurz zwischenfragen? Ja immer. Ich kriege unglaublich gerne Post aus
00:45:32: dem Publikum, aber ich spiele nicht so gerne die Sekretärin. Jetzt haben wir gehört Moises und
00:45:37: ich sehe schon die E-Mails mit den Fragen oder die Instagram-Nachrichten: Was gibt es noch außer
00:45:44: Moises? Also neben Moisis gibt es noch Lala AI, zum Beispiel. Wer sich schon mal mit der internationalen
00:45:52: Digitalaudioworkstation namens BandLab beschäftigt hat, der kann dort eine Sonderfunktion,
00:45:58: den Splitter nutzen, den kann man aber auch so nutzen mittlerweile. Und der macht dann was?
00:46:03: Der macht das gleiche. Also da kann ich auch eine Aufnahme hochladen und der eliminiert zum
00:46:08: Beispiel die Gesangsstimme. Dann gibt es auch Vocal Remover, also zig Sachen, das sind jetzt so die
00:46:13: ich mir genauer angeschaut habe, die unterschiedliche Monetarisierungsideen haben. Also Moises ist
00:46:20: ein Abo, bei Lala AI kaufe ich Zeitkontigente, was für Musikschulen natürlich auch wichtig ist.
00:46:27: Also ein Abo hat immer einen Rattenschwanz, bei Zeitkontigenten kann ich immer wieder bestimmte
00:46:32: Summen besser in meinen Etat einrechnen, aber die sind auch eigentlich sehr ähnlich. Die haben
00:46:38: natürlich jeder so Spezialitäten, die dann zur Unique Selling Point gehören, jeder einzelnen
00:46:46: App natürlich. Mir wäre ja vor allem jetzt auch noch wichtig, nachdem mir da Frank Bauchrowitz
00:46:52: in Folge, weiß ich auch nicht mehr, 55, glaube ich war das, den Kopf gewaschen hat, dass die Sachen
00:46:59: auch legal sind. Richtig, also wenn ich das im Unterricht nutze, ist das quasi eine private
00:47:05: Nutzung. Wenn ich das in einem Musikschulkonzert mache, ohne das aufzuzeichnen, ist das auch noch
00:47:12: im legalen Bereich. Sobald ich da eine Produktion draus mache und das nutze, dann betrete ich natürlich
00:47:20: den Bereich des Urheberschutzes und darf das dann nicht einfach tun. Also pädagogisches Handeln
00:47:26: und eine Aufführung, ja wenn dann irgend ein Verlag sich auf die Hinterbeine stellt, könnte man
00:47:33: da möglicherweise auch Ärger bekommen, aber das ist einfach unrealistisch, weil Popmusik wird
00:47:39: zigmilliardenfach jeden Tag irgendwo auf der Welt gespielt. Das fällt nicht so sehr ins Gewicht.
00:47:46: Chiara, hast du noch Lieblingsapps, die du uns empfehlen könntest? KI-Tools? Ich war auf dem
00:47:54: Kongress unglaublich beeindruckt von den Möglichkeiten inzwischen Audio in Noten zu transkribieren.
00:48:01: Ich glaube es klassifiziert sich noch als Start-up Klang.io, ich war auch bei der Produktvorstellung.
00:48:07: Und es ist wirklich der Wahnsinn, was da inzwischen möglich ist. Wir haben uns das live angeschaut,
00:48:13: es wurde von Thomas Hanz persönlich eine Gitarrenspur eingespielt und wir haben uns das
00:48:18: Ergebnis der Transkription eingespielt, es gibt auch die Möglichkeit, Audiofails direkt einzuladen
00:48:23: und die Ergebnisse sind wirklich schon frappierend gut. Also man hat glaube ich immer einen sehr hohen
00:48:29: technischen Anspruch auch daran, wie Noten auszusehen haben und es bedarf sicherlich immer noch der
00:48:34: einen oder anderen Nachbearbeitung, aber das grundsätzliche Ergebnis, was da ausgespuckt wird,
00:48:39: das wird zu enormen Zeitersparnissen auch in der Unterrichtsvorbereitung führen. Selbst wenn ich
00:48:46: nur kleinere Anpassungen noch vornehmen muss, ich kann die Datei dann runterladen als MusicXML
00:48:50: oder in jedem möglichen Fileformat, was mir da vorschwebt und es auch in Finale oder
00:48:54: Sibelius weiter bearbeiten und dann habe ich einfach eine enorme Zeitersparnis,
00:48:59: und ein sehr, sehr gutes Ergebnis und kann das sogar auch ad hoc direkt mit den Schüler*innen benutzen.
00:49:04: Beim Thema Künstliche Intelligenz oder auch Digitalität könnte ich ja jetzt noch stundenlang
00:49:09: weitertalken, aber wie das vielleicht versierte Hörerinnen und Hörer von euch schon wissen,
00:49:14: ich beherrsche mich an dieser Stelle und zwar um es nicht zu techniklastig für euch zu machen.
00:49:18: Denn es gab noch viele weitere spannende Arbeitsgruppen und einige von denen möchte ich euch hier noch
00:49:23: präsentieren. Als da wären die Arbeitsgruppe zum Thema Kooperation mit Jürgen Oberschmidt und
00:49:30: Holger Denckmann. Jürgen Oberschmidt habe ich heute hier für euch. Lieber Jürgen,
00:49:40: warum ist jedes Thema Kooperationen so ein Herzensanliegen? Ja, ich bin ja in der Lehrkräftebildung tätig,
00:49:47: an der pädagogischen Hochschule in Heidelberg und bilde da Musiklehrer:innen für die Grundschule,
00:49:54: für die Sekundarstufe, für die Sonderpädagogik aus und ich habe natürlich auch selber 20 Jahre
00:50:01: am Gymnasium gearbeitet und bin natürlich da auch mit Kooperationen in Kontakt getreten.
00:50:06: Ich habe genau das alles erlebt, woran es hängen kann, wie Kooperation gelingen können und das
00:50:16: habe ich sozusagen am eigenen Leib oder in meiner eigenen Profession erfahren und ich gucke jetzt
00:50:23: mit so einem etwas anderen Blick darauf, weil ich ja selber nicht mehr in der Schule unterrichte
00:50:28: und vielleicht eher das große Ganze auch in Blick nehme, nochmal auf einer ganz anderen Art und
00:50:33: Weise, wie ich das damals als Lehrer getan habe. Das ist natürlich wirklich spannend. In deiner
00:50:39: Arbeitsgruppe, die du gemeinsam mit Holger Denckmann geleitet hast, kleine Sidenotiz,
00:50:42: Holger war auch schon hier, Folge 50, in eurer Arbeitsgruppe da habt ihr die Gelingensbedingungen
00:50:48: für nachhaltige Kooperationen vorgestellt und beim Stichwort Augenhöhe, da rollen sicher
00:50:54: viele Musikschulleitende aber auch Lehrkräfte innerlich mit den Augen, denn ja, zu häufig
00:50:59: haben wir auch schon ein klares Ungleichgewicht erlebt, bei der Bezahlung, beim Status von
00:51:06: uns Lehrkräften in der Schule, mit der kooperiert wird, aber auch bei der Wertschätzung der
00:51:10: Musikschularbeit, bei der Unterstützung vor Ort oder auch bei der Beteiligung am Schulleben. Was
00:51:15: würdest du denn sagen, was macht eine Kooperation wirklich gleichberechtigt und woran scheitert
00:51:20: sie in der Praxis am häufigsten? Also es gibt zwei verschiedene Arten von Kooperationen, wenn man
00:51:26: jetzt mal jetzt von dem reinen Berufsfeld Musikschule-Schule sich löst und Kooperation mal
00:51:33: allgemeiner ansieht. Also es gibt einmal eine additive Kooperation, da kommt praktisch ein
00:51:39: System auf das andere und jedes System guckt, welchen Nutzen es aus dem anderen System ziehen kann.
00:51:45: Das hat man auch jetzt bei der Workshop-Veranstaltung ganz deutlich gemerkt, auch in den Kommentaren
00:51:54: der Beteiligten. Also wenn zum Beispiel so Aussagen kommen: Das ist für uns eine gute Möglichkeit,
00:51:59: Schülerinnen und Schüler zu generieren für unseren Einzelunterricht, dann ist es natürlich
00:52:04: ganz klar – da sucht man ein neues Betätigungsfeld, um sozusagen das eigene System zu stärken. Und
00:52:11: auf der anderen Seite ist das genauso. Ich finde es gut, wenn die Johanna jetzt Klarinettenunterricht
00:52:16: bekommt, dann habe ich wenigstens genügend Leute für mein Schulorchester.
00:52:21: So, das ist diese additive Kooperation, wo jeder im eigenen System stecken bleibt und versucht,
00:52:28: für sein eigenes System, für sein eigenes Tun etwas daraus zu ziehen. Und die andere
00:52:34: Form von Kooperation, das ist eher eine synergetische Kooperation, wo also sozusagen aus diesem Zusammenwirken
00:52:40: ein neues System entsteht. Und auf solch einer Basis kann eigentlich Gutes gelingen. Das muss
00:52:49: jetzt nicht unbedingt heißen, dass man das eigene System aufgeben soll. Also sozusagen beide
00:52:55: Systeme bleiben bestehen, aber es entsteht etwas Neues daraus. Sozusagen ein 1+1 macht 3. Was also
00:53:03: ein Mehrwert ist, was das einzelne System für sich nicht erzielen kann. Und jetzt muss man natürlich
00:53:08: überlegen, wie kann das gelingen? Und du hast ja eben schon einiges angedeutet, dass es zunächst mal
00:53:14: die Stellung der Lehrkräfte innerhalb des ihnen fremden Systems Schule, wenn man jetzt davon ausgeht,
00:53:20: dass diese Kooperation an der Schule stattfindet. Das fängt damit an, dass es Fotosammlungen an
00:53:27: den Wänden gibt, wo jede Lehrkraft abgebildet ist. Da gibt es die Sozialbegleiter, da gibt es den
00:53:34: Hausmeister, der mit einem eigenen Foto da verortet ist, aber die Musikschullehrkräfte tauchen da
00:53:40: nicht auf. Sie werden also kein vollgültiges System, sie bilden sich also in diesem System
00:53:47: Schule nicht ab. Und sie müssen, das hat jetzt nichts mit Bezahlung oder sonst irgendwas zu tun
00:53:52: oder auch einem Status. Ich meine, der Hausmeister ist ja auch kein verbeamteter Lehrer und er
00:53:57: erscheint da trotzdem. Der hat auch ein ganz anderes, ganz anderes Anstellungsverhältnis,
00:54:02: wie die Musikschullehrkräfte auch, aber sie sind eben Teil der Schulgemeinschaft. Und das muss
00:54:07: sozusagen gewährleistet sein. Dass man also auch merkt, da ist jemand, der gehört zur Schule einfach
00:54:14: mit dazu in diesem synergetischen System. Und das ist zum Beispiel schon mal eine Grundvoraussetzung,
00:54:20: die erfüllt sein muss. Aber wie kann das gelingen? Das kann eigentlich nur gelingen, wenn es auf beiden
00:54:26: Seiten wirklich auch starke Partner gibt. Also man braucht den starken Partner auf der Seite der
00:54:32: Schule. Das gibt es ja Schulen, wo überhaupt gar keine Musiklehrkräfte vorhanden sind. Und es braucht
00:54:37: natürlich auch den starken Partner auf Seite der Musikschule, wo also so Dinge wie Zusammenhangstätigkeiten,
00:54:44: auch wie vergütet man Wegstrecken und so weiter, wo das also auch gewährleistet ist.
00:54:50: Wo man also auch Räume und Orte hat, jetzt auch für einen gemeinsamen Austausch und wo man nicht
00:54:58: nur irgendwie punktuelle Begegnungen innerhalb einer 45-Minuten-Einheit etwa hat. 1+1 gibt 3.
00:55:04: Es ist natürlich ein schönes Bild dafür, dass was Neues entstehen muss auch bei einer solchen
00:55:09: Kooperation. Toll fand ich auch Holger, der mehrere Kompetenzen genannt hat. Da hatte er, glaube
00:55:14: ich, eine Folie, die er eingeblendet hat. Da stand unter anderem Humor, Resilienz und gesunde
00:55:20: Distanz drauf. Was müssen wir als Lehrkräfte und Führungskräfte denn deiner Meinung nach mitbringen,
00:55:26: damit so eine Kooperation auch wirklich gelingen kann? Du hattest gerade von starken Partnern
00:55:31: gesprochen. Stark, ja, da kann man sich natürlich auch schnell mal eine blutige Nase holen, wenn das
00:55:35: Gegenüber zu stark ist vielleicht. Ja, also ich würde mal sagen, diese synergetische Kooperation,
00:55:46: die muss bereits in der Ausbildung, die muss bereits im Studium beginnen. Also da braucht es
00:55:51: schon mal Verschränkungen und es darf einfach nicht sein, das ist mir letzte Woche wieder begegnet.
00:55:57: Da habe ich also Studierende getroffen, die IGP studieren und ich glaube, die kannte
00:56:03: mal in ihrer Musikhochschule nur ihren Instrumentallehrer. Und alles andere hält einen vom Üben ab. Also
00:56:11: solche Vorstellungen von einem Studium gibt es hier und da noch und das wird natürlich auch
00:56:16: entsprechend auch transportiert und ja, also es braucht im Grunde genommen schon ein Heranführen an
00:56:25: Unterricht in Gruppensituationen. Es braucht auch ein Heranführen an andere Lernkulturen. Das gilt
00:56:34: jetzt nicht nur für den, für die Instrumentallehrkraft, das gilt auch für den klassischen
00:56:38: Schulmusiker oder die klassische Schulmusikerin. Wir alle haben ja die Musik lieben gelernt
00:56:44: durch das Lernen unseres eigenen Instrumentes. Und da gibt es natürlich bestimmte Skills,
00:56:50: da übt man seine Etüden, da werden Kompetenzen aufgebaut. Das sind ganz bestimmte Vorstellungen,
00:56:55: wie man ein Instrument erlernt. Und diese Vorstellungen werden auch jetzt auch im
00:57:00: Schulmusikerbereich auf die Klassengröße übertragen. Und dann möchte man so einen Unterricht,
00:57:06: möchte man dann transformieren in die Situation Schulklasse und das funktioniert dann natürlich
00:57:12: nicht, wenn man seinen künstlerischen Unterricht macht auf der Basis, das, was man im
00:57:19: Instrumentalunterricht gelernt hat. Und das macht man nur mit 30 Kindern und man hat kein
00:57:23: italienisches Meisterinstrument in der Hand, sondern nur noch Boomwhaker, also einfarbige
00:57:29: Plastikrohre, mit denen man dann im Grunde genommen versucht, das Gleiche irgendwie zu machen.
00:57:33: So, das sind Sachen, die funktionieren nicht. Und das wird auch den Musikschullehrkräften nicht
00:57:39: gelingen, wenn sie in solche Situationen kommen. Und da gilt es sich gemeinsam drüber verständigen,
00:57:45: dass das Musiklernen in der Schule ein anderes ist als ein Musiklernen am Instrument. Und
00:57:52: das gilt eigentlich für alle, die sich damit beschäftigen. Ich sehe das auch bei vielen
00:57:59: Musiklehrerinnen und Musiklehrern, die in der allgemeinbildenden Schule unterrichten, die sozusagen
00:58:04: dieses Narrativ, was sie aus ihrem Instrumentalunterricht haben, in den Musikunterricht hineintragen.
00:58:10: Und das funktioniert nicht. Aber ich sage dir ganz ehrlich, ich bin ja auch in so einer Kooperation
00:58:15: mal acht, also acht Lektionen pro Woche für mich in diesem Schuljahr, im nächsten etwas weniger.
00:58:20: Aber das sind die bereicherndsten Stunden für mich in jeder Woche. Und ich habe dort einen relativ
00:58:27: hohen Anteil von Kindern, die kein oder auch fast kein Deutsch sprechen. Aber ich empfinde das als
00:58:33: absoluten Schatz, wie ich mit diesen Kindern die Welt der Musik entdecken darf und auch wie wir
00:58:39: zusammen musizieren. Das sind Musizierfahrungen, die würde ich wirklich jedem Schüler, jeder
00:58:45: Schülerin aus meinem Einzelunterricht Trompete auch wünschen. Also es gibt eine Aussage von
00:58:51: Gadamer, der gesagt hat: Bildung heißt, die Welt mit den Augen eines anderen ansehen können. Und
00:58:57: das gilt für Musikschullehrkräfte, das gilt für Lehrkräfte an allgemeinbildenden
00:59:03: Schulen. Man braucht einen Perspektivwechsel. Man muss das, was man selber mit der Musik erfahren hat,
00:59:09: an andere weitergeben. Und man trifft natürlich in der Schule auf ganz andere, auf eine ganz andere
00:59:16: Klientel, als wenn man jetzt in der Musikschule arbeitet und es werden so die Bildungsbürger
00:59:25: angemeldet zu ihrem Instrumentalunterricht. Man trifft also auf Kinder und Jugendliche, die Musik
00:59:33: in einer ganz besonderen Weise, auch auf eine andere Art und Weise wirklich ganz dringend brauchen.
00:59:39: Und das sind beglückende Erfahrungen, die man als Lehrer da machen kann. Davon hast du ja gerade
00:59:45: erzählt. Und es sind natürlich andere Erfahrungen, als die, die man vielleicht im Einzelunterricht in
00:59:52: der Musikschule macht. Aber auch das ist eine Bereicherung, wenn man dann wiederum sein eigenes
00:59:59: Tun an der Musikschule auch wiederum sieht. Mich hat natürlich auch interessiert, wie der Kongress
01:00:08: bei anderen Menschen aus dem Publikum angekommen ist. Und so habe ich Nadja Trnka, Geigen-, Bratschen-
01:00:14: und EMP-Lehrerin aus Leipzig, die regelmäßig unseren Podcast hört und über deren Podcast Feedback
01:00:19: ich mich sehr gefreut habe, nach einem Statement zum Kongress gefragt. Hier kommt sie, Nadja Trnka:
01:00:26: Ich finde es sehr interessant, wie viele verschiedene kleine und große Musikschulen hier zu Wort kommen
01:00:32: durften. Das hat mich sehr gefreut, da auch viel über den ländlichen Raum gesprochen wurde und
01:00:37: das doch, glaube ich, ein breites Feld in der Musiklandschaft bildet, was wir sehr oft vergessen.
01:00:44: Was mich auch beeindruckt hat auf dem Musikschulkongress war der Einbezug von Studierenden,
01:00:50: und zwar nicht nur als willkommenes Publikum, sondern auch als Mitwirkende. Sophie Rüth
01:00:55: studiert Trompete und EMP in Saarbrücken und ist der "Voll motiviert"-Podcastcommunity vielleicht
01:01:01: noch aus Folge 47 bekannt. Das ist die Publikumsfolge zum Thema Hausaufgaben und Üben daheim.
01:01:08: Sophie hat für uns ganz kurz davon berichtet, wie sie in das Kongressgeschehen einbezogen war.
01:01:13: Ich darf hier mit einer kleinen Klasse sein oder mit ehemaligen Kommilitoninnen der EMP-Klasse
01:01:21: und wir dürfen zusammen mit unserem Professor Dr. Michael Dartsch einen kleinen Vortrag halten und
01:01:27: Impulse. Wir hatten nämlich ein Seminar oder eine AG zum Thema Elementare Musikpädagogik mit
01:01:34: Jugendlichen. Und das ist ganz neu, weil es diesen Bereich noch gar nicht gibt und dazu haben wir
01:01:38: ein paar Impulse vorgestellt. Und auch ihre Studienkollegin Elisa Raber ist mit dabei. Sie
01:01:44: hat künstlerisch-pädagogisch Querflöte und ebenfalls EMP in Saarbrücken studiert und setzt
01:01:49: jetzt mit performativen Künsten in sozialen Feldern noch einen Masterstudiengang oben drauf.
01:01:55: Sie unterrichtet an Musikschulen und freischaffend. Elisa, was nimmst du für dich mit aus Dresden?
01:02:01: Also es ist immer wieder schön zusammen zu kommen und gleichzeitig fehlt mir auch so ein
01:02:06: bisschen so ein konstruktives, zukunftsgewandtes Format, wo man gemeinsam auch workshopübergreifend
01:02:14: irgendwie so ein Ort hat und ein Format hat, wo man sich denken kann, wie ein Musikschule in
01:02:18: Zukunft aussehen kann, zum Beispiel auch die Schüler*innen-Perspektive vielleicht mit reinnimmt.
01:02:23: Die betrifft es ja ganz viel, was wir hier besprechen. Wie hättest du das gelöst,
01:02:28: wenn du den Kongress mitorganisiert hättest? Also ich glaube, ich hätte so Richtung
01:02:33: diese Design Thinking, dass man vorher erst mal die Leute befragt, was sind Themen, die euch
01:02:38: beschäftigen, dass man das schon ein bisschen clustern kann und dann einfach auf dem Kongress
01:02:41: auch so ein zugängliches Format hat, dass man auch gleich einfach mit Karteikarten oder so was
01:02:46: aufschreiben kann und dann in Arbeitsgruppen geht und sagt, wir suchen uns Lösungen für
01:02:51: diese speziellen Themen und gucken vielleicht dann im nächsten Schritt, wie kann ich es auf
01:02:55: meine Musikschule übertragen. Gute Ideen und Kritik sind selbstverständlich immer willkommen,
01:03:01: denn genau diesen Ideenreichtum und die Kritikfähigkeit wünschen wir uns ja auch von
01:03:05: unseren Schülerinnen und Schülern und können das hier dann auch gleich vorleben, wie wir
01:03:09: selbst damit umgehen. Ganz besonders spannend fand ich noch die Perspektive von Güneş Oba,
01:03:15: die ich mit Sophie und Elisa im Kongresszentrum getroffen habe. Güneş ist ebenfalls aus
01:03:20: Saarbrücken und mit den Fächern Klavier und EMP unterwegs. Sie macht gerade ihren Master in
01:03:25: Klavierimprovisation und ist hier auch konzertierend und sehr multidisziplinär unterwegs, unter anderem
01:03:31: mit dem Einbezug von KI in Konzerten. Güneş, was war denn dein Highlight hier auf dem Kongress?
01:03:37: Mein Highlight war so viele Leute kennenzulernen, gerade dich kennenzulernen, finde ich wirklich
01:03:45: als Highlight. Kannst du es weg schneiden wenn du... nein, nein... lachen.
01:03:49: Ah, mal gucken, wie viel Platz ich habe. Sehr inspirierende Frauen habe ich kennengelernt,
01:03:55: die mir auch wieder Inspiration gegeben haben, auch als Führungsrolle oder einfach als Frau,
01:04:03: die auch nicht in Deutschland geboren ist. Also ich denke jeder hat wirklich aus unterschiedlichen
01:04:09: Hintergründen viel zu sagen und wenn man dafür ins Gespräch kommt durch solche Kongresse zum
01:04:18: Beispiel, finde ich das toll. Und was mir gefehlt hat, was ich hätte mir mehr gewünscht,
01:04:24: Experten aus anderen Fächern, also zum Beispiel jetzt gerade komme ich von einem so Fischbowl
01:04:33: konzipierten Gespräch, das ging um KI und Musikschule und da hätte ich mir... Also KI wird kategorisiert, dass
01:04:43: ChatGPT einzige KI wäre oder Digitalisierung wird verwechselt mit KI und diesen ganzen
01:04:50: Entwicklungen und ich denke als Musikschule und Musikschaffende, weil wir auch so wirklich
01:04:55: mit sehr viel mit Traditionen arbeiten und das schätzen und das auch weiter beibringen wollen,
01:05:01: fehlt aber da so Bewusstsein, dass Digitalisierung und ganze Entwicklungen schon so weit sind und
01:05:09: damit haben wir auch natürlich dann direkt oder indirekt zu tun.
01:05:13: Fand ich ganz spannend diese Perspektive von Güneş Oba, ich bin sicher, ich bin Sophie Rüth,
01:05:18: Elisa Raber und Güneş Oba nicht zum letzten Mal begegnet.
01:05:22: So, jetzt aber, sind Jungs wild und Mädchen brav, darf die Zauberflöte heute noch unkritisch
01:05:34: im Unterricht durchgenommen werden oder ist das schon diskriminierend? Jetzt geht es um Vorurteile
01:05:40: und auch um problematische Rollenbilder, die sich in der Musik, in Liedern, Geschichten,
01:05:45: ja manchmal auch in unserem eigenen Verhalten, ganz leise aber durchaus wirkungsvoll verstecken
01:05:50: können. Sabine Anni Schmidt und Dorothee Streich haben zu diesem Thema eine Arbeitsgruppe geleitet
01:05:56: und die hat für ordentlich Gesprächsstoff gesorgt. Zum Glück! Aber hört doch mal rein.
01:06:01: Liebe Anni, liebe Doro, bitte stellt euch doch grad mal selbst vor.
01:06:04: Ja gerne, mein Name ist Sabine Anni Schmid und ich bin Professorin für Musikpädagogik
01:06:11: an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf mit dem Profil EMP.
01:06:15: Und Dorothee Streich. Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Folkwang Universität der Künste
01:06:22: und darüber hinaus bin ich auch Theaterpädagogin und Anti-Bias-Trainerin.
01:06:29: Füll doch bitte dieses Anti-Bias-Trainerin nochmal mit Inhalt für alle diejenigen,
01:06:34: die jetzt noch ein ganz großes Fragezeichen senden.
01:06:38: Anti-Bias ist... das ist ein pädagogisches Praxiskonzept, das in den Ende der 80er Jahre in den USA
01:06:46: entstanden ist, ein intersektionales Konzept, das dafür eigentlich gedacht ist, die eigenen Vorurteile
01:06:55: zu hinterfragen, die eigenen Privilegien, die man hat und die eigene Haltung und also basierend auf der
01:07:05: eigenen biografischen Zugängen zu Thematik, dann eine starke Haltung gegen Vorurteile zu entwickeln
01:07:10: und die auch in den Alltag, in den privaten und in den Arbeitsalltag mit reinzunehmen.
01:07:16: Ah, jetzt habe ich es. Vorurteilsbewusste musikalische Bildung. Was war denn der Punkt,
01:07:24: wo ihr wusstet, dieses Thema, das ist nicht nur für mich selbst relevant, sondern auch für alle
01:07:29: anderen, die unterrichten? Also tatsächlich ist mir das klar geworden, als ich mich selbst
01:07:34: angefangen habe, damit zu beschäftigen. Doro und ich haben uns kennengelernt auf einer gemeinsamen
01:07:40: beruflichen und sehr intensiven Station, in der wir total viel zusammengearbeitet und auch
01:07:46: uns über unsere Schwerpunktthemen ausgetauscht haben. Und ich forsche und praktiziere sehr viel
01:07:58: in der Thematik Partizipation und Beteiligungsformate in voraussetzungsoffenen Gruppenmusiziersettings.
01:08:05: Und ja, wir beide haben einfach total oft gemerkt, dass wir unsere beiden Themen, also dieses Thema,
01:08:14: wer darf mitsprechen und wer nicht, wer wird beteiligt und wer nicht, wer hat Macht in der
01:08:20: Situation und wer nicht, gemeinsam mit diesen Gedanken der Vorurteilsbewusstheit denken wollen.
01:08:29: Und genau, dann haben wir ziemlich viel uns ausgetauscht, zusammengearbeitet und ab da
01:08:35: ging es eigentlich los bei mir persönlich, dass ich verstanden habe, gut, alles, was ich musikpädagogisch
01:08:43: mache und wofür ich stehe, fängt mit dem an, wie ich draufschau. Also ich nehme mich selber mit
01:08:50: in eine Situation und ich schaue durch meine Brille und je nachdem, wie die aussieht, ob die beschlagen
01:08:58: ist oder ob sie sehr klar ist, sehe ich unterschiedliche Dinge und beurteile die Dinge anders. Also ich
01:09:05: bringe meine eigenen Vorurteile mit, ob ich will oder nicht. Die Frage ist nur, wie gehe ich damit
01:09:10: um und bin ich mir dessen bewusst. Ah, spannend. Und wie war es bei dir, Doro? Ja, ich habe mich
01:09:16: jetzt einfach schon eine ganze Weile mit der Fragestellung auseinandergesetzt: Wie kann ich
01:09:22: als Künstlerin und auch als künstlerisch-pädagogisch arbeitende Person einen Beitrag leisten dazu,
01:09:30: weniger Barrieren in der Kunst und auch in der Musikpädagogik zu ermöglichen. Und ich sehe da eine
01:09:37: große Verantwortung, Barrieren abzubauen, auch in meiner Arbeit. Und ich bin so auf das Thema Vorurteile
01:09:44: gekommen. Ich habe sehr oft erlebt, dass Vorurteile reproduziert wurden, und zwar auch von sehr
01:09:50: jungen Kindern schon, von Jugendlichen. Und es hat mich sehr interessiert. Wie kommt es eigentlich,
01:09:56: dass in so jungen Köpfen auch schon Vorurteile herrschen? Und so habe ich angefangen, mich auf
01:10:00: meine eigene Anti-Bias-Reise zu begeben und habe ganz schnell gemerkt, ich weiß auch nicht mal
01:10:07: ein Minimini-Prozentsatz von dem, was ich dachte, dass ich weiß und seitdem ich mich sehr intensiv
01:10:12: damit beschäftige, wird mir immer bewusster wie wenig ich weiß aber ich lerne auch immer mehr. Und
01:10:17: dann habe ich mich entschieden, diese Ausbildung noch zu machen und dieses Wissen von Anti-Bais eben
01:10:25: mit in die Musikpädagogik zu nehmen. Oh, das klingt, als hätte ich etwas verpasst in eurem Kurs,
01:10:31: denn ich war nicht da. Ich habe zur gleichen Zeit im Raum nebenan den Brass Campus geleitet.
01:10:37: Aber das war auch spannend. Aber ich habe mir sagen lassen, dass bei euch im Workshop mit Kinderliedern,
01:10:42: mit Bildern und Materialien gearbeitet wurde, die viele von uns echt gut kennen und die plötzlich
01:10:48: aber ganz anders wirken, wenn man sie unter einem anderen Blickwinkel, nämlich unter dem von
01:10:52: Stereotypen und Ausgrenzung betrachtet. Könntet ihr mal ein Beispiel geben, warum das in der
01:10:57: Unterrichtspraxis problematisch sein kann? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass im musikpädagogischen
01:11:03: Kontext ganz vielen Menschen gar nicht bewusst ist, wie viel kritisches Material eigentlich ganz
01:11:11: unreflektiert benutzt wird. Und ich rede jetzt gar nicht von Liedern, die einen explizit diskriminierenden
01:11:18: oder rassistischen Wortschatz bedienen, wie zum Beispiel "10 kleine N". Diese Lieder, da gibt es
01:11:23: aus meiner Sicht keine andere Möglichkeit, als sie zu zensieren. Aber wir sprechen über Lieder,
01:11:29: über Abbildungen, über Illustrationen, über Bücher, die auch Grauzonen bedienen. Und ich glaube,
01:11:35: die Frage, die man sich stellen sollte als musikpädagogische Lehrkraft ist, wen bilde ich ab
01:11:41: und wie bilde ich Personen ab? Also, wie bilde ich zum Beispiel in Liedern die Diversität ab, die in
01:11:48: unserer Gesellschaft auch vorhanden ist? Oder: Werden immer weiße Kinder repräsentiert?
01:11:54: Wird Sprache benutzt, die aus einem kolonialen Hintergrund kommt, was mir eigentlich gar nicht
01:11:59: bewusst war? Und das sind so verschiedene kleine Bausteine, die wir zeigen in unseren Workshops.
01:12:05: Und der Weg ist eigentlich, ein Lied anzuschauen durch eine vorurteilsbewusste Brille und zu
01:12:10: schauen, was steckt da vielleicht drin, was ich nicht auf den ersten Blick sehe, was aber trotzdem
01:12:17: eine Botschaft impliziert oder Inhalte an Kinder weiter gibt, die ich gar nicht auf dem Schirm habe.
01:12:24: Koloniale Sprache in Liedern? Bei mir klingelt hier grad noch gar nichts. Anni,
01:12:30: hilf mir, hast du ein Beispiel? Naja, "Ein Mann, der sich Kolumbus nannt" zum Beispiel, wäre,
01:12:38: glaube ich, so ein Lied, was aus einem kolonialen Kontext stammt. Auch, ja, widde, widde, witt,
01:12:45: bumbum. Und was durchaus noch gesungen wird, was man durchaus in manchen Kitas noch hören könnte,
01:12:52: was wir als konkretes Beispiel mit hatten, hat ein bisschen einen anderen Hintergrund. Das war der
01:12:58: Katzentatzentanz, in dem eine Katze von verschiedenen Tieren zum Tanz aufgefordert wird. Und die Katze
01:13:07: sagt zu den meisten Tieren, nein, aus unterschiedlichen Gründen, für die die Tiere aber nicht so
01:13:13: wirklich was können. Und am Ende kommt dann ein Kater, der sie relativ überzeugungskräftig dazu
01:13:24: bringt, mit ihm zu tanzen. Ach klar, Katzentanz kenn ich. Och, fand ich bisher mal ganz süß. Genau,
01:13:32: das sind so Grauzonen, über die man sich tatsächlich ganz gut austauschen kann. Also zum Beispiel
01:13:37: ist immer wieder ein Thema, die Katze darf nein sagen, das ist eigentlich toll. Dann die Diskussion
01:13:43: darüber, na ja, warum sagt sie denn eigentlich nein? Und wie kommt dieser Kater an sein Ziel und wie
01:13:49: finden wir das eigentlich? Und uns geht es eben auch ganz stark darum, dass man dieses Thema der
01:13:56: Vorurteile und dieses Thema anhand von so einem Lied auch zum Beispiel, warum eigentlich nicht eben
01:14:02: auch mit Kindern besprechen kann. Dass man die nicht einfach singt und das sozusagen als Normalität,
01:14:09: als Norm, als Welt, der wir irgendwie ausgesetzt ihnen präsentieren, sondern über die wir mit Kindern
01:14:18: auch ins Gespräch kommen und deren Meinung und deren Perspektive hören. Das halten wir durchaus
01:14:23: für möglich, dass das ein gangbarer Weg wäre. Ja, jetzt wo du das so sagst, Anni muss ich gestehen:
01:14:30: Das Ding hat durchaus eine problematische Komponente: Der dicke Hamster, der zappelige Hase und am
01:14:38: Ende der Kater. Ja, aber schade, die Kinder lieben das irgendwie. Und genau das eigentlich, was du
01:14:46: jetzt gerade, als du über das Lied nachgedacht hast, bei dir selber beobachtet hast, ist das,
01:14:51: was wir uns wünschen oder was wir gerne anbieten möchten in unseren Workshops. Nämlich zu sagen:
01:14:56: Okay, ich gucke jetzt mal bewusst auf dieses Lied und oh, da steckt was drin, was ich vorher gar
01:15:01: nicht wahrgenommen habe. Weil das hören wir sehr, sehr oft von Leuten. Und das Lied ist ja schon
01:15:06: paar Jährchen alt, aber wird einfach in Kitas oder auch in EMP Kontexten noch regelmäßig gesungen.
01:15:12: Und die Leute sagen ganz oft auch zu uns: Oh, jetzt gucke ich anders drauf. Und welche Umgangsweisen
01:15:21: hätte ich jetzt, um mit diesem Lied vorurteilsbewusst in der Praxis umzugehen? Nämlich klar, ich kann
01:15:25: es wegnehmen, weil es gibt genug andere Lieder. Wir haben so einen vielfältigen Liederschatz in
01:15:33: der Musikpädagogik, aber es gibt eben auch die Möglichkeit zu sagen: Da steckt eine Chance drin,
01:15:37: zum Beispiel an von dem Text mit Kindern ins Gespräch darüber zu kommen, über diese Vorurteile.
01:15:42: Und es muss dringend mitgedacht werden, weil in unseren musikpädagogischen oder
01:15:47: musikalischen Situationen ergeben sich ja dauernd Momente, in denen Fragen beantwortet werden
01:15:53: müssen von Personen: Also wer spielt mit, wer fängt an, wer hört auf, wo wird gespielt,
01:16:00: was wird gespielt, welche Instrumente werden gespielt, welche Musik wird gespielt, wo kommt
01:16:05: die eigentlich her? Und das haben wir in unserem Workshop auch als wichtigen Baustein mit drin,
01:16:10: eben zu überlegen: Wer beantwortet denn diese Fragen und warum? Beantwortet die Frage die Lehrperson,
01:16:18: ausschließlich auf Grundlage des Erwachsenen-Daseins, dann wäre das tatsächlich eine Sache,
01:16:25: über die man nochmal scharf nachdenken sollte und wie bringen wir die Menschen, mit denen wir
01:16:31: arbeiten und ich spreche da jetzt, wir sprechen jetzt explizit von Kindern, weil es um die Zielgruppe
01:16:37: auch in unserem Workshop ging, aber das ist zielgruppenunabhängig für alle, denke ich,
01:16:43: sehr wichtig zu überlegen, wie ermächtige ich Personen, wie befähige ich Personen an was
01:16:50: teilzunehmen und dabei zu sein und sich einbringen zu dürfen. Und ja, dieser Faktor ist super wichtig,
01:16:59: den haben wir auch in der Gruppe an konkreten musikalischen Situationen festgemacht von,
01:17:05: was bedeutet das, wenn eine Person eine Gruppe anleitet, was bedeutet das, wenn es eine ganz
01:17:11: freie Spielform gibt, wie kann ich da hinfinden und welche Möglichkeiten der Beteiligung und auch
01:17:20: der Freiheit für Personen, die dabei sind, denken wir eigentlich mit und wie fühlt sich das an für
01:17:25: alle Beteiligten? Wenn ich das jetzt so höre, dann denke ich, ist ja alles echt wichtig, ich gehe
01:17:30: da voll mit, aber wie bringe ich denn diese Ideen dann überein mit vielleicht auch traditionellen
01:17:35: Werken, die ja auch unser kulturelles Erbe sind, das, was wir wertschätzen und was wir auch unbedingt
01:17:41: weitergeben wollen? Jetzt machen wir mal ein Beispiel, irgendwas wie, weiß ich nicht... die Nixe Rusalka.
01:17:47: Oder weiß ich, ich meine auch Zauberflöte, die hat ja auch ihre Ecken auch gegen Frauen und
01:17:55: vor allem auch gegen Männer. Heißt das da nicht irgendwo: Won festem Geiste ist ein Mann, der
01:18:00: denket was er sprechen kann? Oder ist nicht auch Haydns Schöpfung... da gibt es auch so eine Ecke,
01:18:07: so ganz kurz vor Schluss... Eva an Adam, dein Wille ist mir gesetzt, so hat's der Herr bestimmt und
01:18:14: warte, warte, dir gehorchen bringt mir Freude, Glück und Ruhm. Wo ich dann auch denke, nun ja,
01:18:21: hallo Frauenrollenbild, auch nicht ganz unproblematisch, gibt ja auch häufiger mal Gelächter im Publikum an
01:18:27: solchen Stellen oder auch Chöre, die dann sagen: Ja, das wollen wir so nicht singen. Wie geht man mit
01:18:33: sowas um? Ja, das ist eine sehr, sehr spannende Frage und die ist auch eigentlich gar nicht
01:18:38: eindeutig zu beantworten. Was ich aber schon beantworten würde gerne ist, dass das es nicht
01:18:47: einfach so weitermachen, wie das Jahrhunderte lang gemacht wurde, nämlich das wäre eigentlich,
01:18:52: meiner Meinung nach, der einzig falsche Weg zu sagen: Ach, das ist nun im Zeichen der Historie zu
01:18:58: sehen, deswegen können wir das unkommentiert einfach so weitermachen. Der bewusste Umgang
01:19:03: damit ist hier, denke ich, auch wieder das Schlüsselwort und ich komme ja auch sehr stark aus
01:19:08: dem Musiktheater und als du das Thema Zauberflöte angesprochen hast, hat es bei mir auch sofort
01:19:12: geklingelt, weil diese Oper steht ja einfach ständig auf den Spielplänen in Deutschland und sie wird
01:19:19: im schulischen Kontext, kommt ja kein Kind durch den Musikunterricht ohne die Zauberflöte behandelt
01:19:23: zu haben. Und in der Zauberflöte ist rassistischer Inhalt drin, wenn man ihn nicht differenziert
01:19:33: betrachtet. Sagen wir so, die Figur Monostatos wird auch ganz oft mit Blackfacing dargestellt
01:19:39: und das sind alles Praxen, die aus einer kolonialen, schwarze Menschen abwertenden
01:19:46: Historie herauskommt und das einfach so zu machen, dann würde man es reproduzieren. Aber darüber zu
01:19:54: sprechen, dass es aus einem anderen historischen Kontext stammt, zu sagen: Diese Figur, die ist böse
01:20:01: und nicht – sie sieht anders aus zum Beispiel. Oder eben mit Jugendlichen darüber zu diskutieren,
01:20:08: was steckt in diesem Text drin, wie würden wir es heute zum Beispiel anders machen, das wäre ein
01:20:15: Umgang damit. Das ist natürlich wirklich ein heißes Thema und auch ein wichtiges Thema und ich
01:20:20: kann mir vorstellen, dass das in eurer Arbeitsruppe ganz schön heiß herging. Weil es liegt uns ja
01:20:26: fern in unserem Unterricht Kinder auszuschließen, sondern diese Heterogenität, die ist ja heute
01:20:34: die Regel und nicht die Ausnahme und das wollen wir ja unbedingt sehen und das wollen wir auch
01:20:38: unbedingt würdigen und wertschätzen. Und anders zu sein ist nicht unser Manko, sondern unsere
01:20:43: Ressource und das sollten wir, finde ich, in jeder Situation auch darstellen. Ja und es ist ja,
01:20:50: bin wirklich immer so am Knabbern an dieser Vorstellung von, die in der EMP tatsächlich noch
01:20:58: stark ist, sehr, sehr stark, dass eine gelungene Unterrichtssituation man von außen beurteilen
01:21:04: kann, wenn alle das Gleiche tun und alle fröhlich dabei aussehen und alle mitmachen. Und ich bin
01:21:10: einfach der Überzeugung, dass das nicht der Fall ist. Ich möchte einfach Situationen bauen,
01:21:15: in denen die Menschen auf unterschiedliche Art und Weise teilnehmen können und in der wir
01:21:21: gemeinsame, aber unterschiedliche Erfahrungen machen. Das war sie, die Folge 56 zum Musikschulkongress,
01:21:33: der vom 9. bis zum 11. Mai 2025 in Dresden stattfand. Sie war etwas länger und mit mehr
01:21:40: Gesprächspartnerinnen und -partnern als gewöhnlich, aber ich hoffe, ihr hattet eure Freude dran und
01:21:45: wir sehen uns spätestens beim nächsten Musikschulkongress 2027 in Osnabrück. Auf die nächste
01:21:53: Podcast-Folge von "Voll motiviert" dürft ihr euch jetzt schon freuen. Die kommt nach dem
01:21:57: Pfingstwochenende am Mittwoch, den 11.6. heraus. Es ist ein Solo von mir zum Thema ADHS-Betroffene
01:22:05: im Musikunterricht.
01:22:06:
01:22:08: [Musik]