Voll motiviert – Der Musikpädagogik-Podcast

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#38 – Erfolgreich und motiviert bei «Jugend musiziert»

Teaser: 60 Jahre Talentschmiede «Jugend musiziert». Grund genug, dass es in dieser Folge einmal ausschließlich um diesen Wettbewerb gehen soll. Die Frage lautet: Was müssen wir Lehrkräfte wissen, damit eine Teilnahme ein echter Erfolg wird? Es gibt für euch eine Fülle von tollen Impulsen zu Stichworten wie Stückeauswahl, Vorbereitungszeit, Üben, Eltern, Feedback und so einiges mehr. Meine Gesprächspartnerinnen des heutigen «Musikpädagogischen Quartetts» sind die Musikwissenschaftlerin und Kulturmanagerin Ulrike Lehmann. Sie arbeitet beim Deutschen Musikrat und bei ihr liegt die Projektleitung von «Jugend musiziert». Sie wird uns über wichtige Neuerungen informieren, wie zum Beispiel die JuMu-App. Aus Münster zugeschaltet ist die Blockflötistin Gudula Rosa. Sie lehrt an der Musikhochschule in Münster und an der Westfälischen Schule für Musik und hat schon zahlreichen Schülerinnen und Schülern zu einem Bundespreis bei «Jugend musiziert» verholfen. Die Begabtenförderung Jugendakademie Münster hat sie mit initiiert und ist auch im dort im Leitungsteam. Von der Stuttgarter Musikschule ist heute hier Simone Riniker Maier, ehemals Geigerin im Münchner Kammerorchester. Sie unterrichtet Geige und leitet den Fachbereich Streicher an der Stuttgarter Musikschule, ist Hochschuldozentin für Didaktik und Methodik. Und auch sie nimmt seit vielen Jahren sehr erfolgreich mit ihren Schülerinnen und Schülern bei «Jugend musiziert» teil. Und falls ihr, liebe «Voll motiviert»-Community, während des Hörens so richtig Lust auf mehr von «Jugend musiziert» bekommt, dann kann ich euch empfehlen, den wirklich liebevoll gestalteten Social-Media-Kanälen des Wettbewerbs zu folgen. Die Verlinkung gibt's wie immer in den Shownotes zu finden.

Intro: «Voll motiviert» – der Musikpädagogik-Podcast von Schott Music, dem Verband deutscher Musikschulen und Kristin Thielemann

Kristin Thielemann: Herzlich willkommen zu unserer «Jugend musiziert»-Folge. Hallo liebe Ulrike Lehmann, Projektleitung von «Jugend musiziert».

Ulrike Lehmann: Hallo Kristin.

Kristin Thielemann: Hallo nach Münster zur Blockflötistin Gudula Rosa.

Gudula Rosa: Hallo aus Münster.

Kristin Thielemann: Und aus Stuttgart zugeschaltet ist die Geigerin Simone Riniker Maier.

Simone Riniker Maier: Hallo zusammen!

Kristin Thielemann: «Jugend musiziert? Das ist doch nur was für Hochbegabte!» Solche Aussagen, die höre ich relativ häufig, wenn ich auf Fortbildungen unterwegs bin und wir dort über lohnenswerte Ziele sprechen. Gudula, von dir als Blockflötistin und Blockflötenlehrerin weiß ich, dass bei dir immer sehr, sehr viele Schülerinnen und Schüler dabei sind. Wie siehst du denn das? Ist «Jugend musiziert» denn wirklich nur etwas für Hochbegabte? Oder ist das auch ein Wettbewerb, wo die «normal Talentierten» auch was Positives für sich und für ihren Lernweg mitnehmen können?

Gudula Rosa: Es heißt ja «Jugend musiziert» und nicht «Jugend gewinnt» und von daher sind die Regionalwettbewerbe ja einer der wichtigsten Wettbewerbe überhaupt. Also viel wichtiger finde ich noch als der Bundeswettbewerb, weil dort ja einfach alle mitmachen können, mitmachen sollen. Und hoffentlich es bei den Regionalwettbewerben auch so ist, dass großzügig Preise vergeben werden und hoffentlich auch gut beraten wird. Weil, darum geht es ja eigentlich: Schüler zu motivieren, weiterhin auf ihrem Instrument aktiv zu werden und einfach Freude an der Musik zu haben und auf Gleichaltrige und Gleichgesinnte zu treffen.

Kristin Thielemann: Also gute Feedbacks zu bekommen, auch die Chance zu haben, etwas zu gewinnen und dann auf andere junge Menschen zu treffen, für die die Musik auch ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens ist. Das sind wirklich viele tolle Stichworte von dir, liebe Gudula. In Stuttgart, da sitzt Simone Riniker Maier, auch eine Kollegin, bei der jedes Jahr sehr, sehr viele Schülerinnen und Schüler am Wettbewerb teilnehmen. Wie siehst du denn das, liebe Simone? Was ist der Benefit für diejenigen, die du auf «Jugend musiziert» vorbereitest?

Simone Riniker Maier: Da kann ich mich Gudula nur anschließen und auch einfach der olympische Gedanke zählt und der Weg ist das Ziel und alle profitieren da so unheimlich davon, wenn man in einem Ensemble spielt. Da bilden sich fast lebenslange Freundschaften, Begegnungen, Austausch unter Kolleginnen und Kollegen und es gibt eine ganz andere Bindung zum Schüler, wenn man sich so ganz konkret auf ein Ziel vorbereitet. Also der Weg ist das Ziel. Es ist eine ganz, ganz tolle Möglichkeit, den gemeinsam zu gehen.

Kristin Thielemann: Einen Weg mit der Schülerin, mit dem Schüler gemeinsam zu gehen, wirklich jemanden zu begleiten. Und was ich ganz wichtig finde, was du gesagt hast, was fast ein wenig unterging bei den vielen Dingen, die da jetzt drin waren bei dir, das ist der Austausch unter uns Lehrkräften, denn bei diesen Wettbewerben haben wir ja auch immer die Möglichkeit, mit Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch zu kommen, neue Werke kennenzulernen, uns Tipps und neue Ideen zu holen, die dann wieder unseren Unterricht beflügeln. Und dieser Austausch, das ist ja nun etwas, was in unserem Beruf ja, muss man sagen, oft leider ein wenig zu kurz kommt. Jetzt aber mal ins Headquarter, ins «Jugend musiziert»-Hauptquartier, denn da sitzt die liebe Ulrike Lehmann. Liebe Ulrike, bei dir treffen ja immer die Fragen und die Anrufe von allen Menschen ein, die bei «Jugend musiziert» teilnehmen und noch etwas wissen müssen. Was ist denn die Frage, die du ganz persönlich von diesen Menschen am häufigsten gestellt bekommst?

Ulrike Lehmann: Die häufigste Frage ist tatsächlich: Kann ich denn mit meinem Instrument überhaupt bei «Jugend musiziert» teilnehmen, wenn jemand kommt, der nicht Geige oder Klavier spielt, sondern ein, wenn man mal so sagt, ein bisschen abseitiges Instrument wie Akkordeon oder Bağlama oder Hackbrett. Und in der Regel können wir immer sagen: Ja, natürlich, du kannst gerne teilnehmen und bist herzlich willkommen. Nächstes Jahr zum Beispiel kannst du teilnehmen in der Kategorie XY. Also das sind die Fragen, die sehr oft kommen. Und auch, wenn ich schon mal vorausgehen kann, die Frage: Ich spiele mein Instrument sehr gerne, bin aber nicht Weltklasse. Kann ich denn da trotzdem bei «Jugend musiziert» mitmachen? Und da ist die Antwort natürlich auch: Ja, umso besser. Kommen bitte zu den Regionalwettbewerben und lerne andere junge Musikerinnen und Musiker kennen. Also das sind so zwei Fragen, die mir sehr häufig begegnen.

Kristin Thielemann: Das finde ich wirklich gut, dass das jetzt bei euren Statements auch so herauskam. Auf Regionalebene können, dürfen und sollen wirklich alle teilnehmen, sollen ein schönes Ziel haben, auf das es sich hinzuarbeiten lohnt und sich dort echt wertgeschätzt fühlen. Und in den Altersgruppen IA/IB, also diejenigen, die noch ganz frisch dabei sind, da gibt es ja dann auch ausschließlich den Regionalwettbewerb. Bei Altersgruppe II geht es dann, entsprechende Punktzahl natürlich vorausgesetzt, weiter bis zum Landeswettbewerb. Und erst diejenigen, die in den Altersgruppen darüber sind, die bekommen ja überhaupt die Möglichkeit zum Bundeswettbewerb zu kommen. Und da, das muss man ja dann auch ehrlicherweise sagen, ist wirklich echt ein unfassbar hohes Musizierniveau unterwegs. Aber jetzt mal zu den Praxistipps: Gudula und Simone, ihr seid da ja die Spezialistinnen, denn ihr als begleitende Lehrerinnen mit langjähriger Erfahrung in Sachen Wettbewerbsvorbereitung. Angenommen, ich hätte jetzt noch nie mit meinen Schülerinnen und Schülern bei «Jugend musiziert» teilgenommen, was würdet ihr mir denn für Tipps mit auf den Weg geben? Wie geht man an so eine Sache heran und ja, wann beginnt die Vorbereitung und vor allem wie beginnt sie denn? Ah, da sehe ich schon die Augen leuchten bei Gudula. Magst du gerade anfangen, Gudula?

Gudula Rosa: Ich kann mich daran erinnern, dass ich als Lehrer das erste Mal mitgemacht habe, da war ich selber noch im Studium. Da hatte ich eine kleine Schülerin, Natascha hieß sie. Die war, weiß ich nicht, vielleicht sechs, sieben Jahre jünger als ich. Ich fand das damals so schön gespielt hat. Und dann habe ich einfach ganz blauäugig im Prinzip gedacht, die kann ja auch mal mitmachen. Und ich habe selber gute Erfahrungen gemacht bei «Jugend musiziert» und dann habe ich sie halt mitmachen lassen. Und ich weiß ehrlich gesagt gar nicht mehr, was sie damals für einen Preis bekommen hat. Auf jeden Fall war es für sie eine gute Erfahrung und von daher kann ich einfach erst mal alle Lehrenden motivieren, so früh wie möglich anzufangen. Also, und jetzt mal andersrum: Wann bereite ich, wann beginne ich damit, ein Schüler oder eine Schülerin vorzubereiten? Das ist sehr unterschiedlich, weil das hängt ein bisschen davon ab, wie lange man einen Schüler schon kennt. Was man ihm so zutraut und wie man die Gestaltung des Wertungsprogramms im Visier hat. Also wenn man einen Schüler oder Schülerin noch nicht so lange kennt, dann ist das weitaus schwieriger, das Programm zusammenzustellen. Und da beginne ich tatsächlich meistens schon mit den Gedanken vor den Sommerferien. Aber nur so vom Denken her. Und ich weiß aber, es gibt andere Lehrer, die haben in den Sommerferien schon das perfekte Programm stehen. Das ist bei mir nicht so! Meistens entscheidet sich das wirklich am 14. November, wie die letztendliche Stückeabfolge ist beziehungsweise die Anordnung. Weil ich es sehr wichtig finde, mit den Schülerinnen und Schüler zusammen zu überlegen: Welche Stücke magst du? Was finde ich ein ganz ganz wichtiges Kriterium. Weil die müssen das dann schon, wenn sie weiterkommen, über einen großen Zeitraum spielen und dieser Balanceakt zwischen zu leicht und zu schwer ist nicht einfach als Lehrer auszuloten. Also wenn man Stücke auswählt, die zu leicht sind ist fast noch schlimmer, als wenn man Stücke auswählt, die zu schwer sind. Wobei beides eigentlich ungünstig ist, aber wenn man zu leichte Stücke nimmt, dann langweilen die sich irgendwann so dermaßen nach dem Regionalwettbewerb, sodass man überlegen muss, ein noch mal ein Stück zu ändern. Zwischen Regional- und Landeswettbewerb.

Kristin Thielemann: Stück ändern. Frage an die Geschäftsstelle: Geht das? Wird das häufig gemacht, Ulrike?

Ulrike Lehmann: Ja, man kann tatsächlich inzwischen jeder Wettbewerbsstufe das Programm komplett ändern. Das kommt jetzt nicht so oft vor, weil, wie Gudula sagte, man will ja auch seine Schülerinnen und Schüler fordern, aber nicht überfordern und fördern. Aber man kann, wenn man möchte, zwischen Regional- und Landesebene sein Programm komplett ändern und auch zwischen Land und Bund noch mal ein komplett neues Programm erarbeiten. Das ist aber, muss ich sagen, wirklich nicht die Regel. Es kommt aber gerade zwischen Land und Bund schon oft vor.

Kristin Thielemann: Also Programmänderung ist keine Pflicht, gibt auch keine Pluspunkte, aber es ist theoretisch möglich, falls gewünscht, wird aber in der Praxis nicht zu häufig gemacht. Oder wie ist das bei dir, Gudula?

Gudula Rosa: Ja, das ist tatsächlich nicht so oft, weil man dann ja mit dem Stück meistens doch relativ von vorne anfängt. Und das wieder auf das Niveau zu bekommen, wie ein Stück, woran man schon lange arbeitet, ist nicht so schwer. Aber ich wollte noch sagen, also wenn man zu schwere Stücke aussucht, dann hat man einfach das Problem, dass die Schüler fest werden und dieses Gefühl von Druck haben und überfordert sind. Und das ist auch sehr schlimm. Also das heißt, wir als Lehrer müssen wirklich gut, und das ist eben eine große Herausforderung für den Lehrer, die passenden Stücke zu wählen. Und ich weiß aus meiner eigenen «Jugend musiziert» Erfahrung. Ich habe mit der Bratsche mal mitgemacht. Also ich bin eigentlich Blockflötistin hier fürs Publikum, aber ich komme von der Geige und von der Bratsche her. Und ich weiß, ich sollte ein Stück... also meine Lehrerin hat mir die Stücke vorgegeben und ich habe ein Stück von Hummel gespielt, was ich heute wahrscheinlich echt richtig schön finden würde. Aber damals konnte ich mit dem Stück nichts anfangen. Ich fand das so «Eititei-Musik». Ich fand das hatte also ich mochte nur Ernst Bloch. Ich konnte, ich konnte… So gewichtige Musik mochte ich sehr gerne, aber. Also diese Hummel… war glaube ich Hummelfantasie oder irgendein Hummelstück… also da habe ich mich so mit gequält, die ganze Zeit von der ersten Bratschenstunde an und das darf nicht sein. Und deswegen versuche ich mit den Schülern wirklich viele Vorschläge zu machen und zu auszuprobieren. Und da merkt man als Lehrer auch so ja, wo beißen die Schülerinnen und Schüler an und wo nicht.

Kristin Thielemann: Anbeißen, in Fahrt kommen, Tempo aufnehmen, möglicherweise mit einem neuen Stück die Motivation frisch entfachen. Sehr, sehr viele gute Tipps. Vielen Dank, Gudula und Ulrike. Simone kribbelt es jetzt schon in den Fingern. Das kann man sehen. Wie stellt man ein wirklich gutes Wettbewerbsprogramm für Kinder und Jugendliche zusammen?

Simone Riniker Maier: Also gerade die Programmgestaltung ist mit das Wichtigste eigentlich, dass man das Passende findet. Unheimlich schwierig, aber sehr spannend. Und ich versuche das immer, also jetzt, wenn ich den Solowettbewerb Geige, die Programme mache, dass es ein Hauptstück gibt, das wirklich ein «Kletterstück» ist, wo die Schüler dran wachsen, wirklich sich damit ausgiebig beschäftigen, das früh anfangen und dann braucht man einen guten Eingang, wo man sich vielleicht ein bisschen freispielen kann. Gerade wenn jemand so ein bisschen mit Nervosität zu kämpfen hat, wo man so richtig loslassen kann. Das darf dann deutlich leichter sein vom Niveau und was Schmissiges hinten raus, wo die so richtig dann Gas geben können und das zentrale Stück… also ich, ich mache oft, ich mache ihnen oft gerne eine Wahl. Möchtest du das? Und dann sieht man schon, wenn die Augen leuchten und ich sage auch oft: Musst du nicht heute entscheiden! Kannst du mir nächste Woche sagen. Aber das merkt man eigentlich sofort und ich spiel ein paar Takte vor und dann leuchtet es, oder: Hm, schön. Und dann weiß man das ist das! Und dann hatten sie ihre Wahl getroffen. Und dann begibt man sich auf dieses Abenteuer, das richtig zu erarbeiten. Und für junge Kolleginnen, die wirklich früh mitmachen, weil das ist einfach schön, wenn man da früh auch dabei ist. Das ist auch, finde ich... also bei uns ist der Regionalwettbewerb immer in der Stuttgarter Musikschule. Das ist ein ganz, ganz eigenes, tolles Ambiente, diese… Bei uns ist oft von Mittwoch bis Sonntag der Regionalwettbewerb oder von Donnerstag bis Sonntag. Und das ist schon eine ganz spezielle Energie und Atmosphäre. Und das ist einfach schön, wenn man da dabei ist. Und solche, die ein bisschen unsicher sind, ob sie jetzt schon… dann empfehle ich den jungen Kolleginnen und Kollegen einfach mal zuhören kommen. Alle kochen mit Wasser und wirklich: Es darf und soll jeder mitmachen. Dafür ist der Regionalwettbewerb da.

Kristin Thielemann: Zuhören, kommen. Gutes Stichwort, denn die Wettbewerbe sind ja öffentlich und man kann das auch mit seinen Schülerinnen und Schülern besuchen, wie man beispielsweise auch normales Konzert besuchen würde und einfach mal reinschnuppern: Was können andere, was spielen die für Stücke? Und gibt es Schülerinnen und Schüler, die nach so einem Konzertbesuch bei «Jugend musiziert» sagen: Hey, da möchte ich auch mal mitmachen! Da will ich auch mal auf dieser großen Bühne stehen und etwas vorspielen. Aber was machst du denn, Simone, wenn jetzt jemand trotzdem sagt: Wettbewerb ist nicht meine Bühne, möchte ich nicht mitmachen!

Simone Riniker Maier: Ich hatte als junge Kollegin eine äußerst begabte Schülerin, die wirklich toll, musikalisch, alles wunderbar. Und ich habe sie alljährlich gefragt: Möchtest du mitmachen? Ich überlege es mir. Und die hatte so ziemlich mit Nervosität zu kämpfen. Und sie hat sich immer dagegen entschieden. Und es war ihre Entscheidung. Ich habe gesagt Ich unterstütze dich, egal wie du dich entscheidest, Wenn du es möchtest, bin ich 100 % hinter dir. Wenn nicht, auch gut. Und für sie war es richtig so, Das ist wirklich so individuell. Und jetzt habe ich auch eine, die hat sich das lange überlegt und da habe ich ihr sehr zugeraten, das zu tun, weil sie jetzt auch J1 ist mit Musik in der Schule, also auch da vorspielen muss. Ich sage, das ist so toll.

Kristin Thielemann: J1?

Simone Riniker Maier: Jahrgangsstufe 1, also die zwei Abschlussjahre im Gymnasium. Und wenn man da Musik wählt, muss man halbjährlich vorspielen gegen Note, gegen Benotung. Also eine Wertung. Und habe das jetzt ihr sehr empfohlen. Und sie ist jetzt Feuer und Flamme und übt viel und ist voll dabei. Also voll motiviert, sozusagen!

Kristin Thielemann: Voll motiviert! Ja, das werde ich wohl auch nicht mehr los in diesem Leben. Aber ganz abgesehen davon. Ich fand das wirklich äußerst wichtig, was du gesagt hast, Simone. Also niemanden verpflichten, oder – das soll es ja auch geben – zur Wettbewerbsteilnahme zu zwingen, Druck aufsetzen, dort mitzumachen oder jemanden überreden, sich selbst dort anzumelden. Aber immer auf die Chance hinweisen, die so eine Wettbewerbsteilnahme dann auch für das eigene Leben, für den eigenen Fortschritt und das musikalische Vorankommen ja dann auch bietet. Und letztlich ist es ja nicht nur das musikalische Vorankommen, sondern es ist ja auch eine persönliche Entwicklung, die du da nimmst, wenn du dort auf der Bühne stehst und dich so lange Zeit auf einen Punkt dann auch vorbereitest. Ich fände das jetzt sehr spannend zu erfahren, wie Gundula das Ganze sieht. Wer aus deiner Klasse macht denn nicht bei «Jugend musiziert» mit und wie gehst du damit um?

Gudula Rosa: Ja, eigentlich ein bisschen ähnlich. Also die Schülerinnen und Schüler, die das nicht möchten. Also ich hatte jetzt eine Schülerin, die hat in der Coronazeit im Quartett mitgemacht. Nein, die hat vor drei Jahren mit dem Solowettbewerb mitgemacht. So genau. Dann kam Corona und dann mussten wir diese Videos aufnehmen und das war für sie keine gute Erfahrung. Die Älteren konnten das alle super gut wegstecken, aber für sie war ja damals zehn, glaube ich. Also immer wieder diese Stücke aufnehmen und immer wieder spielen. Es war irgendwie eine Qual und ich habe das auch gemerkt. Aber ich habe sie dann damals gefragt: Ja, wir müssen das nicht machen. Aber dann wollte sie es natürlich irgendwie doch durchziehen, sage ich mal, aber im Nachhinein war das für sie keine gute Erfahrung und sie hat sich jetzt gegen den Wettbewerb entschieden. Sie sagte: «Nö, ich spiele so gerne Blockflöte. Ich brauche das nicht!» Und sie ist sehr gut aufgehoben in der Ensemblearbeit und übt ganz fleißig. Und wenn das ihre Entscheidung ist, dann dränge ich da auch keinen. Also viele aus meiner Klasse, die haben so Blut geleckt, die wollen das sowieso. Also die frage ich natürlich alle. Aber, ja. Und wenn ich nicht schicken würde oder vielleicht auch erst gar nicht so fragen würde, das sind die Schülerinnen und Schüler, von denen ich weiß, dass sie neben der Musik schwerpunktmäßig ganz andere Interessen haben und da auch in der Woche also so ausgebucht sind mit Schule, mit Sportvereinen und Ballett und Judo und Reiten. Und ich weiß nicht, was die Kinder alle haben, die sind ja oft doch sehr vollgestopft in der Woche.

Kristin Thielemann: Eislaufen!

Gudula Rosa: Eislaufen. Da würde ich das einfach gut abwägen. Und wenn ich merke, dass dann auch für die Blockflöte spielen oder ein Instrument spielen, einfach so ein bisschen Nebensache, sage ich mal, ist, obwohl sie es auch schön machen, die würde ich vielleicht nicht unbedingt fragen, weil das nachher nur ein Stress wird. Also ich finde auch, es müssen auch nicht alle Schüler bei «Jugend musiziert» mitmachen. Man darf auch einfach hobbymäßig ohne Wettbewerb mit allen Angeboten, die die Musikschule sonst zu bieten hat, musizieren.

Kristin Thielemann: Das ist nämlich ein voll wichtiger Punkt, den du da ansprichst, Gudula. Wir als Lehrkräfte müssen ja auch in der Lage sein, tolle Ziele zu finden und unseren Schülerinnen und Schülern Wertschätzung für sie persönlich, aber auch ihre Leistungen entgegenzubringen, selbst wenn jetzt nicht bei einem Wettbewerb mitgemacht wird. Denn, das habe ich ja nun schon häufig mal gesagt hier im Podcast, da gibt es ja auch immer wieder Rückmeldungen drauf, jedes Kind sollte in einer Musikschule ganz sicher diese drei Dinge finden. Mindestens diese drei Dinge. Seine Bühne, seine Herausforderung und seine Gemeinschaft. Und etwas, was zur Bühne dazugehört, ist nun mal auch der Applaus. Ergo sollte jeder, der in eine Musikschule geht, auch die Erfahrung gemacht haben, wie schön es sich anfühlt, Applaus für die eigene Leistung zu bekommen. Und ja, wenn wir gerade bei diesen drei Dingen sind, die ja eigentlich vom Motivationsmodell von Atkinson und McClelland abgeleitet sind. Bühne heißt auch, Applaus zu spüren. Herausforderung heißt, sich selbstbestimmt einen Weg zu suchen, aber gleichzeitig auch auf die Unterstützung der Lehrkraft zählen zu können. Und Gemeinschaft, das heißt für mich als Schüler, als Schülerin die Wertschätzung zu finden, für mich als Person, aber auch für meine Leistung. Ja, aber das nur mal am Rande. Also interessieren würde mich ja noch, weil du, Gudula, dieses Stichwort Coronazeit erwähnt hattest, was ihr bei «Jugend musiziert» für Erfahrungen mit dieser ausschließlich digitalen Wettbewerbsvariante gemacht habt. Ulrike, magst du mal aus Sicht der Wettbewerbsleitung etwas dazu sagen?

Ulrike Lehmann: Ja, also tatsächlich haben wir da durch Corona schon Unterschied gemerkt. Da möchte ich gerne noch mal kurz darauf eingehen, auf das, was Gudula gesagt hat. Das ist wirklich was, was wir auf allen drei Ebenen sehen. Diejenigen, die «Jugend musiziert» schon kennen und wissen, was das ausmacht. Die hat 2021, wo eigentlich alles nur per Video stattfand und wo eben keine Begegnung stattfinden konnte, die haben das hingenommen, weil sie ja wussten, was demnächst wieder auf sie wartet Schönes. Aber diejenigen, wie du sagst, die wirklich dieses 21er Videojahr als ersten Kontakt zu «Jugend musiziert» erlebt haben, das habe ich leider ein paar Mal gehört, die… Ja, das ist nicht so wirklich motivierend. Man übt im Kinderzimmer und dann nimmt man im Kinderzimmer sein Video für den Wettbewerb auf. Also da haben wir glaube ich tatsächlich einige, die man sonst mit dem positiven «Jugend musiziert»-Virus infizieren kann, wenn die die Regionalwettbewerbe erleben, die haben wir da glaube ich nicht erreicht in dem Jahr. Aber so ist es nun mal leider. Ja, also tatsächlich, vor Corona haben wir gesagt, dass sich je nachdem welche Kategorie in dem Jahr dran ist, es ist ja nicht jedes Jahr die gleiche werden die gleichen Kategorien angeboten. Nächstes Jahr zum Beispiel mit den ganzen Holzbläsern. Das sind einfach die meisten Kategorien und damit auch der teilnehmendenstärkste Jahrgang. In diesen Jahren, wo dieser Kategorienzyklus kommt, da haben vor Corona 20.000 junge Musikerinnen und Musiker, Kinder und Jugendliche deutschlandweit teilgenommen. Und bei den anderen Kategorien Klaviersolo zum Beispiel in diesem Jahr, da waren es so zwischen 17.000 und 19.000. Also tatsächlich, wenn wir immer jedes Jahr gesagt haben, fast 20.000 Kinder und Jugendliche machen deutschlandweit und natürlich auch an über 35 deutschen Schulen im Ausland, das vergisst man immer bei «Jugend musiziert» mit, dann ist das eine Zahl, die immer irgendwie gestimmt hat. Jetzt haben wir, wie gesagt, diesen Videowettbewerb gehabt, 2021 und auch 2022 war es ja in einigen Bundesländern noch nicht wieder «back to normal» und Ensembles konnten nicht so richtig wieder üben. Das war dann so ein bisschen ein Ungleichgewicht. Aber inzwischen für «Jugend musiziert» 2023, also in diesem Jahr, haben sich 18.000 Kinder und Jugendliche angemeldet. Und das sind natürlich unglaubliche Zahlen. Wir beim Bundeswettbewerb, wir sehen dann davon nur 2300 bis 2500 Leute. Aber es ist ja wirklich eine unglaubliche Breitenwirkung, die «Jugend musiziert» seit 60 Jahren immer mehr entfaltet. Das ist wirklich, wirklich toll.

Kristin Thielemann: Ja, wow, das freut mich voll. Das ist echt phänomenal, was ihr mit dem Wettbewerb in dieser Zeit bewegt habt. 60 Jahre «Jugend musiziert» und jetzt fehlt gerade noch das Stichwort. 14. November. Was ist denn am 14. November? Ist das schon dein Weihnachten? Weil Anmeldeschluss für den Wettbewerb, Ulrike?

Gudula Rosa: Der 15., ne!?

Ulrike Lehmann: Genau, genau. Der 15. November ist eigentlich immer Anmeldeschluss. Und deswegen, wie Gundula sagte, auf den letzten Drücker am 14. da laufen bei uns auch die Telefone heiß und die Emails kommen rein, weil dann doch noch die Last Minute Fragen kommen: Und kann ich das spielen? Und ist das ausschreibungskonform? Aber genau am 15. November, auch in diesem Jahr endet die Anmeldung für das kommende «Jugend musiziert»-Jahr. Und dann sind wir mal gespannt, was dir die diesjährige Anmeldeschlussfrist so bringt.

Kristin Thielemann: Stimmt, da bin ich auch gespannt. Und ja, schön ist natürlich, dass uns die «Jugend musiziert»-Social-Media-Kanäle auch immer mit tollem Content auf dem Laufenden halten, was den Wettbewerb angeht. Aber Mitte Dezember ist natürlich schon eine ganze Menge Arbeit seitens der Lehrkräfte getan. Und auch die Teilnehmer, die die stecken wahrscheinlich schon längst mitten in ihrer Vorbereitung. Simone, wann beginnt denn bei dir die Arbeit? Wann im Jahr suchst du denn die Stücke für deine Schülerinnen und Schüler heraus? Ich meine, fange ich da bereits zu Ostern mit an, oder ist es am geschicktesten, das vor den Sommerferien zu tun? Reicht das vielleicht auch noch im Herbst? Wie sind da deine Erfahrungen?

Simone Riniker Maier: Ja, bei mir gärt das so vor den Sommerferien oder manchmal auch… Jetzt, weiß ich, ich saß in Zwickau und hatte relativ viel Zeit beim Bundeswettbewerb. Und da habe ich gedacht, jetzt habe ich Zeit, jetzt beschäftige ich mich mal damit. Und dann fängt das so… Bei uns ist nächstes Jahr Duo, also Klavier und ein Streichinstrument. Die Duos waren schon in etwa gebildet, also man hatte sich schon abgesprochen und da gärte das so vor sich hin. Und dann habe ich ein bisschen auch neue Literatur gesucht. Wir haben so viel an Sonaten, das ist ja wirklich herrlich, da kann man sich tummeln. Und da gärte das so ein bisschen und vielleicht so ein Hauptwerk. Und was kann man vielleicht kombinieren? Mit dem Kollegen schon mal so ganz sanft Rücksprache gehalten und wir gehen ja sehr spät in die Sommerferien Baden-Württemberg. Also Ende Juli sind dann wir dann auch mal dran mit Ferien und da war so grob alles fertig, ganz grob. Und jetzt nach den Sommerferien, habe ich noch mal ein bisschen ein paar Schrauben gedreht und jetzt stehen in etwa die Programme.

Kristin Thielemann: Kann man auch dazu sagen jetzt, Zeitpunkt der Aufnahme. Es ist Ende September 23.

Simone Riniker Maier: Das ist ein ganz langer Prozess und da lasse ich mir gern viel Zeit, weil so hoppla hopp, das übers Knie zu brechen, ich nehme das dann auch gern selber in die Hand, also die Geige in die Hand und spielt die Sachen und überlege, mir passt das zu dem Schüler der Schülerin und spielt das dann auch mal vor und du hörst dir mal an und so und dann warte ich auf die Reaktion, beobachtet das und so entstehen die Programme. Wenn die Schüler klein sind, so Altergruppe Ia/Ib, ist meine Erfahrung, wenn die zu früh fertig sind, also Anfang Januar oder im Dezember schon, dann können die die Spannung nicht halten. Also 15. November gibt man dieses Programm ab und die Stücke stehen und man weiß das, aber so richtig losgelegt… auch wenn die zehn Tage vorher, wenn das noch nicht so richtig läuft – alles gut! Die kommen oft erst hinten raus. Und es wirklich dieses Individuelle, dass wir jedes Kind kennen müssen. Also es ist schön, wenn wir die Kinder kennen und deren Lernverhalten so ein bisschen kennt. Und es ist erstaunlich, was die zum Teil in den letzten vier Tagen noch hinbiegen können, und dann: «Ja, am Samstag, dann einmal spielen und dann ist es vorbei und so!»

Kristin Thielemann: Vier Tage vorher. Schwitz! Aber dann muss man als Lehrkraft ja überhaupt mal die Coolness besitzen, da ruhig und besonnen zu reagieren. Nicht dass wir am Ende noch nervös werden und möglicherweise unsere eigene Nervosität, dann auf die Kinder und Jugendlichen übertragen. Das wäre ja auch… würde ja auch nach hinten losgehen…

Simone Riniker Maier: Was auch immer wichtig ist, finde ich, ist die Dauer der Programme, wenn es heißt von 10 bis 20 Minuten, dass mindestens, also bei zehn Minuten, da denke ich immer: elf Minuten wirklich ohne Wiederholung. Also da darf einfach nichts wiederholt sein. Reine Spielzeit. Und die Spielzeit mit 20 Minuten nie ausnutzen, weil sonst gibt das einfach nur Verzögerungen in dem ganzen Ablauf von «Jugend musiziert» und das man so im Idealfall zwischen 14 und 16 Minuten Spielzeit rauskommt, dann hat man das gut gefüllt, wenn es weniger ist, ist auch in Ordnung. Ich hatte da schon große Diskussionen mit Ensembles, wo wir mit einem Klavierquintett wirklich elf Minuten 30 hatten und es stand 10 bis 20 und das war gut. Da gab es halt eine Pause, aber lieber, also in der in der Kürze liegt die Würze. Also lieber das richtig toll vorgetragen als 20 Minuten, weil die Jury erkennt doch sofort, was ist.

Kristin Thielemann: Und das ist ja auch was, was du als Jury nicht mitbewertest. Ob jetzt, wenn du eine Vorgabe hast, das Programm soll zwischen zehn und 20 Minuten sein, dann bewerte ich ja nicht jemand besser, der 19,5 Minuten spielt, als jemanden, der zehn Minuten und 30 Sekunden spielt, weil die. Die Bedingungen sind ja mal erfüllt und das fließt nicht mit ein in die Bewertung.

Simone Riniker Maier: Und das gibt dann eben auch gerade wenn es auch bis zum Bund geht sind man ist einfach so lange mit den Sachen beschäftigt, dann gibt das auch Luft für andere Sachen im Unterricht, weil man muss sich immer wieder erfrischen mit neuen Werken, neuen Stücken, neuen Ideen und zum Beispiel auch nach dem Regionalwettbewerb, wenn die weiter dürfen, da werden erstmal ganz andere Stücke gesucht.

Kristin Thielemann: Also dann legst du das wirklich richtig weg?

Simone Riniker Maier: Ja, das wird richtig wegmuss weggelegt sein. Also finde ich sonst…

Kristin Thielemann: Ihr seht das ja nicht, aber Gudula nickt.

Simone Riniker Maier: Sonst wird man einfach müde. Alle Beteiligten werden müde. Und da muss man das versuchen. So vier, fünf Wochen, 3 bis 5 Wochen, je nach Schüler wieder aufzuwärmen, frische Inputs rein zu geben, ein bisschen neue Beleuchtung der Sachen und nach dem Landeswettbewerb, wenn es weitergeht, genau dasselbe.

Kristin Thielemann: Machst du das ähnlich, Gudula?

Gudula Rosa: Ich kann das alles nur unterstreichen, was Simone gesagt hat. Also es ist schon auch ein langer Prozess. Also man kann nicht sagen, ich mache jetzt heute das Programm fertig, sondern man begibt sich immer wieder in den Schüler hinein und überlegt: ´Was kann er besonders gut? Man will ihn ja von seiner besten Seite präsentieren. Wo sind seine Schwächen? Dann suche ich natürlich nicht gerade Stücke aus, wo seine Schwächen offensichtlich werden, sondern ich schaue, dass die Stücke wirklich zum Schüler passen, dass er den mag und trotzdem, dass er sein technisches Vermögen irgendwie gut zeigen kann, dass er daran wachsen kann. Und das ist wirklich ein langer Prozess. Und wie gesagt, bei mir dauert der meistens bis zum 14. November, wobei ich dann aber schon ein Stück schon meistens in den Sommerferien weiß. Also da fangen wir dann auch schon mal mit an und dann kommt das andere irgendwie dazu. Und bei der Blockflöte ist es ja so, jetzt gerade bei der Solowertung, da haben wir ja nicht nur ein Instrument, sondern wir haben Sopranino, Sopran, Alt, Tenor, Bass, Großbass, Subbass. Und wenn die schon alles spielen können, dann... Meistens kommt auch der Wunsch von den Schülerinnen und Schülern, dass sie möglichst vielfältig sich mit dem Instrumentarium darstellen möchten. Und beim Ensemble in der Ensemblewertung ja sowieso. Und da muss man lange suchen. Und bei uns ist es so, Gerade bei der Solowertung gehört ja auch immer ein Begleiter dazu, eine Begleiterin, also Cembalo, und die sind nun mal rar gesät. Das heißt, meistens fange ich eigentlich damit erst mal an zu überlegen: Oh, wer kann denn mal so begleiten? Und also bei den jugendlichen Begleitern ist das sowieso noch mal super rar. Also wir machen jetzt zwar gerade im September so einen Workshop noch mal für das Fach Cembalo. Wir sind in der glücklichen Situation, wir haben viele supertolle Cembali, die bei uns an der Schule und wir haben auch einige Schülerinnen und Schüler, aber jetzt auch nicht so die große Menge und es sind auch noch nicht alle so weit, dass sie wirklich anspruchsvolle Continuoliteratur begleiten können. Bachsonaten oder so, da muss man wirklich schon sehr weit sein. Und das ist immer mit dem Hinterkopf. Da überlege ich lange auch wer passt zu wem. Also wenn es jugendliche Begleiter sind, muss man Rücksprache halten mit den Kollegen und auch ein bisschen ausprobieren. Und ja, das kommt halt immer da hinzu. Und dass auch die die Probenzeiten zusammenpassen. Das ist auch ein Fakt, wenn man Schülerinnen und Schüler zusammen musizieren lässt und man weiß aber, die haben irgendwie gegenseitig nie zu der Zeit, wo Unterricht ist, Zeit aufeinander zu treffen, dann ist es wahnsinnig schwierig. Dann ist man nämlich dabei, dass man ein Wochenendplan machen muss und dann sind plötzlich alle Wochenenden, die ja sowieso bei uns engagierten Lehrerinnen und Lehrer schon sehr ausgeschöpft sind. Dann ist man dabei und probt jedes Wochenende. Das habe ich früher so gemacht und da musste da auch lernen, weil ich gedacht habe, irgendwann, ich brauche auch zwischendurch mal ein freies Wochenende. Und deswegen achte ich im Vorfeld schon sehr darauf, dass diese Zeiten, an denen die Schülerinnen und Schüler Unterricht haben, also auch zusammenpassen mit den Zeiten, wo die Begleiter können. Oder wir suchen im Vorfeld gemeinsame Zeiten, dass das nicht so stressig ist.

Kristin Thielemann: Jetzt hast du noch einen ganz wichtigen Aspekt genannt Gudula, nämlich dass auch wir Lehrerinnen und Lehrer mit unserer Energie, mit unserer Kraft, dass wir haushalten müssen und auch, dass, wenn wir mit unseren Schülerinnen und Schülern an Wettbewerben teilnehmen, dass da schnell einiges an Extrazeit hinzukommen kann. Und bevor wir zu diesem Thema kommen, wie man da auch gute Strategien finden kann, dass das natürlich nicht alles nur die Freizeit von uns Lehrkräften sein kann und wir das für Applaus, Anerkennung, ein Butterbrot, Luft und Liebe machen, würde ich ganz gerne hier in der Mitte unseres Gesprächs erst mal einen Break machen, denn bei «Jugend musiziert» und dazu würde ich jetzt ganz gerne kommen, wird es einige Änderungen und vor allem auch Neuerungen geben, die sehr, sehr wichtig zu wissen sind. Da ist nämlich an allererster Stelle die JuMu-App zu nennen. Und die hatte mir Ulrike Lehmann schon im Vorgespräch vorgestellt. Ich war total begeistert von den Möglichkeiten und wir haben uns da echt festgefräst an dieser Stelle, die Ulrike und ich. Ulrike, magst du vielleicht mal für jetzt für unser «Voll motiviert»-Publikum vorstellen – wozu braucht «Jugend musiziert» eine App?

Ulrike Lehmann: Genau. Also «Jugend musiziert», wie der Name sagt, hat ja eine Zielgruppe, die eher jung ist und eher jugendlich und die nun mal, wie wir alle wissen, eher digital unterwegs ist und mit vielen Smartphones. Und ich glaube, dass wir eine Jumu-App haben und uns überhaupt digitalisieren, ist ein lange, lange nötiger Schritt. Also in diesem Jahr digitalisiert sich «Jugend musiziert» auf ganz vielen Ebenen und die Jumu-App ist quasi ein Element davon. Wir feiern ja in diesem Jahr 60 Jahre «Jugend musiziert» wie auch 70 Jahre Deutscher Musikrat, was ja der Träger ist des Bundeswettbewerbs. Und in diesem Jahr gehen wir die Digitalisierung an. Dazu gehört, dass wir unsere Homepage relaunchen. Die soll einfach ein bisschen frischer aussehen, jugendlich mit frischeren Farben, zielgruppengerechter. Das wirklich, je nachdem, wer auf der Homepage schaut, sei es eine Lehrkraft, ein Teilnehmer, jemand, der noch nie von «Jugend musiziert» gehört hat, dass die Personen auf einen Blick mit wenigen Klicks das finden, was sie brauchen für «Jugend musiziert» und für eine Teilnahme. Wir werden unsere Anmeldung komplett neu überarbeiten. Die wird endlich papierlos sein. Kinder und Jugendliche müssen sich nur noch einmal anmelden, auch wenn sie weitergeleitet werden zum Land, zum Bund. Man muss dann nicht noch mal Formulare ausfüllen, wenn man es bis zum Bundesfinale geschafft hat. Wir kriegen Daumen hoch von beiden Lehrkräften. Also das ist wirklich ein seit Jahren fälliger Schritt, dass es uns wirklich allen bewusst, was das für ein unglaublicher Aufwand ist für die Kolleginnen und Kollegen auf Regionalebene, die ja so viel eigentlich im Ehrenamt machen, zusätzlich zu ihrer in Anführungszeichen eigentlichen Tätigkeit, für die Musiklehrkräfte, die dann diese Formulare ausfüllen müssen. Also das hat dann jetzt mit diesem Jahr endlich ein Ende. Und eben als eines dieser Ergebnisse gibt es dann noch eine Jumu-App, wo das, was der gemeinsamen endlich auch der neuen Software, die wir dann haben wir alle drei Ebenen für die Organisatorinnen, was auch ein riesiger Schritt voran ist einfach in ein zeitgemäßes Wettbewerbstool. Alle diese Daten werden auf die Homepage automatisch ausgespielt und eben auf die Jumu-App. Die wird es dann ab Mitte Oktober erhältlich geben. Und die sind eben dann nach Anmeldeschluss 15. November, wenn dann die Kollegen und Kolleginnen auf Regionalebene angefangen haben, die Wettbewerbe zu pflegen und zu planen mit der neuen Software, dann ab Ende November, sind auch Inhalte in der App. Und die Idee ist wirklich, das Stichwort ein bisschen Nachhaltigkeit. Dass es dann, wenn man sich die App runterlädt wie ein digitales Programmbuch. Man hat also alle Informationen, die man als Teilnehmer braucht oder als Lehrkraft oder auch als Besucher alles auf einen Blick. Jetzt im ersten Schritt nicht alles alles aber schon mal das ist ein Mehrwert hat. Man braucht kein gedrucktes Programmbuch mehr, man kann es trotzdem haben, aber man öffnet die App, sieht haben ein Wertungsspiel ist da und da. Das ist automatisch verbunden mit einer Google Map. Das leitet mich dann dahin, wo ich hingehen muss. Mein Wertungsspiel wird da angezeigt. Also das ist eigentlich ein wirklich ein riesiger Meilenstein für «Jugend musiziert» und wir sind unglaublich froh, dass wir das in diesem Jahr hinbekommen. Das ist für uns alle aber eine riesige Erleichterung: Papierlos, einfach, zeitgemäß, mit kürzeren Wegen gerade zwischen «Jugend musiziert»-Teilnehmenden und -Lehrkräften. Also das ist die Idee dahinter, dass es für alle die Hürden geringer macht und einfach zeitgemäßer ist. Und da ist wie gesagt, die JuMu-App ist so die das Symbol. Wir sind alle ganz glücklich und freuen uns unglaublich drauf!

Kristin Thielemann: Da gehen gerade von Simone und Gudula die Daumen hoch. Ja, wirklich eine nachhaltige Lösung, etwas echt Cooles und das wird es wirklich erleichtern! Also ganz, ganz herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle zu diesem Jahr Produkt könnte man ja fast sagen, zu der JuMu-App. Aber darf ich noch ganz kurz nachfragen, Ulrike, wenn die Schülerinnen und Schüler sich dann anmelden, geben sie dann eigentlich auch die Kontaktdaten ihrer Lehrkraft an, damit die auch sofort über alle Details informiert ist, oder wie läuft das dann mit dieser App?

Ulrike Lehmann: Also da sind wir tatsächlich noch in der Klärung. Stichwort Datenschutz. Das ist es natürlich ganz wichtig, dass wir weiterhin die Gelegenheit haben, auch die Lehrkräfte mit in die Kommunikation einzubinden. Bislang war das so, dass die Teilnehmenden freiwillig die Kontaktdaten ihrer Lehrkraft hinterlegt haben. Und wir haben dann alle Emails oder jegliche Kommunikation, die an die Teilnehmenden ging, ging dann auch per E-mail an die Lehrkraft. Jetzt ist die Kommunikation mit den Lehrkräften natürlich uns ganz wichtig, weil natürlich klar ist, welche unglaubliche Rolle die Musikpädagoginnen und -pädagogen spielen. Und gerade die sollten wissen, was sind die Deadlines für «Jugend musiziert», was ist neu? Wir haben da auch gemerkt - wenig überraschend – dass Social Media nicht nur von den jugendlichen Teilnehmenden genutzt wird, sondern natürlich auch von den Musiklehrkräften. Das heißt, wir posten wichtige Informationen, Neuigkeiten, alles, was es Spannendes, Neues zu erfahren gibt, auf Social Media, wie auch auf unsere Homepage. Und es ist für die für das neue Anmeldeprozedere natürlich der Wunsch, dass wir auch da die Kontaktdaten der Lehrkräfte bekommen, damit wie bislang auch der Kommunikationsfluss funktioniert.

Kristin Thielemann: Ah, das klingt doch jetzt mal echt gut, was ihr da vorhabt, liebe Ulrike. Was Ihr, liebe Hörerinnen und Hörer, da jetzt ja gerade nicht gesehen habt: Es gab immer wieder ganz viel Szenenapplaus von Gudula Rosa und auch von Simone Riniker Maier. Und ich schließe jetzt mal daraus, dass diese ganze administrative Seite doch immer echt ein gehöriger Punkt auf dem Zeitkonto der Lehrkräfte war. Denn, was man ja einfach schon so sagen muss, es ist doch recht anspruchsvoll und es ist auch recht zeitintensiv, jemanden seriös und auch wirklich gut für einen Wettbewerb vorzubereiten. Und jetzt habe ich gedacht, da wir ja zwei Lehrerinnen mit extrem viel in Anführungszeichen «Fronterfahrung» in Sachen «Jugend musiziert» hier haben, ist das für uns alle bestimmt super spannend zu erfahren, wie viel zusätzliche Stunden denn da so in etwa auf uns zukommen. Und vor allem: Wer zahlt das eigentlich? Denn dass das nicht allein mit einem Blumenstrauß oder einem Dankeschön, der Anerkennung oder auch der Urkunde abgegolten ist, das dürfte ja auch klar sein. So gerne wir ja auch einen Blumenstrauß bekommen oder auch mal ein Dankeschön. Aber ich finde, eine gute Leistung muss auch gut bezahlt sein, auch wenn es uns natürlich Spaß macht, diese gute Leistung zu erbringen. Aber ja, Spaß zahlt ja meine Rechnung noch nicht. Gudula, darf ich mal neugierig sein? Wie ist denn das bei euch in Münster geregelt?

Gudula Rosa: Also ich habe das noch nie zusammengerechnet, muss ich sagen. Also es ist sicherlich ein, sage ich mal, ein kleiner wunder Punkt also insgesamt in dem ganzen «Jugend musiziert» Prozedere, weil Lehrkräfte, die sich da sehr engagieren, das in Rahmen ihrer Zusammenhangstätigkeiten machen an einer Musikschule. Natürlich, dafür gibt es die Zusammenhangstätigkeiten. Aber wenn man dann halt in einem Wettbewerb nicht nur einen Schüler hat – das passt sicherlich in dem Rahmen der Zusammenhangstätigkeiten. Aber wenn man dann in einem Wettbewerb, ich weiß nicht, sieben hat oder acht, was bei mir durchaus schon vorgekommen ist, bis hin zum Bundeswettbewerb, dann ist das mit Zusammenhangstätigkeiten irgendwie nicht so leicht abzubilden. Und nun arbeite ich an einer Musikschule, die «Jugend musiziert» immer sehr unterstützt hat und ich habe da durchaus auch schon mal so eine, ich sag mal so eine «Jugend musiziert»-Zusatzstunde bekommen. Aber selbst die lichtet nicht alles ab. Also man investiert schon viel an zusätzlicher Zeit, auch an Freizeit. Das muss man als Lehrerin oder Lehrer auch wollen, aber… Also mir macht das einfach ganz ganz große Freude, die Kinder so wachsen und gedeihen zu sehen. Aber sicherlich gibt es da einiges zu tun. Und ich denke so auch an die Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt nicht an einer Musikschule sind, die das so großzügig wie bei uns unterstützen. Wir haben ja auch durchaus viele Schülerinnen und Schüler, die mitmachen, die bei Privatmusikerziehern sind. Da sind es dann die Eltern, die zusätzliche Stunden bezahlen. Zum Teil ist es auch zwiespältig, weil dann ist es plötzlich wieder ein Wettbewerb für reiche Eltern. Also kann man schon sich sehr glücklich schätzen, wenn man sein Kind an einer Musikschule hat wie Stuttgart oder Münster, wo das einfach sehr gut unterstützt wird.

Kristin Thielemann: Da gebe ich dir vollkommen recht, Gudula. Absolut. Von Simone weiß ich, dass sie eine echt gute Strategie gefunden hat, um den zusätzlichen Aufwand möglichst schlank zu halten. So, Simone, jetzt wird es spannend für uns. Wie hältst du es?

Simone Riniker Maier: Eigentlich ähnlich wie Gudula: Ohne Eigenleistung geht es nicht. Es kommt auch ein bisschen auf die Unterrichtsdauer an, da habe ich in den letzten Jahren sehr viel gelernt. Früher habe ich auch viel, viel mehr zusätzlich da reingepuscht und ich musste aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten. Also einfach kürzertreten. Und als ich wieder kam, nach einer längeren Krankphase, wollten alle – meine ganze Klasse – Solowettbewerb machen. Weil, das ist so ansteckend in der Klasse, das ist manchmal schon zu viel ansteckend. Da habe ich gesagt: Gerne, ich unterstütze euch gerne. Also war für mich so eine ganz tolle Erfahrung. Tatsächlich. Ich unterstütze euch gerne, aber ich kann keinen Zusatzunterricht machen. Ich bin in der glücklichen Lage. Wir haben ein tolles Förderprogramm an der Stuttgarter Musikschule, studienvorbereitende Ausbildung. Da sind viele meiner Schülerinnen und Schüler drin und die haben dann länger Unterricht. Also die sind keine 30 Minuten und keine 45, sondern eine Stunde oder gar anderthalb Stunden in der Woche. Und da kommt man natürlich weit. Und dann habe ich gesagt: ich unterstütze euch alle sehr gerne, ich will diese Energie und diesen Schwung mitnehmen. Zusatzunterricht kann ich nicht leisten. Schaffe ich nicht. Wir machen viele Vorspiele. Ihr kriegt jeweils ein Feedback nach jedem Vorspiel. Aber es muss in dieser Teamarbeit… wir machen im Unterricht alles möglich. Also da geben wir Vollgas. Und ihr müsst zu Hause genauso weiterarbeiten und versuchen, das über die Woche mitzunehmen, das, woran wir gearbeitet haben. Und die sind unheimlich selbstständig geworden dadurch. Es war eine ganz, ganz tolle Erfahrung. Die habe ich sogar alleine zur Korrepetition geschickt, weil ich es einfach… Es ging einfach nicht. Und es war der erfolgreichste Wettbewerb, den ich je hatte. Tatsächlich. Und die sind alle so daran gewachsen und selbstständig geworden und ich versuche mich daran zu halten. Natürlich schiebe ich auch mal etwas ein, wenn ich merke: Oh, da! Er oder sie braucht mich jetzt! Selbstverständlich!

Kristin Thielemann: Aber das finde ich jetzt echt einen spannenden Ansatz, liebe Simone. Das werde ich auch mal probieren, wenn ich meine Schülerinnen, meine Schüler zum nächsten Wettbewerb anmelde. Also danke für den Tipp! Jetzt noch eine Frage an die Projektleitung von «Jugend musiziert». Eine Frage, die mir vorhin schon auf der Zunge lag und die ich extrem wichtig finde. Liebe Ulrike, gibt es denn eigentlich Zuschüsse? Kann ich da etwas beantragen, wenn ich jetzt Schülerinnen und Schüler für den Wettbewerb habe, deren Familien sich zusätzliche Ausgaben, die durch den Wettbewerb entstehen, eigentlich nicht leisten können?

Ulrike Lehmann: Also ich weiß, dass auf Regional- und Landesebene, da ganz viele Kolleginnen und Kollegen unglaublich aktiv sind. Da können vermutlich Simone und Gudula sogar mehr sagen. Also da gibt es verschiedene Stipendien, die auch teilweise in Zusammenarbeit mit lokalen Stiftungen vergeben werden. Da werden Reisekostenzuschüsse ermöglicht. Es gibt ja auch verschiedene Kulturinstitutionen, die man gezielt anschreiben kann, die dann unterstützen. Also da wird viel getan auf Regional- und Landesebene. Jetzt für den Bundeswettbewerb, den ja unser Team koordiniert, kann ich sagen, dass uns das ganz doll am Herzen liegt, diese Teilnahmehürden abzubauen und so gering wie möglich zu halten. Uns ist natürlich bewusst der Bundeswettbewerb, der jedes Jahr in ein anderes Bundesland in Deutschland zieht, das ist für manch einen sind die Anreisekosten tatsächlich vielleicht ein Hindernis, um dabei sein zu können. Da ist es tatsächlich so, dass man früher Reisekostenzuschüsse ermöglichen konnte beim Bundeswettbewerb und man hat auch teilweise Übernachtungskostenzuschüsse gestellt. Früher hat der Bundeswettbewerb sogar Korrepetitorinnen und Korrepetitoren gestellt. Das ist aber lange her. Das war zu Zeiten, wo ein paar 100 Teilnehmende beim Bundeswettbewerb dabei waren. Inzwischen haben wir 2500 Teilnehmende. Aber was wir zumindest die letzten zwei Jahre ermöglichen konnten und das ist ein kleiner Tropfen, aber trotzdem ist es ein kleine Geste: Wenn wir Musikerinnen und Musiker einladen zu bleiben beziehungsweise wieder zu kommen, weil sie die Bundesjury so überzeugt haben, dass sie bei den PreisträgerInnenkonzerten spielen dürfen und können, dann übernehmen wir die diese Rückreisekosten und auch die Übernachtungen, die dann meist mit Gastfamilien passiert. Oder wir haben auch Sonderpreis-StifterInnen, die gezielt sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche, die am Bundeswettbewerb teilnehmen, unterstützen. Auch da: Es fällt unglaublich schwer! Wir kriegen dann Bewerbungen für diesen Sonderpreis und sollen dann entscheiden, wer von denen bedürftig genug ist. Also das ist ein... Man kann leider nicht dem gerecht werden, was eigentlich nötig wäre. Ich glaube, da kann ich sagen, dass das für Regional, Land und Bund bei «Jugend musiziert» gilt. Aber alle Kolleginnen und Kollegen möchten so gut sie können, so gut die Zeit reicht und je nach individuellen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen vor Ort, wenn jemand anspricht, dazu gehört ja auch manchmal viel Mut, eine gewisse ich will nicht nennen Scham, aber eine gewisses Gefühl zu überwinden, wenn jemand uns anspricht, egal auf welcher Ebene und sagt, ich würde gern, bräuchte, aber… ich glaube, da kann ich für alle sprechen, dass da «Jugend musiziert» auf allen Ebenen alles möglich macht, um die Teilnahme trotzdem zu ermöglichen.

Kristin Thielemann: Einen ganz wichtigen Punkt für eine erfolgreiche Wettbewerbsteilnahme haben wir bis jetzt noch nicht angesprochen. Und zwar die Eltern. Simone, was würdest du denn sagen? Was ist denn hilfreiches Verhalten von Eltern und welche Einstellungen von Eltern kann eher hinderlich sein?

Simone Riniker Maier: Also die wertvollsten Eltern sind die entspanntesten, muss man einfach sagen, die das unterstützen in Form von hinfahren, von der Schule abholen. Ich hatte mal eine Mutter, die hat dann, weil die Tochter so viel mitgemacht hat bei «Jugend musiziert» dann zum Teil die Hausaufgaben in der Ecke heimlich gemacht, um einfach die Tochter da zu unterstützen, dass das alles möglich war. Die zu den Vorspielen kommen, die ihre Kinder positiv unterstützen. Die Kinder sind immer die Kinder der Eltern, aber mit einem… «gesunder Druck» ist ein blödes Wort, aber kein negativer Druck, kein Stress und so, sondern positiv unterstützend. Diese Eltern sind ein Traum für alle Beteiligten und man sieht es einfach. Man merkt es den Schülerinnen und Schülern an, die so ein Elternhaus haben, weil die sind einfach so viel entspannter und alles was Druck ist, was Stress macht, wie Gudula vorher schon sagte: Ein zu schweres Programm macht Stress, ein zu leicht, ist auch ganz schlecht. Druck von den Eltern, Druck vielleicht auch von der Klasse. Das finde ich ganz heikel. Und in meiner Klasse versuche ich wirklich: Jeder hört jedem zu, jeder wertschätzt den anderen, jeder kann vom anderen lernen und jeder freut sich über die Fortschritte und den Erfolg des anderen. Und wenn ich merke, dass da irgendwas Ungutes, so eine ungute Stimmung ist, gehe ich relativ schnell dazwischen. Weil das hilft niemandem! Im Berufsleben später auch nicht, im Alltag auch nicht. Und es macht einfach alles fest. Und auch das Geigen ist so körperlich und es ist so wichtig, dass die Kinder natürlich gedeihen dürfen.

Kristin Thielemann: Ja, das ist die Erfahrung, die ich auch mache. Auch so bei den Jury-Feedbackgesprächen, dass es da manchmal Eltern gibt und die wollen unbedingt und die sitzen und die notieren jedes Wort. Und wenn du nicht hinguckst, schalten sie am besten ihr Smartphone ein, dass sie dich aufnehmen. Und dann legen sie dann Rekurs ein bei der Wettbewerbsleitung, weil die Jury irgendwas gesagt hat, was sie nicht hätte sagen dürfen und das kann ganz unangenehm werden. Ich habe jetzt den Schweizer Jugendmusikwettbewerb über wirklich ganz lange Zeit juriert und ich muss sagen, dass die Schülerinnen und Schüler das Beste für sich abgeholt haben, die wirklich so entspannte Eltern hatten. Entspannt, unterstützend. Das finde ich ganz wertvoll. Aber was mache ich denn, wenn ich jetzt Eltern habe… ich meine Eltern handeln auch nur aus Liebe, die wollen das Beste für ihre Kinder und die verhalten sich ja nicht absichtlich unproduktiv, sondern sie verhalten sich vielleicht auch so ein bisschen fordernd oder hyperehrgeizig, weil sie ihren Kindern was Gutes tun wollen. Wenn ich jetzt so Eltern habe, wie kann ich mich denn denen gegenüber verhalten? Wie kann ich das kommunizieren, dass es besser wäre, wenn sie sich ein bisschen mehr entspannen würden? Gundula, wie machst du das? Hast du da eine Idee?

Gudula Rosa: Also ich, ich würde oder habe auch in der Vergangenheit schon immer mal das Gespräch gesucht, wenn ich das merke. Manchmal merken Eltern das aber auch selber, wenn sie sagen: «Oh, ich bin so aufgeregt, weil mein Kind spielt! Ich kann es kaum aushalten.» Dann bitte ich manchmal die Eltern, sich nach ganz hinten zu setzen oder gegen hinter eine Säule oder so, weil das überträgt sich auf die Kinder. Andererseits auch wenn ein Kind zu mir sagt: «Ach, ich kann es nicht haben, wenn mein Papa da vorne sitzt in der ersten Reihe und mit seinem Fuß falsch im Takt wippt.» Alles schon erlebt! Dann kann das nur sein, dass man anschließend den lieben Papa bittet, sich vielleicht weiter nach hinten zu setzen oder so. Also man muss einfach ins Gespräch kommen und natürlich auf Augenhöhe miteinander sprechen. Und ich finde dieses, das hat das Du eben auch schon angesprochen, Kristin, also die Erwartungshaltung von Eltern kann sehr destruktiv sein. Also ich habe das immer auch schon mal erlebt, wenn eine Schülerin so sehr zufrieden und glücklich war mit der Leistung im Regionalwettbewerb und einen ersten Preis oder so gemacht hat, aber ohne Weiterleitung und das Kind war unglaublich stolz und glücklich. Und dann sind da aber Eltern, die das Gesicht verziehen und offensichtlich richtig enttäuscht, wirklich enttäuscht sind. Und die Oma und der Opa und alle sind enttäuscht. Das ist unglaublich schwierig. Das ist unglaublich schwierig für das Kind.

Kristin Thielemann: Ja, auch das ist ja traurig.

Gudula Rosa: Das ist traurig, aber das erlebt man immer wieder mal, und ich versuche im Vorfeld immer so klar zu machen: Es geht einfach nicht ums Gewinnen, sondern es geht um das Wachstum und um gute Erfahrungen zu sammeln, um mal ein schönes Stück mit einer Begleiterin zu erarbeiten, was man ja auch nicht so ganz regelmäßig macht mit Korrepetition. Und also ich versuche in die Werte zu vermitteln und damit sowas nicht passiert und ich spreche auch mit den Schülerinnen und Schülern vorher, dass es einfach sein kann, ja, dass man vielleicht nicht so einen guten Tag hat und nicht optimal spielt. Oder dass man optimal spielt, aber der Jury gefällt es trotzdem nicht. Also so ein bisschen Glück gehört auch immer, finde ich, dazu. Also habe ich auch selber in meinem Leben schon erlebt bei Wettbewerben, als ich noch Wettbewerbe gespielt habe. Also es hängt immer von vielen Faktoren ab. Letztendlich hängt es sogar davon ab, wie man in der Nacht vorher geschlafen hat. Und ich meine, das sind einfach viele Dinge, die zusammenkommen. Und ich versuche immer so zu vermitteln, dass ich als Lehrer sowieso zufrieden bin mit egal was dabei rauskommt. Das finde ich auch richtig, richtig wichtig, weil, damit die Schüler das Gefühl haben, sie sind nicht nur gemocht und geliebt und die Lehrerin finde mich nicht nur gut, wenn ich einen ersten Preis mache, sondern es ist für mich total in Ordnung, also wenn die mit einer lobenden Anerkennung nach Hause kommen. Und das versuche ich auch zu leben. Also ich weiß, die sind natürlich dann irgendwie enttäuscht, aber ich versuche den zu sagen: «Nein, das ist total in Ordnung. Du hast so viel gelernt in der Zeit und ich bin richtig stolz auf dich und so!» Ja, das finde ich wichtig. Also das finde ich auch wichtig, dass die Eltern das mitbekommen. Deswegen versuche ich im Vorfeld immer mit den Eltern auch zu kommunizieren.

Simone Riniker Maier: Ich glaube, was auch wichtig ist, also das versuche ich meinen Schülerinnen und Schülern zu vermitteln oder dieses versuche ich zu leben, dieses Gefühl, dass es immer um den Schüler, die Schülerin geht und manche, die Eltern sind da mit dabei, aber es geht um den Schüler. Und es gibt auch manche Kolleginnen und Kollegen, die machen das für sich, den Wettbewerb. Und das ist, finde ich, der ganz, ganz falsche Ansatz, dass man den Erfolg für sich braucht. Da denke ich ganz anders. Es geht immer um den Schüler, die Schülerin. Das ist das Kernanliegen, dessen Entwicklung, Entfaltung, alles. Und Erwartungshaltung wirklich flach halten. Ich sage immer: Wenn es nett ist, freuen wir uns. Und wenn es blöd ist, das Resultat, weil mit der Anmeldung 15. November weiß man, man stellt sich einem Wettbewerb, das ist nicht in Zeit messbar. Das sind einfach Menschen, die da sitzen. Wir Menschen, wir spielen da, wir haben einen besseren Tag, einen schlechteren Tag. Der Jury gefällt es oder gefällt es eben nicht. Wir freuen uns, wenn es nett ist. Und wenn es blöd ist, machen wir genauso weiter wie bisher und Erwartungen dämpfen. Und wenn es sehr erfolgreich war, darf man sich freuen. Man darf sich immer freuen, aber wir machen einfach weiter wie bisher. Nicht wertend und auch sich nicht. Ja, wir reflektieren natürlich, was dabei rauskommt. Ganz, ganz wichtig. Also ich selber auch als Lehrerin. Aber die Schüler bewerte ich danach nicht, weil ich weiß, wo ich sie abgeholt habe und wo sie hingekommen sind und was ein Weg sein kann. Ich versuche den Weg langfristig anzulegen und nicht auf die Bewertung der Jury. Das ist nicht der Punkt, auf den wir hinarbeiten, sondern viel weiter denken, dass sie vielleicht später sehr gerne in Konzerte gehen. Also aus Leidenschaft als Hobby behalten mit einer positiven Erfahrung und nicht so: Oh Gott, da habe ich versagt. Ich konnte es niemandem recht machen! Oder dass Sie es vielleicht als Beruf ergreifen und das einfach mit Begeisterung, Freude, Leidenschaft. Der Sache wegen tun und nicht des Preises wegen.